Monatspredigt 07/2015

Predigt über Jakobus 3,1-18
Die Macht des positiven Redens
Liebe Gemeinde
Es gibt die Redewendung: „Referenten bekommt man leichter als
Putzfrauen“. Zur Zeit des Jakobus war es höchst begehrenswert, ein Lehrer
zu werden. Viele rissen sich darum, die christliche Gemeinde lehren zu
dürfen. Das ist zunächst einmal positiv. Viele waren bereit zur Mitarbeit. Viele
wollten sich engagieren. Viele wollten der Gemeinde am Wort dienen. Von
Predigermangel keine Spur. Dennoch warnt Jakobus: Liebe Brüder, nicht
jeder von euch soll ein Lehrer werden; und wisst, dass ihr ein desto
strengeres Urteil empfangen werdet (Vers 1). Jakobus zeigt auf: Lehrer sein
ist eine grosse Verantwortung. Würde ist auch Bürde. Ehre hat ihren Preis.
Wer die Gemeinde lehren will, muss bereit sein, grosse Verantwortung zu t
ragen. Auch jeder von uns trägt eine Verantwortung, wenn er das Wort
ergreift. Also: Mitarbeiter sind gesucht. Auch Redner sind gesucht. Doch
welche Kriterien müssen sie erfüllen? Was ist ihre Qualifikation? Der richtige
Redner ist gesucht.
Der richtige Redner beherrscht seine Worte. Für Jakobus ist klar: Wer Lehrer
wird, bleibt dennoch ein Sünder. Denn wir verfehlen uns alle mannigfaltig
(Vers 2). Beim Reden ist die Gefahr besonders gross, Fehler zu machen.
Wer sich aber im Wort nicht verfehlt, der ist ein vollkommener Mann und kann
auch den ganzen Leib im Zaum halten (Vers 2). Wer viel redet, macht mehr
Fehler mit Worten. Wer im Lehrerberuf ist, braucht umso mehr Vergebung.
Jeder Lehrer sagt Wahres und Falsches nebeneinander. Darum fordert
Paulus die Gemeinde auf: Prüfet aber alles, und das Gute behaltet (1
Thessalonicher 5,21).
Es ist aber möglich, sich selbst zu beherrschen. Ja, es gibt eine Stelle, von
der aus man den ganzen Leib zügeln kann, sagt Jakobus. Das illustriert er
mit zwei Beispielen. Das erste Beispiel ist der Zaum, den man den Pferden
ins Maul legt (Vers 3). Mit dem Zaum, der doch so leicht ist, lenken wir den
ganzen Leib des Pferdes. Das zweite Beispiel ist das Ruder (Vers 4). Ein
kleines Steuerruder bestimmt den Kurs eines grossen Schiffes. Genauer:
Der Wille des Steuermannes, der sich des Ruders bedient. Jakobus
schliesst: So ist auch die Zunge ein kleines Glied und richtet grosse Dinge
an (Vers 5). Die Zunge hat Macht. Worte haben Macht. Siehe, ein kleines
Feuer, welch einen Wald zündet’s an (Vers 5)! Das Feuer ist das dritte Bild.
Ein Streichholz, achtlos weggeworfen, kann zu einem riesigen Waldbrand
führen. So verheerend kann die Zunge wirken. Wie vernichtend können
Worte sein. Sie können eine ganze Biografie zerstören. Beim sündigen
Menschen richtet die Zunge grossen Schaden an. Ihre Bosheit stammt von
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der Hölle. Menschliche Worte haben grossen Einfluss auf die Geschichte
genommen. Aber sie schaden nicht nur der Umwelt, sondern auch dem
Redner selbst. Nach einem Wortwechsel oder manchem Witz fühlen wir uns
wie beschmutzt. Es ist leichter, wilde Tiere zu zähmen, als seine Zunge zu
zügeln. Die Zunge ist unruhig, haltlos, wankelmütig. Mal redet sie so, mal so.
Sie richtet viel Unheil an. Menschen werden durch sie in den Tod getrieben,
teilweise zum Suizid. Oder der Mensch zieht sich selber den geistlichen Tod
zu, weil ihn seine Worte in die Verdammnis bringen. Jakobus schärft uns
einmal mehr ein, welche Verantwortung ein Lehrer trägt. Wer das
Evangelium lehrt – in der Kinderarbeit, in der Jugendarbeit, im Hauskreis, im
Gottesdienst, in der Seelsorge –, sollte seine Zunge beherrschen. Das geht
nicht ohne den ernsten Willen, aber auch nicht ohne göttliche Bewahrung.
Der richtige Redner ist gesucht. Richtig redet, wer seine Zunge beherrscht.
Und richtig redet, wer eindeutig redet. Wie viele Möglichkeiten liegen in
unseren Worten! Wir können loben oder fluchen, danken oder kritisieren. Wir
haben eine Zunge, die zu Gutem und Schlechtem fähig ist. Mit ihr loben wir
den Herrn und Vater, und mit ihr fluchen wir den Menschen, die nach dem
Bilde Gottes gemacht sind (Vers 9). Es kann passieren, dass wir im
Gottesdienst singen und beten und, kaum haben wir die Kirche verlassen,
über unseren Mitmenschen herziehen. Das darf nicht sein. Unter Christen
hat das keinen Platz. Es ist möglich, daran zu arbeiten und Fortschritte zu
machen. Der Heilige Geist hilft uns dabei. In seiner Kraft können wir Sünden
mit Worten ablegen und überwinden. Es ist möglich, dass Segen aus
unserem Mund hervorgeht. Wie geht das ganz praktisch? Ein Segen ist z. B.
ein freundlicher Gruss, ein ermutigendes Wort, ein Zuspruch, ein
Kompliment, ein Lob, ein Dank, einen Angegriffenen in Schutz nehmen, ein
Wort einlegen für einen Verleumdeten, Anteil nehmen an Freude und Leid,
oder die Fürbitte. Dem positiven Reden sind keine Grenzen gesetzt.
Lernen wir von der Natur. Die Natur ist eindeutig. Keine Quelle lässt aus
einem Loch süsses und bitteres Wasser fliessen (Vers 11). Kein
Feigenbaum bringt Oliven hervor, und kein Weinstock Feigen (Vers 12).
Denkt Jakobus hier nicht auch an die Wiedergeburt, die uns eine neue Natur
vermittelt, aus der eigentlich nur das Gute hervorkommen kann? Auf jeden
Fall sucht Gott bei uns Eindeutigkeit. Eindeutigkeit ist ein Segen. Eindeutiges
Reden bringt Frucht für Gott und baut die Gemeinde auf.
Liebe Gemeinde
Der positive Redner ist gesucht. Der positive Redner beherrscht seine Worte.
Er redet eindeutig. Und er ist sanftmütig. Das ist der letzte Aspekt, den
Jakobus zum Thema „positives Reden“ beleuchtet. Jakobus sagt aller
Diskutierlust den Kampf an. Auch aller ehrgeizige Egoismus bei Lehrern wird
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entlarvt. Was die Welt verlacht, das segnet Gott: Demut, Sanftmut, Güte,
Unbestechlichkeit. Woran erkennt man den richtigen Lehrer? Am guten
Wandel. Wer ist weise und klug unter euch? Der zeige mit seinem guten
Wandel seine Werke in Sanftmut und Weisheit (Vers 13). Der Lebenswandel
ist das Entscheidende. Wodurch qualifiziert sich ein Lehrer also? Nicht durch
seinen Intelligenzquotienten, sein philosophisches Flair, seine Rednergabe
oder seine gesellige und sympathische Art. Jakobus nennt drei ganz andere
Kriterien. Das erste lautet: Werke. Werke des Lehrers sind sein Umgang mit
Gott, mit Menschen und mit der ihm anvertrauten Lehre. Das zweite Kriterium
ist Sanftmut. Lehrer werden leicht in Lehrdiskussionen verstrickt und zu
verbalen Entgleisungen gereizt. Sie stehen ständig im Schaufenster und
müssen jedes Wort auf die Goldwaage legen. Sie werden immer getestet
und kritisiert. Da ist ein sanftmütiges Wesen notwendig. Das dritte Kriterium
ist die Weisheit. Sie macht sanftmütig und demütig, weil sie Gott fürchtet.
Jesus fordert seine Jünger auf: Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir;
denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig (Matthäus 11,29).
Lehre und Leben gehören zusammen. Es ist Gottes Gnade, wenn wir positiv
reden und sanftmütig leben können. Bitten wir Gott, dass er uns mit seiner
Weisheit erfüllt. Die göttliche Weisheit ist friedfertig, nicht streitsüchtig. Wenn
der persönliche Ehrgeiz zurücktritt, ist ein friedliches Zusammenleben in der
Gemeinde möglich. Die göttliche Weisheit ist gütig, nachgiebig, mild. Sie
lässt sich etwas sagen. Sie hört auf den Heiligen Geist und lässt sich von ihm
führen. Sie ist auch korrekturfähig gegenüber dem, was die
Glaubensgeschwister sagen. Sie ist reich an Barmherzigkeit. Sie lässt sich
von der Not des anderen bewegen, selbst wenn dieser schuldig geworden
ist. Sie ist reich an guten Früchten. Die göttliche Weisheit bringt Früchte am
Lehrer selbst und Früchte an den Gemeindegliedern, die in ihm einen guten
Lehrer haben. Die göttliche Weisheit ist unparteiisch. Die Lehrer schauen
nicht auf das Aeussere einer Person, sie behandeln alle gleich. Zum Schluss:
Die göttliche Weisheit ist ohne Heuchelei. Sie schmeichelt sich nicht ein. Sie
täuscht nichts vor. Sie ist echt. Ein Lehrer darf sein, wer er ist. Die göttliche
Weisheit bringt Entspannung in sein Leben.
Strecken wir uns nach dieser Weisheit aus, liebe Gemeinde. So rüstet uns
Gott zu, dass wir brauchbare Lehrer und Redner werden. Er hilft uns, dass
unser Reden positive Auswirkungen hat. Bitten wir Gott, dass er unser Reden
segnet. Beginnen wir heute damit, Gott zu loben und die Mitmenschen
aufzubauen.
Amen
31-5-2015, Madeleine Koch-Stoll, Pfrn., Adelboden
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