Erfahrungsbericht PROMOS Alina Hallerbach Seniorpraktikum PIII in Zürich 24.08-20.11.2015 Als mir klar wurde, dass im Rahmen meines Physiotherapiestudiums eine 10-monatige Praktikumsphase bevorstand, entschloss ich mich ein Auslandspraktikum ins Auge zu fassen. Die Frage stellte sich nur, wohin sollte meine Reise gehen? Da ich der Überzeugung bin, dass als Physiotherapeutin eine Kommunikation mit dem Patienten das A&O ist, stand sehr schnell fest, dass es optimalerweise ein Land sein solle, in dem überwiegend deutsch gesprochen oder verstanden wird. Recht schnell kristallisierte sich mein Wunsch nach einem Praktikum in der Schweiz heraus, da ich dieses wunderschöne Land bereits von unzähligen Skiurlauben kannte. Allerdings auch wiederum nur von den Skiurlauben, demnach war ich in Städten in der Schweiz bisher noch nicht unterwegs. Ich bewarb mich auf die heißbegehrte Stelle in Zürich, eine Praxis die auf orthopädische Verletzungen spezialisiert ist. Als ich bereits im Dezember die Zusage für die Praktikumsstelle dort bekam war die Freude groß, meine Geldsorgen jedoch auch. Jedem dem ich von meiner Errungenschaft, dem Praktikumsplatz in Zürich, erzählte, erwiderte nach einem kurzen "Oooh wie schön" auch mindestens genauso schnell "Ooooh wie teuer". Ach, ich habe gespart dachte ich mir, es sind ja nur 3 Monate. Als ich 2 Monate vor Praktikumsbeginn anfing mich um eine Unterkunft zu kümmern, wusste ich jedoch plötzlich was alle meinten. In den Filter bei einer WG- Zimmeruntervermietung auf Ronorp.com (vergleichbar in Deutschland mit einem Mix aus WG-Gesucht und EbayKleinanzeigen) gab ich locker flockig mal die 800 Euro- Grenze für die monatliche Miete ein. Wofür man in Deutschland schon eine große Wohnung mieten könnte, staunte ich nicht schlecht, als ich sah welche 2 Suchergebnisse mich ansprangen, bei dem ach so hoch gesetzten Mietzins. Nr 1: Übernachtung in einem VW-Bus, geparkt auf einem Hinterhof. Nr 2: Übernachtung auf Bio-Bauernhof im Stroh. Okay, dachte ich mir, die Schweizer haben Humor. Schritt 1 meines weiteren Vorgehens: Bewerbung für ein Stipendium bei PROMOS, welches ich im Endeffekt zum Glück auch bekam. Aber bei der Wohnungssuche gab ich nicht auf und suchte weiter, mit der Suche stieg auch die Obergrenze der Miete. Meine Vorfreude konnte all dies nicht mildern, Schluss endlich fand ich eine wundervolle Wohnung im Dachgeschoss, mit Blick direkt auf den dort bekannten Uetliberg. An Vorbereitungen war dies eigentlich das einzige was ich treffen musste, den Rest wollte ich vor Ort erledigen. Mitte August sollte für mich mein Abenteuer Schweiz beginnen. Mit Sack und Pack machten mein Vater, mein Freund und ich uns auf den Weg, kaum über die Grenze sprang der Radiosender auf "Radio Zürisee" um und eine lustige piepsige Männerstimme brabbelte auf schweizerdeutsch drauflos. Ich glaube bereits zu dem Zeitpunkt hat diese Stadt mein Herz erobert. Nach dem ersten groben Ausräumen wollten wir selbstverständlich die Stadt erkunden, keiner von uns war bis zu dem Zeitpunkt dort gewesen. Vor meiner Tür hielt direkt eine Tram die uns unmittelbar ins Zentrum brachte. Ich war gespannt, was mich erwarten wird. Wir stiegen am Bürkliplatz aus, eine Haltestelle direkt am Zürichsee. Es war ein angenehm warmer Sommerabend und die Sonne ging grade unter. Mit Reiseführer im Gepäck durchquerten wir die Stadt im Sauseschritt, da Zürich keine Großstadt wie man sie aus Deutschland kennt ist war dies sehr gut möglich. Wir stärkten uns mit einer Bratwurst und einem kleinen Bier, der Preis war happig, die Aussicht dafür unbezahlbar. Das Wochenende nutzen mein Freund und ich um die Stadt kennen zu lernen, Fahrradtouren mit kostenlos zu leihenden Fahrrädern (Ja, ich staunte auch nicht schlecht) zu machen und im See zu schwimmen. Ich freute mich sehr auf die Zeit die kommen sollte, war jedoch zugleich auch angespannt da mein erster Arbeitstag näher rückte. Da Zürich ein hervorragendes Verkehrsnetz bietet, kaufte ich mir ein Monatsabonnement für die Stadt Zürich, welches günstiger ist als in Städten in Deutschland. Immer wieder für eine Überraschung gut, die Schweizer. So war ich mobil und flitzte mit Tram, Bus oder Schiff ( ja, das wird hier genutzt wie ein Bus) von A nach B und genoss jede Minute. Mein erster Arbeitstag war gekommen und ich fühlte mich von Anfang an sehr wohl in der Praxis. Es arbeiten dort 3 Physiotherapeuten, es ist demnach eine kleine Praxis, was definitiv Vorteile mit sich bringt. Mein Praktikumsbetreuer war die ersten 2 Wochen im Urlaub, deshalb wurde ich von der Chefin herumgeführt und von der Praxisassistentin in die Vorgänge am Computer und Abläufe in der Praxis unterrichtet. Was mir von Anfang an sehr gefallen hat, war dass ich meinen eigenen Raum mit Schreibtisch bekam auf dem ein Ordner mit allen Informationen die ich brauchte bereit lag. Ich fühlte mich sehr gut aufgenommen und hatte an meinem ersten Tag noch viel Zeit um in Behandlungen von den Mitarbeitern hineinzuschnuppern und den Umgang mit den PC-Programmen zu üben. Ich bekam umgehend eigene Patienten, da ich sie von der Praktikantin zuvor übernommen habe, mir wurden jedoch auch sofort neue Patienten zu gewiesen. Zwischen den Patienten hatte ich genügend Zeit, Dinge nachzuschlagen oder meine Behandlung zu dokumentieren. Als mein Praktikumsbetreuer nach 2 Wochen aus dem Urlaub kam, hatte ich pro Woche eine Stunde Anatomieunterricht, in dem wir jede Woche ein neues Gelenk durchsprachen. Ebenfalls gab es einmal die Woche eine Stunde gemeinsam mit der Chefin, in der wir gemeinsam vor allem Behandlungen der Wirbelsäule durchgingen und übten. Ich hatte die Möglichkeit, sehr viel in diesem Praktikum zu lernen, da man das Gelernte unmittelbar in die Therapie einbauen konnte, was mir sehr geholfen hat diese zu verinnerlichen. Meinte Arbeitszeiten waren unterschiedlich, Montag und Mittwoch hatte ich das Glück erst um 11 Uhr beginnen zu müssen, was es mir ermöglichte auch die langen Sommerabende ich Zürich mit einem Glas Wein am See zu genießen. Die andern Tage konnte ich bereits gegen 16 Uhr nach Hause gehen und zur Erfrischung in den See springen. Der Sommer ging nahtlos in einen wunderschönen Herbst hinüber, die Zeit verflog schneller als man schauen konnte. Jedes Wochenende bekam ich Besuch von Freunden oder meiner Familie und ich hatte mir ein Standart- Touristenprogramm zurecht gebastelt, welches ich mit jedem Besuch zu Beginn durchführte. Selbst nach dem 7., 8., Mal habe ich mich nicht satt sehen können. Meine letzten Wochen und meine letzten Arbeitstage kamen schneller als gedacht, die Weihnachtsmärkte öffneten und von überall her glitzert oder leuchtet es. Die Stadt hat einen Flair, der einen in den Bann zieht. Hinsichtlich meines Praktikums hatte ich das Gefühl, wirklich etwas gelernt zu haben und es war kein schönes Gefühl aus meinem gemachten Nest in der Praxis wieder heraus zu steigen. Dass Team sowie die (allermeisten) Patienten dort haben mir über die Zeit nicht einmal ein "Boah ne Montag-Morgen" Gefühl gegeben, was bisher noch kein Arbeitsgeber geschafft hat. Achja, das Vorurteil, Schweizer seien Deutschen gegenüber abgeneigt und sehr oberflächlich, kann ich nicht bestätigen. Es war eine wundervolle Zeit, die mich sehr geprägt hat und ich bin mir sicher, dass dies nicht die einzige Zeit meines Lebens in Zürich war.
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