Zweistelliges Wachstum für 2015 ist drin

Thema der Woche|EMS-Forum EMS-Firmen ziehen eine positive Bilanz
Zweistelliges Wachstum
für 2015 ist drin
Die CEOs und Manager von 14 EMS-Firmen mit Hauptsitz in Zentraleuropa trafen sich
auf Einladung der Markt&Technik zum EMS-Forum 2015. Trotz unterschiedlicher Firmengrößen
und Leistungsspektren beantworteten alle Teilnehmer die Frage
nach der wirtschaftlichen Situation einhellig: Es läuft aktuell gut für die Branche.
Unwägbar sind die Auswirkungen im Automotive-Umfeld aufgrund des VW-Skandals.
EMS Round Table
Die Teilnehmer
Felix TimmermannAsteelflash
Werner WielandBebro
Stephan Baur
BMK Electronics
Dr. Werner Witte Bus Elektronik
Thomas KaiserCCS
Michael Velmeden cms electronics
Wolfgang Peter
elektron systeme
Roland Hollstein
Grundig Business Systems
Gerd OhlLimtronik
Herbert Schmidproductware
Bernd EnserSanmina
Rüdiger Stahl
TQ Group
Arthur Rönisch
Turck Duotec
Johann Weber
Zollner Elektronik
Moderation: Karin Zühlke, Markt&Technik
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W
erner Wieland, Geschäftsführer von
bebro, rechnet mit 60 Mio Umsatz
für sein Unternehmen mit Hauptstandort in Frickenhausen: »Wir haben deutlich
zugelegt gegenüber dem Vorjahr und sehen
wirtschaftliche Situation positiv sowohl beim
Neukundengeschäf als auch bei den Bestandskunden.«
Für BuS Elektronik brachte das letzte Jahr einige Neuerungen: Das EMS-Unternehmen mit
Hauptsitz im sächsischen Riesa wurde von der
niederländischen Neways-Gruppe übernommen. Dr Werner Witte, ehemals Geschäftsführer der BuS Elektronik, verantwortet die ehemaligen BuS-Standorte Riesa und Decin
weiterhin als Geschäftsführer. Der BuS-Entwicklungsstandort Erfurt hingegen ist nun direkt der Entwicklungsgesellschaft von Neways
in den Niederlanden unterstellt: »Die Geschäftsenwicklung von Neways wird durch BuS
Elektronik signifikant beeinflusst. Mit einem
Gruppenumsatz von 120 Mio. Euro trägt BuS
über ein Viertel des Gesamtgruppen-Umsatzes
bei, der sich laut Witte 2015 im Bereich der
400-Mio.-Euro-Marke bewegen wird. Die Geschäftserwartung und Entwicklung im laufenden Jahr bezeichnet Witte als »positiv bis sehr
positiv, teils leicht über dem Vorjahr«. Der Treiber bei BuS ist traditionell etwa zur Hälfte die
Automotive-Industrie.
Das österreichische EMS-Unternehmen cms
electronics hat im letzten Jahr seinen Footprint
in Richtung Deutschland erweitert und verfügt
damit aktuell über Standorte in Österreich, Ungarn und Deutschland. Geschäftsführer Michael Velmeden erwartet für 2015 70 bis 80 Mio.
Euro Umsatz. »Wir haben uns stark entwickelt,
aber der Margendruck ist spürbar. Wir sehen,
dass der Markt immer wettbewerbsfähiger
wird, und bei bestehenden Aufträgen belastet
www.elektroniknet.de
Nr. 49/2015
BuS Elektronik trauert
Dr. Werner
Witte ist tot
Dr. Werner Witte, Geschäftsführer von
BuS Elektronik, ist am 9. November im
Alter von 61 Jahren verstorben.
Von seinem überraschenden Tod sind
der Vorstand, das Management-Team,
der Betriebsrat und die gesamte Belegschaft des Unternehmens zutiefst
betroffen. Zum aktuellen Zeitpunkt
kann noch keine Aussage zur Nachfolge von Dr. Werner Witte getroffen
werden. Bis dahin werden die beiden
weiteren Geschäftsführer Huub van
der Vrande und Paul de Koning zusammen mit dem erfahrenen Management-Team aus Riesa die Geschäfte
fortführen. (zü)
uns der US-Dollar. Das kann sich erst wieder
lösen bei Neuprojekten.«
Johann Weber, Vorstandsvorsitzender von Zollner Elektronik, hat aktuell eine Belegschaft von
weltweit 9200 Mitarbeitern und im letzten
Jahr mit seinem Untenehmen knapp die
1-Mrd.-Euro-Umsatz-Grenze überschritten:
»Wir sind auch 2015 bislang zufrieden mit der
Entwicklung, obwohl von Region zu Region
durchaus Unterschiede bestehen. In Asien, vor
allem in China, spüren wir Einschränkungen,
weil dort nicht mehr das große Wachstum zu
erkennen ist, mit 20 Prozent Zuwächsen und
„
Gerd Ohl, Limtronik
Unsere Geschäftsentwicklung
ist positiv verlaufen, das Wachstum
kommt vor allem aus Projekten
mit Bestandskunden.
Automotive-Projekte könnten sich
aufgrund des VW-Skandals
allerdings noch etwas
hinziehen.
Nr. 49/2015
“
www.elektroniknet.de
mehr. Es tritt eine gewisse Sättigung ein. Das
Geld sitzt vor Ort nicht mehr so locker, und der
Export kann nicht in dem großen Volumen umgesetzt werden, wie prognostiziert.« Als Herausforderung bezeichnet Weber die Tatsache,
dass die Komplexität der Produkte kontinuierlich steigt und immer mehr die Anforderung
an den EMS gestellt wird, einen konpletten
Produktlebenszyklus abzubilden.
Auf einen sehr positiven Geschäfsverlauf in
diesem Jahr blickt Artur Rönisch, Geschäftsführer von Turck duotec. Er freut sich über ein
zweistelliges Wachstum und einen Umsatz von
etwa 60 Mio Euro. »Eventuell wird das nächste Jahr aber Dämpfer bekommen durch VW«,
gibt Rönisch zu bedenken.
Auch Rüdiger Stahl, Geschäftsführer von TQ,
Elektronik-Dienstleister und Embedded-Anbieter, berichtet von einer erfolgreichen Geschäftsentwicklung: »Wir haben die Integration des Werkes in Durach erfolgreich abgeschlossen und unseren Umsatz 2014 inklusive Durach um 15 Prozent steigern können.
Auch im aktuellen Geschäftsjahr haben wir
Steigerungen von rund 15 Prozent zu verzeichnen.«
Mit Standorten in Limburg und den USA und
einer Umsatzgröße von etwa 30 Millionen Euro
zählt Limtronik zu den kleineren Mittelständlern, die hierzulande ein essenzieller Bestandteil der EMS-Landschaft sind. »Unsere Geschäftsentwicklung ist positiv verlaufen, das
Wachstum kommt vor allem aus Projekten mit
Bestandskunden«, berichtet Gerd Ohl, Geschäftsführer von Limtronik. »Automotive-Projekte könnten sich aufgrund des VW-Skandals
allerdings noch etwas hinziehen.«
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Für productware mit Sitz in Dietzenbach rechnet dessen Geschäfsführer Herbert Schmid mit
einem Jahresumsatz von etwa 13 Mio Euro.
Auch productware hat als kleiner EMS einen
breiten Absatzmarkt gefunden, und der liegt
– aktuell wohl zur Freude von Schmid – nicht
im Automotive-Segment. »Wir bedienen alle
Branchen mit Ausnahme von Automotive und
Consumer und haben aus diesem Grund aktuell auch keine Probleme mit Automotive. Den
Markt sehen wir als sehr stabil und positiv. –
Wir konnten von 2013 auf 2014 eine Steigerung von 16 Prozent verbuchen, von 2014 auf
2015 werden es in etwa 10 Prozent Steigerung
sein.«
Thomas Kaiser, Geschäftsführer der international ausgerichteten Schweizer CCS Gruppe,
sieht für CCS ein sehr gutes Wachstum in Asien wie auch in Deutschland. Die Schweiz hin-
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de.farnell.com
Thema der Woche|EMS-Forum „
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Herbert Schmid, productware
Werner Wieland, Bebro
Wir bedienen alle Branchen
außer Automotive und Consumer
und haben daher aktuell auch keine
Probleme mit Automotive.
Den Markt sehen wir als sehr stabil
und positiv.
Wir haben deutlich zugelegt
gegenüber dem Vorjahr und sehen
die wirtschaftliche Situation positiv,
sowohl beim Neukundengeschäft
als auch bei den Bestandskunden.
gegen stagniere bzw. sei leicht rückläufig, so
Kaiser. »Insgesamt werden wir aber etwas
wachsen durch unser internationales Set Up.
Durch das Schweizer Franken/Euro-Währungsthema hatten wir eine zusätzliche Hürde zu
meistern, die wir aber kompensieren konnten
durch unsere internationale Aufstellung.« Für
die Schweizer EMS-Landschaft sieht Thomas
Kaiser in den nächsten Jahren eine Konsolidierung kommen unter den Anbietern, die nicht
international aufgestellt sind.
zierung mit eigenen Produkten.« Aktuelles
Flaggschiff-Produkt von Elektron ist ein Bauteil-Zähler für SMD-Gebinde. Aber auch das
EMS-Geschäft soll weiter ausgebaut werden.
“
Ein sattes Wachstum von 15 bis 20 Prozent
und gute Perspektiven für das kommende Jahr
verkündet Wolfgang Peter, zuständig für die
strategische Unternehmensentwicklung von
Elektron. Der Kunden-Schwerpunkt des Unternehmens liegt im Industrie- und Medizinsektor: »Neben dem EMS-Geschäft bieten wir
seit 2012 auch Entwicklungsdienstleistungen
an und gehen den Weg in Richtung Diversifi-
„
Roland Hollstein, Grundig Business Systems
Unser Problem ist, das für uns
überdurchschnittliche Wachstum
zu managen und die entsprechenden Mitarbeiter zu finden.
An unserem Standort in Bayreuth
ist das nicht ganz so einfach.
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“
“
Felix Timmermann, Procurement Director
EMEA von Asteelflash, ist »guter Dinge«, dass
das Unternehmen im nächsten Jahr die Milliarden-Euro-Umsatz-Grenze überschreiten
wird. »Besonders erfreulich ist die Entwicklung
in Europa. Wir konnten in Deutschland den
Umsatz sogar um 30 Prozent steigern und
werden das Wachstum im nächsten Jahr voraussichtlich so fortführen, dank einiger Großaufträge.« Astelleflash liefert stark in Volkswagen und betrachtet die Entwicklung laut
Timmerman dort »mit Interesse«. Noch sei es
zu früh, die Auswirkungen beurteilen zu können, erklärt Timmermann.
Mit 75 Standorten in 25 Ländern und einem
Jahresumsatz von 6,2 Mrd. Dollar beschäftigt
Sanmina rund 42.000 Mitarbeiter weltweit
und ist vertreten durch Bernd Enser, Vice President Global Automotive, der größte EMS am
runden Tisch: »Die allgemeinen Marktprognosen decken sich mit unserem Geschäft. Wir
sehen Steigerungen in Europa. Nachdem wir
in Dollar buchen, konnten wir aber den Gesamtumsatz nicht steigern«, erklärt Enser.
Auch in China sieht er, wie zuvor schon Johann
Weber von Zollner, das Wachstum etwas gebremst. In EMEA sind laut Enser die Steigerungen überproportional hoch, und das nicht nur
durch Neuproduktionen, sondern auch durch
Rückverlagerungen aus Fernost. »Wenn sich
das so weiterentwickelt, sehen wir sehr positiv
in die Zukunft.«
Roland Hollstein, Geschäftsführer von Grundig
Business Systems, beziffert seinen Umsatz auf
rund 20 Mio. Euro. Das Unternehmen kommt
aus der Eigenproduktentwicklung und wechselt seit etwa vier Jahren das Geschäftsmodell
in Richtung EMS-Anbieter für Deutschland.
»Wir haben die richtigen Schritte eingeleitet
und sind breit aufgestellt, von der Automobilbranche über Medizin bis hin zu Consumer,
und fühlen uns insgesamt sehr wohl damit.
Unser Problem ist eher, das für uns überdurchschnittliche Wachstum zu managen und die
entsprechenden Mitarbeiter zu finden. An unserem Standort in Bayreuth ist das nicht ganz
so einfach.«
Stephan Baur, Mit-Gründer, Geschäftsführer
und Gesellschafter der BMK-Gruppe, beschreibt das Wachstum des Augsburger Unternehmens für 2014 als sehr stark und als eher
moderat für das laufende Jahr. Neuerungen
hat Baur auch zu melden: »Wir bewegen uns
mehr und mehr vom nationalen hin zum subglobalen Anbieter. Zudem sind wir 2015 stärker
in den Automotive-Bereich eingestiegen und
treiben das entsprechend vorwärts. Damit sind
wir auch bisher sehr zufrieden.« Aber wie seine Branchenkollegen sieht auch Baur, dass das
Automotive-Geschäft gewisse Unwägbarkeiten birgt, weil die Projekte sehr großvolumig
sind. Insgesamt ziehen die in der Runde vertretenen EMS-Firmen also durchweg eine positive Bilanz für das laufende Jahr, was nicht
zuletzt für die aufstrebende Entwicklung der
EMS-Industrie in Deutschland als essenzieller
Bestandteil der Wertschöpfungs- und Lieferkette spricht.
Über die Herausforderungen, Chancen und
Entwicklungen im Einzelnen berichten die
nachfolgenden Beiträge. (zü)
■
„
Felix Timmermann, Asteelflash
Besonders erfreulich
ist die Entwicklung in Europa.
Wir konnten in Deutschland den
Umsatz sogar um 30 Prozent
steigern und werden das
Wachstum im nächsten Jahr
voraussichtlich so fortführen,
dank einiger Großaufträge.
www.elektroniknet.de
“
Nr. 49/2015
Elektronikdienstleistungen im »Low Cost Country«
TCO-Betrachtung vs.
Kosten-Flatrate
Das Vorurteil, die Fertigung in Asien sei günstig,
aber dafür qualitativ weniger gut, ist längst obsolet.
Was sind die Trigger für einen EMS, im so genannten Low Cost Country
zu fertigen oder eben nicht? Das haben führende Vertreter
der Branche auf dem Markt&Technik-Forum diskutiert.
N
och vor wenigen Jahren war die Verlagerung in die Low Cost Countries
»en vogue« – es gab sogar Einkäufer,
die feste LCC-Quoten auf dem Zettel hatten.
Inzwischen halten sich Vor- und Nachteile oft
die Waage und die Einkäufer bzw. Entscheider
hinterfragen vermehrt Sinn und Zweck der
Verlagerung. »Ich denke dass der Begriff ’Low
Cost Country’ out ist«, sagt Johann Weber,
Vorstandsvorsitzender von Zollner Elektronik.
Vielmehr ist seiner Ansicht nach absolut entscheidend, wo das Produkt eingesetzt wird.
Wird das Endprodukt in Asien auf den Markt
kommen, macht auch eine Fertigung an Ort
und Stelle Sinn. Zudem, so Weber, gibt es von
den Kunden in einigen Fällen die Forderung,
dass 60 bis 70 Prozent des Value Adds in dem
Land stattfinden muss, wo das Produkt eingesetzt wird.
Eine Pauschalantwort auf die Frage, ob »verlagern, ja oder nein« gibt es sicher nicht. Es
kommt – wie immer – auf die Summe der Rahmenbedingungen an. Wer in Deutschland entwickelt und die Komponenten von hier nach
China liefern muss, hat zum Beispiel von vornherein verspielt, weil die Preise für Bauelemente in China wie auch im Rest Asiens oft
deutlich niedriger sind und zusätzlich eine
Einfuhr nach China mit hohen Zöllen belegt
wird.
Die unterschiedliche Preisgestaltung für elektronische Bauelemente führt nach Ansicht von
Wolfgang Peter, Business Development von
elektron, zu einer Wettbewerbsverzerrung, die
vor allem zu Lasten der kleineren EMS geht:
»Wir haben zum Beispiel ein GSM-Modul eines deutschen Herstellers gekauft, das in
Asien 30 Prozent günstiger verkauft wird. Mit
welcher Berechtigung?« Die Mehr-KlassenGesellschaft ist anhand dieses Beispiels
deutlich sichtbar, wird aber mittelfristig kaum
zu ändern sein. So müssen die Standorte
Nr. 49/2015
www.elektroniknet.de
„
Bernd Enser, Sanmina
Im Gesamtbild spielt es
auch für uns eine große Rolle,
wo wir für wen fertigen. Es ist nicht
jedes Produkt und jedes Design
für jeden Markt oder jede Art von
Fertigungsmethode gemacht.
“
Deutschland und Europa durch andere Vorzüge punkten.
»Keine Frage des Preises«
Einer davon ist die Flexibilität: »Für die Kunden ist die Flexibilität immens wichtig. Ich
muss enorm schnell kommunizieren können ,
insofern sind Zeitzonen dann hinderlich«, gibt
Arthur Rönisch zu bedenken, Geschäftsführer
von Turck duotec. »Die Kostenstrukturen haben sich gewandelt, das Mehr an Personalkosten macht die Transportkosten wieder wett.
Es ist viel wichtiger, sich zu fragen: Wohin
entwickeln sich die Märkte? Das muss mehr
der Trigger sein«, ergänzt Michael Velmeden,
Geschäftsführer von cms electronics.
Wo gefertigt wird, ist nach Meinung von Thomas Kaiser, CEO der CCS Gruppe, darüber hinaus nicht so sehr eine Frage des Preises, sondern eher der Logistik: »Es gab immer die
Unkenrufe, dass die Asiaten schlechtere Qua-
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The True Vertical
Integrator
Herstellung vom ersten
bis zum letzten Schritt:
Epitaxie, Chipproduktion
und Packaging
Vertrieb durch:
Beck Elektronik
Tel.: 09 11 9 34 08-0
[email protected]
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Thema der Woche|EMS-Forum lität abliefern, aber das kann man so nicht
sagen. Daher muss man immer die Rahmenbedingungen des Produktes genau festlegen,
um zu entscheiden, wo gefertigt wird.« Neben
der Logistik und den Transportkosten spielen
auch Betreuungskosten vor Ort, wie Dienstreisen, eine Rolle. »Und nicht zu vergessen die
Geheimhaltung«, ergänzt Weber.
tierung wie Zeitverschiebung und Finanzierung der Lagerbestände müssen aber in die
Betrachtung mit einfließen. Im Gesamtbild
spielt es auch für uns eine große Rolle, wo wir
für wen fertigen. Es ist nicht jedes Produkt
und jedes Design für jeden Markt oder jede
Art von Fertigungsmethode gemacht.«
„
Arthur Rönisch, Turck duotec
Dass die Qualität in Asien oder anderen LowCost-Regionen wie Südamerika schlechter als
in Europa ist, können auch die anderen Diskussionsteilnehmer in der Runde nicht bestätigen. »Unsere mexikanischen und chinesischen Kollegen fertigen in bester Qualität«,
unterstreicht Rönisch. Zu Ungunsten einiger
Low-Cost-Regionen fallen hingegen Argumente wie Naturkatstrophen und politische
Instabilität ins Gewicht.
Für die Kunden
ist die Flexibilität sehr entscheidend.
Ich muss enorm schnell
kommunizieren können,
insofern sind Zeitzonen
dann hinderlich.
Viele in der Markt&Technik-Runde vertretenen EMS haben eine Tandem-Fabrik in einer
Low-Cost-Region in Asien, Südamerika oder
den Maghreb-Staaten. Sie können also relativ
flexibel agieren, je nachdem wie der Wind
und die Stimmung in punkto »Verlagerung«
gerade steht. Für kleine EMS ohne verlängerte Werkbank ist es hingegen essenziell, wie
die Stimmung im Hinblick auf die Verlagerung
ist: »Die Frage ist doch auch, ob Asien kleinere Kunden mit kleineren Stückzahlen überhaupt will. Wir haben jetzt auch in unserem
Bereich die Situation, dass Kunden wieder zurückgekommen sind mit mittleren Losgrößen«, erklärt Herbert Schmid, Geschäftsführer
von productware. »Die Frage nach der Verlagerung hat auch etwas mit der Konjunktur
und den Kapazitäten zu tun und was der Kunde vorgibt zu benötigen. Oft geht man mit
Zahlen nach Asien, die dann nicht erfüllt wer-
den.« In solchen Fällen wird der Kunde dann
schnell unattraktiv für die Fertigungen in Asien oder anderen vermeintlichen »Billigregionen«.
“
Ein gutes Bindeglied in die Low Cost Countries
bieten hier diejenigen EMS, die selbst Fabriken
vor Ort oder Partner haben oder mit mehreren
Tausend Mitarbeiter komplett global agieren,
wie zum Beispiel Sanmina oder Zollner dies
tun. Stellt sich für diese globalen Player die
Frage nach dem Fertigungsstandort überhaupt
noch? »Unter dem Blickwinkel des TCO (Total
Cost of Ownership) spielt es sehr wohl eine
Rolle, wo produziert wird«, antwortet Bernd
Enser, Vice President Global Automotive von
Sanmina. »Wenn ein Kunde von vorneherein
sagt, er bevorzuge Fernost aus Kostengründen,
dann betrachtet er nur einen Teil der Wertschöpfung. Die anderen Faktoren zur Projek-
Der große Low-Cost-Vorteil ist dann gegeben,
wenn ein Stück weit die Eqipment-Investition
durch Manpower ersetzen werden kann, aber
wenn ein Produkt nicht für die automatische
Fertigung gemacht ist, dann bringt diese Kostenbetrachtung relativ wenig. Die Baugruppe
wird immer SMD-lastiger, und daher ist es
letztlich nachrangig, wo die Maschine steht.
»Jede neue Produktentwicklung hat einen
niedrigeren Handfertigungsanteil. Das heißt
über die Produktentwicklung wird der Anreiz,
in ein LCC (Low Cost Coutry) zu gehen, immer
geringer«, so Felix Timmermann, Procurement
Director EMEA von Asteelflash. »Aus diesem
Grund wird sich die gesamte Lieferkette in
Richtung TCO orientieren. Man hat zudem gesehen, dass bestimmte Dinge nicht funktionieren und dass man mehr betrachten muss
als nur reine Kosten-Flat-Rates«, fasst Enser
zusammen.
Bei Neudesigns ist es also ratsam, genau hinzuschauen, bevor die Entscheidung zum Produktionsstandort gefällt wird: »Unser Markt
ist sehr transparent geworden, und wir fördern
das auch mit der Open-Book-Philosophie. Damit kann jeder Kunde eine seriöse TCO-Betrachtung machen. Insofern wird er sich in
seinem Markt für den richtigen Partner entscheiden«, so Kaiser.
Der EMS kann den Markt heute zudem mehr
denn je auch aktiv beeinflussen, indem er sich
für bestimmte Fertigungsstandorte entscheidet: »Die Marktstärken in Bezug auf die
Dienstleistungen haben sich ausbalanciert. Es
ist eine unternehmerische Entscheidung des
EMS, wo er vertreten sein möchte und wo
nicht«, erklärt Kaiser weiter.
Felix Timmermann bricht abschließend noch
eine Lanze für die Europa-Anrainer-Staaten:
»Wir haben zwei Werke in Tunesien. Das Land
stellt sicherlich auch Herausforderungen, aber
der Weg, den dieses Land in den letzten zwei
Jahren zurückgelegt hat, ist wirklich beeindruckend. Dort ist eine Motivation zu spüren,
die fulminant ist. Das ist ein toller Produktionsstandort mit Stundenlöhnen, die es auf
dem Festland Europa nirgends gibt, und es ist
nahe. Wir haben hier in der Region EMEA tolle Produktionsländer, die man nicht vergessen
sollte!« (zü)
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www.elektroniknet.de
Nr. 49/2015