Das Institut für Europäische Kulturgeschichte lädt in der Reihe Colloquium Augustanum ein zu einem Vortrag von Dr. Leonhard Horowski zum Thema Warum man in Marly vom Regen nicht nass wird. Das seltsam logische Hofleben von Versailles (1682–1789) Montag, 16. November 2015, 18.15 Uhr Ort: HS III, Hörsaalzentrum, Universität Augsburg _________________________________________________________________ Wenn vom Schloss Versailles die Rede ist, geht es fast immer entweder nur um Kunstgeschichte oder nur um Könige. Tatsächlich war es jedoch zugleich Wohnort und Arbeitsplatz auch für Tausende von Hofbedienten, die zusammen einen kompletten sozialen Mikrokosmos bildeten. Vom untersten Bratspießdreher bis zum Grandseigneur folgten sie Spielregeln, die sich einerseits vollkommen logisch aus den Ausgangsbedingungen dieses großen sozialen Experiments ergaben, andererseits aber schon den Zeitgenossen mit Recht seltsam vorkamen. Die Höflinge bezeichneten den Hof nicht ohne Grund als „dieses Land hier“: sie lebten gut davon, dass nur sie diese Regeln verstanden. Es war ihnen selbstverständlich, dass das Spielzeug der Königskinder Besitz ihrer Gouvernante blieb, die Schweizergarde eines elfjährigen Königs einen dreijährigen Kommandanten haben konnte oder Etiketteanweisungen beispielsweise „die Königin küßt nur die Hocker“ lauteten. Vor allem aber wussten sie, dass sie auch ganz ohne Fachkompetenz, Ideologie oder Vornamen die Mächtigsten des Königreichs werden konnten, wenn sie nur Beziehungen und psychologisches Geschick mitbrachten. Wie all das zustande kam, warum es funktionierte und woran es zugrundeging, soll dieser Vortrag verständlich machen – ein Spaziergang also durch die soziale und architektonische Geographie einer Welt, der wir nicht nur Menuett und Mayonnaise, sondern auch den psychologischen Roman verdanken. Dr. Leonhard Horowski, Berlin, studierte Geschichte, Anglistik und Politologie an der Freien Universität Berlin und der University of Durham. Er wurde mit einer Arbeit über den französischen Hof in der Frühen Neuzeit promoviert und beschäftigt sich in seiner Habilitationsschrift mit den brandenburg-preußischen Staatsministern. Beruflich war Horowski bisher u. a. als Seminarassistent in Diplomaten-Ausbildungskursen der Deutschen Stiftung für Internationale Entwicklung (DSE) und als Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Geschichte und Kunstgeschichte der TU Berlin von 2003–2009 tätig. Zudem fungierte er als Experte und historischer Berater für Radio, Film und Fernsehen, u. a. bei „Mätressen. Die Geheime Macht der Frauen“ (2005) und „Die Deutschen“ (2010). Zu den vielbeachteten Publikationen von Leonhard Horowski gehören unter anderem: Die Belagerung des Thrones. Machtstrukturen und Karrieremechanismen am Hof von Frankreich, 1661–1789 (Beihefte der Francia, 74), Ostfildern 2012; Das Fest der Intriganten. Macht und Spiel im Europa der Könige, Hamburg in Vorbereitung; „Diese große Regelhaftigkeit muss Ihnen fremd erscheinen“. Versailles, Straßburg und die Kollision der Adelsproben, in: Elizabeth Harding u. Michael Hecht (Hg.), Die Ahnenprobe in der Vormoderne. Selektion – Initiation – Repräsentation (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne), Münster 2011, S. 351–385; Hof und Absolutismus. Was bleibt von Norbert Elias’ Theorie?, in: Lothar Schilling (Hg.), Absolutismus, ein unersetzliches Forschungskonzept? Eine deutsch-französische Bilanz, München 2008 (Pariser Historische Studien, 79), S. 143–171; „Such a great advantage for my son“. Office-holding and career mechanisms at the Court of France, 1661–1789, The Court Historian 8 (2003), S. 125–175; Pouvez-vous trop donner pour une chose si essentielle? Eine prosopographische Studie der obersten Chargen am Hof von Versailles, Mitteilungen der Residenzenkommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 11 (2001), S. 32–53. Kontakt: Dr. Markus Stadtrecher Wissenschaftliche Koordination Institut für Europäische Kulturgeschichte Universität Augsburg Eichleitnerstraße 30 86159 Augsburg Tel.: 0821 / 598-5851 [email protected] http://www.uni-augsburg.de/institute/iek/
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