Hochschule für Musik Von Machaut bis Kurtág Ensemble DIAGONAL für Zeitgenössische Musik u.a. Samstag, 30. April 2016, 19.30 Uhr Leonhardskirche Basel Eintritt frei, Kollekte zugunsten des Stipendienfonds Im Rahmen von «Messages à György Kurtág» Konzerte und Gespräche zum 90. Geburtstag Ensemble DIAGONAL der Hochschule für Musik, Leitung: Olivier Cuendet Kammerchor der Hochschule für Musik, Leitung: Raphael Immoos Ensemble Troxalida, Studierende der Hochschule für Musik, der Schola Cantorum Basiliensis und Schülerinnen und Schüler der Musikschule Basel György Kurtág (*1926) Eine Blume für Gabriella Garzo aus Játékok (Spiele) Band V (ca. 1979) Amador Buda Fuentes Manzor, Klavier Kammerchor der Hochschule für Musik Klárisok für gemischten Chor a cappella Kammerchor der Hochschule für Musik (1950) (Text: József Attila) Béla Bartók (1881–1945) Bild und Spiegelbild für Klavier aus Mikrokosmos Band VI (1926–39) Amador Buda Fuentes Manzor, Klavier György Kurtág Glocken (Hommage à Strawinsky) und Zorniger Choral für Klavier vierhändig aus Játékok Band IV (ca. 1979) Christina Zheng und Alma Koch, Klavier (Musikschule Basel) Hoquetus für Klavier vierhändig aus Játékok Band I (ca. 1973) Christina Zheng und Alma Koch, Klavier (Musikschule Basel) Guillaume de Machaut Hoquetus David (ca. 1300–1377) György Kurtág Hoquetus Arrangement von Olivier Cuendet UA der Fassung für alte Instrumente Kyrie für Klavier vierhändig aus Játékok Band IV (ca. 1979) «Troxalida» Ozan Karagöz, Tenor Ivo Haun, Tenor Breno Quinderé, Bariton Csongor Szántó, Bariton (Schola Cantorum Basiliensis) Akine Fukai, Lydia Pacevicius, Lea Sobbe, Emile ter Schegget, Blockflöten Daphné Schneider, Violine André Lislevand, Anna Danilevskaia, Teodoro Baù, Viola da Gamba Leitung: Conrad Steinmann (Schola Cantorum Basiliensis) Christina Zheng und Alma Koch, Klavier (Musikschule Basel) Guillaume de Machaut Kyrie aus Messe de Nostre Dame (vor 1365) «Troxalida» Mit Intavolierungen nach MS Groningen, Ozan Karagöz, Tenor Universitätsbibliothek, Incunabulum no. 70 Ivo Haun, Tenor Breno Quinderé, Bariton Csongor Szántó, Bariton Veit Jakob Walter, Clavisimbalum (Schola Cantorum Basiliensis) György Kurtág Für Dóra Antals Geburtstag für Klavier aus Játékok Band VI (ca. 1997) Amador Buda Fuentes Manzor, Versetto: Temptavit Deus Abraham? für Orgel aus Játékok Band VI (ca. 1997) Alexandra Weidlich, Orgel Klavier György Kurtág Ligatura Y für Violine, Viola und Violoncello HannaH Walter, Violine aus Jelek, játékok és üzenetek (Signs, Sophie Wahlmüller, Viola Games and Messages) (1989–1997) Mathilde Raemy, Violoncello Az hit aus Die Sprüche des Péter Bornemisza für Violoncello solo (1998) György Kurtág Mathilde Raemy, Violoncello Brefs messages für neun Instrumente op. 47 Ensemble DIAGONAL (2010) I Fanfare, à Olivier Cuendet II Versetto: Temptavit Deus Abraham [apokrif organum] III Ligatura Y IV Bornemisza Péter: Az hit… Kelsey Maiorano, Englischhorn Sérgio Pires, Klarinette Mariella Bachmann, Bassklarinette Silvan Purtscher, Horn Krystian Jarosz, Trompete Jon Roskilly, Posaune Jacobo Hernández, Violine Sara Barros, Viola Yeji Hwang, Violoncello Pause György Kurtág Mémoire de Laïka (1990, rev. 2001) Vater und Sohn (*1954) Robert Schumann (1810–1856) Märchenerzählungen für Klavier, Klarinette Mariella Bachmann, Klarinette und Viola op. 132 (1853) I Lebhaft, nicht zu schnell III Ruhiges Tempo, mit zartem Ausdruck György Kurtág Elektronisches Studio Basel Hommage à R. Sch. für Klarinette, Viola und Klavier op. 15d (1990) Merkwürdige Pirouetten des Kapellmeister Johannes Kreisler – Vivo Sophie Wahlmüller, Viola Helga Karen, Klavier Mariella Bachmann, Klarinette Sophie Wahlmüller, Viola Helga Karen, Klavier E[usebius]: Der begrenzte Kreis... – Molto semplice, piano e legato ...und wieder zuckt es F[lorestan] schmerzlich um die Lippen... – Feroce, agitato Felhövalék, mársütanap... (Töredék-Töredék) / Je fus de l’ombre, et le soleil est de retour... (Fragment-Fragment) – Calmo, scorrevole In der Nacht – Presto Abschied (Meister Raro entdeckt Guillaume de Machaut) – Adagio, poco andante György Kurtág Virág az ember (Blumen die Menschen, nur Blumen) 1A für Klavier aus Játékok Band I (ca. 1973) Christina Zheng, Klavier (Musikschule Basel) Anton Webern (1883–1945) Konzert für neun Instrumente op. 24 (1934) György Kurtág Präludium und Choral für Klavier aus Játékok Band V (ca. 1979) Christina Zheng (Musikschule Basel) Knoten 2 für Klavier aus Játékok Band II (ca. 1979) Alma Koch, Klavier (Musikschule Basel) Antiphone in fis für Klavier aus Játékok Band II (ca. 1979) Christina Zheng, Klavier (Musikschule Basel) Etwas lebhaft Sehr langsam Sehr rasch Johann Sebastian Bach Du heilige Brunst, süsser Trost. Choral (1685–1750) aus der Motette Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf BWV 226 (1729) György Kurtág Ensemble DIAGONAL Diana Muela Mora, Flöte Kelsey Maiorano, Oboe Sérgio Pires, Klarinette Silvan Purtscher, Horn Krystian Jarosz, Trompete Jon Roskilly, Posaune Junya Makino, Violine Sara Barros, Viola Laura Chihaia, Klavier Kammerchor der Hochschule für Musik Virág az ember (Blumen die Menschen, nur Blumen) 1B für Klavier vierhändig aus Játékok Band I (ca. 1973) Christina Zheng und Alma Koch, Klavier (Musikschule Basel) Messages für Chor und Orchester op. 34 Kammerchor Hochschule für Musik V Inscriptions on a Grave in Cornwall (1995) VI Blumen die Menschen – an Zoltán Kocsis in memoriam Ottó Kocsis (1995) Ensemble DIAGONAL Ana Banovic, Flöte I Diana Muela Mora, Flöte II Zofia Neugebauer, Flöte III Eveline Balz, Horn I Silvan Purtscher, Horn II Roman Bayani, Cimbalon Alice Belugou, Harfe Martyna Smolińska, Klavier Laura Chihaia, Pianino Assel Abilseitova, Celesta Oded Geizhals, Pauke Elliot Harrison, Schlagzeug Cécile Unternährer, Schlagzeug Dino Georgeton, Schlagzeug Junya Makino, Violine I Jacobo Hernández, Violine II Sara Barros, Viola Yeji Hwang, Violoncello I Amedeo Fenoglio, Violoncello II Sven Kestel, Kontrabass (a.G.) Leitung: Olivier Cuendet Zum Programm György Kurtág hat immer wieder mit seiner Frau Marta Klavierrezitale vierhändig gegeben, in denen eigene Werke abwechselnd mit seinen Bearbeitungen von Johann Sebastian Bachs Kompositionen erklangen. Die Programme waren sehr sorgfältig zusammengestellt und die Übergänge von einem Stück zum nächsten wurden so begriffen und geübt, dass das Konzert als Ganzes eine spirituelle und klangliche Reise darstellte, wie ein neues, in sich abgeschlossenes Werk. Das Programm unseres Konzertes ist ebenfalls in diesem Geist erstellt worden: Die Stücke befragen sich gegenseitig, antworten einander über die Jahrhunderte hinweg und bilden ein Ganzes, in dem sie ein unfertiges, aber aufschlussreiches Portrait der vielfältigen Inspirationen und der Tiefgründigkeit der musikalischen und poetischen Welt Kurtágs geben. Jatékók (Spiele) nimmt einen zentralen Platz in seinem Werk ein. Diese Sammlung, die aus unzähligen Werken für Klavier besteht (der 9. Band ist in Vorbereitung) war zunächst als pädagogisches Projekt gedacht (Band 1) ähnlich dem Mikrokosmos von Belá Bartók, das Kurtág als Vorbild diente. Aber sehr bald haben diese Stücke, von denen die Mehrheit sehr kurz gehalten sind, eine Art Tagebuch gebildet, voll mit Hommagen, Mitteilungen an Komponisten, Freunde, Nahestehende, Verstorbene oder Lebende, aber auch als Labor zum Testen neuer Ideen, die Kurtág oft später in seinen grösser dimensionierten Werken weiterentwickelt hat. Man findet hier u.a. den spielerischen Umgang mit der Musik oder dem Geist seiner Vorbilder – Stravinsky oder Machaut beispielsweise. In seinem Hoquetus zitiert Kurtág nicht Machauts gleichnamiges Werk (Hoquetus David), sondern übernimmt lediglich dessen eigenartige Kompositionstechnik und verleiht damit einfachen Tonleiter-Fragmenten eine neue Frische. Beim Schreiben der Brefs messages (kurze Botschaften) hat Kurtág eigene Werke aufgenommen und bearbeitet; wir werden hier die vier Originalstücke vor den vier neukomponierten Sätzen für Ensemble hören können. Ich hatte das Glück bei einem dieser Momente der «Neukomposition» dabei sein zu dürfen. Kurtág versuchte, in dem er auf dem Klavier herumtatastete, eine dritte Stimme zu einem Duo hinzuzufügen, das er einige Jahre zuvor geschrieben hatte. «Ich suche die Dissonanz, um die bereits geschriebenen Stimmen aufzufrischen und herauszufordern ohne sie jemals zu unterdrücken.» Am Ende – zufrieden mit dem Ergebnis (das nur provisorisch war, denn am nächsten Tag sollte er alles verwerfen und neu beginnen) – drehte er sich mit einem Lächeln zu mir um: «Jetzt siehst du, wie ich es mache, du kannst dasselbe tun…». Robert Schumann und Anton Webern gehören zu den Komponisten, die György Kurtág am meisten bedeutet haben – verwandte Seelen wie auch musikalische Vorbilder. Man findet in seinem Werk ständig Spuren der Webernschen Techniken und der Poetik Schumanns. Wie Letzterer kann er schlagartig die Stimmung wechseln, vom Tragischen zum Komischen und dabei mit zwei Tönen eine poetische Welt schaffen; die Intervallsprünge, die Rhythmik und die Vehemenz des Präludium klingen wie ein Echo der abstrakten Poesie des Konzerts von Webern. Zum Abschluss unseres Programms erklingt der Beitrag von György Kurtág zu einem Requiem der Versöhnung, von dem je ein Teil von einem anderen Komponisten geschrieben wurde (Wolfgang Rihm, Luciano Berio, Krzysztof Penderecki, Alfred Schnittke…). Dieser Epilog zitiert eine Innschrift, die auf einem Grabstein in Cornwall gefunden wurde: Virág az ember, Der Mensch ist eine Blume… Olivier Cuendet, Corsanico, 24. März 2016 (Übersetzung: Anja Wernicke, Georges Starobinski)
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