Hörsystemakustiker/in EFZ «Der neue Beruf hat durchaus grosses Potenzial» Ab Sommer 2016 werden in der Schweiz die ersten Hörsystemakustiker innen und Hörsystemakustiker ausgebildet. Sie unterstützen und beraten ihre Kundschaft bei Fragen rund um das Gehör. Stephanie Schneider vom Verband Hörakustik Schweiz und Carmen Steitz, Ausbildnerin der Firma Fielmann, beleuchten den Berufsalltag dieser Fachleute für gutes Hören. Das Berufsfeld ist doch eher speziali siert. Gibt es für eine Erstausbildung genug her? Carmen Steitz: Auf jeden Fall. Es spricht nichts dagegen, den Beruf bereits in frühen Jahren zu erlernen. Ich persönlich habe diesen Weg gewählt und meine Aus bildung in Deutschland gemacht. Dort gibt es diese Möglichkeit seit längerer Zeit. Das Berufsfeld ist zwar spezialisiert, aber äusserst interessant und bietet viele Entwicklungsmöglichkeiten. Wer Freude an der Technik und an der Arbeit mit Menschen hat, kommt voll auf seine Rechnung. Hörsystemakustikerinnen und Hörsystem akustiker sind gesuchte Berufsleute. Welche Inhalte werden den Lernenden in der Ausbildung vermittelt? Schneider: Die Fächer sind in erster Linie naturwissenschaftlich orientiert. Es gilt, die menschliche Wahrnehmung über das Gehör zu verstehen und die ganze Akustik zu begreifen. Unterrichtet werden unter anderem Anatomie, Physik, Mathematik und Chemie. Steitz: Ein Stück weit sind auch Pädagogik und Psychologie im Fächerangebot enthalten. Es geht letztlich darum, die Kundschaft professionell zu beraten und sie bei der Auswahl der Hörsysteme zu unterstützen. Sind vom neuen Beruf überzeugt: Carmen Steitz (links) und Stephanie Schneider mit dem Modell eines menschlichen Gehörs. Peter Brand Frau Schneider, Frau Steitz, Hörakustik wurde bis anhin nur auf Stufe Höhere Berufsbildung ausgebildet. Nun soll es eine berufliche Grundbildung in diesem Bereich geben. Warum? Stephanie Schneider: Die Branche steht vor der Herausforderung, dass sie über zu wenig Nachwuchs verfügt. Bisher konnten junge Menschen nicht direkt in das Berufsfeld einsteigen. Der Weg lief über die Berufsprüfung Hörgeräteakustiker/in mit eidgenössischem Fachausweis. Um gezielter qualifizierte Berufsleute heranzubilden, ermöglichen wir den Jugendlichen, direkt über den Beruf Hörsystem akustiker/in EFZ in unser Berufsfeld einzusteigen. Ich finde es schön und richtig, einen Beruf von der Pike auf lernen zu können. Ist der Berufsalltag mehr Technik, Hand werk oder Verkauf? Schneider: Alles zusammen. Technisches Verständnis braucht es, um überhaupt zu verstehen, wie die Hörsysteme funktio nieren. Handwerkliches Geschick braucht es, um beispielsweise eine Ohrabformung vorzunehmen und die Hörsysteme optimal anpassen zu können. Die Hörsysteme sind auf die Kundin respektive auf den Kunden massgeschneidert. Um gezielt auf die individuellen Bedürfnisse eingehen zu können, braucht es viel psychologisches Geschick und Verkaufskommunikation. Welche Jugendlichen wollen Sie mit dem neuen Beruf ansprechen? Schneider: Wir suchen technisch versierte, kommunikative und offene junge Menschen. Sie sollten auf alle Altersgruppen zugehen können und keine Berührungsängste haben. Das sind letztlich sicher Schülerinnen und Schüler, die Freude am Umgang mit Zahlen und Technik haben. Gefragt sind gute Schulleistungen, denn der Beruf ist anspruchsvoll. Steitz: Die Lernenden sollten insbesondere Spass an der Arbeit mit älteren Menschen haben. Der weitaus grösste Teil unserer Kundschaft ist bereits etwas älter. Dies liegt in der Natur der Sache, denn das Gehör lässt im Alter nach. Um trotz Jugendlichkeit die nötige Kompetenz auszustrahlen, müssen Lernende ein gewisses Selbstbewusstsein mitbringen. Sie sollten auch mal hin stehen können und sagen, was Sache ist – und trotzdem empathisch bleiben. Der neue Beruf eignet sich bestimmt auch bestens für Frauen? Steitz: Absolut. Während meiner Aus bildung in Deutschland waren wir sogar mehrheitlich Frauen. Weil viel Technik dabei ist, werden sich aber bestimmt auch Männer für den Beruf interessieren. Ich gehe davon aus, dass sich die Geschlechter in etwa die Waage halten werden. Sie starten im Sommer 2016. Können Sie die Nachfrage der Schülerinnen und Schüler bereits etwas abschätzen? Schneider: Wir werden nicht gerade überrannt mit Anfragen, wobei diejenigen, die sich für den Beruf interessieren, in der Regel begeistert sind. Der neue Beruf hat durchaus grosses Potenzial. Er ist allerdings noch etwas unbekannt. Wir müssen die Jugendlichen und ihre Eltern noch besser auf diese neue Möglichkeit hinweisen. Ziel ist es, im Sommer eine deutschsprachige Klasse führen zu können. Wie sieht die Nachfrage seitens der Lehr betriebe aus? Schneider: Die grossen Unternehmen mit mehreren Filialen sind sehr ausbildungswillig und auf der Suche nach Lernenden. Die Kleinbetriebe warten noch ein wenig ab, wie sich die Sache entwickelt. Letztlich gehe ich davon aus, dass die neue Aus bildung auch von ihnen getragen und geschätzt wird. Eigener Nachwuchs ist für alle wichtig. Sie haben eingangs die Weiterentwick lung angesprochen. Was ist möglich in diesem Beruf? Schneider: Analog zu allen anderen be ruflichen Grundbildungen ist auch hier eine Berufsmaturität vorgesehen. Die be stehende Berufsprüfung wird reformiert und mit den Inhalten der Grundbildung abgestimmt. Nicht zuletzt ist es gut möglich, sich selbstständig zu machen und einen eigenen Betrieb zu führen. [email protected] Hörsystemakustiker/in EFZ Mehr über die neue dreijährige berufliche Grundbildung: www.verband-hoerakustik.ch «espace einsteiger» ist eine Dienstleistung der Espace Media AG und des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes des Kantons Bern und wird in Zusammenarbeit mit folgenden Partnern realisiert: BEKB | BCBE (www.bekb.ch) • Die Schweizerische Post, Berufsbildung (www.post.ch/lehrstellen oder 0848 85 8000) • Berufsbildung Bundesverwaltung (www.epa.admin.ch/dienstleistungen/lehrstellenangebote) • Meyer Burger AG (www.meyerburger.com)
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