Sammelband „Assistive Gesellschaft“

CfP: Sammelband „Assistive Gesellschaft“
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Call for Papers
Sammelband „Assistive Gesellschaft“
Peter Biniok (Hrsg.)
HINTERGRUND
Wir leben immer „in Gesellschaft“ – zusammen mit anderen Personen und Lebewesen, aber
auch mit Technologien und Objekten. Zunehmend kommt diesen „Gesellen“ eine spezifische
und neue Rolle zu, denn sie beschützen uns, sie helfen uns, sie steuern uns, sie helfen uns bei
unseren Entscheidungen. Kurz: Sie sind unsere Assistenten. Sehr deutlich wird dies an
„Echo“, einem schwarzen Zylinder, der „hören“ und „sprechen“ kann – Amazon lädt ausgewählte Kunden ein, diesen Assistenten als „Teil der Familie“ zu erproben, um das Informationsangebt zu verbessern.
Wie dieses Beispiel zeigt, wird die Technisierung der Lebens- aber auch der Arbeitswelt im
Einklang mit sich verstärkenden Kompensations- und Steigerungsversprechen vorangetrieben.
Diese Entwicklung lässt sich unter der Perspektive von Assistenz und deren zunehmender
Ausdifferenzierung und Komplexitätssteigerung versinnbildlichen. Hier sind z.B. aktuelle
Diskurse und Forschungsaktivitäten zu mehr Lebensqualität im Alter, zu autonomem Leben
und Wohnen unter verschiedenartigen Beeinträchtigungen sowie zu unterstützenden Produkten, Dienstleistungen und Institutionen zu nennen. Aber auch weniger technikbasierte Themenfelder und Fragestellungen wie assistierte Reproduktion oder assistierte Sterbehilfe rücken derzeit in den gesellschaftlichen Fokus.
Eine grundlegende Systematisierung und Analyse einer „assistiven Gesellschaft“ ist bislang
noch offen. Dabei lassen sich Assistenzen auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen
Kategorien finden. Vor allem geraten technische, soziotechnische und personengebundene
Formen der Assistenz ins Blickfeld.
Technische Assistenten reichen hierbei von der sensorgesteuerten Einparkhilfe über satellitengestützte Bordnavigation bis hin zu Autopiloten. Außerdem assistieren Technologien dem
Menschen bei der digitalen Selbstvermessung und -protokollierung, als Pflegeroboter sowie
als autonome Softwareagenten bei der Exploration des World Wide Web. Assistenz bezieht
sich dabei mehr und mehr auf den Einsatz intelligenter und adaptiver Technologien. Soziotechnische Assistenz ist dann gekennzeichnet durch ein interaktives Zusammenwirken von
Mensch und Technik in entsprechenden Konstellationen und Systemen. Assistenzen reichen
hier vom Herzschrittmacher über computerassistierte Chirurgie bis hin zum Bereich „Ambient
Assisted Living“ (AAL). Assistenzleistungen sind schließlich auch personengebunden. Beispiele dafür sind der Butler, der Forschungs- oder Laborassistent sowie der Assistent der Geschäftsführung. Zudem existieren staatliche oder zivilgesellschaftliche Institutionen (z.B.
Agentur für Arbeit) und zahlreiche existenzunterstützende Projekte und Einrichtungen (etwa
Deutsche Tafel e.V.), die Bedürfnisse und Problemlagen assistiv bearbeiten.
Trotz der Omnipräsenz und Heterogenität assistiver Konzepte, Konfigurationen und Konstellationen sind wissenschaftliche Publikationen, die sich mit der Ausgestaltung, der Verbreitung
und der Wirkung von Assistenz in allen vorfindbaren Formen beschäftigen, selten. Der Sammelband „Assistive Gesellschaft“ möchte diese Lücke schließen. Ziel ist es, die Rolle von Assistenzen in der Gesellschaft sowohl theoretisch zu erörtern und zu konzeptualisieren, als auch
deren Wechselwirkungen in praktischen Anwendungsfeldern zu analysieren.
Dr. Peter Biniok | Hochschule Furtwangen | Fakultät Gesundheit, Sicherheit, Gesellschaft
Robert-Gerwig-Platz 1 | 78120 Furtwangen | Tel. +49 7723-920-2958 | [email protected]
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BEITRÄGE
Willkommen sind multi-, inter- und transdisziplinäre Beiträge, die entweder einen theoretischkonzeptionellen, anwendungsbezogenen und/oder empirischen Schwerpunkt aufweisen. Mögliche Fragen einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Assistenz sind:
Sprachliche Dimension: Was kann „Assistenz“ im Einzelnen bedeuten? Wie hat sich der
Begriff in historischer Perspektive entwickelt? Welche Semantiken sind damit verbunden? Wie lässt er sich von angrenzenden Begriffen (z.B. Automation, Mediatisierung, Digitalisierung, Coaching, etc.) abgrenzen? Wie lassen sich ostentative und performative
Bedeutungen von Assistenz unterscheiden?
Gesellschaftliche Dimension: Inwiefern und bis zu welchem Grad soll/kann/muss/darf
eine Gesellschaft „assistiv“ bzw. „assistiert“ sein? Wer initiiert die Entwicklung und Integration von Assistenzen? Welche Interessen sind damit verbunden? Welche disruptiven
Verschiebungen von Werten und normativen Zuordnungen (z.B. Verantwortung) werden
durch Assistenzen hervorgerufen? Wie gestaltet sich die Dynamik einer assistiven Gesellschaft?
Konzeptionelle/empirische Dimension: Wie lassen sich die Formate, Felder und Werkzeuge von Assistenz systematisieren? Welche Unterscheidungskriterien müssen dafür
herangezogen werden? Wie lässt sich der Nutzen von Assistenzen empirisch vermessen?
Wie muss eine Risikofolgenabschätzung von Assistenzen aussehen und wo sind dieser
Abschätzung wiederum Grenzen gesetzt? Wo finden sich Erklärungsgrenzen des Assistenzbegriffs?
Subjektdimension: Inwiefern und aus welchen Gründen begeben sich Individuen in assistive Zusammenhänge oder werden in diese gezwungen? In welchen Fällen und auf
welche Weise verbessert oder beschränkt Assistenz die Lebenssituation? Inwiefern führen
Assistenzen zu veränderten/neuen Subjektmodellen? Welche Bedürfnisse werden durch
Inanspruchnahme von Assistenzen repräsentiert? Welche Folgen (z.B. Abhängigkeiten,
Gewöhnung, Verhaltensänderungen) für das Individuum erwachsen daraus?
Handlungspraktische Dimension: Welche Rollenverteilungen finden sich in den verschiedenen Assistenzformen? Inwiefern besitzen die für Assistenzen genutzten Technologien Handlungsträgerschaft? Und wie äußert sich diese Agency in Konfigurationen verteilter Aktion und Interaktion? Welche Rollenverteilungen finden sich innerhalb soziotechnischer Zusammenhänge?
Kulturelle/visuelle Dimension: Welche Bedeutung kommt Assistenzen in den Medien zu
(z.B. Assistenzen in Ermittlerteams, Ko-Kommentatoren bei Sportveranstaltungen)? Welche kulturellen Muster entstehen hierbei und/oder verändern sich? Wie hat sich das Bild
von Assistenz, das medial vermittelt wird, gewandelt?
PUBLIKATIONSORT
Der Sammelband erscheint als Teil der Buchreihe „Öffentliche Wissenschaft und gesellschaftlicher Wandel“ bei Springer VS (Wiesbaden) im Sommer 2016.
Vorschläge in Form eines Abstracts (max. 500 Worte) richten Sie bitte bis 31. August 2015 an
den Herausgeber. Über die Annahme Ihres Beitrags werden Sie bis zum 05. Oktober 2015 informiert. Die vollständigen Beiträge müssen bis zum 28. Februar 2016 vorliegen.
KONTAKT
Dr. Peter Biniok ([email protected])
Dr. Peter Biniok | Hochschule Furtwangen | Fakultät Gesundheit, Sicherheit, Gesellschaft
Robert-Gerwig-Platz 1 | 78120 Furtwangen | Tel. +49 7723-920-2958 | [email protected]