Inhalt - Nordfriisk Instituut

Inhalt
Kommentar“
Thomas Steensen: Der „eiserne Kanzler“ und Nordfriesland
2
Chronik
Biike-Empfang 2015
Nationale Minderheiten: Thema an der Europa-Universität Flensburg
Limericks auf Friesisch: Tams-Jörgensen-Preisaufgabe 2015
100. iirdäi foon Alfred Boysen
Hans Ahrenstorf (* 8. April 1918, † 10. Dezember 2014)
Aufruf: Christian-Feddersen-Preis 2015
Ellins wäält: „Schäriti“ üüb Sal?
Üt da friiske feriine
Nordfriesland im Winter
3
4
5
5
6
6
7
8
9
Aufsätze
Friesische Grußkarten
11
Günter Frank:
August Jakobs – ein Amrumer Kapitän
Ein Lebensbericht
14
Zehn Jahre Friesisch-Gesetz
21
Heinrich Kröger:
Plattdüütsch in de Kark – wie es begann
Zum 75. Todestag von Pastor Heinrich Hansen
23
Ferteel iinjsen!
Gary Funck: Plachte
26
Bücher
Niebüll in der NS-Zeit
Klaar Kimming – Eine fotografische Reise
Das Watt aus der Luft / Nolde ohne Legende
Ladelund: Gedenken
Kaland und Trauerkultur
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28
29
30
31
Gesamt-Inhaltsverzeichnis 2014 (Hefte 185–188)
Impressum
31
32
Titelbild
Auto auf dem Vordeck der „Amrum“ Mitte der 1960er-Jahre
(Foto: Sammlung August Jakobs)
Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 28. Februar 2015
Nummer 189
von N steht
am Anfang eines Jubiläumsjahres: 1965, vor 50 Jahren, nahm das Nordfriisk
Instituut als hauptamtliche
wissenschaftliche Einrichtung
zur Erforschung, Förderung
und Dokumentation der
Sprache, Geschichte und
Kultur Nordfrieslands seine
Arbeit auf. Die erste Ausgabe der Vierteljahresschrift
N erschien im
Dezember 1965, gegründet
und zunächst alleine redigiert
von Reimer Kay Holander.
Der vierteljährliche Rhythmus
konnte nicht immer eingehalten werden, es erschienen im
Laufe der Jahre 19 Doppelund zwei Dreifachausgaben.
Die Zeitschrift wird mit der
Dezember-Ausgabe 2015, die
speziell auf das Institutsjubiläum ausgerichtet sein soll, „erst“
Nr. 192 erreichen und nicht
Nr. 200. N
ist und bleibt die einzige Zeitschrift, die sich auf ganz Nordfriesland mit allen Themenbereichen bezieht. Sie bildet
einen in der Satzung verankerten Eckpfeiler in der Arbeit
des Nordfriisk Instituut, das
nun auf ein halbes Jahrhundert zurückblickt.
Der „eiserne Kanzler“
und Nordfriesland
Das Jahr 2015 bringt manche
Gedenktage mit Belang für Nordfriesland. Vor 60 Jahren verkündeten die Regierungen in Bonn
und Kopenhagen Erklärungen, die
der dänischen und der deutschen
Minderheit Rechte zusicherten, die
Nordfriesen allerdings wurden „vergessen“. Vor 75 Jahren starb im KZ
Sachsenhausen bei Berlin der große
friesische Dichter Jens Mungard;
NS-Deutschland besetzte Dänemark
und die Niederlande. Vor 125
Jahren gelangte die nordfriesische
Insel Helgoland, bis dahin britische
Kronkolonie, zu Deutschland, und
auf Amrum begann in Wittdün der
Fremdenverkehr. Vor 150 Jahren
wurde die Deutsche Gesellschaft zur
Rettung Schiffbrüchiger gegründet,
die seither nicht weniger als 80 000
Menschen aus Seenot rettete und
die auch in Nordfriesland Stationen
unterhält. Vor 200 Jahren endete
der Wiener Kongress, der für den
dänischen Gesamtstaat, zu dem
Nordfriesland gehörte, vor allem den
Verlust Norwegens brachte. Und
am 1. April 1815 wurde im Schloss
Schönhausen in Sachsen-Anhalt
Otto von Bismarck geboren.
Warum aber ist der 200. Geburtstag
des „eisernen Kanzlers“ ein Gedenktag für Nordfriesland? Ganz gewiss
sind es nicht allein die „großen
Männer“, die Geschichte machten.
Aber sicher ist: Bismarck hatte
entscheidenden Anteil an den später
so genannten drei Einigungskriegen,
die sich für Nordfriesland als folgenreich erwiesen. Der deutsch-dänische
Krieg 1864 bedeutete mit der
erstmaligen Lösung von Dänemark
eine besondere Zäsur, der deutsche
Krieg 1866 ließ auch unsere Region
zu einem Teil Preußens werden, der
deutsch-französische Krieg 1871
löste hier nationale Begeisterung aus.
2
1965 50 iir 2015
Foto: Thomas Steensen
Kommentar
Das maßgeblich von Bismarck gegründete Deutsche Kaiserreich war
für Nordfriesland eine Zeit großer
Veränderungen und wirtschaftlichen
Fortschritts. Viele repräsentative Gebäude zeugen noch heute davon. Es
endete knapp ein Vierteljahrhundert
nach Bismarcks Entlassung indes im
Ersten Weltkrieg, in dem Tausende
Nordfriesen ihr Leben ließen.
Bismarck einigte Deutschland
„von oben“. Auf die Mitwirkung
der Bürger legte er keinen Wert.
Freiheitlich Gesinnte beklagten dies
heftig. Der vielleicht schärfste zeitgenössische Kritiker war ein Mann aus
Nordfriesland: Theodor Mommsen
(1817–1903), in Garding geboren,
weltweit bekannter Althistoriker,
der 1902 als erster Deutscher den
Nobelpreis für Literatur erhielt.
Im deutsch-dänischen Krieg 1864
hatte er sich noch ganz auf die Seite
Bismarcks geschlagen: „Warum soll
Preußen in den Elbherzogtümern
einen neuen Kleinstaat, das heißt
einen neuen Gegner, eine neue
Nullität, ein Schwaben des Nordens
errichten helfen?“ Mommsens
Biograf Stefan Rebenich meint: „Im
nationalen Taumel war Mommsen
umgefallen, machte Bismarcks
Politik zur Politik des deutschen
Volkes, stellte seine konstitutionellen
Forderungen hintan.“ Damit sei
Mommsen, so schrieb bereits Alfred
Heuss, zum „Schrittmacher einer
Entwicklung geworden, deren
Ergebnis ihm später so viel Kümmernis bereitete“.
Die Hoffnungen, die der Liberale
Mommsen mit den „Einigungskriegen“ verknüpfte, zerstoben schnell.
Er wurde zum entschiedenen
Gegner Bismarcks und warf ihm
vor, „der Nation das Rückgrat
gebrochen“ zu haben. Preußen
bezeichnete er nun als „Junker- und
Pfaffenstaat“. Die „Bismarckerei“
habe den Deutschen den Bürgersinn
ausgetrieben. Dringend notwendig
sei es, „Herrn Bismarck und den
Seinigen gegenüber die Verfassung
zu verteidigen“. Der Reichskanzler
strengte sogar einen Beleidigungsprozess an. Mommsen gewann.
Ein anderer mit Nordfriesland
verbundener Mann hingegen wirkte
daran mit, dass sich die weithin
herrschende Bewunderung für den
Bredstedter Bismarck-Büste
Reichskanzler zu einem BismarckKult steigerte: Harro Magnussen
(1861–1908), der zu den bedeutenden Bildhauern des Kaiserreichs
zählte. Eine von ihm 1889 angefertigte Bismarck-Büste war zehn Jahre
später bereits in 1000 Exemplaren
verbreitet. Im Bredstedter Rathaus
steht bis heute ein von Magnussen
im Todesjahr Bismarcks 1898
angefertigtes Bronzebildwerk des
Kanzlers. Der Künstler machte
es Bredstedt zum Geschenk, dem
Heimatort seines Vaters, des Malers
Christian Carl Magnussen (1821–
1896), als der Flecken im Jahre
1900 zur Stadt erhoben wurde. Zu
manchen Erscheinungen des Kaiserreichs hielt Harro Magnussen aber
Distanz. In einem „Mahnwort“ an
seine friesischen „Heimatsgenossen“
wandte er sich gegen die herrschende
Gleichmacherei: „… seid stolz auf
Euch, auf Eure Geschichte und
lasst die Preußen stolz auf die ihrige
sein. … Ihr müsst und sollt Friesen
bleiben! Hütet Eure eigene Sprache,
Ihr seid die einzigen fast unter den
deutschen Völkern, die noch eine
solche besitzen.“ Dieser Geist der
Zeit war es, der 1902 zur Gründung
des Nordfriesischen Vereins führte.
Trotz mancher Vorbehalte hielten
seine Mitglieder den Reichsgründer in Ehren. Die seit 1920/23
auftretenden „nationalen Friesen“
indes sahen in ihm den prominentesten der preußischen „Junker“, die
Nordfriesland im deutschen Sinne
„kolonisiert“ hatten.
An Bismarck scheiden sich die
Geister, auch in Nordfriesland.
Thomas Steensen
Nordfriesland 189
– März 2015
Biike-Empfang 2015
Die Botschaft des Biikebrennens lautet: „We friiske san deer!“ Wir Friesen
sind da! Mit diesen Worten begrüßte
Ilse Johanna Christiansen, Vorsitzende des Frasche Rädj, 200 Gäste zum
Biike-Empfang 2015 am 21. Februar im Multimar-Wattforum in
Tönning. Ein wesentliches Ergebnis
des friesischen Engagements ist die
Aufnahme des Feuerbrauches in das
nationale Verzeichnis der Vorschläge
für die UNESCO-Liste des immateriellen Weltkulturerbes. Deutschland, das dem UNESCO-Abkommen zum Schutz dieses Erbes 2013
beigetreten ist, hat bislang insgesamt
27 Traditionsformen in dieses Verzeichnis aufgenommen, zum Beispiel
den rheinischen Karneval mit all seinen lokalen Varianten, vorgeschlagen
vom Land Nordrhein-Westfalen, die
deutsche Brotkultur, federführend
vertreten vom Land Berlin, und das
von Mecklenburg-Vorpommern eingereichte Reetdachdecker-Handwerk
(vgl. www.unesco.de). Auf nationaler
Ebene gibt diese Anerkennung des
Biikebrennens dem Friesischen, das
betonte die Friesenrats-Vorsitzende,
eine erhöhte Präsenz.
Dr. Gerd Meurs, Direktor des
Multimar-Wattforums eröffnete den
Reigen der Grußworte. Gudrun
Fuchs, Vorsitzende des Nordfriesischen Vereins, begrüßte in Eiderstedter Tracht die Gäste „in de
Kulturlandschaft Eiderstedt mit
Schiewerslüüd, Künstler un Musikanten“. Ein Schwerpunkt der
Arbeit sei hier die Vermittlung des
Plattdeutschen an die Kinder.
Die Aufnahme der friesischen Biike
in das nationale UNESCO-Verzeichnis zeuge von der Souveränität der
Mehrheitsgesellschaft im Umgang
mit einer Minderheit. So formulierte
es Robert Habeck, Minister für EnerNordfriesland 189 –
März 2015
dition durchaus entspreche. Mary
Ebsen, stellvertretende Tönninger
Bürgermeisterin, berichtete, dass in
Tönning 2015 zum vierten Mal eine
Biike entzündet werde. Die aus dem
Norden des Kreisgebietes stammende Tradition sei auf dem Weg, sich
in Eiderstedt festzusetzen.
In Dänemark geboren, familiär
bedingt in die Niederlande umgesiedelt, dort zeitweise für die Provinz
Fryslân tätig und danach langjähriger
Sekretär des trilateralen Wattenmeersekretariats in Wilhelmshaven,
gehört Jens Enemark zu den führenden Experten für die friesisch
geprägte Küste zwischen Esbjerg und
Den Helder. Die Nordsee, das Mare
Frisicum, bildet mit den kraftvollen
Seefahrer-Gesellschaften an seinen
Küsten und dem Erbe genossenschaftlicher Autonomie eine Wiege
der modernen Weltkultur, sagte er in
seinem Vortrag zur Nordseekooperation. Im Jahre 2018 werde Ljouwert/
Leeuwarden in Fryslân europäische
Kulturhauptstadt sein, davon seien
inspirierende Impulse zu erhoffen.
Den Biike-Empfang umrahmten
musikalisch der eiderstedtische Sänger Rainer Martens und die friesische
Pädagogin Thora Kahl. Sie sang zum
Schluss den vom Sprachlektor am
Nordfriisk Instituut Tams Jörgensen
1974 gemeinsam mit dem Musiker
Knut Kiesewetter geschriebenen Biikensung mit der Schlusszeile: Frasch
wan we weese än bliwe!
fp
Foto: Harry Kunz
Chronik
giewende, Landwirtschaft, Umwelt
und ländliche Räume. Das Immaterielle an der Biike sei das Feuer. Eine
elementare Kraft werde genutzt, um
eine der Dingwelt am Ende überlegene Geistwelt entstehen zu lassen. Um
dieses Erbe gehe es eigentlich, auch
und gerade, wenn sein materieller
Nutzen unbezifferbar bleibe. Habeck
überbrachte die Grüße der Landesregierung und insbesondere der
Minderheitenbeauftragten Renate
Schnack, die wegen eines kurzfristig
anberaumten minderheitenpolitischen Perspektivgesprächs mit dem
Auswärtigen Amt ihre Teilnahme am
Empfang hatte absagen müssen.
Jede Generation präge das Biikebrennen in ihrem Sinne neu, die
Seele des Festes aber bleibe erhalten,
diese Auffassung vertrat Landtagspräsident Klaus Schlie, Vorsitzender des
Landtagsgremiums für Fragen der
friesischen Volksgruppe. Die sich am
Feuer versammeln, seien in ethischer
Verantwortung mit denen verbunden, die vor ihnen hier standen, und
die in Zukunft dort stehen werden.
Der Kreis Nordfriesland warte dringend auf den weiteren Ausbau der
Bundesstraße 5. Die umfangreichen
Mittel, die dem Kreis im kommunalen Finanzausgleich entzogen
wurden, werde man nicht kampflos
aufgeben. Mit diesen Ansagen nutzte
Kreispräsident Heinz Maurus dem
Empfang für ein offenes Wort, wie
es, so hob er hervor, der Biikentra-
Friesenrats-Vorsitzende Ilse Johanna Christiansen (Mitte) führte mit viel
Engagement durch das Programm des Biike-Empfangs.
1965 50 iir 2015
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Foto: Temmo Bosse
Nationale Minderheiten:
Thema an der Europa-Universität Flensburg
Teilnehmende des Seminars „Minderheiten in Deutschland im europäischen Zusammenhang“ mit der Minderheitenbeauftragten Renate Schnack und Prof. Dr. Thomas Steensen
Häägar
Wo hat die Hauptorganisation der
Minderheiten Europas ihren Sitz?
Wer oder was sind eigentlich die
Sorben? In welchen Staaten leben
Friesen? Nur wenige Studierende
der Europa-Universität Flensburg
wissen auf diese Fragen präzise zu
antworten. Das zeigte sich während
des Wintersemesters in der Lehrveranstaltung „Minderheiten in
Deutschland im europäischen Zusammenhang“. Am Semesterschluss
wussten es die 30 Teilnehmenden
indes genau: Die Föderalistische
Union Europäischer Volksgruppen
hat ihren Sitz in Flensburg. Die Sorben sind eine slawische Minderheit
südöstlich von Berlin. Friesen leben
in Deutschland und den Niederlanden.
4
Seit 2007 bietet Professor Dr. Thomas Steensen dieses Seminar mit
jeweils unterschiedlichem Schwerpunkt an. Inzwischen haben fast
300 Studierende, zumeist angehende
Lehrkräfte für die Fächer Geschichte
und Friesisch, daran teilgenommen.
„Wer sich mit Minderheiten beschäftigt, lernt auch Respekt vor
dem Anderssein und der kulturellen
Vielfalt“, meint der Direktor des
Nordfriisk Instituut in Bredstedt, das
auch als „An-Institut“ der Universität fungiert.
Die minderheitenpolitische Regelung im deutsch-dänisch-friesischen
Grenzland gilt weithin als mustergültig. Die Nähe Flensburgs zu
mehreren Minderheiten und deren
Organisationen wurde genutzt, um
die Studierenden ins Gespräch mit
handelnden Personen zu bringen.
Gäste waren Erk Hassold für die
Friesen, Martin Lorenzen für die
dänische Minderheit und Matthäus
Weiß für die Sinti und Roma in
Schleswig-Holstein. Zum Abschluss
kam die Minderheitenbeauftragte
des Ministerpräsidenten Renate
Schnack nach Flensburg.
Aus Berlin war die Sorbin Judith
Walde angereist, die das Sekretariat
der vier in Deutschland anerkannten nationalen Minderheiten leitet.
Das Wissensdefizit über die Minderheiten in der Bundesrepublik sei
groß, sagte sie und fügte hinzu: „Das
Beispiel der Europa-Universität
Flensburg sollte auch an anderen
Universitäten Schule machen.“ FS
Man hi kür wes
diarme Jil fortiini.
Ik ken et ek
ütstuun, wan di
Hün bi Naachtert
sa beđert.
1965 50 iir 2015
Nordfriesland 189
– März 2015
Limericks auf Friesisch: Tams-Jörgensen-Preisaufgabe 2015
Sprache und Identität zu gewinnen.
Bei seinem Ausscheiden aus dem
Institut 1984 nannte ihn der damalige Vorsitzende des Institutsvereins
Jakob Tholund einen „Missionar des
Friesischen in Friesland“.
Die Erträge des 2005 anlässlich des
40-jährigen Bestehens des Nordfriisk
Instituut ins Leben gerufenen TamsJörgensen-Fonds werden alle zwei
Jahre für den Tams-Jörgensen-Preis
ausgeschüttet.
Diesmal geht es also um einen friesischen Limerick. Ein Limerick ist
ein scherzhaftes Gedicht mit einem
bestimmten Reimschema. In der
ersten Zeile werden die handelnde
Person und ein Ort genannt, in den
folgenden Zeilen wird etwas über
diese Person erzählt. Die letzte Zeile
sollte möglichst mit einer überraschenden Pointe aufwarten. Ein
hochdeutsches Beispiel:
Foto: Nordfriisk Instituut
Die diesjährige Aufgabe für den
Tams-Jörgensen-Preis des Nordfriisk
Instituut besteht im Verfassen eines
friesischen Gedichts nach der Art
eines Limericks. Der mit 250 Euro
dotierte Preis erinnert an den Frisisten Tams Jörgensen (1924–1987),
einen der Hauptinitiatoren des
Nordfriisk Instituut, das 1965 als
hauptamtliche
wissenschaftliche
Einrichtung seine Arbeit aufnahm.
Zwei Jahrzehnte lang war Tams
Jörgensen an dieser Arbeit maßgeblich beteiligt. Mit großer Sorgfalt
betreute er zahlreiche Veröffentlichungen zum Friesischen. Jörgensen
redigierte von 1968 bis 1985 als verantwortlicher Schriftleiter das Nordfriesische Jahrbuch, wirkte ab 1971
als Lehrbeauftragter für Friesisch
an der damaligen Pädagogischen
Hochschule in Flensburg und leitete
zahlreiche friesische Sprachkurse.
Stark beeinflusst wurde er von dem
Gedankengut des dänischen Theologen und Philosophen Nicolai
Frederik Severin Grundtvig (1783–
1872), dessen Ideen er für die friesische Arbeit fruchtbar zu machen
suchte. Ein wesentliches Anliegen
war es ihm, junge Menschen für die
Tams Jörgensen
Einsendeschluss für die Vorschläge
ist der 31. März 2015. Eine vom
Nordfriisk Instituut benannte Jury
wählt die überzeugendste Dichtung aus. Der Rechtsweg ist dabei
ausgeschlossen. Einsendungen per
Post an: Nordfriisk Instituut, Süderstr. 30, D-25821 Bräist/Bredstedt,
NF, per Fax: 0049(0)4671/1333
oder per E-Mail: info@nordfriisk
instituut.de.
Red.
Ein Kettenraucher aus Nizza,
der im Tank seines Wagens nach
Sprit sah,
der flog mit ’nem Krach
durchs Garagendach
einem staunenden Gast in die Pizza.
Di 14. önj e biikenmoune 1915
wörd Alfred Boysen önj Lunham
tuläid. Dåt lait nü 100 iir tubääg.
Ma 88 iir as’r 2003 störwen. Deertu
schriif Marie Tångeberg önj jüheer
tidschraft: „Alfred Boysen as foon
üs gingen, ouers önj snååk, toochte
an schraft wårt’r heer önj Fraschlönj
nuch lung bestönje.“
Alfred an san ålere brouder Carsten
kömen ål as bjarne önj berääring ma
jare oome Johannes Oldsen an sin
toochtewråål. Sü wörden da biise
„bewuste frasche“. Ouers jarst iinjsen gäng hi eefter Ameerika än årbed
önj en store ma di spoosie noome
Hell‘s Kitchen („döiwels köögen“).
1959 wörd hi sekretäär önj e Foriining for nationale Frasche (diling
Friisk Foriining). Hi bliif et döör
Nordfriesland 189 –
März 2015
Foto: Friisk Foriining
100. iirdäi foon Alfred Boysen
Alfred Boysen
1965 50 iir 2015
24 iir! Hi wörd tu en begrip önj
Nord-, Ååst- än Weestfraschlönj,
ouers uk önjt dånsch. Tuhuupe ma
san brouder Carsten seet hi tum
baispal et interfriisk böredrååwen
önj e gung, wat et diling nuch jeeft.
Alfred schriif uk dächte än schunge, wat nuch diling süngen wårde.
Sunt 1994 wus’r iirenlasmoot foon
e Feriin Nordfriisk Instituut. Döör
iirtiinde heet‘r et instituut heelp
än stipe dänj än lung önj e bairädj
mamååged.
Alfred köö mödj mååge fort frasch.
Di frasche spräke wus for ham en
goowe foon Gooden. Ai tuleest
deeram heet‘r tou ewangeelie tut
frasch ouerseet än bait schungebök
„Loow nü e Hiire“ maårbed. Dåt
uurd „Rüm hart, klåår kiming“, wat
uk ouer e döör foon sin hüs stöö,
heet hi laawed.
ts
5
Hans Ahrenstorf (* 8. April 1918, † 10. Dezember 2014)
Landdagspräsident in Kiel, överall
hett Hans Ahrenstorf sik för dat
Plattdüütsche insett.
Foto: Ingwer Oldsen
Bequem weer Hans Ahrenstorf
nümmer nich, strietbar bit toletzt.
Hans wull wedder in’e Gang, wull
wat för Plattdüütsch doon. Mit över
96 Johr is he in Husum inschlapen.
Sien Fru Christel hett em passt bit
an’t Enn.
To Welt kamen 1918 un groot
worrn in Husum weer he vun 1947
bit 1963 Hauptlehrer in Horstedt
un vun 1963 bit 1980 Rektor an de
Friedrich-Paulsen-School in Langenhorn.
Plattdüütsch in de Europäische
Sprachencharta,
Plattdüütsche
Zentren in Ratzeborg un in Leck,
en Plattdüütsche Professur in Flensborg, dat weern na 1981 de zentralen
Forderungen vun Hans Ahrenstorf:
„Wi sind en parteienunabhängige
Börgerinitiative för de plattdüütsche
Spraak.“
20 Johr Plattdüütsche Runn,
Fachgrupp Plattdüütsch bi de Kulturringe, Plattdüütsche Birat bi de
Mit „Dörpslüüd un Dörpsleven“ as
Book, as Postkorten un as Diavördrag is he dörch dat Land reist un
hett för Plattdüütsch warven kunnt.
Jüss as mit „Talk op Platt“ in Nordfreesland, „Plattdüütsche Week in
Husum“ un „Husum vör 50 Johr“.
Över 200 Mitglieders (130 Ämter
un Gemeenden) för de Fördervereen Plattdüütsch Zentrum Leck
hett he meist in Alleengang winnen
kunnt. „Wenn Du Hans Ahrenstorf
dörch de Döör vörn ruutjagst, denn
kümmt he dörch de Achterdöör
wedder rin …“, dat hett so mennig
een dacht.
Dat Priesgeld vun de Hans-Momsen-Pries 2004 weer Grundlaag för
de Stiftung „Mien Moderspraak“.
Intwischen is dat Stiftungskapital op
över 100 000 Euro anwussen. Över
12 000 Euro hett de Vörstand um
Wiebke Jensen bit hierto utschüttet.
Hans Ahrenstorf sien Vermächtnis,
de Stiftung, warrd Plattdüütsch bi
de praktische Arbeit mit Kinner un
Jugendlichen en Tokunft geven.
Klaus Groth schreev: „Min Moderspraak, wa klingst du schön! / Wat
büst du mi vertrut! / Weer ok min
Hart as Stahl un Steen, / Du drevst
den Stolt herut.“
Ingwer Oldsen
Aufruf: Christian-Feddersen-Preis 2015
Friesische Sprache und Geschichte
in der Schule – das macht nicht nur
Spaß, man kann damit sogar einen
Preis gewinnen! Das Nordfriisk
Instituut hat den Christian-Feddersen-Preis 2015 ausgeschrieben.
Mit dem seit 2001 jährlich vergebenen Preis werden Schülerinnen
und Schüler in Nordfriesland ausgezeichnet, die sich in besonders
umfassender, gründlicher oder
kreativer Weise mit ihrer Heimat, ihrer Sprache, Kultur oder
Geschichte befasst haben. Alle
Schulen im Kreis Nordfriesland
und auf der nordfriesischen Insel
Helgoland sind eingeladen, Kandidaten zu nominieren.
Das Preisgeld stellt die Ute-KarlFriedrich-und-Carsten-Hagemann-Stiftung zur Verfügung.
Die Stiftung wurde 1996 aus dem
Nachlass des Husumer Geschäfts6
manns Karl-Friedrich Hagemann
errichtet, dem die friedliche Entwicklung im dänisch-deutsch-friesischen Grenzland ein besonderes
Anliegen war. Benannt ist der Preis
nach Pastor Christian Feddersen
1965 50 iir 2015
(1786–1874), der aus dem friesischen Dorf Wester Schnatebüll
stammte und der in der Mitte des
19. Jahrhunderts nach Wegen
für die Erhaltung der friesischen
Sprache und Kultur suchte.
Gleichzeitig trat er nachdrücklich
für ein friedliches Miteinander der
Völker ein und war auch damit
seiner Zeit voraus.
Auch Projektgruppen, Arbeitsgemeinschaften oder Klassen
kommen für die Auszeichnung
in Frage. Es werden bis zu fünf
Preise vergeben, die jeweils mit
einem Geldbetrag, einem Buchgeschenk und einer Urkunde
dotiert sind. Vorschläge werden
bis zum 16. Mai 2015 erbeten
an das Nordfriisk Instituut, Süderstr. 30, 25813 Bräist/Bredstedt, NF; Tel.: 04671/60120;
Fax: 04671/1333; E-Mail: info@
nordfriiskinstituut.de.
NfI
Nordfriesland 189
– März 2015
Ellins wäält
„Schäritii“ üüb Sal?
Wan ik üüb Sal san, kem mi imer
weler dönsalew toochter huuch.
Ik san heer tesk soföl fersandring
mensken, dön eenen maage feerien,
dön ölern werke an fertiine jil, wat
dön ölern muar of maner hal ütjdu.
An ölern haa det jil ianfach, saner
dat’s diar grat wat för du.
Heer mingle jo nü altumool trochenöler: dönen, wat mä iarelk werk
knaap wat auer haa, wan a muun
üüb’t aanj henleept an dönen, wat
soföl haa, dat’s nant üüb teel täär.
Hü kön at uungung, dat at 70 juar
efter de grat krich al weler soföl
mensken jaft, wat jo för ian of tau
miljuunen euro en letj hüs üüb Sal
hual, huar jo ferlicht fjauer weg uun
a somer an ualjuarsinj tubring, an a
rest faan’t juar stäänt det hüs leesig.
Hü kön at tu a like tidj uungung,
dat jong mensken uun wenwaanjer
hüüse, am jüst döndiar ölern tu
betiinin, oober ei nooch fertiine,
am en orntlik wening tu hüüren?
An dön rik lidj, jo kem tup uun
hör rik lidjs hüsing an wiartshüsing,
huar de pris faan en glees weeder
ekstra so huuch as, am dön „aarmer“
mensken bütjenföör tu leeten.
Dach ian probleem haa dön rik lidj:
Jo haa soföl, man jo wurd plaaget
faan lungwiil. Diaram san jo nü
üüb en nei idee kimen: Jo gung üüb
„Charity“. Charity – schäritii – det
as ingelsk för Wohltätigkeit üüb
tjiisk an wat gud dun üüb fering. An
wat wiar’t, wat jo letst gud ded? Jo
skraabet det tup, huar jo alikwent
al en mase faan haa: jil! An hü
skraabet jo det tup? Jo maaget en
Versteigerung, nuadigd uu so wichtig
lidj iin an broocht en draapen mä
de een of öler faan döndiar wichtig
lidj oner a höömerk. En inj mä en
ferbleud promi tu’n bispal, huar
de, wat det „woon“, was uk noch
Nordfriesland 189 –
März 2015
a reegning uun’t restorang betaale
moost. Wat oober miast ferwonert,
wat ik manst ferknuuse küd, hed
mä en maan tu dun, wat för 38 juar
ens ütjtaanjen wiar, Tjiisklun tu ferbeedrin. Een, wat uun a uasten üüs
Dissident ütjkwartiaret wurden wiar,
huar wi domools begand tu twiiwlin, of Sozialismus taatsechelk gud,
beeder wiar... Wi, det generatjuun
„twiiwel“, wat ei liaw küd, wat a ualaalern üs auer a krich fertääld, auer
soföl laanjen wurden wiar. Wi, wat
det grat Ameerika ei muar bluat üüs
halper siig, man jin a krich uun Vietnam uunskandiaret. Wi, wat feiert,
üüs uun Spanien, Chile, Portugal
nei ideen uun a politiik trochkaam.
Wi wiar domools uk diarjin, dat
een, wat dach niks ölers ferbreegen
hed, üüs en paar dachtingen tu skriiwen an do döndiar toochter mä en
gitare oner iarem ölern föörsoong,
dat so een nü üüb mool ei muar tüs
moost, dat so een ei sai moost, wat
hi toocht.
Wat ik nü oober belewe skal, det
dee mi muar tu teenken üüs aal det
teaater faan 1976. Desalew maan,
wat ütj a DDR rütjsmeden wurden
wiar, auer hi uun a waasten hög
staken soong, komt nü üüb Sal oner
a höömerk: För 6 000 euro leet hi
ham ferkuupe, 6 000 euro betaalet
so’n riken knaker diarför, dat Wolf
Biermann bi ham en inj uun san
wendörnsk uun Kaamp, Rantem of
Waasterlun sin ual protest-staken
föörschongt.
Wat, so fraage ik mi, schongt hi jo
wel föör? Schongt hi faan ünrocht,
faan’t skaften an faan wat gud dun?
Schongt hi faan aaremmud, honger,
krich an duas uun a wääreld trinjam
üs? Schongt hi för dön jilseeker faan
Ellin Nickelsen
ist eine preisgekrönte
sische
frie-
Schrift-
stellerin,
die
sich Gedanken
macht über das
Leben in Nordfriesland.
In
„Ellins wäält“ erscheinen ihre Einschätzungen, die den Vorzug haben,
in modernem Friesisch verfasst zu
sein. (Adresse: Brahmsstr. 3, 27616
Beverstedt.)
ünrocht, wat uun a nööm faan’t grat
jil uk daaling, muar üüs iar ferlicht
goor, aueraal den wurt? Fertäält hi
jo faan dön „Fleischtöpfe der Sklaverei“ ? An wat maage dönen, wat ham
tuharke, uun en dörnsk faan en hüs,
wat 1, 2, 3 miljuunen koostet hee,
saner at wäärt tu weesen? Schong
jo mä tuaren uun a uugen, fol faan
schampus an gans beden faan’t aanj
gud leewent, faan’t gud dun duun,
an gratem mä? An hen jin madernaacht paaket Wolf B. sin musiik
weler iin, traawet ufsteed an kön so
widjerlewe?
Aal det för en betj Charity, betaalet
faan lidj, wat föör luter lungwiil ei
witj, huaram jo auerhood noch jil
haa. För lidj, wat en grünj schük, jil
mä en „moraal“ tu beleien, an ging’t
uk bluat, so üüs nü uun Kaamp, am
säälten krankelsen.
Jaft at en kraankels so säälten, dat
am diarför sin sial ferkeeft? Man det,
det witj wi, as nian säälten kraankels,
ei woor? –
Wat hedst dü diartu wel saad, gud
ual Pider Lüng? Wat haa’s maaget
ütj din: „leewer duad üüs slaaw“?
Ged för’t hood
Det Instituut
Iar wiar det fölsis so, dat at instituut a loft uftrakt wurd.
Nü kön wi entelk ens rocht trochöösme. Wer det wel iiwig so blaft?
Jakob Tholund
1965 50 iir 2015
7
„schwarzen Perlen“. Untergebracht
waren die Gäste wiederum bei ostfriesischen Gastgeberfamilien. Es
waren auch wieder neue Teilnehmer
dabei, sodass die Zukunft des traditionsreichen Treffens gesichert erscheint. Carl-Friedrich Thormählen
Üt da
friiske feriine
Interfriesisches Bauerntreffen
Das 55. Interfriesische Bauerntreffen
fand vom 4. bis zum 7. Februar 2015
in Ostfriesland statt. Organisiert hatte das Treffen Gerd Cordes, Leer, im
Auftrag des Interfriesischen Rates.
65 Teilnehmer aus den Frieslanden,
davon 20 aus Nordfriesland, ließen
sich über kulturelle und wirtschaftliche Aspekte informieren. Im Heimatmuseum „Klottje Huus“ in Leer
begrüßte Bürgermeisterin Beatrix
Kuhl die Gäste. Auf dem Programm
standen das Heimatmuseum Rheiderland in Weener mit einer Präsentation der regionalen Archäologie,
Wirtschafts-, Sozial- und Kirchengeschichte, die Sammlung historischer
Musikinstrumente „Organeum“,
eine der ältesten erhaltenen Burgen
Ostfrieslands „Steinhaus Bunderhee“ und das Bünting-Teemuseum
in Leer. Besichtigt wurde zudem die
Papierfabrik Klingele in Weener als
Beispiel des mittelständischen Gewerbes. Vorträge zum Thema Landwirtschaft und Agrarpolitik gab es
in der Reithalle des „Polderhofs“ in
Bunderhee. Hier residiert das Gestüt
Brümmer, das seine eindrucksvollen Friesenpferde präsentierte, die
Wiedingharder Friesenverein
Unter Leitung seines Vorsitzenden
Peter Ewaldsen traf sich der Wiedingharder Friesenverein Ende Januar im Gasthof Brodersen in Emmelsbüll zu seiner Jahresversammlung.
Ein Höhepunkte im abgelaufenen
Vereinsjahr war der Besuch von
Gästen aus Westfriesland, diese Tradition werde auch 2015 fortgesetzt,
berichtete Schriftführerin Erika
Botte in ihrem Rückblick. In ihren
Ämtern wiedergewählt wurden bei
der Versammlung die stellvertretende Vorsitzende Antje Neumann
und der Kassenwart Ernst Nissen.
Der Verein, so wurde berichtet, hat
derzeit über 280 Mitglieder.
Fering inj
Rund 70 Gäste konnte Vorsitzender
Charly Rickmers am 25. Januar
beim Fering inj des Fering Ferian
in Utersum im Gasthof „Zur Post“
begrüßen. Die beiden früheren
Mitarbeiter der Nordfriesischen
Wörterbuchstelle der Universität
Kiel Dr. Alastair Walker und Dr.
Ommo Wilts blickten zurück auf
ihre friesische Arbeit, bei der sie auf
Föhr stets gute Unterstzützung gefunden hätten. Die Geselligkeit kam
nicht zu kurz. Nach der Musik von
Roluf Hennig, Wirt des Gasthofes
„Zur Post“ und Leiter des Männergesangvereins Föhr-West, tanzten
die Föhringer Trachtenträgerinnen
und schließlich alle Gäste.
„Biiki fan Söl“
Das Biikebrennen stammt in seiner modernen Form von Sylt. Die
Sölring Foriining brachte zur diesjährigen Biike die CD „Biiki fan
Söl“ heraus mit friesischen Liedern
und Tänzen sowie einem Gedicht
zu Biikebrennen und Petritag. Der
Titel kommt vom Beginn des Liedes
„Biiki fan Söl, helig ual Jöl flami ap!“
(Biike von Sylt, heiliges altes Feuer
flamme auf!). Die Inselhymne „Üüs
Sölring Lön“ ist ebenfalls zu hören.
Die CD kostet zehn Euro und ist
erhältlich bei der Sölring Foriining
(vgl. www.soelring-foriining.de).
„Di Widergunger“ auf DVD
Einen deutsch untertitelten VideoMitschnitt des nordfriesischen
Musicals „Di Widergunger“, das am
6. April 2014 in Niebüll aufgeführt
wurde (vgl. Nordfriesland 186), haben die Friisk Foriining und der Frasche Feriin for e Ååstermååre nun auf
DVD herausgebracht. Laufzeit: 122
Minuten, Preis: zehn Euro, erhältlich
im Friisk Hüs in Bredstedt und im
Andersenhaus in Klockries.
fp
26. Friesenkongress tagt auf Sylt
Gur Frinj, kum iin! Guter Freund, komm herein!
Vom 5. bis zum 7. Juni 2015 in der Akademie am Meer Klappholttal
Workshop-Themen unter anderem:
Nordseekooperation, Friesisch im Kindergarten,
friesisches Theater, Friesisch in der Kirche
(Die Präsenz des Friesischen in der Kirche soll durch eine Resolution gestärkt werden.)
Nähere Angaben: Frasche Rädj, Friesenrat Sektion Nord e. V.,
Friisk Hüs, Süderstr. 6, 25821 Bräist/Bredstedt, NF;
Tel.: 0049 (0)4671/6024150/51; Fax: 04671/6024160; E-Mail: [email protected]; Homepage: www.friesenrat.de
8
1965 50 iir 2015
Nordfriesland 189
– März 2015
Nordfriesland
im Winter
1. Dezember 2014 –
28. Februar 2015
n „Liebe Sylter, legt eure Scheu
ab und wagt wieder, Sölring zu
sprechen. Habt Mut! Denn: Stirbt
unsere Sprache, stirbt auch ein
großes Stück Identität unserer Insel, das dürfen wir nicht zulassen!“
Mit diesem Appell begann Renate
Schneider ihre Dankesworte für den
C.-P.-Hansen-Preis 2014, der ihr
am 7. Dezember im Friesensaal in
Keitum übergeben wurde. Die mit
friesischer Muttersprache aufgewachsene gelernte Handweberin, die
als Hauswirtschaftin tätig war und
2001 auf ihre Heimatinsel zurückkehrte, gibt unter anderem Friesischkurse, schreibt die Kolumne „Harki
jens tö“ für die Sylter Rundschau,
führt ehrenamtlich Gäste durch das
Sylter Heimatmuseum, wie es schon
ihre Mutter tat. Den Preis erhielt
sie, „um ihren kontinuierlichen
Einsatz für den Erhalt des Sölring
durch Öffentlichkeitsarbeit für die
Sprache im Kulturbereich der Insel
und des Festlandes zu würdigen“,
das sagte Maren Jessen, Vorsitzende
des C. P.-Hansen-Kuratoriums.
n Die Nordsee Akademie in Leck
wurde zum Kulturknotenpunkt
für den Bereich Nordfriesland und
Nordschleswig. Das vom Land
entwickelte Konzept „Kulturperspektiven
Schleswig-Holstein“
dient dazu, Kerne kultureller
Infrastruktur insbesondere im
ländlichen Raum zu erhalten und
abzusichern, sagte Kulturministerin
Anke Spoorendonk am 5. Februar
bei einer Feierstunde in Leck. „Die
Landesregierung möchte die Angebotsstrukturen im ländlichen Raum
sinnvoll untereinander und mit den
großen Zentren vernetzen, Kulturakteure professionell beraten, KoNordfriesland 189 –
März 2015
operation fördern und die Öffentlichkeitsarbeit für kulturelle Angebote unterstützen.“ Für diese Aufgaben erhält die Akademie zunächst
für fünf Jahre jeweils 20 000 Euro.
Ansprechpartnerin ist Dr. Herle
Forbrich vom dortigen Seminarund Veranstaltungsmanagement.
Die Nordsee Akademie sei eine
belastbare,
grenzüberschreitende
Bildungseinrichtung im ländlichen
Raum, diese Einschätzung werde
durch die Übertragung dieser Verantwortung unterstrichen, freute
sich Akademieleiter Oke Sibbersen.
Das Landeskonzept sieht weitere
Kulturknotenpunkte vor, so für die
Bereiche Dithmarschen und Herzogtum Lauenburg.
n 580 der rund 3 000 Mitarbeiter
des französischen Druckerei-Konzerns Chevrillon Philippe Insdustrie
(CPI) arbeiten in der Lecker Druckerei Clausen & Bosse. Der Mutterkonzern hatte angesichts massiven
Konkurrenzkampfes zu entscheiden,
in welchem seiner Tochterunternehmen die neueste Generation
des Digitaldrucks installiert wird.
Bei Clausen & Bosse vereinbarten
Geschäftsleitung, Betriebsrat und
Gewerkschaft Anfang Dezember
2014, dass die Mitarbeiter auf einen
Großteil der aktuell ausgehandelten
Lohnerhöhung verzichten. Zusammen mit dem angesehenen Know
How des Betriebes gab dies den
Ausschlag: CPI setzt die Quantum
Colour Inkjet-Technologie in Leck
ein. Durch Lohnverzicht hat die
Belegschaft schon seit 2005 mehr als
elf Millionen Euro an Kapital freigemacht und dadurch den Konzern
nachhaltig veranlasst, hier zu investieren, das teilten Betriebsratsvorsitzender Bernd Johannsen und sein
Stellvertreter Arne Klindt der Presse
mit. Es gehe nicht zuletzt darum,
den Standort Leck auch insgesamt
zu sichern.
n Mit 55 % der abgegebenen gültigen Stimmen gewann am 11. Januar der 40-jährige Bauamtsleiter
von Kronshagen Nikolas Häckel
1965 50 iir 2015
die Stichwahl um das Bürgermeisteramt in Westerland auf Sylt. Der
geborene Insulaner erzielte damit einen unerwartet deutlichen Sieg über
seine Konkurrentin, die ehemalige
Fürther Landrätin Gabriele Pauli,
der im Vorfeld die besseren Chancen eingeräumt worden waren. Mit
zuletzt einigen populistisch anmutenden Wahlversprechen wie etwa
einer Geburtenprämie oder einem
eigenen Sylter Autokennzeichen
zerstörte sie ihre guten Aussichten.
Der sehr besonnen und etwas brav
wirkende Verwaltungsmann Häckel
konnte u. a. mit dem Versprechen
einer größeren Bürgerfreundlichkeit
punkten. Die Stichwahl wurde nötig, nachdem beim ersten Wahlgang
am 14. Dezember keiner der sechs
Kandidaten die absolute Mehrheit
erreichte.
n Die Stadtbücherei in der Kreisstadt Husum zählte rund 180 000
Besucher im Jahr 2014, teilte im
Februar Bücherei-Leiterin Auguste
Carstensen-Lenz mit. Das Medienangebot umfasste etwa 49 000 Exemplare, darunter 38 000 Bücher
und sonstige Druckwerke. Sie wurden rund 170 000 Mal ausgeliehen.
Mehr als 13 000 Mal wurden sie auf
E-Book-Reader, iPads oder Smartphones heruntergeladen. Das ungefähr 11 000 Exemplare umfassende
Angebot an audiovisuellen und
elektronischen Medien wurde rund
130 000 Mal ausgeliehen. Beliebte
Themenbereiche waren Gesundheit,
Technik, Reisen und Geschichte wie
etwa der Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren. Zu den gefragtesten Schülerthemen gehörten
Cybermobbing, Drogenmissbrauch
und Ess-Störungen.
n Die Fähre „Schleswig-Holstein“
ist das erste deutsche Schiff mit
einem digitalen Schiffssicherheitszeugnis. Für die Fähre der Wyker
Dampfschiffs-Reederei (WDR) hat
die Berufsgenossenschaft Verkehr
Ende Januar 2015 das Zeugnis in
der Datenbank ihrer Dienststelle Schiffssicherheit in Hamburg
9
n Der mit einem Preisgeld von
1 500 Euro dotierte dritte Platz
beim Integrationspreis SchleswigHolstein 2014 ging an die Stadt
Niebüll für das Projekt „Deutsch
vor Ort“ (DORT). Das Projekt
richtet sich an Mütter mit Migrationshintergrund. Die Idee dafür
entstand 2010 auf einer Sitzung der
„Aktiv Region Nord“. Heute werden
in Niebüll Deutschkurse angeboten,
sie werden von der Stadt gefördert
und finden in der Kindertagesstätte
„Bunte Welt“ statt. Deren Leiterin
Inken Korbmann und Kursleiterin
Monika Hahn-Nanninga organisieren „niederschwellige“ Angebote, in
denen es vor allem um die Verständigung im Alltag geht. „Trotz begrenzter Mittel gelingt hier eine sehr
kreative Umsetzung der Idee.“ So
heißt es in der Begründung der Jury,
die aus zehn eingereichten Vorschlägen drei Preisträger auswählte. Der
erste und der zweite Preis gingen an
Integrationsprojekte in Norderstedt
und Flensburg. Innenminister Stefan Studt rief bei der Übergabe der
Auszeichnungen am 9. Dezember
in Kiel speziell die Kommunen
dazu auf, den Fremden mit einer
konstruktiven Grundhaltung zu
10
Foto: Dieter Wrege
eingestellt. Statt eines Zeugnisses
in Papierform erhält die Reederei
jetzt per E-Mail eine Identifikationsnummer (Zeugnis-ID), mit
der das Zeugnis im Register unter
der Internet-Adresse www.deutscheflagge.de beispielsweise bei Kontrollen durch Behörden jederzeit und
weltweit abgerufen werden kann.
„Die regelmäßige Ausstellung und
Überprüfung von Zeugnissen durch
die Dienststelle Schiffssicherheit im
Auftrag des Bundes sorgt für Zuverlässigkeit an Bord. Damit das auch
im Digitalzeitalter so bleibt, hat das
Bundesverkehrsministerium jetzt
die elektronischen Zeugnisse eingeführt“, berichtete Enak Ferlemann,
Parlamentarischer
Staatssekretär
beim Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur, in einer
Pressemitteilung des Ministeriums
am 23. Januar.
„Deutsch vor Ort“ in Niebüll, vierte von links: Kursleiterin Monika HahnNanninga, rechts dahinter: Inken Korbmann von der Kita „Bunte Welt“
begegnen. Mit dem IntegrationsPreis wurden bereits zum vierten
Mal Projekte und Maßnahmen
gewürdigt, die Chancengleichheit
und gleichberechtigte Teilhabe von
Migrantinnen und Migranten verbessern sollen.
n Die Ladelunderin Heike Prechel
belegte den zweiten Platz beim Wettbewerb „Mensch des Jahres 2014“.
Geehrt wurde sie für die Initiative
zur Einrichtung des „Bürgerbusses
Ladelund“, der die Mobilität von
Dorfbewohnern ohne eigenes Auto
erweitern soll (vgl. „Nordfriesland im
Sommer“ in Nordfriesland 187) und
der inzwischen gut angenommen
wird. 16 Regional-Redaktionen des
Schleswig-Holsteinischen ZeitungsVerlages und des A. Beig-Verlages
schickten die von ihren Lesern gekürten Kandidatinnen und Kandidaten
als Mensch des Jahres ins Rennen.
Gewürdigt wurden verschiedenste
herausragende Leistungen für das
Allgemeinwohl. Stellvertretender
Ministerpräsident Robert Habeck
übergab die Auszeichnungen am
11. Februar im Plöner Schloss.
n Am 19. November starb in Strande der Jurist Dr. Kurt Boysen. 1933
in Havetoftloit geboren, befasste
sich Boysen, der unter anderem von
1974 bis 1985 als Staatssekretär im
Kieler Kultusministerium tätig war,
mit geschichtlichen und kulturellen
Themen Schleswig-Holsteins. Dabei
erlangte sein Wirken auch für Nord1965 50 iir 2015
friesland Bedeutung. Im Jahre 1967
erschien seine Dissertation über „Das
Nordstrander Landrecht von 1572“,
eine grundlegende Arbeit über
die Rechtstradition der friesischen
Utlande. Boysen war ein wichtiger
Förderer der Museumslandschaft.
Neben seinem Engagement für die
Haithabu-Forschung gehörte er
mehr als drei Jahrzehnte dem Kuratorium der Ludwig-Nissen-Stiftung
an, davon 19 Jahre als Vorsitzender.
n Am 22. November starb der frühere Lehrer Walter Raabe. 1924 in
Westerhever geboren, arbeitete er
nach Kriegsdienst, Gefangenschaft
und pädagogischem Studium in
Kiel von 1949 bis 1966 als Lehrer
in seiner Heimatgemeinde, an der
deutschen Heimvolkshochschule in
Tingleff und in Garding. Von 1967
bis zu seiner Pensionierung 1987
leitete er schließlich die Realschule
in Friedrichstadt. Bekannt wurde
Walter Raabe vor allem als leidenschaftlicher Flieger und als Fotograf.
In einer Reihe von Büchern und
Artikeln und in zahlreichen Vorträgen zeigte er die nordfriesische
Heimat, vor allem das Wattenmeer
und Eiderstedt aus der Luft. Mit
seinen Bildern wurde der friesische
Fotokalender Jarling 2000 gestaltet.
„Vom Wasser geprägt: die Region
Friedrichstadt“ heißt Raabes Beitrag
zu dem 2000 von Prof. Dr. Thomas
Steensen herausgegebenen Werk
„Das große Nordfriesland-Buch“.
Harry Kunz, Fiete Pingel
Nordfriesland 189
– März 2015
Friesische Grußkarten
Auch in der schnelllebigen Zeit des 21. Jahrhunderts gibt es immer noch Anlässe, zu denen man
Verwandten, Freunden, Nachbarn Grüße in einer
schönen und greifbaren Form übermitteln möchte. Die E-Mail hat den klassischen Brief in vielen Bereichen abgelöst, gleichwohl erfreuen sich
Grußkarten immer noch großer Beliebtheit. Vor
allem zum Geburtstag, zur Konfirmation und zur
Hochzeit werden diese Karten über den traditionellen Postweg verschickt oder persönlich überreicht. Bei Trauerfällen möchten viele ebenfalls
mit einer Karte ihr Mitgefühl ausdrücken.
Das Nordfriisk Instituut begeht 2015 sein
50-jähriges Bestehen. Man kann nun allen Geburstagskindern, Hochzeitspaaren und Konfirmanden auf Friesisch gratulieren. Das Institut hat Karten mit Grüßen auf Sölring, Fering,
Öömrang, Halunder, Wiringhiirder Freesk, Nordergoosharder Fräisch und Mooringer Frasch
herausgebracht. Der Husumer Grafiker Bernd
Bednarz gestaltete die insgesamt elf Motive. Unterstützt wurde die Herstellung von der Ute-KarlFriedrich-und-Carsten-Hagemann-Stiftung.
Auch Weihnachts- und Neujahrsgrüße sowie Beileidskarten in gedeckten Farben sind zum Preis
von je 1,75 Euro erhältlich.
NfI
Die allgemeine Glückwunschkarte mit dem Innen-Design „Rosen“ gibt es in drei Varianten: Hartliken lukwansch!
(Frasch), Härtliken lokwänsch! (Nordergoeshiirder Fräisch) und Härtliken lokwänsk! (Wiringhiirder Freesk).
Die Glückwunschkarte „Tulpen“ liegt ebenfalls in drei Varianten vor: En hartelken lokwansk! (Fering-Öömrang),
Grotliire! (Halunder) und Hartelk Lekwensk! (Sölring).
Die drei Varianten der Hochzeitskarte „Eis am Strand“ sind: Ales guuds tu jau bradlep! (Fering-Öömrang), Ales
goude to järnge koost! (Nordergoeshiirder Fräisch) und Alis Gurs tö juu Brölep! (Sölring).
Nordfriesland 189 –
März 2015
1965 50 iir 2015
11
Die Hochzeitskarte mit dem Innenbild „Gummistiefel“ gibt es mit folgendenden Sprüchen: Hartlike lukwansche
tu jarnge koost! (Frasch), Allet Guds tu djerrem Kos! (Halunder) und Härtlike lokwänske to järnge breerlep!
(Wiringhiirder Freesk).
Karte zur Konfirmation, Motiv „Kirchenfenster“, Texte: Åles goue tu din oufsolfiiren! (Frasch) und Alis Gurs tu
din Friimaakin! (Sölring)
Zur Konfirmation, Motiv „Segelschiff“, zwei friesische Varianten: Ales guuds tu’t freimaagin! (Fering-Öömrang)
und Allet Guds tu diin Beerigen! (Halunder)
Weihnachts- und Neujahrskarte mit Innenmotiv „Filzfiguren“. Die beiden friesischen Varianten sind: En fröögen
jül an en seegent neijuar! (Fering) und En faini Wiinachen an Sinhait, Glik en Seägen uun’t nai Djooar! (Halunder).
12
1965 50 iir 2015
Nordfriesland 189 –
März 2015
Weihnachten und Neujahr mit dem Motiv „Lore“, drei friesische Grüße: En fröiliken jül än en luklik nai-iir!
(Frasch), En fröölagen jul an en seegent neijuar! (Öömrang) und En lekelk Jööl en en gur Niijaar! (Sölring)
Die Trauerkarte mit dem Innenbild „Pfähle im Watt“ in zwei friesischen Versionen: Kondoliare, wi seenk am jam
(Öömrang) und Järng söri äs uk üüs söri (Wiringhiirder Freesk)
Die Beileidskarte mit dem Motiv „Lorendamm“ in zwei friesischen Mundarten: Wi tanke am jäm (Goesharder
Fräisch) und Kondoliari. Wü fööl me juu (Sölring)
Die Beileidskarte mit dem Innenbild „Wasserfläche im Watt“ in drei friesischen Versionen: Kondeliare, wi teenk
am jam (Fering), Wi tånke am jam (Frasch) und Wi truure med djüm (Halunder)
Nordfriesland 189 –
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13
August Jakobs — ein Amrumer Kapitän
Ein Lebensbericht, aufgezeichnet von Günter Frank
Kapitän August Jakobs, geboren auf Langeneß, ist seit über 60 Jahren als Seemann,
Reeder, Touristiker, Politiker eine herausragende Amrumer Persönlichkeit. Eine kurze
Beschreibung seines langen Lebens mit seinen verschiedenen Initiativen und Erfahrungen diktierte er dem Mediziner Prof. Dr. Günter Frank, der ihm als Kamerad im
Nautischen Verein und als hilfsbereiter Nachbar in vielen Belangen zur Seite steht.
Nordfriesland bringt eine für den Druck bearbeitete Fassung.
August Jakobs wurde am 16. Oktober 1920 auf
der Hallig Langeneß, auf der alten Kirchhofswarft
geboren. „Mit fünf Jahren habe ich erste Ruderpartien mit meiner Schwester Regina im Halligpriel Ilf unternommen“, erzählt er. Einmal hatte
das Boot ein Leck, das dichtete er mit Halliglehm
ab, was eine Flutzeit lang hielt.
Ab 1927 besuchte August die Halligschule auf der
Warft Hilligenlei, anfangs bei einem „schlagkräftigen“ Lehrer. „Mit einer offenen Sicherheitsnadel
zerstörte er mit einer Ohrfeige das Trommelfell
eines Mädchens. Der nächste war Lehrer Lorenzen,
ein hervorragender Pädagoge, der mit allen neun
Stufen in einer Klasse spielend fertig wurde. Seine
sechs Schüler schafften mit seiner Hilfe über das
Doppelte des damals geforderten Pensums. Er unterrichtete auch beispielsweise Trigonometrie.“
1935 grassierte auf der Hallig eine schwere Diphterie, der zwei Erwachsene und drei Kinder zum
Opfer fielen. Während der gesamten Zeit musste
Vater August Jakobs senior mit seinem Schiff täglich den Arzt von Föhr holen und zu den Warften
bringen. Freund Hinrich Johannsen und August
junior passten auf die „Hilligenlei“ auf und erlernten dabei wie selbstverständlich, wie man mit
Schiffen umgeht. Zudem war es ihre Aufgabe, die
Medikamente in der Apotheke in Wyk abzuholen
und auf den Warften zu verteilen. Am Ende sagte
Dr. Dirks zu August: „Werde nie Arzt, Apotheker
oder Halligschiffer, dann kannst du nachts stets
ruhig schlafen!“ Die Dienste auf dem Halligschiff
des Vaters in den folgenden Jahren, kamen dem
heranwachsenden Seemann später sehr zu gute.
Nach der Schulentlassung 1937 absolvierte August
14
Jakobs die Ausbildung zum Schiffsoffizier auf den
Schonern „Bertha von Busch“ und „Jul von Wyk“.
Bei seinem „besten Lehrer“ Kapitän Jan Mattsen
durfte er als 17-Jähriger auf der „Jul“ nachts auf
der Elbe und bei regem Schiffsverkehr selbstständig den Kurs absetzen und das Schiff steuern. Es
folgten sechs Reisen bei der HAPAG, wo sein Onkel Ludolph Petersen als zweiter Offizier fuhr. Bei
der letzten Überfahrt zog August Jakobs sich eine
schwere Angina zu, die zu akutem und später zu
chronischem Gelenkrheumatismus führte.
Im Juni 1939 wurde er nach Hause entlassen und
kam in die Behandlung von Dr. Hebeling in Wyk
auf Föhr. Aufgrund der Erkrankung wurde August
Jakobs nicht Soldat. Bei der Untersuchung fragte
ihn Militärarzt Prof. Dr. Steppes, nachdem er ihn
freigestellt hatte, was er denn vorhabe. Er sagte,
dass er an der Seefahrtakademie in Hamburg studieren wolle. Die Antwort lautete: „Am 4. Januar
1940 beginnt das Semester, und Sie erscheinen
dort!“
Bereits im März 1941 bestand August Jakobs das
Examen als Steuermann auf großer Fahrt. Danach
hatte er acht Tage Zeit, seine Sachen von zu Hause
zu holen. Er heuerte sodann als zweiter Offizier bei
der Oldenburgisch-Portugiesischen-DampfschiffsReederei (OPDR) auf der „MS Mallila“ an. Das
Schiff fuhr zunächst von Hamburg nach Italien als
Truppentransporter, später im Geleitschutz. Der
Kapitän vertraute dem jungen zweiten Offizier bei
vielen Gelegenheiten das Kommando an.
Die riskanteste Fahrt ging um die Südspitze Norwegens mit einer Decksladung von100 Stoß Seeminen, aber die englischen Flieger hatten an die-
1965 50 iir 2015
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Nordfriesland 189 –
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Fotos, falls nicht anders angegeben: Sammlung August Jakobs
sem Tage frei. Bei einer anderen Fahrt hatte Jakobs
das Kommando, weil Kapitän und 1. Offizier zu
einer Kriegsgerichtsverhandlung in Hamburg waren, und bekam die Order, 4 000 Tonnen Benzin
in Fässern zu je 200 Litern nach Libau zu bringen.
Ohne Kapitän war das mit Kohlefeuerung betriebene Schiff nicht versichert. Als Ersatz kam ein
75-jähriger Herr, der nachtblind war. „Ich habe
ihn in die Koje geschickt“, erzählt Jakobs, „das
Schiff ohne Feindberührung nach Libau und die
Ladung an Land gebracht.“ Auf der nächsten Fahrt
war das Schiff personell wieder vollständig besetzt,
dafür hatte man 4 000 Tonnen Fliegerbomben an
Bord, allerdings ohne Zünder.
Der Lebensmittelhandel in Lettland war völlig
frei, man konnte genügend einkaufen, auch für
die Verwandtschaft daheim. Zum Abholen der
dort erstandenen Waren hatte der 3. Offizier Rudolph Kaiser seine Schwester Gertraude nach Stettin kommen lassen. August Jakobs und Gertraude
Kaiser lernten sich dort kennen, wurden ein Paar
und verlobten sich später in Danzig.
Nach einem Jahr Seefahrt erkrankte August Jakobs
an einer Gelbsucht und wurde zur Behandlung
nach Hause auf die Hallig geschickt. Im August
1942 war er genesen, kam als 2. Offizier auf die
„MS Rabat“ (Käpitän Dirk Oltmann, ein Oldenburger) und fuhr bis zum 5. Oktober 1943, als
in Nordnorwegen 20 amerikanische Moskitos den
Schiffsverband bombardierten. Mit vier Treffern
auf jeder Seite wurde das Schiff versenkt, 56 Mann
wurden gerettet, der 57. wollte seine goldene Uhr
holen und ertrank. Es waren noch weitere deutsche Schiffe gesunken. Im Laufe des Tages kamen
bis zu 2 000 Schiffbrüchige in Bodö in Norwegen
an Land. Die Lebensmittelversorgung klappte,
aber mit der Unterbringung und medizinischen
Versorgung war der kleine Küstenort völlig überfordert.
Mit dem Postdampfer und einem Reisebefehl fuhr
Jakobs sodann über Trondheim nach Oslo und mit
dem Truppentransporter „Donau“ zurück nach
Stettin. Von dort ging es mit der Bahn nach Flöha
in Sachsen, wo Familie Kaiser wohnte und wo am
23. November 1943 Hochzeit gefeiert wurde.
Vermittelt durch einen Freund, Direktor Rolf
Pahntke von der Reederei Sartorius und Berger
in Kiel, kam Jakobs als 1. Offizier auf ein Schiff
namens „Carl“, das Anfang 1945 als Versorger
zwischen Hamburg und Königsberg fuhr und
August Jakobs, ein Junge von der Hallig
schließlich im Hamburger Hafen verloren ging.
Von Hamburg fuhr er dann mit der „Ludwig“,
dem kleinsten Schiff der Reederei, zur Außerdienststellung nach Dänemark. Damit war für
August Jakobs der Krieg zu Ende.
Am 10. Mai 1945 hatte Jakobs ein halbstündiges
Gespräch mit dem Stadtkommandanten von
Svendborg und dem Reeder Claussen über den
aktuellen Zustand der deutschen Schiffe und über
Vorschläge für deren Instandsetzung und Weiterverwendung. Daraufhin erhielt er die Genehmigung zur Ausreise und eine Fahrkarte mit der
Fähre Faaborg-Mummark nach Flensburg. Auf
dieser Reise traf er viele Deutsche aus dem Osten, darunter 180 Soldaten, die auf dem Rückweg
nach Deutschland waren. „Die versprochenen
englischen Lastwagen waren nicht gekommen,
also mussten wir vor der Grenze beim Bauern
übernachten, am nächsten Morgen verteilte dieser Milch und wollte uns mit dem Fuhrwerk über
die Grenze bringen.“ Es galt die Vorschrift, dass
kein dänisches Geld nach Deutschland gebracht
werden durfte, also organisierte August Jakobs,
dass alles dänische Geld eingesammelt und dem
Bauern gegeben wurde, etwa 35 000 Kronen. Eine
1965 50 iir 2015
15
Rückmeldung gab es später nicht, aber immerhin
brachte er die Truppe und deren Gepäck in zwei
zusätzlichen Fahrten nach Flensburg. Von dort
fuhr Jakobs mit dem Lastwagen nach Husum und
meldete sich bei Kaufmann Petersen in der Wasserreihe. Ein Pellwormer Schiff lag im Hafen und
durfte nicht auslaufen, weil ein Besatzungsmitglied fehlte. Jakobs meldete sich als Ersatz und gab
seinem Vater auf Langeneß telefonisch Bescheid,
dass er gegen halb vier auf Pellworm sein werde.
Jakobs senior holte ihn dort mit dem Segelboot
ab. So war er am 13. Mai 1945 um fünf Uhr nachmittags zu Hause auf Langeneß. Er fand dort auch
seine Familie vor, die über Pinneberg hierher geflüchtet war.
Im Mai 1945 erzählte Hubert Koch, der noch vor
Kriegsende als Lehrer mit Frau und Kindern auf
die Hallig gekommen war, einem Studienfreund,
Sergeant in der kanadischen Armee, von den
Halligen. Dieser berichtete seinem Vorgesetzten
davon, dem alliierten Kommandanten der Westküste. Der wollte daraufhin sofort die Halligen
besuchen. August Jakobs’ Eltern luden ihn zu
Pfingsten ein. Er erkundigte sich nach der Herkunft ihres mitten in der Notzeit sehr guten Kaffees. „Unser Sohn August hat von jeder Reise nach
New York zehn Pfund grünen Kaffee mitgebracht,
und wir haben ihn selbst geröstet.“
Den Neuanfang auf der Hallig Langeneß bildeten
für Familie Jakobs drei Segelboote für den Makrelenfang und für den Transport von Halligleuten
nach Föhr zum Einkauf oder zu Behördengängen.
Fahrgastschiffe durften seinerzeit von Dagebüll
keine Passagiere befördern, die keine Entlassungspapiere der Wehrmacht vorweisen konnten. Mehr
als 100 solche Hallig- und Inselbewohner brachte
August Jakobs mit dem Segelboot nach Hause.
In einer der ersten Wochen kam eine Order aus
Husum, ein Fuhrwerk bereitzustellen, um unter
englischer Aufsicht alle Waffen, Ferngläser und
Fotoapparate einzusammeln. Diese Aufgabe übernahm August Jakobs und tauschte mit den Engländern trotz „Fraternisierungsverbots“ Witze aus.
Der nächste Auftrag war schlimmer und peinlicher:
Der ehemalige Bürgermeister und Ortsgruppenleiter war mit dem Schiff abzuholen. Unter englischer
Bewachung mit dem Gewehr im Anschlag musste
dieser auf dem Boden sitzen.
August Jakobs genoss das Vertrauen des alliierten
Kommandanten der Westküste und erhielt einen
Freibrief, um nach dem Schiff seines Vaters zu
suchen, das 1941 zur Operation „Seelöwe“ eingezogen worden war. Aber erst Jahre später kam der
Bescheid, dass dieses Schiff wohl in der Hafeneinfahrt von Dünkirchen versenkt worden war, um
den Zugang zu versperren.
Ehepaar Jakobs im Oktober 1960. Gertraude Jakobs, geb. Kaiser (Jahrgang 1920) starb
2009. Fünf Töchter kamen zur Welt: Gerlinde 1943 in Chemnitz, Anke am 14. Februar
1945, dem Tag des großen Bombenangriffs in
Flöha bei Dresden, Helga und Frauke 1946
und 1949 auf Amrum sowie Inke 1954 in dem
nach der westlichsten Langenesser Warft benannten Hause Hilligenlei in Steenodde, das
sich die Familie Anfang der 1950er-Jahre
baute; dieses Haus bewohnt August Jakobs
bis heute.
16
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Die Jakobs-„Flotte“ 1945, Farbzeichnung des Malers Willy Graba (1894—1973), der über Jahrzehnte viele Sommer und ab 1965 seinen Lebensabend auf Langeneß verbrachte
Im September 1945 wurde August Jakobs durch
Vermittlung des Regierungsdirektors Arfsten
(Marschenbauamt für die gesamte Westküste) Kapitän der „Uwe Jens Lornsen“. Es handelte sich
um das auf Amrum stationierte Bereitschaftsschiff
des Wasser- und Schiffahrtsamtes Tönning. Mit
dem Kommando war eine Dienstwohnung beim
Amrumer Leuchtturm verbunden. Nach drei Jahren konnte Jakobs sodann aus den Beständen der
ehemaligen Wehrmacht ein größeres Schiff kaufen. Er ließ es in der Werft Hans Kröger in Husum
umbauen und nahm den Fahrgastverkehr zwischen Bongsiel, den Halligen und Amrum auf.
Die drei Gemeinden Amrums waren damals sehr
arm, und man konnte Einigkeit darüber erzielen,
August Jakobs aus privater, auch finanzieller Initiative für Amrum auftreten zu lassen. Jakobs fuhr
mit einem nagelneuen VW-Bus der Firma Sterner,
Bredstedt, alle größeren Städte nördlich der Mainlinie an und übergab unter Beteiligung und Planung der örtlichen Presse Prospekte der Halligen
und Inseln sowie die Fahrpläne der jeweiligen
Schiffsverbindungen. Dies war ein großer Erfolg
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für den anlaufenden Tourismus an der nordfriesischen Küste. Ein korrespondierendes Reise- und
Verkehrsbüro in Hamburg fuhr täglich mit dem
Bus Ausflugsgäste nach Bongsiel. Für Berlin war
die Firma Bähr tätig, die zweimal wöchentlich
Gäste brachte. Eine Übernachtung kostete damals
drei Mark. An die Stelle von Bongsiel trat nach
der Eindeichung des Hauke-Haien-Kooges 1959
der Anlegeplatz bei Schlüttsiel als neuer Hafen für
die Halligwelt.
1960 sodann gründete August Jakobs die Amrumer
Schiffahrts-Aktien-Gesellschaft (ASAG). Man versprach sich von der Gründung ein Gegengewicht
zur Wyker Dampfschiffs-Reederei (W.D.R.), mit
der es in den folgenden Jahren einen spürbaren
Konkurrenzkampf gab. Innerhalb von 14 Tagen
kam das erforderliche Privatkapital zusammen,
die Kreise Südtondern und Husum traten als
Gesellschafter mit ein. Jakobs bekam den Auftrag des Vorstandes, sich nach einem geeigneten
Schiff umzusehen. Schließlich bestellte er bei der
Werft in Büsum die damalige „Amrum“ für 250
Passagiere. Bei einem Besuch in Büsum, landete
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er in einer Gastwirtschaft. Dort wurde er, wie er
in seiner humorvollen Art erzählt, als „armer Amrumer Sandhopser“ begrüßt. Der Nordfriese erwiderte: „Die Büsumer taufen ihre Kinder in einem
aus Nordfriesland geraubten Taufbecken, das ist
auch nicht gerade ein Zeichen von Finanzkraft.“
(Das Becken stammt angeblich von Pellworm, wo
Dithmarscher es, so heißt es, im 15. Jahrhundert
„mitgehen ließen“.) Es folgten dem Wortwechsel,
so berichtet August Jakobs, vergnügte Stunden.
Das bestellte Schiff konnte erst zum Oktober 1960
ausgeliefert werden, also nach dem Ende der Saison. Das war ein großer Nachteil für den Start der
Reederei, der aber hingenommen werden musste.
Die Probefahrt der „Amrum“ ging von Büsum
nach Amrum durch die gesamte Halligwelt, wo
dem Schiff überall ein großartiger Empfang bereitet wurde. Eine wichtige Funktion der ASAG
bildeten die Versorgungsfahrten für die Halligen,
so zum Beispiel der Transport von Lebensmitteln,
Medikamenten und vor allem Trinkwasser nach
der Sturmflut vom Februar 1962.
Die „Amrum“ war nach sieben erfolgreichen Jahren zu klein. Vorstand und Aufsichtsrat der ASAG
waren sich einig, sodass ein größeres Schiff für
knapp 500 Passagiere und 20 PKW zu einem Preis
von 1,2 Millionen Mark bei der Husumer Werft
in Auftrag gegeben werden konnte. Dies war ein
Freundschaftspreis von Werftbesitzer Hans Kröger
gegenüber August Jakobs. Kröger sagte: „Es freut
mich, dir als meinem Freund aus der Verlegenheit
helfen zu können, auf die Gefahr hin, dass jemand
das gleiche Schiff zum selben Preis bestellt.“
Im Jahre 1971 schlossen sich die ASAG und die
W.D.R. dann aber zusammen. Als Ortsangabe führt die Reederei seither neben Föhr auch
Amrum im Namern. Die Schwarz-Weiß-Rote
W.D.R.-Flagge wurde ergänzt um eine links oben
im Schwarzen angebrachte „Gösch“ in den Friesenfarben Gold, Rot, Blau. August Jakobs wirkte
bis 2001 im Aufsichtsrat der WDR mit.
Nach 1983 hat August Jakobs kein Schiff mehr
aktiv geführt. Dafür verstärkte er die Werbetätigkeit für die Reederei und insbesondere weiterhin
für Amrum und die Halligen mit bestem Erfolg.
Jedes Jahr nahm er an Touristikmessen teil. Schon
um 1970 kamen aus westdeutschen Städten Buchungen zum Festpreis für Busreisen mit zwei bis
drei Übernachtungen, und die Gästezahlen wuchsen weiter. 1979 betreute Jakobs einen Stand von
32 Quadratmetern auf der Internationalen Tourismus Börse. Er warb zunächst nur für bestimmte
Häuser auf Amrum. Die Insel als Ganze war noch
nicht wirklich dabei. Die Presse griff in der Folge
Die „Amrum“
von 1960
18
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die Kurverwaltung Amrum heftig an. Schließlich
wurde jedes Jahr auf den Messen geworben. In der
Zeit vor dem Internet war das besonders wichtig.
Auch politisch setzte sich August Jakobs ein. Von
1976 bis 1991 gehörte er für die CDU der Nebeler Gemeindevertretung an, von 1986 bis 1991
war er Bürgermeister. Die Gemeinde würdigte
seine Verdienste mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde im Jahre 2000.
Nautischer Verein
August Jakobs ist Seemann mit Leib und Seele.
Ein wesentlicher Teil seines ehrenamtlichen Einsatzes gilt dem Nautischen Verein Nordfriesland
(NVNF). Dieser ist Teil des Deutschen Nautischen Vereins von 1868 e. V., der satzungsgemäß „alle im allgemeinen Interesse liegenden
Angelegenheiten der Schifffahrt, des Schiffbaus,
der Hafenwirtschaft und der maritimen Umwelt“
fördert, wie es auf seiner Internetseite www.dnvev.
de heißt. Zu diesem Zwecke werden Gutachten
und Stellungnahmen erarbeitet, Empfehlungen
veröffentlicht sowie Tagungen veranstaltet. Der
nordfriesische Regionalverein war 1869 als Nautischer Verein Westküste in Husum gegründet
worden. Sein Einzugsgebiet reichte von Altona
bis Röm und hatte als wichtigste Häfen Altona,
Husum und Wyk auf Föhr. Der Verein leistete seinerzeit viel für die Betonnung und Befeuerung der
Westküste. Durch die Neufestlegung der deutschdänischen Grenze 1920 ging Röm an Dänemark
verloren. Durch das „Groß-Hamburg-Gesetz“ des
NS-Regimes, das 1937 in Kraft trat, kam Altona
zu Hamburg. Der Nautische Verein wurde im
NS-Sinne „gleichgeschaltet“. Die eigentliche Arbeit kam zum Erliegen.
Erst im Jahre 1971 wurde der NVNF neu gegründet. Erster Vorsitzender war Konrad Zorn, der als
WDR-Geschäftsführer bei der Fusion der Inselreedereien August Jakobs’ wichtigster Verhandlungspartner war. Jakobs hatte sodann von 1974 bis
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2000 den Vorsitz inne und brachte den Verein auf
179 Mitglieder. Heute sind es rund 100, August
Jakobs ist Ehrenvorsitzender. Zum 25-jährigen Jubiläum des NVNF konnte er 1996 im „Thomas
Hotel“ in Husum 100 Gäste begrüßen.
Der Verein beobachtet sehr genau die politische
Entwicklung und nimmt immer wieder Stellung,
beispielsweise im Zusammenhang mit der Einrichtung des Nationalparks 1985 im Sinne der
Nutzung des Wattenmeeres für die Schifffahrt.
Um einen sachgerechten Ausbau des Amrumer
Fahrwassers zu sichern, wandte sich August Jakobs
im Jahre 2001 sogar an Königin Margarethe von
Dänemark als Nachfahrin der ehemaligen Landesherrschaft. Ihre Majestät ließ diplomatisch korrekt
reagieren und mischte sich nicht ein, aber der Impuls für die Diskussion war gegeben.
Gewissermaßen als Hobby stellte August Jakobs
eine Präsentation mit 90 Schiffsexponaten und
einem Raumbedarf von 100 Quadratmetern zusammen. Diese Ausstellung wurde in zwei Jahrzehnten 140 Mal gezeigt. Das hörte erst auf, als
die Banken und Sparkassen ihre Ausstellungsflächen zugunsten des Kundenservice verkleinerten.
Im Jahre 1989 richtete der NVNF unter Führung
von August Jakobs in Husum den 26. Deutschen
Seeschifffahrtstag aus. Am Ende wurde die Frage
gestellt, „ob man diesen Seeschifffahrtstag nicht
immer in Husum abhalten könne“! Das Husumer
Unternehmer-Ehepaar Karin und Peter Cohrs, Inhaber des Textilkaufhauses C. J. Schmidt, nahm
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Foto: Thomas Graue
den Tag zum Anlass, um das Schiffahrtsmuseum
Nordfriesland zu gründen. August Jakobs steht
dem Museum freundschaftlich zur Seite und hat
wesentliche Impulse und Anregungen gegeben.
August Jakobs wurde immer wieder interviewt
und stand auch vor Film- und TV-Kameras. Um
1934 wurde auf Langeneß der Dokumentar-Film
„Hallig-Bauern im Sturm“ gedreht, so erinnert er
sich, in dem Streifen ist der 14-Jährige zu sehen. Im
Jahre 2009 erschien von Stefan Krücken, Sandro
Pezzella und Achim Mulhaupt das Buch „Wellenbrecher. Kapitäne erzählen ihre besten Geschichten“.
Darin berichtet Jakobs von der Sturmflut 1962
und ihren Folgen. Bereits 1968 veröffentlichte
er den Band „Der Betonseehund und andere harte
Sachen“, in dem er seinen verschmitzten Humor
unter Beweis stellt, den jeder erlebt, der August Jakobs persönlich kennenlernt. „Ich komme mir vor
wie im Museum“, sagte der Kapitän, als einmal
auf einer Sonntagsfahrt besonders viele besonders
hübsche junge Damen an Bord waren, charmant:
„Lauter Sehenswürdigkeiten, und nichts darf man
anfassen.“
August Jakobs 2006
Anleger vor dem Haus Hilligenlei in Steenodde, auf Amrum als „Jakobs-Steg“ bekannt, mit der „Ambronia“
20
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Zehn Jahre Friesisch-Gesetz
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die meisten Bahnhöfe in Nordfriesland sind jetzt
mit zweisprachigen Schildern versehen. Friesisch
ist somit sichtbarer geworden und hat dadurch
einen Statusgewinn in der Öffentlichkeit und bei
den Menschen vor Ort erlangt.
Es gibt viele weitere kleine und große Regelungen
im Gesetz, die mehr oder weniger starke Auswirkungen hatten. Ganz allgemein kann man aber
sagen, dass das Friesisch-Gesetz dazu beigetragen
hat, das Bewusstsein der Friesen für ihre Sprache
und Kultur zu wecken und zu stärken und die
Mehrheitsbevölkerung erst überhaupt auf das
Friesische stoßen zu lassen. Und dabei spreche ich
nicht nur über die Schleswig-Holsteiner, sondern
insbesondere auch über die vielen Tausend Gäste,
die zu uns kommen und beispielsweise die zweisprachige Beschilderung in Nordfriesland und auf
Helgoland als eine Besonderheit erkennen, ein
Eindruck, den sie als Urlaubserlebnis mit nach
Hause nehmen.
Das Friesisch-Gesetz hat aber für die Friesen noch
eine Errungenschaft mehr mit sich gebracht, die
vielfach übersehen wird, übrigens eine Errungenschaft, die von Prof. Dr. Thomas Steensen
vom Nordfriisk Instituut in die Beratungen zum
Gesetzentwurf eingebracht wurde, nämlich das
Bekenntnisprinzip. In der Kieler Erklärung von
1949 wurde die Bekenntnisfreiheit für die dä-
Foto: SSW
Der Schleswig-Holsteinische Landtag verabschiedete am 11. November 2004 das „Gesetz
zur Förderung des Friesischen im öffentlichen
Raum“ (Gesäts fort stipen foont friisk önj e
öfentlikhäid), kurz: Friesisch-Gesetz. Unter der
Überschrift „10 Jahre Friesisch-Gesetz“ hatte
Lars Harms, Vorsitzender des SSW im Kieler
Landtag, für den 11. Dezember 2014 in das
Landtagsgebäude eingeladen. Der Hamburger
Jurist Prof. Dr. Stefan Oeter hielt dort einen
Vortrag zur Bedeutung des Friesisch-Gesetzes
und zu den Entwicklungsperspektiven für die
friesische Volksgruppe. Sein Text wird in Nordfriesland 190 abgedruckt. Lars Harms blickte
zurück auf die Entstehung und auf die Wirkungen des Gesetzes. Er sagte unter anderem:
Warum ein Friesisch-Gesetz und warum ein Gesetz
für eine so kleine Minderheit? Und das ist eigentlich auch schon die Antwort: ein Friesisch-Gesetz,
weil die Friesen eine so kleine Minderheit sind.
Am Anfang stand der Gedanke, der Minderheit
der Friesen Rechte zu geben, damit sie ihre Sprache
auch in anderen Zusammenhängen nutzen kann
als nur zu Hause am heimischen Küchentisch.
Eine Minderheit mit eigenem Staat in der Hinterhand, wie zum Beispiel die dänische Minderheit
hier bei uns oder die deutsche Minderheit in Dänemark, wird im Zweifel im Bezugsstaat und auch
in den eigenen Einrichtungen – zum Beispiel den
Schulen, Kindergärten und Versammlungshäusern – immer auch die eigene Sprache und Kultur
außerhalb der eigenen vier Wände pflegen können. Die Voraussetzungen für kleine Völker sind
völlig anders. Friesen, Cornwaliser, Rätoromanen
oder auch die Samen in den nordischen Ländern
sind darauf angewiesen, dass im öffentlichen Leben auch ihre Sprache genutzt werden kann, weil
sie eben keine großen eigenen Einrichtungen oder
gar eine flächendeckende Infrastruktur haben. Das
sollte nun auch in Schleswig-Holstein ermöglicht
werden. Es sollte ein erster Schritt getan werden.
Und das hat geklappt.
Weiter sollte ein Anstoß für mehr Sichtbarkeit
des Friesischen im öffentlichen Raum gegeben
werden. Auch hier ist manches geschehen. Neben
den zweisprachigen Ortsschildern, die es seit 1997
immer öfter gibt, hat das Land alle seine Behörden
und Gerichte zweisprachig beschildert. Und auch
Lars Harms
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21
Foto: Fiete Pingel
Zweisprachiges Schild der Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung in Husum
nische Minderheit festgeschrieben und festgelegt,
dass dieses sinngemäß auch für die Friesen gelten
solle. Wie auch immer man diese Bestimmung
zugunsten der Friesen damals deutete, in jedem
Falle wurde zum ersten Mal staatlicherseits anerkannt, dass es sich bei den Friesen um etwas Eigenes handelte und dass sich die Friesen zu ihrem
Eigensein bekennen konnten. 1955 – bei Annahme der Bonn-Kopenhagener Erklärungen – wurde die Kieler Erklärung ersetzt; sie fiel also weg.
Und damit entfielen auch die besondere Berücksichtigung der Friesen und die Freiheit des Bekenntnisses als Friesen. Deutsche in Dänemark
konnten Deutsche sein und sich dazu bekennen,
ohne dass dies überprüft oder gar in Zweifel gezogen werden durfte. Und gleiches gilt seitdem auch
für die dänische Minderheit in Deutschland. Nur
den Friesen war dieser Weg – zumindest formalrechtlich – verwehrt, was auch immer wieder dazu
führte, dass man Zweifel an ihrem Status äußerte.
22
Die Diskussionen um die Landesverfassung 1990
hatten dies ebenfalls eindrucksvoll gezeigt. Deswegen war es eine wichtige Errungenschaft, dass
in der Präambel des Friesisch-Gesetzes genau auf
diese Bekenntnisfreiheit abgehoben wird. Nun
steht dort der Halbsatz „im Bewusstsein, dass das
Bekenntnis zur friesischen Volksgruppe frei ist“,
was nichts anderes bedeutet, dass Friese ist, wer
Friese sein will und dass das Bekenntnis weder geprüft noch angezweifelt werden darf. Damit haben
die Friesen an dieser Stelle die gleichen Rechte wie
die anderen beiden Minderheiten im Grenzland.
Und das ist auch vor dem Hintergrund von Minderheitenkonflikten in vielen anderen Ländern
schon ein leuchtendes Vorbild.
Bei der Verabschiedung des Friesisch-Gesetzes
2004 gab es eine große Einigkeit. Ich hoffe, dass
diese Einigkeit auch in Zukunft bestehen wird,
wenn es um die Minderheitenpolitik und speziell
um die friesische Minderheit geht.
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Heinrich Kröger:
Plattdüütsch in de Kark — wie es begann
Zum 75. Todestag von Pastor Heinrich Hansen
Am 17. April 1940, vor 75 Jahren, starb in Breklum Pastor Heinrich Hansen. Er gab
wichtige Impulse für die Verkündigung des Evangeliums in der Volkssprache Niederdeutsch. Pastor Dr. Heinrich Kröger, Soltau, Gründer der Plattform „Plattdüütsch in
de Kark“, erinnert an den Theologen, der 1917 auf Pellworm erstmals einen vollständig plattdeutschen Nebengottesdienst hielt.
Plattdüütsch in de Kark wurde im 20. Jahrhundert zu einer überraschenden Erfolgsgeschichte
und Teil einer Reformbewegung. Das hat seinen
Ursprung an der alten Salvator- (Erlöser-)Kirche
auf der Nordseeinsel Pellworm. Dies geriet freilich
jahrzehntelang in Vergessenheit und wurde erst
1975 wiederentdeckt.1 Die gründliche Aufarbeitung des Anfangs von Plattdüütsch in de Kark um
1900 wirkte nachhaltig bis ins 21. Jahrhundert.
Das unterstreicht die Bedeutung des Urhebers als
Spiritus rector eines Unternehmens, das unscheinbar begann und inzwischen vielfältig weiterentwickelt worden ist.
Als der nordfriesische Pastor Heinrich Hansen
(13. Oktober 1861–17. April 1940) im Sommer
1896 in die kleine Ev.-Luth. Kirchengemeinde an
der Westküste Pellworms kam, predigte er über
die Verse 1 und 2 aus dem zweiten Kapitel des ersten Briefes des Apostels Paulus an die Korinther:
„Und so bin ich denn auch zu euch gekommen
nicht mit hohen Worten menschlicher Weisheit,
euch zu verkündigen die göttliche Predigt, sondern ich hielt mich nicht dafür, daß ich etwas
wüßte unter euch, ohne allein Jesus Christus, den
Gekreuzigten.“2
Hier fand der „Lutheraner orthodoxer Prägung“,
wie er sich nach seinem Theologiestudium in Kiel
und Erlangen bezeichnete, neue und günstige Voraussetzungen für seinen Dienst. Statt der 1 200
Gemeindemitglieder in seinem Geburtskirchspiel
Lindholm, wo vorwiegend Friesisch gesprochen
wurde, zählte die Alte Kirche auf Pellworm mit
ihrem 1611 eingestürzten Turm nur die Hälfte
an Mitgliedern, und die sprachen allesamt PlattNordfriesland 189 –
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deutsch! Nun konnte Hansen die Einsichten und
Erkenntnisse, die er 1887/88 in Gesprächen mit
dem Lehrer und plattdeutschen Schriftsteller Joachim Mähl (1897–1909) in Reinfeld/Holstein
gewonnen hatte, aktivieren, vertiefen und anwenden. Anders als in seiner ersten Pfarrstelle Lindholm, wo die Leute nach dem Grundsatz lebten,
wie sich Hansen erinnerte, dass alles beim Alten
bleiben solle, waren die Pellwormer gegenüber
ihrem Seelsorger aufgeschlossen und machten bei
der Umsetzung seiner Ideen mit.
Das erste Neue, was der 35-jährige Hansen tat,
war eine Änderung der wöchentlichen Bibelstunde. Angesichts der Tatsache, dass die Gemeinde
untereinander Plattdeutsch sprach, hielt er die Bibelauslegung in der Schütting-Schule3 umschichtig auf Platt. Damit folgte Hansen dem Beispiel
seines Freundes Johannes Paulsen (1847–1916) in
Kropp und des Hermannsburger Erweckungspredigers Louis Harms (1808–1865). Beide interpretierten in häuslichen Versammlungen ihren Gemeinden und Gästen die Bibel in plattdeutscher
Mundart und fanden auf diese Weise großen Anklang mit „Vertellen un Utleggen“ 4.
Dem sprachgewandten und gelehrten Pastor,
der dreisprachig aufgewachsen war und auch in
Fremdsprachen dichten konnte, ging bei seinem
ersten Schritt in unbekanntes Neuland zweierlei auf: Es genüge nicht, der Gemeinde die Bibel
plattdeutsch auszulegen, er müsse den Leuten
auch ermöglichen, plattdeutsche Choräle zu singen. Vor allem müsse er sich die Geschichte der
plattdeutschen Sprache aneignen und ihren Gebrauch in der Kirche genauer untersuchen. Für
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23
beide Anliegen ließ er sich Zeit und handelte nach
dem lateinischen Grundsatz, erst nach neunjähriger Beschäftigung etwas zu veröffentlichen.
Da bot 1905 die Visitation durch Theodor Kaftan (1847–1932), Generalsuperintendent für
Schleswig, ihm Gelegenheit, die erarbeiteten
Ergebnisse vorzulegen und weitere Schritte zu
erörtern. Erstaunlicherweise machte der kirchliche Vorgesetzte Hansen Mut, die übertragenen
Gesänge drucken zu lassen und auch für seinen
Aufsatz über „Die niederdeutsche Sprache, insbesondere in Schleswig-Holstein“ einen Verleger
zu suchen. Der erste Rat ließ sich umgehend realisieren, allerdings auf eigene Kosten. So wurde
1905 in J. Paulsens Druckerei in Kropp ein Heft
„20 sassische Leeder ut‘t Hochdütsche öwerdragen“
hergestellt und vom Autor über die Landesgrenzen hinaus angeboten. Der Absatz scheint gering
und zögerlich verlaufen zu sein, doch Hansen
machte unverdrossen weiter und rief die Kirchen
zur sprachlichen Umkehr auf.
Seine wissenschaftliche Arbeit über die plattdeutsche Sprache konnte er in Schleswig-Holstein
nicht unterbringen; erst in Bremen wurde sie von
dem Redakteur Hans Pfeiffer angenommen und
erschien 1906 in der überregionalen Zeitschrift
Niedersachsen, deren plattdeutschen Teil der
Schriftsteller Friedrich Freudenthal (1849–1929)
in Fintel betreute. Es gelang jedoch nicht, den Verleger Carl Schünemann zur Herausgabe des Aufsatzes als Sonderdruck zu bewegen. Hansen hatte
sich davon eine breitere Wirkung erhofft. Da das
nicht in Erfüllung ging, musste er sich weiter auf
das Schleswig-Holstein-Lauenburgische Kirchenund Schulblatt konzentrieren. Hier waren seine
Artikel – anders als in den Kropper Blättern – namentlich gekennzeichnet. Das machte den Pellwormer Pastor im Lande bekannt. Als auf der
Theologischen Lehrkonferenz in Mölln/Lauenburg 1910 die Frage der plattdeutschen Verkündigung auftauchte, wurde er zu einem Referat über
„dialektische“ Wortverkündigung eingeladen.
Heinrich Hansen meisterte diese Aufgabe dank
seiner profunden Kenntnisse souverän. Er nutzte
seinen Auftritt und bot der zahlreichen Versammlung lutherisch-konservativer Geistlicher aus Norddeutschland fundierte und konstruktive Überlegungen. Sein überzeugender Vortrag mündete in
den Vorschlag, einen Verein für „sassische“ Wortverkündigung, wie er gern formulierte, zu gründen.
24
Das geschah nach
lebhafter Aussprache
am selben Tag. Adalbert Paulsen (1851–
1932) aus Brügge
wurde Vorsitzender.
Er war ein Bruder
des Kropper Pastors
und verstärkte in seiner neuen Funktion
die plattdeutschen
Aktivitäten, ohne allerdings dem Verein
neue Impulse geben Heinrich Hansen 1935
zu können. Der Leiter der Konferenz Dr. Hugo
Bestmann (1854–1925) wurde Schriftführer und
Christian Mahrenholtz (1860–1943) aus der Landeskirche Hannovers Schatzmeister; ein älterer
Präpositus aus Mecklenburg und ein Hamburger
Pastor ergänzten die regionale Zusammensetzung.
Wie sich bald zeigte, fehlte dem Vorstand Heinrich Hansen als treibende Kraft, auch wenn dieser
sich publizistisch für die Sache weiter einsetzte;
der Verein kam nicht in Gang.
Mitten im Ersten Weltkrieg, als Plattdeutsch unter
den Soldaten die Zusammengehörigkeit stärkte
und als Sprache wieder geschätzt wurde, erlebte
Hansen eine Krönung seiner zwanzigjährigen Bemühungen: Im Verlag H. H. Nölke, Bordesholm,
erschien 1916 sein „Psalmbook. Dat heet: 60 christlige Leeder vör sassische Lüd“. Es war das erste plattdeutsche Gesangbuch in Norddeutschland nach
über 250 Jahren.5 „Um Martinidag“ hatte der
Verfasser seine „Vörred“ geschrieben, am Aschermittwoch 1917 führte er das „Psalmbook“ in der
Gemeinde ein und hielt in der Pellwormer Alten
Kirche plattdeutsche Passionsandachten, die besser besucht waren als gewöhnlich. Die Nachricht
davon verbreitete sich deutschlandweit und wurde
zum Teil sehr übertrieben, sodass sich der Urheber
genötigt sah, sie zurechtzurücken.
Mit dem Wechsel nach Kropp als Nachfolger von
Johannes Paulsen unternahm Hansen im Herbst
1917 dort den nächsten Schritt und feierte mit der
Gemeinde in der Kirche Abendgottesdienste mit
plattdeutscher Liturgie. Für seinen Bekanntheitsgrad spricht, dass ihn der Verleger Fritz Priest d.J.
in Blomberg/Lippe bat, auf Wünsche von Soldaten eine plattdeutsche Predigt zu schreiben: „Sassische Predigd öwer Ev. Joh. 8,12 Ick bin de Welt
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ehr Lichd, woll mi nafolgen deit, de geit nichd in
Düsternis, sundern hett dat Lichd vunt Lewend.“
Die Auflage des vierseitigen Blattes betrug 4 000,
es kostete zehn Pfennig pro Stück; ein Nachdruck
erschien im Nordfriesischen Jahrbuch von 1985
und ebenso 2011 in einem Hansen gewidmeten
Band der von Thomas Steensen im Bredstedter
Nordfriisk Instituut herausgegebenen Reihe Nordfriesische Lebensläufe.6
Micheel 1918 – eine Woche vor seiner Reise nach
Berlin zur Gründung der Hochkirchlichen Vereinigung – verfasste Hansen das Vorwort zur zweiten Auflage des „Psalmbook“, das 1919 im Richard
Hermes Verlag Hamburg mit 80 Liedern erschien.
Es veranlasste manche Kollegen zu eigenen Versuchen, die freiere Übertragungen und mehr Neudichtungen enthielten. Ihnen gehörte auf weite
Sicht die Zukunft.
1920 reiste Heinrich Hansen während der Abstimmung über die Neufestlegung der deutsch-dänischen Grenze in der Folge des Versailler Friedensvertrages erstmals wieder in seine erste Gemeinde
Lindholm und predigte dort. Im folgenden Jahr
wiederholte er den Besuch „mit sassischer Predigt“, wie er in der Kropper Kirchenchronik betont, ebenso auf Pellworm. Damit endete sein
25-jähriger Einsatz für Plattdüütsch in de Kark.
Künftig trat er nur vereinzelt hervor, so 1927 zum
100. Geburtstag von Jochen Mähl und 1938 im
Hannoverschen Sonntagsblatt. Plattdeutsche Liedübertragungen wirkten weiter und wurden in fast
alle folgenden Gesangbücher übernommen, bis
weit nach dem Zweiten Weltkrieg.
Nachdem sein Dienst am Plattdeutschen durch
Beiträge, besonders in der Zeitschrift Nordfriesland und im Nordfriesischen Jahrbuch, wiederentdeckt und erforscht worden war, folgten 1998 und
2014 Nachdrucke seines grundlegenden Vortrags
von Mölln 19107. So bleibt die Erinnerung an den
Anfang von Plattdüütsch in de Kark mit Heinrich
Hansen und seiner Gemeinde auf Pellworm verbunden und wird auch noch 75 Jahre nach seinem
Tod lebendig gehalten.
Auf der Nordseeinsel hat der jüngste Sohn8 Karl
Hansen (1899–2002) von 1935 bis 1965 drei
Jahrzehnte als Pastor an der Neuen Kirche im
Geiste seines Vaters gewirkt.9 Sönke Hansen,
1939 dort geboren, war bis zu seinem Ruhestand
Pastor in Kropp und lebt jetzt in Garding. Er hält
wie Pastor Melf Binge, der von der Hallig Hooge
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stammt, auf Pellworm gelegentlich plattdeutsche
Gottesdienste. Ich habe dort 2013 und 2014 im
Anton-Heimreich-Haus, dem ehemaligen Pastorat der Neuen Kirche, über Heinrich Hansen
plattdeutsch referiert.
Im Jahre 2017 zum 500. Reformationsjubiläum
werden es 100 Jahre, dass dieser Pellwormer Pastor
seine geschliffenen 95 Thesen „Stimuli et Clavi“
(Spieße und Nägel) zu seinen Vorstellungen von
einem zeitgemäßen Christentum lateinisch und
deutsch veröffentlichte. Inzwischen sind sie elfmal nachgedruckt, zuletzt 2011 in dem genannten Band „Zwischen Volkskirche und Hochkirche“
auf S. 104–116 und haben über die von Hansen
mit gegründete Hochkirchliche Vereinigung zur
Ökumene in unserer Zeit beigetragen. These 56
verankert Plattdüütsch in de Kark in Luthers Wiederentdeckung des Evangeliums und kritisiert die
nachfolgenden Generationen heftig: „Es ist ein
Abfall von den Grundprinzipien der Reformation, wenn in vielen Ländern Deutschlands das
Evangelium in einer fremden Sprache, nämlich
in der hochdeutschen statt der niederdeutschen
gepredigt wird.“
(Adresse des Verfassers: Lönsweg 28, 29614 Soltau.)
1 Vgl. Heinrich Kröger: Pastor Heinrich Hansen (1861–1940).
Ein Wegbereiter zur plattdeutschen Verkündigung. In: Heinrich
Kröger u. a.: Zwischen Volkssprache und Hochkirche. Zu Leben
und Wirken des Pastors Heinrich Hansen, Bräist/Bredstedt 2011
(Nordfriesische Lebensläufe 10), S. 34–51.
2 Vgl. Heinrich Kröger: Dokumente zum Leben und Wirken
des Pastors Heinrich Hansen. In: Nordfriesisches Jahrbuch 21
(1985), S. 67–89, dort S. 73–75 die Abschiedspredigt auf Pellworm, gehalten am 8. Juli 1917 über denselben Bibeltext.
3 Diese Schule hatte zeitweilig über 50 Kinder und bestand bis
1957. Der jetzige Besitzer des Gebäudes, Hellmut Bahnsen, richtete daneben ein reichhaltiges Rungholt-Museum ein.
4 Der Untertitel des Buches lautet „Honnig“ von L. Harms, hrsg.
von seinem Bruder Theodor Harms, Hermannsburg 1869 ff.
5 1651 erschien: Geistlyke Leeder vnde Psalmen D. Martini Lutheri vnde anderer framen Christen. Lüneborch 1649.
6 Kröger u.a.: Zwischen Volkssprache und Hochkirche, S. 48–50.
7 Heinrich Kröger (Hrsg.): Plattdüütsch in de Kark in drei Jahrhunderten. Bd. 3: Quellen und Lesetexte 18. bis 20. Jahrhundert.
Hermannsburg 1998, S. 104–112; Kröger u.a.: Zwischen Volkssprache und Hochkirche, S. 23–34.
8 Der älteste Sohn Friedrich Hansen (1891–1980) war von 1946
bis 1950 Pastor an der Pellwormer Alten Kirche, die durch ihre
Arp-Schnitger-Orgel von 1711 international bekannt ist.
9 Karl Hansen war auch schriftstellerisch tätig: Chronik von Pellworm, Husum 1938 (wie sein Vater Heinrich Hansen: Pellwormer Chronik, Schleswig 1917), 3. Aufl., Breklum 1954, 6. neubearb. u. erw. Aufl. unter dem Titel „Pellworm“, Breklum 1969,
7. Aufl., Breklum 1977; Wenn de Diek ut Glas weer, Husum
1975; Abend am Meer. Erzählungen und Gedichte. (Zu seinem
100. Geburtstag), Husum 1999.
1965 50 iir 2015
25
Ferteel
iinjsen!
Plachte
Foon Gary Funck
Birge treet üt e schaame foon e weenwite kåstewoin aw e stripel tubai e
stroote. Jü kiiket foon e huuchde dil,
weer e B5 har döör en siie üt buumstumpe tjucht. Et as junk, ouers heer
än deer kiiket e moune foon ääder
e wulkne for än düket e bärj önj
en wit jåcht.Har uugne ruchte jam
eefter sööden än säke e kiming ouf.
Dan schucht’s da biise jåchte foon
en woin, wat gau näre kaame. Jåå, et
as en lastwoin, gödj.
Wat for en woin huum rüttjucht än
wat for woine huum widere kääre
leet as nån tufål. Uk wan huum da
stäägpräiwe oofting foont lifgefäil
bestame leet. Unti eefter en sliik
statistik. Bütelönjsch, banelönjsch,
bütelönjsch äsw. Unti tou tunge
Ååsteuropa, iinjtooch Söödeuropa iinjtooch wat ouders. Et as uk
såchtetseelew, irgendwan fäit huum
en lastwoin tu påken, weer et ham
luunt.
Da biise jåchte årbe jam e stroote ap
än gliks san’s bai e toop foon e Stålbärj. Birge woitet ma e rüüdje käle.
„Halt“, stoont deeraw, än da jåchte
wårde sanier. Önj e schin foon e
låmpe späägelt e schraft aw har gööl
wäst önj grute bökstääwinge et uurd
„Zoll“ tubääg. E lastwoin wårt sanier än seet e blinker. Birge schucht
et kåntiiken. „En hollönjer, Oke!“,
biiljket’s harn koleeg tu, wat bait
ääm waning önj e latje bus sat. Hi
mååget da woinjåchte önj än ouer e
latje rastplåås tubai e stroote schint
bliik en huulewhalen fächer, döör
wat ham fiine trätje foon språnkle
tiie.
Et as en slinen lastwoin suner hänger,
wat aw ja tukamt. „Tulip King Rotterdam“ koon Birge aw e leescontainer
leese. En rousetransporter südänji.
26
E beåmtin fertjucht et oonlas än fäit
en hiinj gefäil önjt lif. Eentlik jeeft
et nuch nåne grün, ouers jü mååget
di båntje ål lungenooch än wiitj, wat
huum wan fermousem weese schal.
En slinen leescontainer ma lüftungsluche, niinj käiling än woorschiinjlik
en labyrinth foon grute stoopel üt
europaläte. Önj e junke ma en tåschenlåmp ai gau ouftusäken.
Oke as ütstäägen än kamt aw har
tu, wilt’r san gräinen goreteks-parka
tachtmååget. „Nå super, rouse üt
Rotterdam aw en fraidieen“, murmelt hi. „Dan schan we iinjsen,
ai? Eeling schan we je naame, wat
kamt.“ Hi smeelt wat kunstlik än
koon ai ferbärje, dåt’r liiwer ine
bai sin wüf än sin biise bjarne sate
wörd.
E lastwoin kjart aw e sidestripel än
håålt önj. Birge låpt foorne forbai tut
waning aw e käärersid, Oke blaft for
e lastwoin stönjen. „Guten Abend,
good evening. Wohin soll die Reise
gehen?“
Jü kiiket di süwat 50 iir üülje moon
ma bjard än hal häär äädert stjör önj
e uugene. „Esbjerg“, swåårt di än begant ål än håål en latjen bunk papiire
üt et feek bai e baikäärersid. „Führerschein, Fahrzeug- und Ladungspapiere, bitte“, fordit Birge ham ap än
namt e papiirbunke önjtiinj. Ma en
ööweden löke kiiket jü da papiire gau
iinjsen groow döör. Dan krööget jü e
stoopel Oken önj e hönj, wat deerma
önj e tiinjstwoin ferswant. „Sie haben
also Zierpflanzen geladen?“, frååget’s
di käärer, ouers di moon ferstoont
har ai: „Excuse me?“ – „Flowers? You
are driving flowers?“ widerhåålt’s aw
änglisch. – „Ja, ick fahr Bloomen“,
swåårt di käärer nü.
Birge drait et hood än kiiket långs e
leescontainer. Deer wus et wi, dåtdeer gefäil. Et as niinj waasen, uk
niinj gasing. Iinjfåch en flau gefäil
önjt e lif än en spåning, wat et hart
wat gauer slüünj leet. Dåtdeer gefäil,
wat säit, dåt di woin diling flicht ai
mör önj Esbjerg önjkamt, wan jü
iinjsen äädern et lees kuntruliirt. Et
jeeft koleege, wat dåtdeer gefäil hål
mooge. Birge mäi et ai. En spåning
baget ham önj har ap. Stal! Heet jü
1965 50 iir 2015
deer ai wat hiird? En kort hoosten,
duf än unerkrööged? Jü håålt en lung
suurt tååschenlåmp üt e jåk än wånt
har wi tu e käärer. „Please come out
and open the cargo!“ Birge mååget en
trees tu sids än leet e käärer ütsteege
än foram eefter äädern luupe. Flicht
as et en lait lachtsani än kam åliine
ma eefter äädern, fålt har in. Jü fjart
et funkgeräät, wat leefts boowen önj
en latj schruk önj e jåk steecht, tu e
müs: „Oke, ik kiik me et lees äädern
önj. As bloot sün gefäil.“ Kort hiirt
huum rüsen, dan: „Okay, ik kam
gliks. Da papiire san aw e ra, sü as et
ütschucht.“
Wilt e käärer da grute stäljne dööre
ääm mååget, jåchtet Birge nuch iinjsen e leescontainer foon büte ouf. E
win krööget aw e lastwoin, südåt’r
en batje wåkelt. Unti banefor låpt
huum, schüt et Birge döört hood.
Flicht seecht en hoonful manschne
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Nordfriesland 189
– März 2015
Har hart kloopet gauer, as’s ma e
låmp döör e leescontainer jåchtet.
Rouse, ålewäägens rouse önj latje
suurte plastikbäägere. Stoopelwis aw
grute euro-paläte. Åles stoont tacht
tuhuupe, tumanst foorne. Eefter
äädern koon huum ai wörklik kiike.
En winpüst tjucht döör e leesrüm
än flucht wi eefter büte. Birge liiwet
for en korten uugensteblak än stiirm
uriin önj e luft. Unti duch ai? Jü
jåchtet uner da paläte. Deer lait en
räst foon en sigarät suner filter. Än
deer wat wits. En brüked tååschnoosing bloot. Jü seecht widere. Deer
äädern lait en lääsi plastiikbudel aw
e teele tubai en hooltpaläte. Har hart
kloopet widere, jü blaft önjspånd.
Deer! Heet jü ai wat hiird? En korten süft flicht? Unti wus et duch e
win? Unti e rin, wat önj droope foon
e äämstönjene wängedööre droopet?
Dan snuublik jeeft en korten rums,
as wan en schouf iinjt containeruuch
sloit. Gåns kort, üt fersiien bloot.
Birge taket tuhuupe. Än deer, nuch
iinjsen, nü foole grutemer.
„Sorry“, mumelt di käärer gnadri
suner har önjtukiiken, än sloit nuch
iinjsen hu tunge ma sin schuur iinj
et ääderst fiilj as wan’r wat oufkloope wal. „Dogshit, verdammich!“ Dan
kamt foon leefts en gestålt döör e
junke aw har tu än jåchtet har ma en
låmpt önjt oonlas. „Än? Åles paläti?“,
frååget Oke, än Birge ouerläit kort.
Dan oomet’s üt. „Åles klåår, di koon
widere kääre.“
Gary Funck, hier
mit Ellin Rosteck,
Moderatorin der
Abschlussveranstaltung, stammt
aus Husum. Seit
2002 ist er Kulturkonsulent der
Friisk Foriining.
Frasch hat er als
Erwachsener gelernt. In kreativer
Weise setzt er
sich für das Friesische ein, 2014 produzierte er beispielsweise ein eigenes friesisches Musical „Di Widergunger“. Beim Wettbewerb „Ferteel
iinjsen!“ — das Thema lautete „hartklopin“ — gewann er mit seiner ZollGeschichte „Plachte“ den zweiten Preis. Ausrichterin des Wettbewerbs
war zum achten Mal die NDR 1 Welle Nord gemeinsam mit dem Nordfriisk
Instituut, als Sponsorin neu dabei war die Föhr Touristik GmbH.
Nordfriesland 189 –
März 2015
1965 50 iir 2015
Bücher
Niebüll in
der NS-Zeit
Foto: Harry Kunz
fertwiweld nuch gau en jarn ääder da
paläte unti önj papkåste am jam tu
fersteegen. En floose manschne, wat
jam for waage unti sügoor moune
önj Syrien unti Erithrea, Afghanistan unti Irak aw e wäi eefter Europa mååged häin. Ma bjarne flicht
unti ma krunke üülje. Mat müülj
Dånmark unti Swärik unti Finlönj
woorschiinjlik. Flicht hääwe’s famiili tubääg leet, ouerdåt bloot sam
änkelte di huuge pris for e slüüsere
betååle köön. Än gliks as åles forbai,
åles amsunst.
Birge schüwet di toochte tu sids.
Et as ai harn apgoowe, et schaksool
foon flüchtlinge hiinjer unti bääder
tu måågen. Jü seet bloot rucht än gesäts döör, sü as et önj en ruchtstoot
weese schal.
Ma en kwiitschen swinge da grute
leesdööre eefter leefts än ruchts.
„Bloomen... only flowers“, säit di käärer än kiiket har wat kiif önj. Unti as
deer uk ünsääkerhäid önj sin uugne?
As hi flicht sügoor trung? Birge mustert ham kort, ouers et as tu junk
deerfor än fin foole önj sin uugne.
Än as’s ham ma e låmp önjstroolt,
plainket hi.
Bloot nuch en korten uugensteblak
flicht, än dan mååget jü e tukamst
foon en jung famiili önjstööge, kamt
Birge wi önj e san. Et hoowen aw en
laawen önj sääkerhäid, suner hunger
än for ålem önj frihäid. Wal jü dåt?
Nåån, natörlik ai. Ouers jü schal et.
Natörlik schal jü, wat for’n toochte.
Einen besonderen Beitrag zur Heimatgeschichte Niebülls leistete der
ehemalige Direktor der FriedrichPaulsen-Schule:
Wolfgang Raloff (Hrsg.): Niebüll in
der Zeit des Nationalsozialismus.
Eine Dokumentation in Auszügen
von Zeitungen. 480 S. 19,90 Euro.
Verein für Niebüller Geschichte e. V.,
Niebüll 2015.
Der Herausgeber lässt die Zeit
selbst zu Wort kommen. Er hat
die Niebüller Zeitung Nordfriesische Rundschau sowie ab 1937 das
Nachfolgeblatt Südtondernsche Zeitung lückenlos durchgesehen und
für die Jahre 1930 bis 1945 mehrere Hundert „sprechende“ Artikel
abgeschrieben. Wer in dem Buch
liest, taucht damit ganz ein in nationalsozialistische Ausdrucksformen
und Denkweisen. Deutlich wird,
wie alle Lebensbereiche von der
NS-Ideologie durchdrungen wurden, etwa Abiturthemen an der
Friedrich-Paulsen-Schule: „Warum
bezeichnete Adolf Hitler das Jahr
1938 mit Recht als das ‚reichste
Erntejahr unserer Geschichte‘?“ In
der Niebüller Sektion der Universitätsgesellschaft wurden Themen der
nationalsozialistischen Rassenkunde
von Professoren der Kieler Universität „wissenschaftlich“ behandelt.
Welche Tragik, welche Verquickung
von Kummer und Liebe mit hohlem
nationalsozialistischem Pathos zeigt
eine der ersten Todesanzeigen des
Zweiten Weltkriegs: „Im Felde gefallen. Wir erhielten die Nachricht,
daß unser innigst geliebter Sohn,
Bruder, Schwager und Onkel, der
Oberleutnant und Kompanieführer
Broder Julius Lorenzen im Alter von
29 Jahren im Kampf an der Schelde,
in treuer Pflichterfüllung für Führer
27
und Vaterland gefallen ist. Im festen
Glauben an den Endsieg, im Kampf
um die Freiheit seines geliebten
Vaterlandes, sein Leben geopfert
zu haben, soll ihn in seinem letzten
Schmerz gestärkt haben. In tiefer
Trauer …“
Die aus heutiger Sicht kaum nachvollziehbare Verblendung zeigte
sich etwa auf einer Kreistagung der
NSDAP im September 1944 in Niebüll: „Die Tagung schloss mit einem
fanatischen
Glaubensbekenntnis
zum Führer, das uns die Kraft zum
endgültigen Sieg verleiht.“ Noch im
März 1945 tönte Südtonderns Kreisleiter Hans Jensen: „Wir kennen die
schwere Gefahr, in der wir uns befinden, aber wir werden ihr aufrecht
stehend trotzen wie der Führer und
niemals wanken und weichen.“ Im
Monat darauf brachte der „Führer“
sich um.
Die Lektüre wirkt an vielen Stellen
verstörend. Man mag kaum glauben, dass dies die vergangene Wirklichkeit in einem Ort Nordfrieslands
ist. Gerade dies konkret am Beispiel
Niebüll zu zeigen ist ein großes
Verdienst des Herausgebers, dessen
Fleiß imponiert. (Eine ausführliche
Besprechung ist für das Nordfriesische Jahrbuch 2016 vorgesehen.)
Thomas Steensen
Klaar Kimming — Eine fotografische Reise
Zahlreiche Fotografen fanden
ihre Motive in der vielgestaltigen
und eindrucksvollen Landschaft
Nordfrieslands. Einer von ihnen
war Max Broders (1886–1974),
Kaufmann in Hamburg, der sich
1904 von seinem Lehrlingsgehalt
eine erste Kamera kaufte. Zum
Einsatz kam die fünf Kilo schwere
Apparatur vor allem auf seinen
zahlreichen Wanderungen. 1903
hatte Broders mit Gleichgesinnten
den „Touristenverein Morgenrot“
aus der Taufe gehoben, der unter
den Idealen des Wandervogel seine Touren machte.
Als Einzelreisender besuchte er
auch die Heimat seines Vaters:
Eiderstedt und vor allem die Hallig Langeneß, der er bis ans Ende
seines Lebens verbunden blieb.
Bilder aus seinem Nachlass sind
nun zu bewundern in
Max Broders, Jochen Missfeldt:
Klaar Kimming. Eine fotografische
Reise durch Norddeutschland in den
frühen Jahren des 20. Jahrhunderts.
240 S. 39,95 Euro. Emons Verlag,
Köln 2014.
Die Texte zu den einzelnen Kapiteln verfasste der renommierte
Schriftsteller Jochen Missfeldt,
Träger des Italo-Svevo-Preises
2014, der im Jahre 2013 beispielsweise mit einer ganz besonderen
28
Biografie Theodor Storms hervorgetreten ist. Er stellt Max Broders vor,
gibt Impressionen von den Wandergebieten und Informationen zu den
einzelnen Aufnahmen. Zu sehen
sind Landschaften, bauliche Ensem-
bles und vor allem Menschen und
ihre Arbeit in einer vergangenen
Zeit. Hier wurde dankenswerterweise ein bislang weitgehend
unbekannter Schatz gehoben.
Red.
Eines der frühesten der abgedruckten Fotos. Hallig Langeneß Juli 1911,
von links: Anni Bonken, Adele Hansen, Henni Bonken, Hilde Bonken und
Hein Bonken
1965 50 iir 2015
Nordfriesland 189
– März 2015
Noch ein Bildband zum Wattenmeer? Ja, aber dieses Buch bietet
mehr:
Martin Stock, Pieter de Vries: Wattenmeer. Mit Texten von Jens Enemark,
Martin Stock, Jennifer Timrott und
Pieter de Vries. 204 S. 49,80 Euro.
Wachholtz Verlag / Murmann Publishers, Neumünster/Hamburg 2014.
Das Buch bringt grandiose Luftbilder des Wattenmeers, aufgenommen
von den renommierten Fotografen
Martin Stock und Pieter de Vries.
Die „Wunderwelt der Watten“, so
lautet eine Kapitelüberschrift, wird
vor Augen geführt, beginnend in
den Niederlanden und endend an
der nördlichsten Watteninsel Langli
beim dänischen Esbjerg. In knappen
Texten schildern vier Autoren die
Besonderheiten des Weltnaturerbes.
Rungholt wird als „Hafenstadt“
bezeichnet, aber eine Stadt ist es sicherlich nicht gewesen. Auf einigen
Nolde ohne Legende
War Emil Nolde Nazi? In sensationsheischenden Artikeln, etwa in der
Wochenzeitung Die Zeit, wurde vor
einigen Monaten diese Frage gestellt
und weitgehend bejaht. Man konnte
meinen, neue Dokumente seien aufgetaucht – aber letztlich wurde nur
Altbekanntes in neuer Verpackung
geliefert. Die Nolde Stiftung Seebüll
hat nun zwei Vortragstexte des 2013
verstorbenen Rhetorik-Professors
Walter Jens neu herausgegeben und
sie mit Erläuterungen des früheren
langjährigen Seebüller Direktors
Manfred Reuther versehen:
Manfred Reuther: Walter Jens über
Emil Nolde. Befreiung von Legenden.
80 S. 16,90 Euro. Nolde Stiftung Seebüll 2014 (Seebüller Hefte 03).
Zweimal hielt Walter Jens Vorträge
über Nolde, zuerst 1967 zum hundertsten Geburtstag des Künstlers
in Seebüll, sodann zur Eröffnung
einer Ausstellung 1987 in Stuttgart.
Bereits vor fast einem halben JahrNordfriesland 189 –
März 2015
Bild aus Stock, de Vries: Das Wattenmeer
Das Watt
aus der Luft
Kulturspuren im Watt nördlich von Pellworm
Bildern wird die kulturgeschichtliche
Dimension deutlich. So zeigen zwei
eindrucksvolle Luftfotos Kulturspuren nördlich von Pellworm.
ts
hundert, als die Beschäftigung mit
der NS-Zeit zumeist noch tunlichst
vermieden wurde, als Verdrängen
und Verschweigen vorherrschten,
analysierte der in Tübingen tätige
Wissenschaftler Noldes Verhältnis
zum Nationalsozialismus in ebenso klarer wie brillanter Weise: Die
Nationalsozialisten verfolgten, sagte
er, „ausgerechnet den, der gern ihr
Paladin gewesen wäre“; so bewahrten
sie „den großen Maler davor, mit dem
Kainsmal des Söldlings gebrandmarkt
zu werden – entehrt und vielleicht bis
zu dieser Stunde geächtet“.
Manfred Reuther beschreibt in differenzierter Weise Noldes Stellung
in der NS-Zeit sowie Vorgeschichte
und Wirkung der Geburtstagsrede
von 1967: „Neben der Würdigung
des künstlerischen Werks hat Jens
Noldes bitteren Zwiespalt, seine
anfangs großen Erwartungen und
seine Sympathie für die nationalsozialistische Bewegung, doch
ebenso die Ächtung seiner Malerei
und zugleich das beharrliche Festhalten an seiner künstlerischen
Authentizität aufgezeigt und miteinander zu verbinden gewusst.“
Wichtige Quellen werden im Faksimile abgedruckt. Es ist sehr zu
begrüßen, dass die Nolde-Stiftung
diese auch gestalterisch gelungene
Schrift veröffentlicht hat. Mit Recht
trägt sie den Untertitel: „Befreiung
von Legenden“. Thomas Steensen
1965 50 iir 2015
29
Ladelund: Gedenken
Die Häftlinge in den Konzentrationslagern Husum-Schwesing und Ladelund, die im Herbst 1944 als Außenlager des bei Hamburg gelegenen KZ
Neuengamme betrieben wurden,
hatten mitzuarbeiten am „Friesenwall“, einem militärisch sinnlosen
Grabensystem entlang der deutschen
Nordseeküste. Hunger, Krankheiten
und die mörderische Gewalt der
Bewacher führten dazu, dass in nur
wenigen Wochen Hunderte starben.
Nach dem Krieg herrschte in der
bundesdeutschen Gesellschaft weithin ein stillschweigendes Übereinkommen, an die Verbrechen der
NS-Zeit nicht zu rühren. Erst in den
1980er-Jahren begann auf private
Initiative hin eine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Lager HusumSchwesing; so weit, so „normal“.
Die Nachgeschichte des Ladelunder
Lagers verlief dagegen atypisch. Der
dortige Gemeindepastor Johannes
Meyer wandte sich mit einem Bekenntnis zur deutschen Schuld an die
Hinterbliebenen von KZ-Toten. Bereits 1950 wurde bei den Massengräbern auf dem Ladelunder Friedhof,
in denen die 300 Opfer begraben
sind, eine Gedenkstätte errichtet –
eine der frühesten überhaupt. Intensiv wurde der Kontakt zu dem
Ort Putten im Gelderland in den
Niederlanden. Die Puttener Männer
wurden als Vergeltung für eine Aktion des niederländischen Widerstands
von dort verschleppt, 540 von ihnen
kamen um, 111 allein in Ladelund.
Meyers offene Bemühungen um
Versöhnung führten dazu, dass er
bereits 1950 in der Puttener Kirche
predigen konnte.
Pastor Harald Richter, ab 1958
Meyers Amtsnachfolger, beschrieb
nun die Geschichte des Lagers und
zog eine Bilanz der Versöhnungsarbeit, an deren Weiterentwicklung er
maßgeblich mitwirkte:
Harald Richter: Hinabgestiegen in das
Reich des Todes. Das Konzentrationslager, Pastor Johannes Meyer und kirchliche Gedenkstättenarbeit in Ladelund.
Herausgegeben von Hannegreth
30
Grundmann. Mit Bildern von Uwe
Appold. 239 S. 19,80 Euro. Lutherisches Verlagshaus, Hannover 2014.
Als Zeitzeuge gibt Pastor Richter
intensive Einblicke in die Gedenkarbeit, wie sie sich zum Beispiel in der
Gemeinde Ladelund selbst entwickelte oder in der Beziehung zu Wyk
auf Föhr, von wo Flieger-General
Friedrich Christiansen stammte, der
als Kommandant in den Niederlanden für die Razzia von Putten verantwortlich war.
Der Künstler Uwe Appold hat zwölf
Bilder zum 84. Psalm beigefügt,
aus dem die Puttener Männer Verse
sangen, als sie im Herbst 1944 aus
ihrer Kirche in die deutschen Lager
abgeführt wurden; hier das Motiv zu
Vers 13: „Herr Zebaoth, wohl dem
Menschen, der auf dich vertraut!“
Ausführlich befasst sich Harald
Richter mit der Rolle von Pastor
Meyer während der NS-Zeit. Meyer,
ursprünglich überzeugter Nationalsozialist, sei angesichts des Leidens
der Häftlinge seinem christlichen
Gewissen gefolgt und habe die Namen der Toten und Angaben zu
ihren Herkunftsorten notiert, um
den Hinterbliebenen Nachricht geben zu können. Er habe zu diesem
Zwecke zum Beispiel Druck auf den
Lagerkommandanten Hans Griem
ausgeübt. Eingehend zitiert wird eine
Aussage von Pastor Martin Pörksen,
der zur Bekennenden Kirche gehörte. Pörksen besuchte demnach Ladelund im November 1944. Pastor
Meyer habe unter der dringenden
Bitte der Verschwiegenheit vom
Lager gesprochen und eine Liste der
Opfer aus einem Versteck geholt.
1965 50 iir 2015
In der Ladelunder Kirchenchronik
schließlich berichtet Meyer unter der
Überschrift „Sylvester 1944“ über
das Lager und das in der Gemeinde
ausgelöste Entsetzen.
Der Flensburger Gymnasiallehrer
und Historiker Dr. Jörn-Peter Leppien, der an der wissenschaftlichen
Aufarbeitung der Geschichte des Lagers großen Anteil hat, gelangt dagegen zu dem Schluss, dass es sich bei
den Erzählungen zu Meyers Wirken
vor Kriegsende um eine Legende
handelt. Bereits 1983 stellte er in
seiner quellenkritischen Studie „‚Das
waren keine Menschen mehr.‘ Aus der
Chronik der Kirchengemeinde Ladelund“, Hinweise darauf zusammen,
dass Meyers Bericht erst nach dem
Krieg verfasst wurde. Im Jahrbuch
2014 der Grenzfriedenshefte (S. 79–
114) kommt er unter der Überschrift
„Von der Nummer zum Namen.
Die KZ-Toten in Ladelund 1944“
nun zu dem Ergebnis, dass Namen
und Herkunftsorte der Toten nicht
von Pastor Meyer unter besonderen
Risiken festgehalten, sondern ganz
bürokratisch vom Lager an die Friedhofsverwaltung gemeldet wurden, wie
dies etwa auch für Husum-Schwesing
geschah. Die Legendenbildung habe
vor allem zu Beginn das hohe Ansehen gestützt, das Meyer besonders in
Putten genießt. Es sei nun aber an der
Zeit, „das vermittelte Bild von Pastor
Meyer nachdrücklicher als bisher mit
dem derzeitigen Forschungsstand in
Einklang zu bringen oder durch eigene quellenbezogene Recherche und
Reflexion neue Ergebnisse zu Tage
zu fördern“, schließt Leppien.
Das Wirken von Pastor Johannes
Meyer im Sinne einer Versöhnung
über den Gräbern hat, das gilt es
festzuhalten, ein für eine Dorfgemeinde wohl einzig dastehendes
Versöhnungswerk in Gang gesetzt.
Sechs Wochen Untaten und Leiden
im Herbst 1944 stehen inzwischen
fast sieben Jahrzehnte zunehmend
gemeinsamen Gedenkens gegenüber.
Zur Vorstellung des Buches von Harald Richter am Volkstrauertag 2014
kamen 130 Gäste aus Putten nach
Ladelund.
fp
Nordfriesland 189
– März 2015
NORDFRIESLAND
Neu im
Nordfriisk
Instituut
Gesamt-Inhaltsverzeichnis 2014
Kaland und
Trauerkultur
Religion und Kirchlichkeit bildeten
in alter Zeit – wesentlich stärker als
heute – prägende Elemente für die
Menschen in Europa, auch in Nordfriesland, auch in Eiderstedt. Ein
emeritierter Pastor hat zwei wichtige
Aspekte von Glaube und Kirche für
Eiderstedt eingehend beschrieben.
Johann-Albrecht G. H. Janzen: Geistliche Versammlung und Trauerbrauchtum in Eiderstedt. Zwei Beiträge zur Kirchen- und Kulturgeschichte. 256 S. 15,80 Euro. Nordfriisk
Instituut, Bräist/Bredstedt 2014.
In den Kalands-Versammlungen
kamen Persönlichkeiten aus dem
Umfeld der Kirche zusammen,
um zu beten, über religiöses Leben
zu sprechen und zu feiern. Trauer,
Begräbnisse und Toten-Gedenken
boten den Menschen Anlässe, sich
mit dem Jenseits zu befassen. Bestimmend war dafür die biblische
Tradition. Das weist der Verfasser
am Beispiel Eiderstedt nach. Zahlreiche bildhafte Darstellungen hat
er dafür aufgespürt und präzise
beschrieben. Sowohl den Kaland
als auch den Umgang mit Tod und
Vergänglichkeit ordnet der Verfasser
mit analytischem Blick ein in die
geistige Entwicklung der Region, in
der sich die europäische kulturelle
Geisteshaltung insgesamt widerspiegelt.
Johann-Albrecht Janzen – gelernter
Reedereikaufmann – studierte in
Hamburg Theologie und wurde
Pastor, unter anderem von 1996
bis 2005 in Koldenbüttel. Neben
dem Amt und seither als Pensionär
hat er als „Laie“ mittels eingehender
Quellenforschungen grundlegende
Beiträge zu Eiderstedter Themen
erarbeitet. Das vorliegende Buch ist
der bislang umfangreichste.
NfI
Nordfriesland 189 –
März 2015
Nr. 185–188
Arfsten, Antje: Di Widergunger (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Århammar, Nils: Ein nordfrisistisches Potpourri
Dankesrede zum Hans-Momsen-Preis 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Bammé, Arno: Thusnelda-Kühl-Gesellschaft aufgelöst (Chronik) . . . . . . 187
Becker, Heinrich: Eisenzeitliches Kulissendorf am Stollberg (Chronik). . . 188
Burck, Werner: Tierhaltung in Großbetrieben: contra – deeriinj. . . . . . . . 185
Faltings, Volkert F.: Zwischen Event und Symbol. Das Biikefest der
Nordfriesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Frasche Rädj: Interfriesisches Frauentreffen 2014 (Chronik) . . . . . . . . . . 188
Goy, Sakia und Nomke Johannsen: 40 Jahre Öömrang Ferian (Üt da friiske
feriine) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
– 25 Jahre Pellwormer Friesenverein (Üt da friiske feriine). . . . . . . . . . . . 185
– Nordschleswig entdecken (Bücher) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Grützmacher, Lena: En besuneren däi (Ferteel iinjsen!) . . . . . . . . . . . . . . 188
Haupenthal, Uwe: Zwischen Tradition und Aufbruch. Nordfriesland
als Thema der Malerei im 19. und 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Lehmpfuhl malt Nordfriesland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Heitmann, Werner: Auflaufend Wasser (Bücher). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Johannsen, Kalle: Spöören (CDs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Junge, Werner: Naturschutz im Wattenmeer begann vor 40 Jahren
(Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Kahl, Nis-Ove: Di latje (Ferteel iinjsen!) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Kööp, Karl-Peter: Dat geiht to Enn mit dat Plattdüütsche – in Iowa.
Eine Reise in den „Corn State“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Koschyk, Hartmut: „Eine besondere Verantwortung des Staates“.
Antworten des neuen Minderheitenbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Kunz, Harry: Als Sylt erwachte (Bücher) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
– Vermächtnis eines Sylter Fotografen (Bücher). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Konspirativ im Sönke-Nissen-Koog (Bücher) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Das Morsum-Kliff auf Sylt (Neu im Nordfriisk Instituut) . . . . . . . . . . 188
– und Fiete Pingel: Nordfriesland im Winter (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . 185
– Nordfriesland im Frühling (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
– Nordfriesland im Sommer (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Nordfriesland im Herbst (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Marti, Philipp: Der Fall Reinefarth [Interview] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Newig, Jürgen: Sylter Seebären. Meteotsunamis an der Inselküste . . . . . . 186
Nickelsen, Ellin A.: Maut of ei Maut (Ellins weelt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
– Faan’t faantjin fun – an huaram a salringen ütjsterew küd (Ellins wäält) 186
– Wüfhööd uun nuad (Ellins wäält) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Wat at för nian jil jaft, man likwens keeft wurd (Ellins wäält). . . . . . . . 188
Nordfriisk Instituut: Textsammlung (Neu im Nordfriisk Instituut). . . . . . 187
– Jarling 2015 (Neu im Nordfriisk Instituut). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Husum im Zentrum (Neu im Nordfriisk Instituut) . . . . . . . . . . . . . . . 188
– Hallighäuser auf Langeneß (Neu im Nordfriisk Instituut) . . . . . . . . . . 188
– Nordfriesisches Jahrbuch 2015 (Neu im Nordfriisk Instituut) . . . . . . . 188
– Zwischen Ems und Weser (Neu im Nordfriisk Instituut) . . . . . . . . . . . 188
Pauseback, Paul-Heinz: Unsere fremde Power (Kommentar) . . . . . . . . . . 185
– 20 Jahre Auswanderer-Archiv Nordfriesland (Chronik) . . . . . . . . . . . . 187
Pingel, Fiete: Üt da friisk feriine (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
– Erinnerung (Kommentar) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing wird erweitert (Chronik) . . . . . . 187
– Üt da friisk feriine (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Harro-Harring-Gesellschaft – eine Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
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– Vom Sichtbarmachen der Literatur (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
– Thema „Hartklopin“ (Ferteel iinjsen!). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
– Kleines Husum-ABC (Bücher) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
– und Harry Kunz: Nordfriesland im Winter (Chronik) . . . . . . . . . . . . . 185
– Nordfriesland im Frühling (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
– Nordfriesland im Sommer (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Üt da friisk feriine (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
– Nordfriesland im Herbst (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
– und Thomas Steensen: Fritz-Reuter-Preis für Cyriacks & Nissen
(Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Quedens, Kai: Zinedine (Ferteel injsen!) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
Redaktion: Biike-Emfång 2014 (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
– Friesen und Minderheiten im Schulgesetz (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . 185
– Aufruf: Christian-Feddersen-Preis 2014 (Chronik). . . . . . . . . . . . . . . . 185
– Friesische Medaillengewinner (Üt da friiske feriine) . . . . . . . . . . . . . . . 185
– Vielfältige Verdienste [Gerd Kühnast] (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
– Friisk Foriining verlangt „mediale Grundversorgung“ für die Friesen
(Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
– Christian-Feddersen-Preise 2014. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Friedrich Paulsens Ehrengrab in Gefahr (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Preis für Kalüün (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Ausschreibung: Ferteel iinjsen! 2014 – Thema „hartklopin“ (Chronik) 187
– Mit Gott für Kaiser und Reich. Vor 100 Jahren: Nordfriesland im
Ersten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Grundstein gelegt (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
– 5th European Minority Film Festival (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
– Am Ruttebüller See – Ved Rudbøl sø . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Schnack, Renate: Sprachenvielfalt in Schleswig-Holstein. Das nördlichste
Bundesland betritt Neuland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
Sörensen, Christian M.: Zweitstimmen (Reaktionen) . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Staacken, Dieter: Eiderstedter Nachrichten alias „Dat Blatt“ . . . . . . . . . . 186
Stapelfeldt, Wolfgang: Tierhaltung in Großbetrieben: pro – deerfor . . . . . 185
Steenbuck, Dietmar: Wald an Wasser und Wind. Kleine Waldgeschichte
Nordfrieslands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Steensen, Thomas: Oufschiis foon Klaus Petersen (Chronik) . . . . . . . . . . . 185
– Hark Martinen 80 (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
– Nordfriesland als Restekiste? (Kommentar). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
– Gerd Kühnast † (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
– Neueste Nachrichten für Nordfriesland. Seit 215 Jahren Zeitungen für
die Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
– Zum Tode von Magnus C. Feddersen (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Der „Odysseus der Freiheit“ in Bredstedt. Ein Höhe- und Tiefpunkt
im Leben Harro Harrings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
– Weg vom Gönnerhaften (Kommentar). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
– Die Kultur der Sorben (Bücher) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
– Der Schimmelreiter: historisch-kritisch (Bücher) . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
– und Fiete Pingel: Fritz-Reuter-Preis für Cyriacks & Nissen (Chronik). . 186
– und Inken Völpel-Krohn: Maike Ossenbrüggen (1939–2014) (Chronik) 185
Tholund, Jakob: Wat för’n wüf! – Ei tu liawewn: Marie Tångeberg
as 90 wurden (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .188
Thormählen, Carl-Friedrich: 54. Interfriesisches Bauerntreffen (Üt da
friiske feriine). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .186
Vanselow, Wendy: Piratenhase Adrian (Bücher). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .185
Völpel-Krohn, Inken und Thomas Steensen: Maike Ossenbrüggen
(1939–2014) (Chronik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .185
Wedemeyer, Manfred: „Wie ein Trunkener lief ich stundenlang den Strand
entlang.“ Emil Nolde auf Sylt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .185
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Herausgegeben vom
Nordfriisk Instituut
Redaktion:
Peter Nissen, Fiete Pingel,
Thomas Steensen
Schlusskorrektur: Harry Kunz
Verlag: Nordfriisk Instituut,
Süderstr. 30,
D-25821 Bräist/Bredstedt, NF,
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Fax 04671/1333,
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ISSN 0029-1196