Answer(s) to Unanswered Question(s)

Hochschule für Musik
Answer(s) to Unanswered Question(s)
Ensemble DIAGONAL für Zeitgenössische Musik u.a.
Freitag, 29. April 2016, 19.30 Uhr
Grosser Saal der Musik-Akademie Basel
Eintritt frei, Kollekte zugunsten des Stipendienfonds
Im Rahmen von «Messages à György Kurtág»
Konzerte und Gespräche zum 90. Geburtstag
Eva Oltiványi, Sopran
Amador Buda Fuentes Manzor, Klavier
quartet zone expérimentale
Ensemble DIAGONAL
sowie weitere Studierende der Hochschule für Musik
Leitung: Olivier Cuendet und Jürg Henneberger
György Kurtág
(*1926)
Officium breve in memoriam Andreae
Szervánszky für Streichquartett op. 28
(1988/89)
Largo
Più andante
Sostenuto, quasi giusto
Grave, molto sostenuto
Fantasie über die Harmonien des Webern–
Kanons. Presto
Canon a 4. Molto agitato
Canon a 2 ,frei nach op. 31/6 von Webern.
Sehr fliessend
Lento
Largo
Webern: Kanon a 4, op. 31/6. Sehr fliessend
Sostenuto
Sostenuto, quasi giusto
Sostenuto, con slancio
Disperato, vivo
Arioso interrotto (di Endre Szervánszky).
Larghetto
Charles Ives
(1874–1954)
quartet zone expérimentale
HannaH Walter, Violine I
David Sypniewski, Violine II
Sophie Wahlmüller, Viola
Mathilde Raemy, Violoncello
The Unanswered Question für Trompete,
Ensemble DIAGONAL
vier Flöten und Streicher (1906, rev. 1930–35)
Krystian Jarosz, Trompete
Ana Marija Banovic, Flöte I
Diana Muela Mora, Flöte II
Zofia Neugebauer, Flöte III
Rotem Braten, Flöte IV
Junya Makino, Violine I
N.N., Violine II
Sara Barros, Viola
Nuala McKenna, Violoncello
Sven Kestel, Kontrabass
Leitung: Olivier Cuendet
György Kurtág
György Kurtág
Ligatura: Message to Frances-Marie
(The Answered Unanswered Question) für
zwei Violinen, zwei Violoncelli und Celesta
op. 31b (1989)
Jacobo Hernández, Violine I
Juan María Braceras, Violine II
Nuala McKenna, Violoncello I
Mathilde Raemy, Violoncello II
Assel Abilseitova, Celesta
… quasi una fantasia… für Klavier und
Ensemble DIAGONAL
Instrumentengruppen op. 27 Nr. 1 (1987/88)
Diana Muela Mora, Flöte/Piccolo
Teun Wisse, Blockflöte
Kelsey Maiorano, Oboe
Sérgio Pires, Es-Klarinette
Mariella Bachmann, Bassklarinette
Rocío Fernández Alvarez,
Kontrafagott
Eveline Balz, Horn
Krystian Jarosz, Trompete
Jon Roskilly, Posaune
Domenico Zizzi, Tuba
Matthias Würsch/Roman Bayani,
Cimbalon
Alice Belugou, Harfe
Introduzione
Presto minaccioso e lamentoso
Recitativo
Aria – Adagio molto
Assel Abilseitova, Celesta
Oded Geizhals, Schlagzeug I
Elliot Harrison, Schlagzeug II
Dean Georgeton, Schlagzeug III,
Bertrand Gourdy, Schlagzeug IV
Cécile Unternährer, Schlagzeug V
Jacobo Hernández, Violine I
N.N., Violine II
Sara Barros, Viola
Nuala McKenna, Violoncello
Sven Kestel, Kontrabass (a.G.)
Amador Buda Fuentes Manzor,
solo Klavier
Leitung: Olivier Cuendet
Pause
György Kurtág
Hommage à Mussorgsky für Klavier solo
aus Játékok (Spiele) Band III (ca. 1979)
Amador Buda Fuentes Manzor,
Klavier
Modest Mussorgsky
(1839–1881)
Lieder und Tänze des Todes (1875–77)
Laura Binggeli, Mezzosopran
Martyna Smolińska, Klavier
(Text: Arseni Golenischtschew-Kutusow)
I Wiegenlied
György Kurtág
Messages de feu demoiselle R.W. Troussova Ensemble DIAGONAL
Botschaften der verstorbenen R.W. Troussowa Kelsey Maiorano, Oboe
für Sopran und Ensemble op. 17 (1976–80)
(Text: Rimma Dalos)
Sérgio Pires, Klarinette
Eveline Balz, Horn
Johannes Michael Rath,
Mandoline (a.G.)
Matthias Würsch, Cimbalon
Alice Belugou, Harfe
Helga Karen, Klavier
Assel Abilseitova, Celesta
Lucía Carro Veiga, Schlagzeug I
Oded Geizhals, Schlagzeug II
Elliot Harrison, Schlagzeug III
Dean Georgeton, Schlagzeug IV
Cécile Unternährer, Schlagzeug V
Junya Makino, Violine
Martina Kalt, Viola
Philippe Schnepp, Kontrabass (a.G.)
Eva Oltiványi, Sopran (a.G.)
Leitung: Jürg Henneberger
Weitere Veranstaltungen Im Rahmen von «Messages à György Kurtág»
Symposium Kurtágs Gesten
Sa 30.4.2016, 10:00–12:00 und 14:00–16:00, Klaus Linder-Saal, Musik-Akademie Basel
Kurtág Kaleidoskop
Sa 30.4.2016, 17:00, Grosser Saal, Musik-Akademie Basel
Von Machaut bis Kurtág
Sa 30.4.2016, 19:30, Leonhardskirche Basel
György Kurtág - Signs, Games and Messages
21.04.–28.05.2016, Ausstellung in der Vera Oeri-Bibliothek
Texte
Wiegenlied
Wimmerndes Stöhnen, das Kind liegt im Fieber;
Einsam die Mutter noch wacht.
Sachte verglimmt schon das Licht immer trüber,
Bald ist vorüber die Nacht.
Da, in des Morgenscheins dämmerndem Grauen
Pocht an die Türe der Tod!
Auf fährt die Mutter, entsetzt, ihn zu schauen...
«Hast zu erschrecken nicht not!
Kaum hältst du auf mehr die sinkenden Lider,
Fallen ermattet dir zu;
Bist ja so müde, so lege dich nieder;
Ich bring dein Kind schon zur Ruh!
Kennst nicht die richtigen schläfernden Lieder,
Ich kenn ein besseres als du!»
Stille! o sieh, wie es qualvoll sich windet,
machst ihm nur größere Pein!
«Wart nur, gar bald bei mir Ruhe es findet.
Schlafe, mein Kindchen, schlaf ein!»
Starr seine Augen und bleich seine Wangen,
Lass dein Singen, lass sein!
«Gutes kündet's, sein Leid ist vergangen.
Schlafe mein Kindchen, schlaf ein!»
Fort, du Entsetzlicher!
Mit deinem Liede tötest mein Kind du, halt ein!
«Nein, schon umschattet es himmlischer Friede.
Schlafe mein Kindchen, schlaf ein!»
Wehe! Hab Mitleid doch!
Schon' meinen Kummer!
Schweige, erbarme dich mein!
«Siehst du, da liegt es und lächelt im Schlummer.
Schlafe, mein Kindchen, schlaf ein!»
Botschaften der verstorbenen R.W. Troussowa
I. EINSAMKEIT
«Ich habe aufgehört zu lächeln,
II. ETWAS EROTISCHES
«…Auch dieses Lied setzte ich, gegen meinen
der eisige Wind lässt meine Lippen erkalten.
Nun gibt es eine Hoffnung weniger
daür aber ein Lied mehr.»
Willen
dem Spott und der Beschimpfung aus,
denn der Seele ist liebende Stilte
eine schreiende Pein.»
(Anna Akhmatova)
(Anna Akhmatova)
1. In einem Raum
In einem Raum von
6x4 Metern
unter 6000 Atmosphären Druck der Einsamkeit
mit 400000 Grad Fieber
von unerfüllten Wünschen
– friert ein Mensch.
2. Der Tag fiel
Der Tag fiel wie eine Guillotine,
der Tag, bedeckt mit Versprechungen,
mit dem Retten des Unrettbaren,
mit Lüge, Spiel, Intrigen,
und mit neuen Wahrheitsflicken
auf den Lumpen von Lügen und Feigheit.
Aufgebrochenes Siegel der Einsamkeit
eines leeren Daseins,
verbliebene Krumen des Vertrauens,
eingeklemmt zwischen zwei Küssen.
«Und wenn ein lrrlicht Euch die Wege weisen soll,
So müsst lhr's so genau nicht nehmen.»
(Faust I, Walpurgisnacht)
1. Fieber
Fieber, Fieber, Fieber,
Fieber des Wunsches...
Ich habe Durst nach dir,
wie nach dem Wasser des Lebens,.
Klebe dich an mich
mit der Länge deiner Beine
mit der Brust, mit der Höhle deines Bauches,
spüre die Seide meiner Haut
an deinen nervigen Fingern.
Dein Kuss erlöst mich nicht,
er vergiftet.
Ich will dich ganz nehmen, restlos.
Siehst du nicht,
wie ich dich wünschend verbrenne?
2. Zwei Verflochtene
Zwei sich verflechtende Körper,
sie sind rot, weiss, schwarz.
Tobsüchtiger Cenuss
der Liebeszärtlichkeit.
Meine rosarote Haut
glüht von deinen Küssen.
Dein Gesicht erblich
von der zurückgedrängten Sehnsucht.
3. Warum
sollte ich nicht
wie ein Schwein quieken,
wenn alle grunzen ringsherum?
4. Tschastuschka
Beiss meinen Kopf,
beiss meine Brust!
lch stehe nackt vor dir
beiss mich irgendwo!
III. BITTERE ERFAHRUNG –
SÜSSE UND KUMMER
«…und eine fatale Freue war dabei,
auf den geheiligten Mysterien herumzutrampeln,
und auf dem krankhaften Herzensvergnügen
diese bittere Leidenschaft, ähnlich dem Absinth.»
(Alexandre Blok)
1. Du nahmst das Herz
Du nahmst das Herz
âuf die Handfläche
und kehrtest sie vorsichtig um...
10. Liebe mich
Liebe mich,
verzeih' mir,
meine Wünsche sind so einfach.
2. Große Not
Große Not
– Liebe.
Gibt es grösseres Glück?
11. Vergeltung
Auge für Auge,
Liebe für Liebe.
Dann die süsse Scham:
Busse auf Abschlag zu zahlen.
3. Kiesel
Mein Geliebter
schenkte mir Kiesel.
Ich freue mich ihrer Buntheit.
4. Die dünne Nadel
Die dünne Nadel des Leidens
geht durch mein Herz.
So sterbe ich.
5. Ich weiss, mein Geliebter
Ich weiss, mein Geliebter
braucht mich nicht.
Und doch schlafe ich ruhig.
6. Welken von herbstlichen Blumen
Welken von herbstlichen Blumen,
unendliches Fallen des Regens.
So verlässt das Leben die Natur.
7. Ich suche in dir meine Rettung
Ich suche in dir
meine Rettung und
finde meinen Absturz.
8. Dein häufiges Verschwinden
Dein häufiges Verschwinden,
Brüche der Erinnerung.
Kein Zusammenhang der Handlung,
doch gibt es einen anderen Zusammenhang:
Man nennt ihn Zeit.
9. Ich ohne dich
Ich ohne dich
wie jene Frau im Bad
mit abgeschnittener Brust.
12. Spielzeug
Hör bitte keinen Vorwurf in meinen Worten:
Ich war ein Spielzeug und dachte,
ich sei die Heldin.
13. Warum sagtest du
Warum sagtest du
jene furchtbaren Worte
während des Regenschauers?
14. Im Schauer
lm Schauer
gieriger Blicke
stand ich entblösst bis zu den Knochen.
15. Für alles
Für alles,
was wir je zusammen taten,
bezahle ich.
EPILOG von Alexandre Blok,
den die Verstorbene leidenschaftlich liebte:
«Fliege, wie diese feurige Nacht entflogen
Und dabei verschwunden ist, diese Nacht,
damals...
Du, Zeit, wische Erinnerungen aus.
Und bestreue den Weg mit Schnee.»
(Ein grauer Morgen, am 29. November 1913)
Aus dem Russischen übertragen von György Dalos
Zum Programm
Answer(s) to Unanswered Question(s)
György Kurtág a tissé d’innombrables liens avec des musiques et compositeurs de toutes les époques de Machaut aux contemporains – enracinant son œuvre profondément dans l’histoire de la musique. Ces
références sont parfois simplement un titre ou un numéro d’opus: the answered unanswered question
de Ligatura répond énigmatiquement à The unanswered question de Charles Ives ou Quasi una fantasia
op. 27 no 1 se réfère à la sonate op. 27 no 1, quasi una fantasia de Ludwig van Beethoven. Mais parfois
aussi c’est un mouvement entier qui est cité, disséqué, recomposé comme le final de la Cantate op. 31 de
Anton Webern dans le quatuor Officium breve. Cette dernière œuvre est un remarquable exemple de la
synthèse que Kurtág réussit à faire entre le dodécaphonisme strict de la deuxième école de Vienne et le
diatonisme le plus pur tel que dans la Sérénade de Szervansky, oeuvre également largement citée dans
ce quatuor.
Quasi una Fantasia est la première des œuvres spatialisées de Kurtág. Son matériel provient d’une
musique de scène qu’il avait écrite pour le Songe d’une nuit d’été de William Shakespeare et on peut en
trouver l’esprit aussi dans les citations en exergue au début du deuxième mouvement - Wie ein
Traumeswirren - et au final :
… Es nehmet aber
Und gibt Gedächtnis die See,
Und die Lieb auch heftet gleissig die Augen,
Was bleibet aber…
La littérature russe compte énormément pour György Kurtág. Après avoir dû l’apprendre à l’école, il a
«réappris» le russe par passion et le maîtrise parfaitement. Botschaften der verstorbenen R.W. Troussowa
compte parmi ses œuvres les plus importantes et a marqué son époque. La densité et complexité de ces
miniatures ont fait dire à Marta, sa femme, qu’il avait essayé de peindre des anges sur une épingle (mais
c’est impossible, ajoute-t-elle en riant!). La musique explore avec une richesse et une variété de moyens
inouïes les textes de la poétesse russe Rimma Dalos, entre poésie, érotisme, humour et désespoir.
Olivier Cuendet, Corsanico, 24 mars 2016