Thema: Energiewende - Was treibt mich an?

Gottesdienst am Sonntag, 6.9.2015
Thema: Energiewende - Was treibt mich an?
Text: Römer 8,12-17
Predigt: Pastor Gero Cochlovius
Energiewende, liebe Gemeinde, lange bevor dieses Wort im öffentlichen Bewusstsein auftauchte,
stellte sich doch immer wieder mal die Frage: Welche Energie hält am längsten? Vielleicht
erinnern Sie sich an diese nette kleine Werbung aus den 80ern mit den Häschen…
(Einblendung Duracell Trommler-Hasen…)
Auch eine Energiewende! Wann will irgendwie, dass es länger klappt, dass die Energie länger hält,
länger verfügbar ist! Die bessere Batterie - so zumindest die Werbung…
Und das ist ja der Jammer bei all den fossilen Energieträger. Natürlich zum einen die Umwelt, aber
eben auch: Irgendwann ist es alle! Energiewende, d.h. erneuerbare Energien. Was für ein Traum:
Energie, die nie aufhört, die immer wieder neu da ist. Wie der Wind, wie die Sonne…
Liebe Gemeinde, solch eine Energie suchen wir doch - nicht nur im Großen auf unserem Globus,
sondern auch im ganz persönlichen Glauben, in unserem Leben. Eine Energie, die uns Kraft gibt,
die uns antreibt. Wie viele fühlen sich im Alltag so wie diese Trommel-Häschen. Irgendwann lässt
die Schlagzahl nach, es geht nicht mehr so schnell, die Kraft wird weniger, man fühlt sich leer,
ausgepowert, ausgebrannt. Bis die Trommel verstummt.
Woher kommt neue Energie?
Und genau solch eine Erfahrung kann es auch im Christsein geben. Da hat man mal wirklich mit
Begeisterung im Glauben begonnen, war Feuer und Flamme, voller Energie für den Glauben, für
Jesus, für die Gemeinde, doch irgendwann wird man im Glauben müde und leer. Die Begeisterung
lässt nach, man wird im Beten träge, im Bibellesen lustlos, im Gottesdienst gelangweilt, im Einsatz
erschöpft. Mit einem Satz: Im Glauben ist die Energie weg.
Paulus kennt diese Gefahren des Christsein. Er kennt verschiedene Arten von Christsein. Er kennt
solch ein kraftlos werdendes, energielos werdendes Leben und nennt es etwas seltsam "Leben
nach dem Fleisch" oder "Leben im Fleisch" und dann gibt es aber auch eine Alternative, dazu sagt
er "Leben im Geist".
Und dabei geht es letztlich um die Frage: Was treibt mich in meinem Innersten an? Was ist meine
Energiequelle?
Ich möchte uns heute nicht nur 2, sondern im Grunde drei verschiedene Arten von Christsein
vorstellen. Und ich meine dabei nicht, dass der eine nur so ist, und der andere nur so. Sondern:
diese verschiedenen Arten von Christsein betreffen jeden von uns.
1) Batterie-Christsein
Ich mute euch und Ihnen jetzt mal diese schwierigen Verse zu, im Luther-Deutsch. Römer 8, V.12
u. 13.
12 So sind wir nun, liebe Brüder, nicht dem Fleisch schuldig, dass wir nach dem Fleisch leben.
13 Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben müssen;
Das klingt erst mal ganz schön fremd. Manch einer denkt: Ich versteh nur Bahnhof. Die "Hoffnung
für alle"-Übertragung versucht ein bisschen zu erklären:
Darum, liebe Brüder und Schwestern, sind wir nicht mehr unserer alten menschlichen Natur
verpflichtet und müssen nicht länger ihren Wünschen und ihrem Verlangen folgen.
13 Denn wer ihr folgt, ist dem Tod ausgeliefert.
Das trifft es eigentlich ganz gut. Paulus benutzt das Wort "Fleisch", wenn es um unsere
menschliche Natur geht, anders gesagt um unser eigenes Ich. Das haben wir alle in uns: Egal, ob
wir wirklich bereits bewusst als Christen leben oder leben wollen oder noch nicht. Dieses Ich
haben wir natürlich alle in uns. Diesen Herrn Ego, oder Frau Ego. Den alten Adam, die alte Eva.
Und wenn dieses eigene Ich in uns dominiert, wenn es unser Denken, Fühlen und Wollen
bestimmt, dann ist es das, was Paulus meint: "nach dem Fleisch leben". Was hat dies jetzt mit
"Batterie-Christsein" zu tun? Eine Batterie ist ja durchaus ein guter Antrieb, eine Kraftquelle - aber
sie ist dann irgendwann leer. Das war's dann. Und so ist es auch in unserem Leben: Wenn wir nur
aus eigener Kraft leben, dann können wir vieles bewirken, können wir manches schaffen. Aber
irgendwann können wir dann nicht mehr. Ein einprägsamer Satz, den ich schon öfter zitiert habe:
Ohne den Schöpfer ist das Geschöpf bald erschöpft. Die einen früher, die andern später. Wie bei
den Trommel-Hasen… Und genauso gibt es das auch beim Glauben. Es gibt Menschen, die haben
irgendwann zum Glauben an Jesus Christus gefunden. Sei es, dass sie gespürt haben: Diese ganze
Erde, das Leben, die Wunder der Natur - das alles kann doch kein Zufall sein. Oder sei es, dass sie
in der Gemeinde erlebt haben: Es tut gut, so eine Gemeinschaft zu haben. Sei es, dass sie in einem
Glaubenskurs oder als Kinder oder Jugendliche bei einer Kinder-, Konfa- oder Jugendfreizeit zum
ersten Mal wirklich intensiv über den Sinn ihres Lebens, über sich und über Gott nachgedacht
haben, und gemerkt haben: Doch, ich will auch diesen Jesus als meinen Retter, als meinen Freund
haben. Nun, so beginnt man mit dem Glauben. Und es ist, als ob man eine Batterie einsetzt, es
kommt nichts Frisches nach! Und die Glaubensbatterie hält ein paar Wochen, Monate, vielleicht
sogar Jahre. Aber das war's dann… Es ist ein eigener Glaube, der keine neue Nahrung bekommt.
Dem die gelebte, dauerhafte Verbindung zu Jesus fehlt. Und wie oft habe ich das schon erlebt,
dass Menschen dann irgendwann einfach nicht mehr auftauchen - im Gottesdienst, in der
Gemeinde… Jesus beschreibt das mit einem anderen Bild: Wie ein Samen der auf Felsengrund
gesät ist, so dass die Pflanzen zwar gut aufgehen, aber keine tiefen Wurzeln haben. Oder eben wie
eine Batterie, die auf sich allein gestellt ist. Ich erinnere mich an eine winterliche Fahrt in den Harz,
die ich mit meinen beiden kleinen Schwestern unternahm, als ich gerade erst einen Führerschein
hatte. Auf der Rückfahrt, es war schon dunkel, plötzlich die Warnlampe: Sofort anhalten, nicht
mehr weiterfahren. Ich wusste aber nicht, warum, und dachte: Witz: Mit zwei kleinen Mädels
nachts in der Wildnis "sofort anhalten". Handys gab es damals nicht. Und so fuhr ich weiter. Das
Auto fuhr ja noch. Doch dann passierte etwas Eigentümliches: Plötzlich ging die Klimaanlage aus.
Das Radio fiel aus. Und die Schweinwerfer wurden allmählich immer schwächer. Kaum merklich.
Ich war sogar so leichtsinnig, dass ich noch auf der Autobahn fuhr. Bis immer mehr Autos mich
anhupten. Irgendwie reichte es noch bis zu unserm Nachbarort, dann war's vorbei. Des Rätsels
Lösung: Der Generatorkeilriemen war gerissen. Die Batterie konnte also nicht mehr aufgeladen
werden! Da war keine Verbindung mehr zum Motor da! Und doch ging es ja noch eine Weile. Das
ist das Tückische. Vielleicht ist bei dir auch schon keine Verbindung zum Motor, zu Jesus, zum
Heiligen Geist mehr da. Und trotzdem leuchtet dein Glaubenslicht noch. Und du merkst gar nicht,
wie es allmählich immer schwächer wird… Aber irgendwann spürt man es, wenn die Freude fehlt,
wenn der Glaube müde wird. Dann braucht es eine Energiewende. Wie gut, dass uns Gott nicht
aufgibt dann! Wie heißt es: "Den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen" (Jes. 42,3). Die
Batterie des Selbst-Lebens und Selbst-Glaubens muss raus. Und nun gibt es eine scheinbar simple
Alternative, die auf dem ersten Blick Erfolg verspricht:
2) Akku-Christsein
Ja, das ist doch raffiniert! Man nehme statt einer Batterie einen Akku. Den kann man ab und zu an
eine Stromquelle anschließen und wieder aufladen und dann läuft's wieder. Und so leben wir dann
oft unser Christsein. Wir leben so die Tage vor uns hin, denken dabei kaum an Gott oder Jesus. Tun
und lassen, was uns gefällt, oder eben was das Leben von uns will. Morgens geweckt von den Hits
oder Schlagern des Radios. Dann der Blick in die Zeitung oder die Zeitungs-App. Frühstücken,
Arbeit usw… Von Glaube nicht mehr viel zu spüren im Alltag. Und dann - irgendwann spüren wir,
und schon das ist Gnade, den Wunsch, wieder aufzutanken. Dann ist mal wieder ein
Gottesdienstbesuch dran, oder eine Freizeit. Oder ein Gebet. Das hält dann erst mal wieder für
eine Weile. Der Akku ist wieder aufgeladen. Doch bald schon fallen wir in den alten Trott und
leben aus uns selbst heraus. Ich kenne solches Akku-Christsein von mir selber. Es ist ja gut, dass
wir immer wieder auftanken können. Und dass es solche Tankstellen gibt! Und ich hoffe und
wünsche es mir und bete darum, dass unsere Gemeinde so eine Tankstelle ist, wo wir unsern
Glaubensakku neu aufladen können. Mit jedem Gottesdienst, mit jeder Veranstaltung, mit jedem
Wort Gottes, mit jedem gemeinsamen Singen und Beten. Doch ich glaube, dass Paulus noch ein
anderes Christsein vor Augen hat.
3) Stromquellen-Christsein
Das gibt es ja, dass manche Dinge immer mit ihrer Energiequelle verbunden sind: Leuchtbojen z.B.
laufen schon seit Jahrzehnten mit der Kraft der Wellen, in denen sie leben. Oder es gibt in den
Bergen Häuser, die komplett mit Solarenergie laufen. Die auch immer mit der Energiequelle
verbunden sind - wenn die Sonne scheint. Und das meint Paulus, dass man immer, permanent mit
der Stromquelle, der Energiequelle, mit Gott selbst verbunden ist, dessen Sonne übrigens immer
scheint, auch in unsern Nächten. Das geschieht durch den Heiligen Geist. Das nennt Paulus "Leben
im Geist". Und so lese ich noch einmal den zweiten Teil unseres Textes:
Wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Fleisches tötet, so werdet ihr leben.
14 Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.
15 Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten
müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber
Vater!
16 Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind.
17 Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn
wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.
Der zentrale Vers lautet:
14 Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.
Was treibt mich an? Ist Gottes Geist in mir die Energiequelle meines Lebens? Dann ist es eine
Energiequelle, die nicht aufhört wie eine Batterie. Dann ist das wie Wind und Sonne und Wellen.
So wird der Heilige Geist in der Bibel auch beschrieben: Als Windenergie. Als Feuerkraft,
dauerhafter als das Sonnenfeuer. Und diese Kraft hilft uns im ständigen Kampf unseres Lebens,
auch im Kampf gegen unsere selbstsüchtigen Gedanken und Wünsche und Taten. Das ist gemeint,
wenn es heißt: "durch den Geist die Taten des Fleisches, also des eigenen Egos, töten". Das heißt:
zu besiegen. Das schaffen wir nicht aus eigener Kraft. Da brauchen wir die Kraft Gottes, den
Heiligen Geist also. Und wenn wir dann Niederlagen erleiden und doch wieder in das alte Muster
zurückfallen, aus eigener Kraft leben und damit scheitern, dann hilft er uns wieder auf, vergibt
uns, gibt uns neue Kraft.
Und der Heilige Geist schafft auch diese lebendige Verbindung zum Vater. Eine Beziehung wie ein
kleines Kind zu einem liebevollen Vater. Durch den Heiligen Geist brauchen wir keine Angst mehr
zu haben vor Gott, sondern wir können kindlich - wie Kinder rufen: Abba, das ist das aramäische
Wort für Papa, lieber Vater, lieber Papa im Himmel! Ist das deine Gottesbeziehung? Dass du wie
ein Kind voller Vertrauen sagen kannst: "Papa, hilf mir!" "Papa, ich hab Mist gebaut, verzeih mir!"
"Danke, Papa, dass du mich liebst." Dieser Geist Gottes erinnert uns immer wieder daran, dass wir
Kinder Gottes sind und darum auch als Kinder Gottes leben.
16 Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind.
Und dann erinnert uns der Geist Gottes in unserm Herzen immer wieder daran: "Mensch, du bist
doch ein Kind Gottes! Du musst doch jetzt nicht zurückschlagen, wenn dich der andere nervt. Du
kannst doch vergeben." Wenn dir deine Schwiegermutter auf den Keks geht, dann reagiere doch
nicht wie dein altes Ich: Der zahl ich's heim! Sondern reagiere als Kind Gottes. Reagiere mit Liebe.
Oder wenn du Angst hast, vor dem, was da auf uns zu kommt. Etwa vor den vielen Menschen aus
andern Ländern. Und du fragst dich: Wie sollen wir das alles schaffen? - Dann erinnert dich Gottes
Geist, der ein Geist der Liebe ist, daran: Sei barmherzig! Es ist auch ein Geist des Mutes.
Und dann ist es ein Geist der Hoffnung.
Er zeigt uns auch die Perspektive über den Tod hinaus.
Hoffnung. V .17:
17 Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn
wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.
Eine Herrlichkeit, wenn wir einmal nicht mehr hier auf dieser Erde sind. Ja, natürlich, es tut weh,
wenn wir plötzlich mit dem Tod konfrontiert werden, mit einer schlimmen Krankheit und die
Heilungschancen schlecht stehen. Und wir wissen nicht: Geht es gut aus? Ja, das ist schwer. Und
doch glaube ich daran, dass uns auch dann - vielleicht sogar: gerade dann - der Geist Gottes
besonders nah ist als Energiequelle der Hoffnung. Dass der Ausblick auf diese unbeschreibliche
Herrlichkeit im Himmel uns Trost gibt, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Peter Hahne sagt:
Christen werden nicht aufs Jenseits vertröstet, sondern aus dem Jenseits getröstet.
Das alles ist die Energie Gottes, die uns Kraft gibt für das Hier und Jetzt. Stromquellen-Christsein.
Nun bleibt natürlich noch die Frage: Wie? Wie kriegen wir das? Wie werden wir zu StromquellenChristen? Sollen wir da mal die Ärmel hochkrempeln, und zusammenreißen und diese Verbindung
zur Stromquelle herstellen, dass wir nun mindestens eine halbe Stunde täglich die Bibel lesen, 5
mal am Tag beten, keinen Gottesdienst auslassen usw.? Das sind sicher alles gute und wichtige
Dinge. Aber wir können doch damit die Verbindung zum Heiligen Geist nicht erarbeiten,
erzwingen! Das wäre doch genau wieder die eigene Kraft. Nein, es geht anders. Wie sagt es Paulus
in V. 15: "ihr habt einen kindlichen Geist empfangen." Empfangen - das heißt: es ist ein Geschenk.
Und wir können - das können wir in der Tat tun, die Hände öffnen, sie Gott hinhalten und bitten:
"Herr, füll mich neu, füll mich neu mit deinem Geist! Mit dieser Energiequelle, die nie versiegt.
Herr, schaffe du in mir die Energiewende!"
Ich wünsch mir das, das Batterie-Christsein und das Akku-Christsein zu überwinden und immer
mehr das Stromquellen-Christsein zu leben. Leben aus der Quelle."
Amen.