25/2015 ADAC-Rechtsprechungsübersicht zum gutgläubigen

Mitteilungen der Juristischen Zentrale
VERTRAGSANWÄLTE
Nr. 25/2015
31.03.2015 SW
ADAC-Rechtsprechungsübersicht zum gutgläubigen Erwerb von
Fahrzeugen
Sehr geehrte Damen und Herren,
verstärkt erreichen die Juristische Zentrale Mitgliederanfragen zum gutgläubigen Erwerb eines Fahrzeugs und welche Voraussetzungen dafür bestehen.
Von grundlegender Bedeutung für die Beurteilung, ob ein Fahrzeug gutgläubig erworben wurde, ist regelmäßig die Frage, welche Nachforschungs- und Erkundigungspflichten den Käufer treffen. Diese können im Einzelfall variieren, je nachdem
ob es sich um einen Neu- oder Gebrauchtwagenkauf handelt und von wem das
Fahrzeug erworben wird.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt der Erwerber
eines Gebrauchtwagens in der Regel grob fahrlässig, wenn er sich nicht den Kraftfahrzeugbrief zeigen lässt. Besondere Vorsicht gebietet zudem der Straßenverkauf,
weil er erfahrungsgemäß das Risiko der Entdeckung eines gestohlenen Fahrzeugs
mindert.
Zur besseren Orientierung wann ein gutgläubiger Erwerb in der Vergangenheit angenommen wurde, hat die Juristische Zentrale eine Urteilssammlung aus den bisher
vorliegenden zumeist obergerichtlichen Entscheidungen zusammengestellt.
Wir planen, die Liste in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren. Falls Sie Entscheidungen zu diesem Thema erstreiten, bitten wir um Übersendung und nehmen
sie gerne in die Liste auf.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Ulrich May
Leiter Juristische Zentrale
Rechtsprechungsübersicht – gutgläubiger Erwerb von Fahrzeugen
(Stand: Februar 2015)
Inhaltsverzeichnis
I. Gebrauchtwagenkauf…………………………………………………………………………..………………………………………………
2
1. Erwerb von gestohlenen/unterschlagenen Leasingfahrzeugen…………………………………………………….….…....
2
a) Urteile mit Auslandsbezug………………………………………………………………………….…….………………..
2
b) Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts……………………………………………..……………………………….
3
c) Verkauf unter fremden Namen…………………………………………………………..……..………………………….
4
d) Einschaltung eines Vermittlers…………………………………………………..…….................................................
5
2. Kauf vom Händler………………………………………………………….…………………………………………………………..
5
a) Geschäft zwischen Kfz-Händlern………………………………………………………………………….……………...
5
b) Geschäft zwischen Kfz-Händlern mit Auslandsbezug……………………………………………………………......
6
c) Unterschlagung zuvor gemieteter Fahrzeuge………………………………………………………..……..…………...
8
d) Verkauf unter fremdem Namen…………………………………………………………..……………………………..…..
9
3. Kauf von einer Privatperson…………………………………………………………………………………………………….……
9
a) Privatperson erwirbt von einer Privatperson durch ein Internetinserat……………………………………..…..…
9
b) Privatperson erwirbt vom Unternehmer (vorherige Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts…….……..…
11
c) Einschaltung einer Hilfsperson/eines Stellvertreters auf Veräußererseite…………………………………….....
12
d) Einschaltung einer Hilfsperson auf Erwerberseite………………………………………..………………………..….
13
e) Privatkauf mit Auslandsbezug…………………………………………...……………………………………………..….
13
f) Unterschlagung eines zuvor gemieteten Wohnmobils…………………………………………………………………
14
II. Neuwagenkauf…………………………………………………………………………………………………………..………………………..
14
III. Sonstiges…………………………………………………………………………………………………………………..……………………..
14
2
Sachverhalt
Besonderheiten
Gutgläubiger
Erwerb
Urteilsbegründung
Gericht
I. Gebrauchtwagenkauf
1. Erwerb von gestohlenen/unterschlagenen Leasingfahrzeugen
a) Urteile mit Auslandsbezug
Die Klägerin übergab als Leasinggeberin in
Italien mit Leasingvertrag vom 28.05.2010 einen
fabrikneuen Ferrari an die Leasingnehmerin. Der
Vertrag wurde wegen rückständiger Raten am
11.01.2013 gekündigt. Das Kfz wurde nicht herausgegeben und von der Klägerin als gestohlen
gemeldet. Der Beklagte kaufte den Ferrari am
27.09.2012 von einem Kfz-Händler in Deutschland und ließ sich die Fahrzeugpapiere im Original aushändigen, die sich jedoch erst nach aufwändiger Untersuchung als gefälscht herausgestellt haben.
ja
Die Klägerin als Leasinggeberin überließ zwei
ihrer Pkw einer in Belgien ansässigen Firma, mit
der sie hierüber Leasingverträge schloss. Wegen
Zahlungsrückständen kündigte die Klägerin die
Leasingverträge und erwirkte ein rechtskräftiges
auf Herausgabe der Fahrzeuge gerichtetes Urteil. Die Leasingnehmerin verkaufte in der Zwischenzeit beide Kfz an die Beklagte mit sämtlichen Fahrzeugpapieren und –schlüsseln. Zu den
Papieren gehörte jeweils ein sog. Kennzeichennachweis (niederländisch: „Kentekenbewijs“), in
welchem die Klägerin als Halterin aufgeführt war.
nein
Den Erwerber eines ausländischen Luxusfahrzeugs trifft keine erhöhte Erkundigungspflicht, wenn der Verkäufer nicht als Halter im
Kfz-Brief eingetragen ist, da ein Kfz-Händler
im Rahmen seines Geschäftsbetriebes ein
gebrauchtes Kfz verkauft, ohne zuvor als
Halter eingetragen zu werden. Damit ist ein
gutgläubiger Erwerb gemäß § 366 HGB nicht
ausgeschlossen.
Ein gutgläubiger Erwerb liegt nicht vor, wenn
jemand von einer Leasingnehmerin in Belgien
ein Fahrzeug erwirbt, ohne sich eine Originalankaufsrechnung zeigen zu lassen oder über
sonstige Erkenntnisse im Bezug auf die Eigentümerstellung des Verkäufers zu verfügen.
OLG Dresden, Az. 6 U
427/14
OLG Koblenz, Az.: 6 U
473/10 = ADAJUR Dok.Nr.
91171
3
Die Fahrzeuge wurden später von der Polizei
beschlagnahmt.
Der Kläger erwarb von der Beklagten einen
gebrauchten BMW. Zu diesem Pkw gehörte ein
Blanko-Kfz-Brief, der keinen Halter auswies.
Tatsächlich gehörte das Kfz einer italienischen
Leasinggesellschaft, die das Kfz an die Leasingnehmerin ausgehändigt hatte. Die Leasingnehmerin zahlte zu keiner Zeit die Leasingraten und
veräußerte das Kfz verbotwidrig weiter.
nein
Die Fa. E. Leasing in C./Italien war Eigentümerin
eines Mercedes 560 SEL. Sie hatte den Pkw am
4.11.1987 als Neuwagen gekauft und an C verleast. Am 16.2.1988 meldete C den Pkw bei der
Polizei in Mailand als gestohlen. Die Klägerin
erbrachte als Kaskoversicherer des Pkw eine
Entschädigungsleistung an die Eigentümerin.
Der Diebstahl war vorgetäuscht. In Wirklichkeit
hatte C den Pkw unterschlagen und in die BRD
verbracht, wo der Kfz-Händler F in M., dem die
Unterschlagung bekannt war, einen Blanko-KfzBrief beschaffte, um das Kfz an den Beklagten
zu veräußern.
nein
Beim Kauf eines gebrauchten Kfz begründet
der Besitz desselben allein noch nicht den für
den Gutglaubenserwerb nach § 932 BGB
nötigen Rechtsschein. Daher muss sich der
Käufer regelmäßig den Kfz-Brief vorlegen
lassen, um die Berechtigung des Veräußerers
überprüfen zu können. Legt dieser nur einen
Blanko-Kfz-Brief vor, der keinen Halter ausweist, so besitzt dieses Papier für die Frage
nach der Berechtigung des Veräußerers keine
Aussagekraft. In diesem Fall muss ein Erwerber weitere Nachforschungen in Bezug auf die
Eigentumsverhältnisse des Fahrzeugs anstellen, will er sich nicht dem Vorwurf aussetzen,
er habe seine Sorgfaltspflichten in ungewöhnlichem Maße verletzt.
Beim Erwerb eines aus dem Ausland eingeführten Gebrauchtwagens ist die Verkaufsberechtigung des Veräußerers besonders sorgfältig zu prüfen, wenn sich aus dem von diesem vorgelegten Fahrzeugbrief lediglich die
Tatsache der Einfuhr und Verzollung, nicht
aber die Identität des früheren Halters ergibt.
b) Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts
Die Beklagte vertreibt in Deutschland durch
Vertragshändler Pkws. Zu den Vertragshändlern
gehörte die G-GmbH. In ihren AGB behält sich
die Beklagte gegenüber ihren Vertragshändlern
das Eigentum bis zur vollständigen Zahlung des
Kaufpreises vor. Die Beklagte stimmte einer
nein
Eine gewerbliche Leasinggesellschaft, zu
deren üblichen Geschäften die Finanzierung
von Lastkraftwagen mit einem erheblichen
wirtschaftlichen Wert gehört, erwirbt beim
Kauf eines solchen Fahrzeugs von einem
Vertragshändler des Herstellers nicht gut-
OLG Jena, Az.: 4 U 265/08
= ADAJUR Dok.Nr. 86530
BGH, Az.: II ZR 196/93 =
ADAJUR Dok.Nr. 20939
4
Weiterveräußerung der Fahrzeuge nur in
gläubig das Eigentum an dem Fahrzeug,
Abhängigkeit von der Zahlung des Kaufpreises
an die Beklagte zu. Die Kfz-Briefe wurden aufgrund eines mit der Beklagten getroffenen Rahmenabkommens bis zur Überweisung des Kaufpreises treuhänderisch von der Sparkasse B
verwahrt. Die Klägerin als Leasinggesellschaft
kaufte bei der G-GmbH einen Lkw der Beklagten. Der Lkw wurde an eine Leasingnehmerin
der Klägerin ausgeliefert. Der Kaufpreis des Lkw
wurde an die G-GmbH gezahlt, die das Geld
jedoch nicht an die Beklagte weiterleitete. Die
Beklagte kündigte den Vertrag mit der G-GmbH,
nahm den Lkw wieder an sich und veräußerte
diesen samt des Kfz-Briefes an einen Dritten. Bis
zur Veräußerung befand sich der Kfz-Brief bei
der Sparkasse.
wenn der Vertragshändler den Kraftfahrzeugbrief nicht übergibt und die Leasinggesellschaft auf Grund ihrer zahlreichen einschlägigen Geschäfte weiß oder wissen müsste,
dass sich der Hersteller das Eigentum an dem
Fahrzeug bis zur vollständigen Weiterleitung
des Kaufpreises an ihn vorbehält, dass er die
Verfügungsbefugnis der Händler entsprechend einschränkt und dass er den Kraftfahrzeugbrief zur Verhinderung eines gutgläubigen Eigentumserwerbs durch Dritte zurückhält
oder zum Zwecke des Dokumenteninkassos
einem Treuhänder überlässt.
BGH, Az.: VIII ZR 82/03 =
ADAJUR Dok.Nr. 62643
c) Verkauf unter fremden Namen
Aufgrund eines Internet-Angebots, nach welchem ein VW Multivan für 22.900 Euro zum
Verkauf angeboten wurde, nahm der Beklagte
Kontakt mit dem Verkäufer „C” – in Wahrheit D –
auf. Der Beklagte unternahm an einem Sonntag
eine Probefahrt, ließ sich von „C” den Fahrzeugschein und den Kfz-Brief (beide in Wahrheit
gefälscht) vorlegen und überprüfte die Daten. Als
Halterin war die „A-GmbH”, die das Kfz aufgrund
eines Leasingvertrages von der Klägerin erworben hatte, eingetragen. Der Beklagte fragte „C”,
ob er zu einem Verkauf des Fahrzeugs bevollmächtigt sei, was dieser bejahte. Sodann wurde
der Kaufvertrag auf einem Parkplatz geschlossen, sowie der Kaufpreis als auch die Schlüssel
und Kfz-Papiere übergeben.
nein
Wer von einer in den Fahrzeugpapieren als
Halterin eingetragenen juristischen Person ein
Kfz kaufen will, muss die Berechtigung der für
diese handelnden Person vor allem dann
sorgfältig prüfen, wenn ungewöhnliche Umstände – hier das Drängen des Verkäufers auf
schnelle Abwicklung des Geschäfts an einem
Sonntag, auf der Straße und zu einem sehr
günstigen Preis – hinzutreten. Dem Vorwurf
grober Fahrlässigkeit kann der Käufer nicht
mit dem Argument entgehen, die tatsächlich
unterlassene aber gebotene Nachprüfung der
Berechtigung des Verkäufers hätte voraussichtlich zu keinem anderen Ergebnis geführt.
OLG Schleswig, Az.: 14 U
201/05 = ADAJUR Dok.Nr.
73829
5
d) Einschaltung eines Vermittlers
Der Kläger leaste über die Vermittlung eines
Autohauses N einen Pkw bei der Beklagten, die
die Fahrzeuge von N finanzierte und in deren
Sicherungseigentum sie standen. Nach Ablauf
des Leasingvertrags bot N, dem Kläger den Pkw
zum Kauf an und versprach, ihm den Kfz-Brief
nach Kaufpreiszahlung zuzuschicken. Der Kläger überwies den Betrag auf ein Konto von N,
erhielt aber den Fahrzeugbrief nicht. Zunächst
hieß es, der Brief sei verlegt worden, dann stellte
sich jedoch heraus, dass der Fahrzeugbrief nach
wie vor bei der Beklagten war, weil der von der
Beklagten gewährte Kredit nicht zurückbezahlt
war und N den Kaufpreis nicht weitergegeben
hatte.
ja
Nach Ablauf der Leasingzeit wollte der Kläger
das Fahrzeug ablösen. Da die Beklagte im
Rahmen ihrer Leasinggeschäfte keine eigene
Niederlassung unterhält, bedient sie sich bei
Abschluss von Leasingverträgen sogenannter
Vertragshändler, bei dem der Kläger die Restrate zahlte. Nach Zahlung der Restrate forderte
der Kläger die Herausgabe des Fahrzeugbriefes
von der Beklagten. Die Beklagte verweigerte die
Herausgabe, da die Restrate nicht an sie gezahlt
wurde.
ja
Wird dem Käufer eines geleasten Fahrzeugs
im Rahmen eines Privatkaufes der Fahrzeugbrief nicht ausgehändigt, und hält er den Verkäufer, der ihm die Zusendung des Fahrzeugbriefes nach erfolgter Zahlung zusicherte, für
verfügungsbefugt, kann ihm keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.
Erwirbt ein privater Kunde ein Leasingfahrzeug von einem Vertragshändler, ohne sich
den Kfz-Brief zeigen zu lassen, liegt keine
grobe Fahrlässigkeit vor, wenn er von der
Verfügungsbefugnis des Händlers ausgeht,
da er das Fahrzeug zuvor über ihn geleast
hatte.
LG Darmstadt, Az.: 8 O
490/00 = ADAJUR Dok.Nr.
49641
AG Neuss, Az.: 87 C
667/10 = ADAJUR Dok.Nr.
91636
2. Kauf vom Händler
a) Geschäft zwischen Kfz-Händlern
Die Beklagte handelt mit Gebrauchtwagen, stand
seit vielen Jahren mit der S-GmbH in Geschäftsbeziehungen und hat dabei vielfach von ihr
gleichzeitig mehrere Gebrauchtwagen erworben.
Die Klägerin hatte der inzwischen in Konkurs
gefallenen S-GmbH Kredite gewährt. Zu deren
nein
Auch unter Kraftfahrzeughändlern, die mit
gebrauchten, aus beendeten Leasingverträgen stammenden Kraftfahrzeugen handeln,
gilt der Grundsatz, dass der gute Glaube des
Erwerbers an das Eigentum bzw. die Verfügungsbefugnis des Veräußerers nur geschützt
BGH, Az.: II ZR 222/95 =
ADAJUR Dok.Nr. 4947
6
Sicherung wurden zuletzt am 5. 2. 1993 zwei
Raumsicherungsverträge geschlossen. Die Beklagte kaufte am 17.3.1993 insgesamt neun
gebrauchte Kfz zum Gesamtpreis von 152.000
DM, der auf ein bei der Klägerin geführtes Geschäftskonto der S-GmbH, nicht jedoch auf ein
eigens eingerichtetes „Gebrauchtwagenkonto“
überwiesen wurde. Die Beklagte nahm die Fahrzeuge mit, erhielt aber nur für fünf von ihnen
gleichzeitig die Kfz-Briefe.
ist, wenn er sich zumindest den Kraftfahrzeugbrief vorlegen lässt. Verzichtet der Erwerber hierauf in der Annahme, der Brief
befinde sich noch bei der Leasinggesellschaft,
trägt er das Risiko, dass der Veräußerer nicht
einmal verfügungsbefugt ist.
b) Geschäft zwischen Kfz-Händlern mit Auslandsbezug
Der Kläger (ein Autohändler) erhielt 2010 einen
Ferrari von einer Firma in den Niederlanden. In
den Kfz-Papieren war jedoch die Beklagte als
italienische Leasinggesellschaft als Eigentümerin
eingetragen. Auf Nachfrage bei der Firma in den
Niederlanden wurde dem Kläger mitgeteilt, dass
das Kfz bei der Firma E. BV erworben wurde.
Der Kläger suchte einen Ferrari-Vertragshändler
auf, der eine Garantiefrage startete, bei der unter
der Fahrgestellnummer festgestellt wurde, dass
das Kfz in Italien als gestohlen gemeldet war.
Unter Vorlage des Certificato di proprieta wurde
das Kfz der Beklagten ausgehändigt.
nein
Der Kläger übereignete seinen BMW als Sicherheit für ein Darlehen an die Treuhand-AG. Bis
auf den zweiten Schlüssel sowie das Bordbuch
und Servicescheckheft übergab der Kläger alle
Kfz-Papiere. Das Fahrzeug wurde am
22.02.2011 abgemeldet und am 07.04.2011 von
der Beklagten, unter Inzahlunggabe ihres alten
BMW, von einem Händler erworben. Sie erhielt
die Originalpapiere, in denen nicht der Verkäufer, sondern der Kläger als Halter ausgewiesen
war.
ja
Der Beklagte (ein Händler) gewährte dem Darle-
nein
Kein gutgläubiger Eigentümer ist, wer ein
hochwertiges Fahrzeug wie „heiße Ware“
weiterveräußert, wenn keine besonderen
Gründe hierfür vorliegen (hier: Autohändler
verkauft binnen 14 Tagen nach eigenem
Einkauf Ferrari 5.000,-€ unter eigenem Einkaufspreis).
Ein guter Glaube an die „scheinbare“ Eigentumsberechtigung des Veräußerers eines
Fahrzeugs ist nicht möglich, wenn dem Käufer
die Veräußerungskette zwischen dem Veräußerer und dem eingetragenen Halter des
Fahrzeugs nicht nachvollziehbar dargelegt
wird.
Übergibt der Eigentümer eines Kfz dieses mit
dem Schlüssel und mit sämtlichen Wagenpapieren einem Dritten, so begründet er für
diesen Dritten unmittelbaren Besitz und macht
ihn nicht zu seinem Besitzdiener. Eine bewegliche Sache kommt dem mitbesitzenden Eigentümer nicht iSv § 935 BGB abhanden,
wenn er selbst den unmittelbaren Besitz ohne
Willen des eigentumslosen Mitbesitzers freiwillig aufgibt.
Die Übergabe und Prüfung der Zulassungs-
LG München I, Az.: 20 O
20182/10; BeckRS 2013,
16678
BGH, Az.: V ZR 58/13 =
ADAJUR Dok.Nr. 104020
7
hensnehmer ein Darlehen iHv. 39.300,00 €. Zur
Sicherheit übereignete der Darlehensnehmer
sein Kfz. Der Darlehensnehmer konnte nur die
Zulassungsbescheinigung Teil II, jedoch nicht
die Zulassungsbescheinigung Teil I vorlegen.
Die Zulassungsbescheinigung Teil II war gefälscht, was der Beklagte hätte anhand einer
Überprüfung der Fahrgestellnummer erkennen
können.
bescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) sind
Mindestanforderungen für einen gutgläubigen
Erwerb von Kraftfahrzeugen. Wer einen Gebrauchtwagen kauft (ob vom Händler oder
von einer Privatperson), ohne sich die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief)
vorlegen zu lassern, handelt schon allein aus
diesem Grund grob fahrlässig im Sinne von
§ 932 Abs. 2 BGB.
Die Beklagte (eine Vertragshändlerin) verkaufte
ein Kfz an die Firma DBD, welche als deutsche
Zwischenhändlerin tätig war. Die Beklagte vereinbarte einen Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung. Ferner wurde der
Firma DBD bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung untersagt, über das Fahrzeug zu verfügen
oder Dritten vertraglich eine Nutzung einzuräumen. Die DBD verkaufte das Kfz ihrerseits an die
in Frankreich ansässige Klägerin weiter und ließ
es nach Frankreich zur Klägerin transportieren.
Kfz-Brief, Kfz-Schein und EG-Übereinstimmungsbescheinigung verblieben bei der Beklagten. Die Klägerin zahlte den Kaufpreis und verkaufte das Kfz ihrerseits in Frankreich weiter. Als
ihr Abnehmer eine vereinbarte Zusatzausstattung vermisste, kam er mit der Klägerin überein,
das Fahrzeug zwecks Einbaus der fehlenden
Tuning-Komponenten noch einmal zur Beklagten
zu verbringen. Diese nahm das Fahrzeug in
Besitz und verweigerte eine Herausgabe unter
Hinweis auf den mit der DBD vereinbarten Eigentumsvorbehalt, weil die DBD ihr den geschuldeten Kaufpreis nicht bezahlt habe.
nein
Der Kläger (ein Gebrauchtwagenhändler) kaufte
am 14.10.1998 bei der Beklagten (ebenfalls
Gebrauchtwagenhändler) einen gebrauchten
BMW für einen Kaufpreis von 51.000 DM. Das
Kfz stammte aus Italien und wurde erstmals
1996 dort zugelassen. In Deutschland wurde ein
nein
Bei einem grenzüberschreitenden Versendungskauf in das Ausland erfolgt die für einen
Eigentumsübergang nach deutschem Recht
erforderliche Besitzverschaffung am Kaufgegenstand in aller Regel erst mit dessen Ablieferung am Bestimmungsort. Wird der nach
deutschem Recht im Inland eingeleitete Erwerbstatbestand bis zum Grenzübertritt nicht
mehr vollendet, beurteilt sich die Frage, ob
und zu welchem Zeitpunkt das Eigentum am
Kaufgegenstand übergeht, gemäß Art. 43a
Abs. 1 EGBGB nach dem dann für das Recht
des Lageortes zuständigen ausländischen
Sachrecht. Das gilt auch für die Voraussetzungen, unter denen Eigentumserwerb vom
Nichtberechtigten kraft guten Glaubens möglich ist.
Der Kläger konnte kein gutgläubiges Eigentum am Kfz erwerben, weil dieses dem rechtmäßigen Eigentümer abhanden gekommen
ist. Der Beweis des Abhandenkommens im
Rahmen des § 935 BGB kann durch das
äußere Erscheinungsbild geführt werden. Ein
KG Berlin, Az.: 8 U
114/13; BecksRS 2014,
22393
BGH Az.: VIII ZR 108/07 =
ADAJUR Dok.Nr. 83632
OLG Saarbrücken, Az.: 4
U 465/00-119
8
neuer Kfz-Brief von der Zulassungsstelle ausgestellt. Am 15.04.1999 wurde das Kfz auf dem
Betriebshof des Klägers beschlagnahmt, weil
das Kfz seinem rechtmäßigen Eigentümer 1998
gestohlen wurde. Der Kläger verlangt vom Beklagten Rückzahlung der 51.000 € nach §§ 440,
325, 347 BGB.
solcher Beweis ist auch geführt, wenn feststeht, dass das Fahrzeug mit den Originalschlüsseln geöffnet wurde.
c) Unterschlagung zuvor gemieteter Fahrzeuge
Die Beklagte (eine Autovermietung) vermietete
einen VW Golf an eine Person, die das Kfz nach
Ende der Mietzeit nicht zurück gab. Diese Person verkaufte das Kfz an einen Autohändler, der
seinerseits das Kfz an den Kläger weiter veräußerte. Am Tag des Erwerbs verglich der Kläger,
der ebenfalls als Autohändler tätig ist, die Fahrgestellnummer des Autos mit der im Fahrzeugbrief und stellte Abweichungen fest. Die unregelmäßigen Angaben im Fahrzeugbrief seien
ihm bei der Übergabe nicht aufgefallen. Nachdem der Kläger die Polizei über die Unregelmäßigkeiten im Kfz-Brief informierte, wurde das Kfz
sichergestellt und an die Beklagte herausgegeben
nein
Der Beklagte vermietete ein in seinem Eigentum
stehendes Wohnmobil an einen Dritten, von dem
er es nach Ablauf der Mietzeit nicht zurückerhielt. Der Kläger (ein Gebrauchtwagenhändler)
wurde in einem Inserat auf das Kfz aufmerksam
und schickte einen Mitarbeiter zum Verkäufer,
der ebenfalls zwei Mitarbeiter beauftragte, den
Kaufvertrag abzuwickeln. Für den Verkäufer
unterschrieb einer der beiden von ihm beauftragten Personen mit dem Nachnamen des Beklagten. Das Wohnmobil überbrachte der Mitarbeiter
dem Kläger, bei welchem es von der Polizei
sichergestellt wurde. Diese gab das Wohnmobil
an den Beklagten heraus.
ja
Der Erwerber eines Kraftfahrzeuges vom
Nichtberechtigten ist i. d. R. als bösgläubig
anzusehen, wenn ein Fahrzeugbrief bei der
Übergabe nicht vorgelegt wird. Zusätzlich ist
eine Nachforschungspflicht des Erwerbers
eines gebrauchten Kraftfahrzeuges dann
anzunehmen, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkauf mit nur einem Schlüssel, einem
Preisnachlass von 42 % und mit einem KfzBrief verkauft wird, der eine Namensangabe
in umgekehrter Reihenfolge zum amtlichen
Vordruck enthält und mit einem auffälligen
Schreibfehler hinsichtlich des Herstellers
verkauft werden soll.
LG München, Az.: 10 O
14907/04; BeckRS 2005,
12848
Tritt der Veräußerer eines unterschlagenen
Kfz unter dem Namen des Eigentümers auf,
wird Vertragspartner des Erwerbers grundsätzlich die unter fremden Namen handelnde
Person und nicht der Eigentümer, sofern der
Kauf sofort abgewickelt wird.
BGH, Az.: V ZR 92/12 =
ADAJUR Dok.Nr. 101596
9
d) Verkauf unter fremden Namen
Die Klägerin handelt – unter anderem – mit Gebrauchtfahrzeugen. Bei der Klägerin war der
Zeuge G. als Verkäufer angestellt, der eine Vielzahl von Fahrzeugen aus dem Bestand der
Klägerin an den Nebenintervenienten B. weitergab. Auch der Beklagte ist auf dem Gebiet des
Gebrauchtwagenhandels tätig. Er erwarb von
Herrn P. einen Pkw BMW 540i, der aus dem
Bestand der Klägerin stammte. Dieses Fahrzeug
wurde von der Staatsanwaltschaft
Bremen beschlagnahmt. Der Zeuge G. habe das
von dem Beklagten erworbene Fahrzeug im
Zusammenwirken mit dem Nebenintervenienten
B. durch strafbare Handlung aus dem Besitz der
Klägerin gebracht. Das Kfz wurde im Laufe des
Rechtsstreits veräußert.
nein
Der Ladenangestellte eines Kfz-Handelsgeschäfts ist aufgrund des § 56 HGB allein
zur Vornahme von branchentypischen
Rechtsgeschäften bevollmächtigt. Ob der
Verkauf eines Personenkraftwagens in diesem Sinne branchentypisch ist, bestimmt sich
maßgeblich nach dem konkreten Inhalt des
Rechtsgeschäfts. Er ist regelmäßig nicht
befugt, Fahrzeuge aus dem Besitz seines
Besitzherrn an Interessenten zu übereignen,
ohne dass die Zahlung des Kaufpreises gesichert ist. Stellt ein Kfz-Handelsgeschäft einem
Kaufinteressenten einen Personenkraftwagen
für eine Probefahrt zur Verfügung, wird kein
Leihverhältnis zwischen dem Handelsgeschäft
und dem Interessenten begründet. Insofern ist
der Klägerin das Kfz nach § 935 BGB abhandengekommen.
OLG Bremen, Az.: 1 U
50/05; BeckRS 2005,
30362534
3. Kauf von einer Privatperson
a) Privatperson erwirbt von einer Privatperson durch ein Internetinserat
Der Kläger entdeckte das Kfz im Internet. Am
vereinbarten Treffpunkt wurde mit dem privaten
Veräußerer ein handschriftlicher Kaufvertrag
geschlossen und das Kfz mit Zulassungsbescheinigung Teil I und II im Original, Fahrzeugschlüssel sowie Scheckheft übergeben. Erst
nachdem der Veräußerer den Treffpunkt verlassen hat, bemerkte der Kläger, dass in der Zulassungsbescheinigung Teil II nicht der Veräußerer
stand. Das Kfz ist zuvor der Beklagten gestohlen
worden.
nein
Der Kläger (eine Privatperson) wurde auf ein
Internetangebot eines Audi A 4 zu einem günstigen Kaufpreis aufmerksam. Der Kläger reiste
von Aschaffenburg nach Duisburg, um den
Kaufvertrag abzuschließen. Er traf sich mit dem
Verkäufer auf einem Tankstellengelände, zahlte
ja
Der gutgläubige Erwerb des Kfz ist sowohl
nach § 935 Abs. 1 BGB als auch nach § 932
Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Beim Erwerb
eines gebrauchten Kraftfahrzeugs besteht
keine allgemeine Nachforschungspflicht. Die
Übergabe und Prüfung des Kfz-Briefs bzw.
der Zulassungsbescheinigung Teil II sind aber
die Mindestanforderungen für einen gutgläubigen Erwerb von Kraftfahrzeugen, so dass
ein gutgläubiger Erwerb ausscheidet, wenn
gerade nicht der Veräußerer als Halter eingetragen war.
Ein gutgläubiger Erwerb seitens des Käufers
setzt zumindest das Vorlageverlangen von
Kfz-Schein und -brief voraus, wenn aufgrund
der Verkaufsumstände das Risiko eines unlauteren Erwerbs besonders hoch ist oder der
Käufer ohne Weiteres erkennen kann, dass
LG Köln, Az.: 22 O 312/12;
BeckRS 2014, 18189
10
den Kaufpreis und erhielt das Kfz samt KfzSchein und Kfz-Brief. Im Kfz-Brief fehlte allerdings die Eintragung des Vornamen des Fahrzeughalters. Der Veräußerer erklärte dem Kläger
zudem, dass er das Kfz aufgrund einer bevorstehenden Scheidung schnellstmöglich verkaufen muss.
es sich bei dem vorgezeigten Fahrzeugbrief
um eine Fälschung handelt, und ihn daher
eine besondere Prüfungspflicht hinsichtlich
der Verfügungsbefugnis des Verkäufers trifft.
Eine erweiterte Nachforschungspflicht wird bei
Privatverkäufen weder durch die Durchführung der Verkaufsverhandlungen auf einem
Tankstellengelände mangels anderweitiger
Parkmöglichkeiten begründet noch durch die
Unterschreitung des üblichen Verkaufspreises, wenn der Verkäufer als Begründung für
seinen Preis einen akuten Notbedarf (hier:
anstehende Scheidung) anführt.
Der Kläger erwarb einen Pkw bei einer Privatperson, die das Kfz bei „mobile.de“ anbot. Der
Kaufvertrag wurde geschlossen, allerdings wurde nur ein Schlüssel übergeben. Nachdem das
Kfz vom Kläger angemeldet wurde, wurde dieses
von der Polizei beschlagnahmt, da die als Verkäufer auftretende Privatperson das Kfz zuvor
unter Vorlage eines gefälschten vorläufigen
Personalausweises von dem Verkäufer Q des
Autohauses Y zu einer Probefahrt erhalten und
nicht zurückgebracht hatte.
nein
Der Kläger suchte über Internetplattformen einen
gebrauchten Lieferwagen und wurde auf einen
Ford Transit aufmerksam. Nach telefonischer
Vereinbarung traf sich der Kläger mit dem Veräußerer. Der Veräußerer übergab einen KfzBrief, in dem er nicht angegeben war und erklärte, dass er das Kfz aus einer Insolvenzmasse
erworben und es nicht weiter auf sich zugelassen habe. Eine Abmeldebescheinigung und
Kaufvertrag legte er vor. Tatsächlich war der
Ford Transit neben zahlreichen weiteren Fahrzeugen von der anscheinend eigens zu diesem
Zweck gegründeten Firma R-GmbH mit dem Ziel
geleast worden, das Fahrzeug zu unterschlagen
und es, wie die anderen Fahrzeuge auch, unter
Nutzung einiger zuvor gestohlener Kfz-
ja
Derjenige, der als Kaufinteressent eines Pkw
auftritt und dem das Fahrzeug vom Eigentümer für eine Probefahrt überlassen wird, ist
nur Besitzdiener des Verkäufers. Wird das
Fahrzeug nicht wie verabredet zurückgebracht, sondern unterschlagen, kommt es
dem Berechtigten dadurch im Sinne von
§ 935 Abs. 1 BGB abhanden. Ein späterer
gutgläubiger Erwerb durch einen Dritten ist
damit ausgeschlossen.
Bösgläubigkeit kann seitens des Käufers beim
Erwerb eines Kfz nicht angenommen werden,
wenn der Veräußerer den Fahrzeugbrief, die
Original-Abmeldebescheinigung und den
Kaufvertrag zwischen ihm und dem vorherigen Halter vorweisen kann. Dies gilt umso
mehr, wenn der Fahrzeugbrief, der durch
Vervollständigung eines entwendeten Originalblanketts hergestellt wurde, offenbar so
echt wirkte, dass bei der 14 Tage später stattgefundenen Zulassung nicht einmal die Zulassungsstelle selbst Verdacht geschöpft hat.
Dem Erwerber kann nicht vorgeworfen werden, diesbezüglich keine Nachforschungen
angestellt zu haben, wenn ein Diebstahl nicht
nachweisbar ist und zum betreffenden Zeit-
OLG Braunschweig, Az.:
8 U 170/10 = ADAJUR
Dok.Nr. 97647
OLG Köln, Az.: 19 U 10/05
= ADAJUR Dok.Nr. 64944
LG Mönchengladbach,
Az.: 2 O 36/05 = ADAJUR
Dok.Nr. 65946
11
Briefblankette weiterzuveräußern.
Der Kläger erwarb aufgrund eines Inserats im
Internet einen Porsche Carrera. Nach einem
Telefonat mit dem Verkäufer traf sich der Kläger
mit einem für den Verkäufer auftretendem Mann
am Flughafen, um den Kaufvertrag abzuwickeln.
Wie sich später herausstellte war sowohl der in
Kopie vorgelegte Personalausweis des Verkäufers als auch die auf den Verkäufer ausgestellte
Zulassungsbescheinigung Teil II gefälscht. Die
Beklagte als finanzierende Gesellschaft machte
ihrerseits Eigentumsrechte geltend und ließ das
Kfz nach Vorlage der Originalpapiere beschlagnahmen.
punkt die Nichtberechtigung des Veräußerers
ebenfalls nicht nachweisbar gewesen wäre.
nein
Gemäß § 932 ff. BGB kommt Erwerb des
Eigentums an einer Sache auch vom Nichtberechtigten in Betracht, es sei denn der Erwerber war zum Zeitpunkt des Erwerbsvorganges
nicht in gutem Glauben. Dabei muss die Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber über
den Eigentumsübergang an der Sache wirksam sein. Fehlt es – wie im vorliegenden Fall
– an der Vertretungs- und Verfügungsmacht
der das Übereignungsangebot abgebenden
Person, scheidet gutgläubiger Erwerb aus.
Ausnahmen nach § 366 HBG liegen unstreitig
nicht vor.
LG Heilbronn, Az.: 5 O
264/11,St.; BeckRS 2013,
11116
b) Privatperson erwirbt vom Unternehmer (vorherige Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts)
Am 16.09.1971 verkaufte der Kläger seinen Opel
GT unter Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises an die Firma H.GmbH zum Preise von 8.200 DM. Er erhielt
hierfür 2000 DM in bar und über den Kaufpreisrest von 6.200 DM einen am 01.10.1971 fälligen
Wechsel, der nicht eingelöst wurde. Der Kläger
übergab der Firma H.-GmbH mit dem Fahrzeug
auch den Kfz-Brief, weil die Käuferin ihn um
kurzfristige Überlassung des Briefes zwecks
Umschreibung des Fahrzeugs gebeten hatte.
Noch am gleichen Tag verkaufte die Firma H.GmbH den Opel für 5.100 DM an X., einen
Kaufmann der Beklagten, gegen Barzahlung.
Dieser wiederum verkaufte das Kfz, den er zusammen mit anderen von ihm zum Verkauf angebotenen Fahrzeugen auf der Straße vor seiner
Wohnung abgestellt hatte, am 22.09.1971 zum
Preis von 6.800 DM an den Beklagten zu 2)
weiter. Der Beklagte zu 2) hat den Kaufpreis bar
bezahlt. Im Kfz-Brief war stets der Kläger als
Halter eingetragen.
nein
Der Kläger veräußerte sein Kfz am 20.11.2003
nein
Wer bei einem Händler im Rahmen von dessen Geschäftsbetrieb eine Ware kauft, geht
im Zweifel mindestens von der Verfügungsbefugnis des Händlers aus. Der gute Glaube an
die Verfügungsbefugnis eines Kaufmanns
kann gerechtfertigt sein, selbst wenn ein guter
Glaube an sein Eigentum durch grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen wäre. Beim Kauf
eines Gebrauchtwagens ist die Übergabe und
Prüfung des Kfz-Briefs nur eine Mindestanforderung für einen gutgläubigen Eigentumserwerb. Sind Umstände vorhanden, die einen
Verdacht erregen müssen, so besteht eine
Erkundigungspflicht beim letzten eingetragenen Halten des Fahrzeugs. Ein solcher Verdachtsgrund liegt immer vor, wenn ein Gebrauchtwagen auf der Straße verkauft wird
und der Verkäufer nicht der letzte im Kfz-Brief
eingetragene Halter ist.
Beim Autokauf kann der Käufer, der den
BGH, Az.: VIII ZR 151/73 =
ADAJUR Dok.Nr. 10052
12
an die W. GmbH. Diese hat das Kfz am
25.11.2003 an den Beklagten weiterveräußert.
Bei beiden Veräußerungsvorgängen kam es
zwar jeweils zur Übergabe des Kfz, nicht jedoch
zur Aushändigung des Kfz-Briefes, welchen der
Kläger noch in Händen hält. In dem zwischen
dem Kläger und der W. GmbH abgeschlossenen
Kaufvertrag wurde ein Eigentumsvorbehalt nicht
geregelt. Allerdings bezahlte die W. GmbH den
Kaufpreis an den Kläger nicht und dieser übergab seinerseits den Kfz-Brief nicht. Dem Beklagten sollte der Kfz-Brief zugesandt werden, was
nicht geschah. Der Kaufpreis wurde durch den
Beklagten an die W. GmbH bezahlt.
Kaufpreis noch nicht gezahlt hat, die Einbehaltung des Fahrzeugbriefes bei der Übergabe des Fahrzeugs regelmäßig nur dahin verstehen, dass der Verkäufer ihm das Eigentum
am Fahrzeug zur Sicherung seiner Kaufpreisforderung nur unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen will.
BGH, Az.: VIII ZR 184/05;
NJW 2006, 3488
c) Einschaltung einer Hilfsperson/ Stellvertreter auf Veräußererseite
Der Kläger löste ein von der Zeugin F. geleastes
Kfz bei der B-Bank aus. Die Zeugin K. wurde
beauftragt, das Kfz auf den Kläger umzuschreiben, was jedoch unterblieb. Die Zeugin K., die
alle Fahrzeugpapiere vom Kläger erhalten hatte,
verkaufte das Kfz in eigenen Namen an den
Beklagten.
Der Beklagte vermietete ein Wohnmobil an einen
unbekannten Herrn, der das Kfz nach Ende der
Mietzeit nicht zurückbrachte. Der Kläger (ein
Autohändler), vertreten durch einen Freund,
kaufte das Wohnmobil aufgrund einer Zeitungsannonce und bekam sowohl den Fahrzeugbrief
als auch den Fahrzeugschein überreicht. Tat-
nein
ja
Zwar kommt ein gutgläubiger Erwerb nach
§ 932 BGB hier nicht in Betracht, weil der gute
Glaube an die Vollmacht nicht geschützt wird.
Aber nach Überzeugung des Gerichts erteilte
der Kläger vorab der Zeugin K. eine Vollmacht
zum Verkauf es Kfz. Der Kläger handelt widersprüchlich, wenn er vor diesem Hintergrund die Übereignung des Fahrzeugs durch
die von ihm dazu bevollmächtigte Person an
den Beklagten nicht gegen sich gelten lassen
möchte, nur weil seine Vertreterin dem Beklagten eine Vollmacht der Person vorgaukelte, die noch in den Fahrzeugpapieren eingetragen war.
Maßgeblich für die Beurteilung des guten
Glaubens ist der Zeitpunkt der Vornahme des
letzten Erwerbsaktes, im Falle des § 932 Abs.
1 S. 1 BGB ist dies der Zeitpunkt der Übergabe. Handelt aufseiten des Erwerbers ein Stellvertreter, so kommt es auf den guten Glauben
des Vertreters an, vgl. § 166 Abs. 1 BGB. Es
OLG München, Az.: 3 U
1823/10; BeckRS 2011,
02126
OLG Karlsruhe, Az.: 9 U
143/10 = ADAJUR Dok.Nr.
98652
13
sächlich war der Fahrzeugbrief gefälscht. Der
Originalfahrzeugbrief befindet sich immer noch
beim Beklagten. Das Fahrzeug wurde am
23.04.2008 durch die Polizei sichergestellt und
an den Beklagten herausgegeben.
sind im vorliegenden Fall auch keine besonderen Umstände ersichtlich, die zu weiteren
Nachforschungen Anlass gegeben hätten. Der
Käufer handelt nicht ohne weiteres grob fahrlässig, wenn er sich über die Identität des
Verkäufers nicht durch Vorlage eines Ausweises vergewissert.
d) Einschaltung einer Hilfsperson auf Erwerberseite
Der Beklagte bot dem Zeugen P, Ehemann der
Geschäftsführerin der Klägerin, einen Mercedes
zum Preis von 67.000 DM an. In den KfzPapieren war Herr W als Halter eingetragen.
Nach Abwicklung des Kaufvertrages, in dem
Herr W als Verkäufer eingetragen war, wollte der
Zeuge P das Kfz bei der Zulassungsstelle abmelden, woraufhin festgestellt wurde, dass es
sich um gefälschte Kfz-Papiere handelte. Der
Mercedes war aus den Ausstellungsräumen
einer Niederlassung gestohlen worden, was dem
Beklagten bekannt war.
e) Privatkauf mit Auslandsbezug
Der Italiener S kaufte am 24.09.1987 von seinem
Landsmann C dessen am 17.06.1986 in das
öffentliche Register in R. eingetragenen Pkw
Ferrari 208 Turbo. Um den Kaufpreis zahlen zu
können, nahm S einen Kredit bei der Klägerin
auf, die sich zur Sicherung eine Hypothek auf
das Kfz eintragen ließ. S verkaufte das Kfz an
die Beklagte, die die v. X-GmbH mit dem Ankauf
des Wagens für sie beauftragte. Diese Firma
verfuhr entsprechend und ließ sich von P auch
die italienischen Papiere vorlegen. Sie erledigte
alle Formalitäten bei Zoll und Zulassungsstelle
und sorgte dafür, dass der Beklagte der Ferrari
mit deutscher Zulassung übergeben wurde.
nein
nein
Die Nachforschungspflicht entfällt nicht deshalb, weil der Käufer im Besitze des Zweitschlüssels ist. Der Käufer hätte durch Rückfragen bei der Kfz-Zulassungsstelle oder beim
Kraftfahrtbundesamt die Herkunft des Fahrzeugs klären müssen, ebenso wäre eine
Rückfrage bei der Polizei naheliegend gewesen. Er hätte dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfahren, dass das
Fahrzeug gestohlen war. Da die Klägerin sich
die grobfahrlässige Unkenntnis des die Sittenwidrigkeit begründenden Umstandes, dass
das Kfz gestohlen war, gem. § 166 Abs. 1
BGB zurechnen lassen muss, ist der von den
Parteien geschlossene Kaufvertrag gem.
§ 138 BGB nichtig.
Wird im Inland ein im Ausland zugelassenes
gebrauchtes Kfz verkauft, hat sich der Käufer
grundsätzlich die Kfz-Papiere im Original
(hier: italienische carta di circolazione mit dem
zugehörigen foglio complementare) vorlegen
zu lassen, um sich – notfalls unter Einschaltung eines sprachkundigen Fachmanns –
darüber zu vergewissern, dass er nach dem
Inhalt der ausländischen Papiere unbelastetes
Eigentum erwerben kann. Eine in Italien wirksam bestellte Autohypothek ist in Deutschland
anzuerkennen, wenn das Fahrzeug endgültig
im Inland verbleiben soll; hinsichtlich der
Verwertung eines solchen besitzlosen Pfand-
BGH, Az.: VIII ZR 19/91 =
ADAJUR Dok.Nr. 3217
BGH, Az.: II ZR 88/90 =
ADAJUR DOK.Nr. 672
14
rechts gelten die für das Sicherungseigentum
entwickelten Regeln entsprechend.
f) Unterschlagung eines zuvor gemietete Wohnmobils
Der Kläger vermietete gewerblich ein Wohnmobil
im Wert von 31.000 €. Wenig später wurde das
Wohnmobil im Internet für 24.500 € zum Verkauf
angeboten. Die Beklagte nahm telefonisch Kontakt zu dem Verkäufer auf, der sich mit dem
Namen des Klägers auswies. Der Kaufvertrag
wurde auf einem Parkplatz geschlossen, der
Kaufpreis in bar gezahlt. Der Beklagten wurden
ein Satz Schlüssel ausgehändigt, die offensichtlich unvollständig waren. Der übergebene KfzBrief war zudem gefälscht, Wartungsheft und
Bordhandbuch fehlten gänzlich.
nein
Es liegt kein gutgläubiger Eigentumserwerb
vor, wenn das verkaufte Fahrzeug Gegenstand einer Unterschlagung war und der Verkäufer sich über einen gefälschten Kfz-Brief
als scheinbarer Eigentümer darstellt. Der
Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn er
ein Wohnmobil über das Internet kauft und es
neben der Übergabe eines scheinbar echten
Kfz-Briefes noch weitere Anhaltspunkte gibt,
die Zweifel an der wahren Eigentümerstellung
des Verkäufers begründen können. Dies ist
der Fall, wenn wichtige Papiere fehlen, im
Kaufvertrag gravierende Rechtschreibfehler
vorliegen und die Barzahlung eines hohen
Kaufpreises auf einem Parkplatz stattfindet.
OLG Koblenz, Az.: 5 U
833/10; ADAJUR Dok.Nr.
92886
II. Neuwagenkauf
Die Klägerin betreibt einen Autohandel und verkaufte im März 1992 Herrn A unter anderem
zwei Neuwagen. Die Fahrzeugbriefe beider
Neufahrzeuge wurden Herrn A übergeben. Eine
Haltereintragung erfolgte nicht. Eine Zahlung der
Kaufpreise blieb aus. Herr A verkaufte seinerseits die Fahrzeuge an die Beklagte, die auch
die Kaufpreise zahlte.
nein
Beim Neuwagenkauf von einem autorisierten
und zuverlässigen Vertragshändler ist mangels sonstiger Auffälligkeiten nicht zu beanstanden, dass Fahrzeugbriefe ohne Haltereintragung vorgelegt werden. Das kann aber auf
einen Autokauf aus Privathand nicht ohne
weiteres übertragen werden. Das festgestellte
auffällige Missverhältnis zwischen dem beim
Ankauf an Herrn A gezahlten Preis und dem
üblichen „marktgerechten“ Preis bei den zwei
Fahrzeugen hätte Anlass geben müssen,
Nachforschungen nach dem Voreigentümer
der Neufahrzeuge anzustellen. Dies hätte z.B.
bei den Neuwagen anhand der Fahrgestellnummer durch Nachfrage beim Hersteller
erfolgen können.
III. Sonstiges
Die Beklagte ist die Tochter des am 06.12.2002
verstorbenen K. Der Verstorbene erwarb am
11.12.2001 von der Klägerin einen gebrauchten
nein
Der Erwerber eines Gebrauchtwagens muss
sich den Kfz-Brief vorlegen lassen, um sich
nicht dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit
BGH, Az.: II ZR 254/94 =
ADAJUR Dok.Nr. 24843
15
Pkw. Er schenkte den Wagen der Beklagten, an
die er ihn unmittelbar ausliefern ließ. Den KfzBrief behielt die Klägerin. Die Klägerin behauptet, sie habe mit dem Verstorbenen Ratenzahlung vereinbart. Das Eigentum an dem Fahrzeug
habe erst nach vollständiger Zahlung übergehen
sollen. Der Kaufpreis sei nicht vollständig beglichen worden. Die Beklagte meint, sie habe das
Fahrzeug gutgläubig erworben, weil ihr Vater ihr
auf ihre Frage nach dem Kfz-Brief versichert
habe, sie müsse sich keine Gedanken machen,
das Fahrzeug gehöre ihr.
§ 932 BGB auszusetzen. Bei gebrauchten Kfz
muss jeder Teilnehmer am Rechtsverkehr
wissen, dass Kfz oft als Sicherheit für einen
bei ihrer Anschaffung gewährten Kredit dienen und deshalb der Umstand, dass der Veräußerer den Kfz-Brief nicht vorlegen kann,
Argwohn erwecken und zu weiteren Nachforschungen Anlass geben muss. Jedenfalls ist
ein schützenswertes Vertrauen, dass der
Besitzer des Gebrauchtwagen Eigentümer
oder zur Verfügung über die Sache ermächtigt
ist, nicht gerechtfertigt. Diese Grundsätze
gelten auch bei der Schenkung.
OLG Oldenburg, Az.: 9 U
66/04 = ADAJUR Dok.Nr.
62129