ERASMUS-Aufenthalt in Newcastle upon Tyne, England, SoSe 2011

ERASMUS-Aufenthalt in Newcastle upon Tyne, England, SoSe 2011
Bewerbung
Neben dem Ausfüllen des BewerberInnenbogens (Name, Alter, Nationalität etc.), verlangt die
Uni Newcastle von euch ein Motivationsschreiben, sowie Abiturzeugnis und eine Übersicht
aller bisher erbrachten Leistungen während eures Studiums. Letztere könnt ihr bei PABO
beantragen, bei mir hat dies auch relativ kurzfristig problemlos geklappt, allerdings solltet ihr
aufpassen, ob auch alle Kurse und CPs im Dokument aufgeführt sind, da es vorkommen
kann, dass die Leistungen zwar bei PABO gemeldet, aber online und so auf dem Dokument
nicht sichtbar sind (ja, sowas gibt’s tatsächlich). Achja. Hinzu kommt noch ein Bewertungsbogen, auf dem ein/e HochschulprofessorIn eure persönliche Eignung für den Auslandsaufenthalt bestätigen soll. Naja hört sich viel an, ist aber im Großen und Ganzen auch nicht so
wild. Formalitäten halt.
Anreise
Ryanair fliegt von Bremen äußerst günstig direkt nach Edinburgh. Von dort aus braucht es
ca. 30 pound (ohne VV) und 1,5 Zugstunden bis nach Newcastle, die ihr mit Blick auf die
wunderschöne Ostküste verbringen könnt. Zugtickets allgemein sind übrigens, wenn sie vor
Beginn der Reise im Internet gekauft werden, deutlich preiswerter. Allerdings lohnt sich dies
meist nur, wenn man bereits in England ist und die Tickets anschließend an den Bahnhofsautomaten abholen kann, da ein Versand ins Ausland nicht oder schwer möglich ist. Wer ein
wenig mehr Geld in der Tasche hat, kann von Amsterdam die Fähre nach Newcastle nehmen. Z.B.: http://www.directferries.co.uk/
Direktflüge nach Newcastle sind zum Beispiel von Düsseldorf mit der Lufthansa möglich.
Durch die Zeitverschiebung dauert ein Flug übrigens nur um die 40 Min. ☺
Unterkunft
In der Nähe der Universität gibt es mehrere Studentenwohnheime. Ich würde diese Wohnform für den Erasmus-Aufenthalt allerdings nicht empfehlen. Erstens gibt es für StudentInnen, die nur ein Semester bleiben keine Garantie auf einen Wohnheimplatz, weiterhin geht
es in den Wohnheimen, in den meist hauptsächlich Erstsemester wohnen ziemlich laut und
wild zu (wie sogar die Uni in ihren Prospekten schreibt). Die Wohnungen in Wohnheimen, die
ich während meines Auslandsaufenthaltes kennengelernt, waren zwar groß und hell. Allerdings bleiben, aufgrund des hohen Andrangs, für ERASMUS-Studierende oft nur 2-er Wohnungen, die eigentlich für Päarchen gedacht sind: Man teilt sich also ein Schlafzimmer. Außerdem sind die Studentenwohnheime im Vgl. zum Sonstigen Wohnungsmarkt nicht einmal
besonders günstig.
Es
bietet
sich
an
vor
Ort
eine
WG
zu
suchen.
Im
Internet
ist
dafür
www.gumtree.com/newcastle die beste Seite. Die erste Zeit vor Ort lässt sich mit Couchsurfing (www.couchsurfing.com) oder in der sehr zentral gelegenen Jugendherberge (ca. 20
Pfund pro Nacht) überbrücken.
Verkehr
Das Auto steht in Newcastler Stadtverkehr an erster Stelle. Auch viele der Studenten besitzen ein Auto. Da es in der Stadt keine oder kaum Fahrradwege gibt, kann Fahrradfahren
mitunter ziemlich gefährlich sein. So sind die wenigen Radler, die in der Stadt unterwegs
sind mit Sturzhelmen und Warnwesten ausgerüstet, wenn sie sich zwischen Autos und Bussen ihren Weg durch den Verkehrswust bahnen. Auch die Lage und Struktur der Stadt macht
Fahrrad fahren mitunter beschwerlich, da Newcastle auf einer Art Hang liegt und viele Straßen im Innenstadtbereich mit dem Rad wohl eher schwer bzw. beschwerlich zu passieren
sind. Möchtest du es dennoch wagen, lassen sich in Gebrauchtwarenläden und beim berühmten Fahrradmarkt für um die 60 pound ordentliche Fahrräder erstehen.
Das Bus und Straßenbahnnetz hingegen ist sehr gut ausgebaut. Mit dem sogenannten UniRider (an ausgewählten Kiosken erhältlich) kann man für ca. 150 pound das gesamte Semester fahren. Leider gilt das Ticket nicht für die Straßenbahn und ausschließlich für die
„Stagecoach-Busse“ (in England gehören verschiedene Buslininen verschiedenen Unternehmen). Da diese aber sehr verbreitet sind, kommt man mit dem Ticket fast überall hin. Ein
Einzelticket kostet um die 1,80. Es lohnt es sich aber schon bei zwei Fahrten am Tagen den
sogenannten „Day-Saver“ (Tagesticket) zu kaufen. Das Busfahren selbst gestaltet sich mitunter ziemlich aufregend und die rasanten Fahrstile der Busfahrer, die selbst auf einer 100 m
Strecke zwischen 2 Haltestellen das Gaspedal voll durchdrücken und dementsprechend
bremsen, lassen einen das ein oder andere Mal schwanken. Ganz Wichtig: Das Obligatorische „Thank you“ beim Aussteigen aus dem Bus. Je höher und quietschiger die Tonlange,
desto englischer wirst du klingen ☺.
Achso, fast hätte ich vergessen darauf hinzuweisen: Auch wenn das Bussystem in Newcastle hervorragend funktioniert, ist es zu Beginn schwierig an der richtigen Haltestelle ausund einzusteigen. Eine Station hat mitunter (im Innestadtbereich) vier bis fünf Haltestellen
und es braucht schon ein wenig Übung und Geduld, auf Anhieb die Richtige zu finden. Das
Aussteigen gestaltet sich anfangs nicht minder schwierig, da es in den Busen keine Haltestellenanzeigen gibt. Man muss schon wissen wo man aussteigen muss und rechtzeitig auf
den Halteknopf drücken, sonst rast der Bus am Ziel vorbei. Auch die Fahrpläne führen nur
die größeren Haltestellen auf, so bleibt am Anfang kaum besseres übrig, als mit dem Stadtplan im Bus zu sitzen und zu versuchen den Weg nachzuvollziehen. Nach einiger Zeit kann
man sich aber ein paar markante Wegpunkte merken und die vielen Irrfahrten und Umwege
haben ein Ende.
Universität
Die „School of Fine Art“ der Universität in Newcastle ist in einem der wunderschönen alten
Gebäude des sogenannten „Quadrangle“ beherbergt. Neben riesigen Atelierräumen in denen jede/r StudentIn ein Studio zum Freien arbeiten „bewohnt“, gibt es verschiedene Werkstätten (z.B. Druck, Dunkelkammer, Holz, Metall). Das Studium an der Uni verläuft sehr frei.
Neben einem theoretischen Kurs der aus 2h Vorlesung und 1h Seminar pro Woche besteht,
arbeitet man sehr eigenständig an einem praktischen Projekt. Hierzu hat man sein Studio.
Möchte man in einer der Werkstätten arbeiten macht man einen Termin mit dem/der jeweiligen „technician“, der für sein Studio verantwortlich ist. Außerdem wird man einem/r TutorIn
zugewiesen, der/die in regelmäßigen Treffen und sogenannten group critics, das Projekt inhaltlich betreut. Im Großen und Ganzen ist zu sagen: Die Ausstattung ist super und alles
(viel) ist möglich, wenn man sich selbst kümmert und motiviert.
Geld
Man sagt, das Leben in England sei teurer als in Deutschland. Ich würde das so generell
nicht unterschreiben. Miete, Züge und vor allem Ausgehen (Kino, Pub etc.) sind zwar weit
teurer als in Deutschland und es ist nicht schwierig sich an einem Abend mit Kino, drei Bier
und Taxi nach Hause mal eben 30-40 pound aus der Tasche ziehen zu lassen. Generell gilt
aber: Du wirst einfach mehr unterwegs sein und mehr ausgehen als in Deutschland, reisen
etc. und dies ist es, was das Leben in England teurer macht.
Bankkonto
Die deutsche Bank unterhält Kooperationen mit Banken in über 30 Ländern weltweit. Auch
England gehört dazu. Das Deutsche Bank-Konto, das du als StudentIn kostenfrei einrichten
kannst, ermöglicht dir in England bei der BarclaysBank (die es quasi an jeder Ecke gibt) umsonst Geld abzuholen bzw. einzuzahlen.
Einkaufen
Auf den ersten Blick sind die Lebensmittel in England teurer als daheim. Dies relativiert sich
jedoch relativ schnell. Obst und Gemüse solltet ihr im GraingerMarkt in der Innnestadt kaufen (täglich außer Sonntags). Regelmäßig findet dort auch der „Farmer’s Market“ statt, der
regionale Produkte zu günstigen Preisen anbietet.
Weiterhin würde ich euch empfehlen so oft wie möglich große Ketten wie Tesco, Sainsbury
etc. zu meiden. Viele kleine Läden, oft von Indern oder Pakistani betrieben, bieten eine weitaus attraktivere Auswahl an Lebensmittel, die organic (also bio) und fairtrade und mit den
Supermarktpreisen oft vergleichbar sind. Von den Supermärkten ist vom PreisLeistungsverhältnis Morrisons zu empfehlen. Für ganz verzweifelte gibt es im Lidl Brotbackmischungen zu kaufen (s. Essen)
Telefonieren
Innerhalb GB
Handy: Der Tesco-Supermarkt verkauft Sim-Karten für 99 pence. Aufgeladen wird per voucher den man im Supermarkt selbst oder bei anderen Kooperationspartnern kaufen kann.
Besonders: Jedes „Top-Up“ wird im folgenden Monat verdoppelt und als Gratisguthaben auf
das Handy geladen!!!! Lädst du also im Februar 10 pound auf deine Karte. Kannst du im
März für 20 pound umsonst telefonieren und simsen! Das Umsonstguthaben kann allerdings
nur für Telefonate und Kurznachrichten innerhalb GB gebraucht werden.
Telefonieren nach Deutschland
Um nach Deutschland zu telefonieren habe ich eine weitere SimKarte von Lyca mobile benutzt. Diese kostet einmalig ein paar Pound und kann per Voucher aus Kiosken und Supermärkten aufgeladen werden. Mit lyca telefoniert man nach Deutschland von Handy auf
Festnetz für 4 p die Minute. Handy auf Handy kostet 16 p.
Wenn ihr einen Festnetzzugang habt, könnte es unter Umständen günstiger sein mit Telefonkarten (z.B. BlackCard), die es in den meisten Kiosken zu kaufen gibt, zu telefonieren. Da
dort aber u.U. nicht kontrollierbare Verbindungsgebühren anfallen können, müsst ihr ein
wenig aufpassen. Am besten im Kiosk informieren, die kennen sich meist bestens aus.
Essen
„Wenn die Erwartungen gering sind kommt unverhofft Freude auf.“ Dieser Spruch in meinem
Reiseführer ließ mich zunächst schmunzeln. Doch leider sieht es in Bezug auf gesunde und
besonders vegetarische Ernährung in Englands Küchen eher mau aus.
Die Uni hat zwar ein kleines Bistro (nicht mit der Mensa zu vergleichen). Hier gibt es jedoch
jeden Tag fish and chips, beans on toast und sausages. Die meisten StudentInnen und auch
die sonstigen Angestellten gehen zur lunchtime (nicht mit Mittagessen zu vergleichen) in den
Supermarkt und kaufen sich ein sogenanntes Mealdeal, bestehen aus eingeschweißten ungetoasten Sandwiches mit Thunfischmayonaise und ähnlichen Delikatessen, einem Softdrink
und zum Nachtisch eine Tüte Chips, die hier eh zu jeder Tageszeit gegessen werden. Wollt
ihr also gesund und lecker Essen, kauft euch Tupperdosen und kocht zu Hause vor.
Ja und das liebe Brot. Richtige Bäcker gibt es kaum. Neben der Bäckerkette Gregs, die eher
einem Fastfoodladen ähnelt, wird auch in Supermärkten gebacken. Die Brote lassen sich
aber alle in der Pfeifen rauchen, bzw. bestehen zum Größtteil aus Luft. Alternativen sind
Knäckebrot, Baguette, eingeschweißtes Pumpernickel oder halt selbst backen. Naja die Engländer mögen ihr krustenloses Toast aber ganz gerne oder wie mein Mitbewohner sagte
„Deutsches Brot, das ist total gefährlich. Da verletzt man sich ja dran“
Zu empfehlen sind örtliche indische Restaurants, auch kleine Ecksupermärkte verkaufen
neben ihren Lebensmitteln oft hausgemachte Pakoras oder kleine Gebäckstücke, die sehr
gut schmecken. Welche Sünden ihr auf jeden Fall probieren solltet: Hot chocolate + marshmallows, teacakes, Ginger beer (mit oder ohne Alkohol z.B. von crabbies), Strawberry and
lime cider, Stotties (original nordenglisches Hefeteigbrot, riesiger Fladen und riesig lecker),
Cupcakes (in allen Farben und Formen).
Die Briten
Die Briten sind schon ein schräges Völkchen, das ich während meines Aufenthalts sehr zu
schätzen gelernt habe. Auf der Insel ist alles ein bisschen anders: Anderes Geld, anderer
Verkehr, andere Maßeinheiten. So kommt es wohl auch, dass dann vom Urlaub in „Europe“
geredet wird, denn so richtig europäisch fühlen sich die EngländerInnen nicht. Vor allem die
Höflichkeit, gute Laune und Toleranz der EngländerInnen hat mich sehr beeindruckt und ich
habe Land und Leute während meines Aufenthalts sehr ins Herz geschlossen.
Soziales Leben
Die wohl einfachste Möglichkeit neue Kontakte zu knüpfen. ist die Erasmus-Society der Universität. Regelmäßig gibt es Veranstaltungen, Treffen, Ausflüge bei denen sich StudentInnen
aller Länder treffen und gemeinsam etwas unternehmen. Ich selbst habe mich nach ein paar
anfänglichen Erlebnissen aus der „ERASMUS-Gemeinde“ zurückgezogen. Ich wollte nach
England kommen um zu studieren und um die EngländerInnen und das Land kennenzulernen. In der Erasmusfamilie hatte ich das Gefühl, dass es starke Gruppenbildungen nach Nationaliäten gab und auch wenn auch ich Kontakt zu Deutschen hatte und es wirklich schön ist
auch mal alles richtig sagen zu können und sein Herz auf deutsch ausschütten zu können,
war ein Party- und Urlaubssemster nicht das wonach ich gesucht hatte.
Einheimische kennenzulernen gestaltete sich allerdings viel schwieriger als gedacht. Meine
KomilitionInnen zeigten wenig Interesse daran mich kennenzulernen, außer einem kurzen
hallo und tschüss war oft nicht viel drin. Anschluss fand ich persönlich schließlich über eine
Sambagruppe und durch andere Aktivitäten bei denen ich supertolle Leute kennenlernen
durfte, die mir die Chance gaben Land und Leute wirklich kennenzulernen. Ich kann euch nur
raten nicht in die Erasmus-Mühle zu geraten und zu versuchen euch auch außerhalb der
Erasmuswelt ein wenig etwas aufzubauen. Es ist zwar oft anstrengend und mühselig, aber
es lohnt sich. Sucht nach Gruppen, die euch interessieren und geht euren Hobbies und Interessen nach, so wie ihr es in Deutschland auch macht. Dies wird euch ermöglichen abseits
von Erasmustrips, Erfahrungen zu sammeln, Freundschaften mit Einheimischen zu schließen und wirklich ins englische Leben einzutauchen.
Der wichtigste Tipp zum Schluss: Gebt euch Zeit und erwartet nicht zu viel. Es ist völlig normal in den ersten Wochen orientierungslos und alleine durch die Gegend zu strolchen und
auch wenn es sich nicht so anfühlt. Dieses Gefühl geht irgendwann vorbei und dann fängt es
an richtig Spaß zu machen. Generell würde ich auf jeden Fall auch empfehlen länger zu
bleiben. Ich persönlich habe bestimmt die ersten 3 Monate gebraucht um richtig in Newcastle
anzukommen und hätte die Früchte meiner Arbeit der ersten Zeit,gerne noch ein wenig länger genossen.
Reisetipps
Städte: Edinburgh, Tynemouth, York, Durham
Wandern: Hadrian’s Wall, Lake District, Schottland
Sonstiges: Ostküste