Ein Engel auf Erden

AUSSERHALB | KISPI.ZH 4|14
In der «Bücherecke» stellt unsere Redaktorin Raphaela Gmür jeweils ein Buch vor, welches mit dem Kispi,
mit dessen Patienten oder im weiteren Sinne mit den Themen Krankheit/Gesundheit zu tun hat. Haben Sie
einen Buch-Tipp für unsere Leser/-innen? Dann senden Sie ihn an [email protected]
Ein Engel auf Erden
Das Buch «Sternenkind: Wie Till seinen Himmel fand»
verdeutlicht auf eindrückliche Weise die Endlichkeit
des Lebens: Till Ackermann verstarb im Alter von 10
Jahren an den Folgen eines Hirntumors. Seine Großmutter Brigitte Trümpy-Birkeland hat die bewegende
Geschichte auf Papier gebracht. Dieses Buch nimmt
uns mit auf eine Reise, bei der Leben und Tod nahe
beieinander liegen.
Text: Raphaela Gmür , Fotos: Privatarchiv Familie Ackermann
Am 19. Dezember 1999 erblickt Till Noah
das Licht der Welt. Er ist das erste Kind von
Kerstin und Simon Ackermann-Birkeland.
Als Till zwei Jahre alt ist, bekommt er eine
kleine Schwester: Malin Naja macht das
Glück dieser kleinen Familie perfekt. Als
Malin noch nicht einmal ihr erstes Lebensjahr erreicht hat, diagnostizieren die Ärzte
eine Hirnentzündung als Reaktion auf eine
Masernimpfung. Die Grossmutter von Malin
und Till erinnert sich an diese schwere Zeit
zurück und schreibt in ihrem Buch: «Aus
einem blühenden Kind ist ein empfindliches
Pflänzchen geworden. Malin liegt nur noch
da, isst und trinkt fast nichts mehr, und jede
Berührung scheint für sie eine Qual zu sein.
Die Schmerzmittel schlagen kaum an.»
Weihnachten 2006. Die Familie, die kurz
zuvor um das Leben ihrer Tochter, kleinen
Schwester und Enkelin gebangt hat, feiert im
glarnerischen Netstal ein unvergessliches
30
Weihnachtsfest. Alle sind sie beisammen.
Endlich scheint Ruhe eingekehrt zu sein,
Malin kämpfte sich Schritt für Schritt ins Leben zurück. Nichts lässt erahnen, dass sich
erneut etwas Ungutes, etwas Unfassbares
anbahnt. Till, der zu diesem Zeitpunkt sieben
Jahre alt ist, erbricht einige Tage hintereinander jeweils am Morgen auf nüchternen
Magen. Die Abklärungen beim Kinderarzt
– später dann im Kispi – ergeben, dass es
ernst ist. Die niederschmetternde Diagnose lautet: Medulloblastom, ein bösartiger
Tumor des Kleinhirns, in fortgeschrittenem
Stadium. Tills Eltern erklären ihm behutsam
und auf kindgerechte Weise, dass er Krebs
hat. Behandelnder Arzt ist Professor Michael Grotzer, Co-Leiter Onkologie und Leiter
Neuro-Onkologie im Kinderspital Zürich. Das
Kispi, der «Planet Onko», wird für Familie
und Freunde eine Art zweites Zuhause. Es
folgt eine über zehnstündige Operation und
anschliessend die Chemotherapie. Malin
AUSSERHALB | KISPI.ZH 4|14
Leserangebot
Unsere Leser erhalten das Buch für CHF 29.90 (statt CHF 36.90, inkl. Porto und
Verpackung).
Bestellbar ist es per E-Mail: [email protected], per Telefon 044 368
33 68 oder per Post: Wörterseh Verlag, Im Langstuck 14, 8044 Gockhausen.
Bitte bestellen Sie unter dem Stichwort: Sternenkind
weicht ihrem grossen Bruder nicht mehr
von der Seite. Eine Passage aus dem Buch:
«Zum Glück hat Malin die Onkologie-Station
als zweites Zuhause angenommen. Sie radelt
im Gang, plaudert mit den Pflegenden, und
wenn Till etwas Neues wieder kann, strahlt
sie und posaunt es so lange hinaus, bis alle
auf der Station Bescheid wissen. Die kleine
Frau ist unser Sonnenschein, für sie ist es
überall gut, wenn sie nur dabei sein kann.»
Der Familie gelingt es, in ihrem wohl grössten Unglück ihr Glück zu finden. Um an dieser
Stelle ein Beispiel dafür herauszupflücken:
Zu einem Zeitpunkt, an dem längst klar ist,
dass Till die Erde verlassen wird, um zu den
Sternen zu fliegen, macht die Familie Kurzferien in Zürich. Brigitte Trümpy-Birkeland
erinnert sich an einen ergreifenden Moment
dieser Kurzferien zurück. Im Buch schreibt
sie: «Innerlich und äusserlich geborgen,
geniessen wir das Essen in dem festlichen
Ambiente. Spät warten wir aufs Tram, und Till
sagt: ‚Hoffentlich chunnt e Cobra‘. Tatsächlich
kommt eines der Cobra-Trams mit dem extra
tiefen Einstieg für Rollstuhlfahrer. Der kleine
Mann strahlt und klatscht in die Hände: ‚Has
doch gwüsst, dass e Cobra chunnt. Mir händ
doch immer Glück‘. Immer Glück? Wir? Alle
sind wir tief berührt, einmal mehr, von seiner
Grösse.» Im September 2010 spannte Till
seine Flügel auf und machte sich bereit zum
Flug. Er flog ab. «Uf und devo zu de Sterne.»
Bei Malin siegte das Leben. Sie ist mittlerweile 13 Jahre alt und ist heute selbst
grosse Schwester. Im Juli 2012 erfüllte sich
ein grosser Wunsch, sie bekam eine kleine
Schwester. Voller Stolz und voller Freude
erzählt Brigitte Trümpy-Birkeland von ihrer
zweiten Enkelin, der kleinen Neele. Sie sei
ein Geschenk des Himmels. Auf die Frage,
wo ihr verstorbener Bruder Till ist, zeigt
Neele mit dem Finger in die Luft, blickt
hoch und antwortet: «Bei den Sternen».
Verein Sternentaler
Gemeinsam mit vier Frauen hat Brigitte Trümpy-Birkeland den Verein Sternentaler ins Leben gerufen. Der Verein
möchte Familien, deren Kind schwer
erkrankt oder behindert ist, Sternentaler-Inseln schaffen und ihnen Auszeiten
ermöglichen. Weitere Informationen finden Sie unter www.sternentaler.ch.
Die Autorin Brigitte Trümpy-Birkeland mit ihren
Enkelkindern Malin und Till
31