Fall Zauberkünstler Zauberkünstler Z benötigt einen

Fall Zauberkünstler
Zauberkünstler Z benötigt einen Bühnenhintergrund für seine neue
Show. Er besitzt einen alten Hintergrund, den U, Spezialist für
Bühnenrequisiten, so übermalen soll, dass er in die neue Show
passt. Z und U einigen sich über die Details und verabreden, dass
der Bühnenhintergrund am 1. Oktober, neun Tage vor der ShowPremiere am 10. Oktober, fertig gestellt werden soll. Z zahlt sofort.
Nachdem U die Hälfte der Malarbeiten erledigt hat, vergisst er den
Auftrag. Als Z am 1. Oktober bei U nach dem Hintergrund fragt,
fällt U der Auftrag wieder ein. Er liefert das halbfertige Werk und
bringt vor, er werde den Hintergrund nicht mehr fertigstellen, da er
in den Urlaub fahre. Wütend erklärt Z, er werde die halbfertige
Wand zwar „annehmen“, sich jedoch vorbehalten „wegen dieser
Schlamperei die ihm zustehenden Rechte geltend zu machen“. Z
sucht anschließend D auf, der den Hintergrund rechtzeitig zu Ende
fertigt. Z verlangt den Lohn des D von U ersetzt.
Lösung
Z könnte gegen U einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die
Selbstvornahme gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 I BGB haben.
I. Dazu müsste zwischen Z und U ein Werkvertrag bestehen, § 631 BGB.
Sie haben sich darüber geeinigt, dass U den Bühnenhintergrund passend zur
neuen Show des Z übermalen soll. U schuldet Z mithin einen Erfolg. Z und U
haben daher einen Werkvertrag geschlossen.
II. Das Werk müsste einen Sach- bzw. Werkmangel aufweisen. Dabei handelt es sich um die Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der SollBeschaffenheit. Möglicherweise liegt eine Abweichung von der vertraglich
vereinbarten Beschaffenheit vor, § 633 II 1 BGB. Z und U haben vereinbart,
dass U den gesamten Bühnenhintergrund übermalen soll. U hat dies jedoch
nur zur Hälfte getan. Damit weicht das Werk von der vertraglich vereinbarten
Beschaffenheit ab
(Hinweis: Es wäre auch möglich, hier auf eine Zuweniglieferung iSd § 633 II 3
2. Alt abzustellen. Die Unvollständigkeit eines Werkes wird als Minus behandelt1. Die Abweichung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit ist jedoch die speziellere Regelung.)
III. Der Sachmangel müsste bei Gefahrübergang vorgelegen haben. Nach
hM handelt es sich dabei um die Abnahme des Werkes. Fraglich ist, wann
diese stattgefunden hat. Als Z die Wand am 1. Oktober von U wieder zurücknahm, war sie nur zur Hälfte übermalt. Bei der Abnahme handelt es sich um
einen sogenannten „Doppeltatbestand“. Dieser erfordert zum einen die körperliche Entgegennahme des Werkes und zum anderen das Einverständnis
am „im Wesentlichen vertragsgemäß“.
Im vorliegenden Fall hat Z jedenfalls das Werk körperlich entgegengenommen. Er hat es jedoch zum Ausdruck gebracht, dass er mit der Arbeit des U
keineswegs zufrieden ist. § 640 II BGB ermöglicht jedoch auch die Abnahme
eines mangelhaften Werkes. Mithin kann auf das Merkmal „im Wesentlichen
vertragsgemäß“ auch verzichtet werden. Dies gilt umso mehr, wenn – wie im
vorliegenden Fall – für den Besteller kein Grund besteht, die Fertigstellung
noch zu verlangen. In der Erklärung, er werde das Werk „annehmen“ liegt
mithin eine Abnahme vor. Zu diesem Zeitpunkt war die Wand nur halb bemalt,
folglich lag der Mangel bei Gefahrübergang vor.
IV. Die Gewährleistung könnte ausgeschlossen sein. Vertraglich Ausschlussgründe kommen zwar nicht in Betracht. Das Gesetz schließt die Gewährleistung jedoch grundsätzlich aus, wenn der Besteller den Mangel bei der Abnahme kennt, § 640 II BGB. Etwas anderes könnte jedoch gelten, wenn sich
U die Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehalten hat, § 640 II
2. Hs BGB. Z hat erklärt, er behalte sich vor, die ihm zustehenden Rechte geltend zu machen. Ob er dabei den Aufwendungsersatz oder andere Gewähr1
BGH NJW 2002, 816
leistungsrechte aus § 634 BGB im Blick hatte, ist nicht von Belang. Entscheidend ist, dass er trotz Abnahme den Mangel nicht hinnehmen will. Z hat sich
daher die Gewährleistungsrechte bei der Abnahme vorbehalten. Es liegt kein
Ausschlussgrund vor.
Zwischenergebnis: Es lag ein Sachmangel bei Gefahrübergang vor, sodass Z
die Rechte aus § 634 BGB zustehen.
V. Z verlangt von U seine Aufwendungen für die Arbeiten bei D ersetzt. Mithin begehrt er Aufwendungsersatz iSd § 637 I BGB. Voraussetzung dafür ist
eine erfolglose Fristsetzung zur Nacherfüllung. Eine solche hat Z dem U jedoch nicht gesetzt. Sie könnte jedoch gemäß §§ 637 II 1, 323 II Nr. 1 BGB
entbehrlich sein. Dazu müsste U die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert haben. U erklärte Z, dass er in den Urlaub fahre und die Malarbeiten
deshalb nicht fertigstellen werde. Mithin liegt eine ernsthafte, endgültige Verweigerung vor. Die Fristsetzung ist entbehrlich.
VI. Z müsste Aufwendungen zur Mangelbeseitigung gemacht haben. Aufwendungen sich freiwillige Vermögenseinbußen. Indem Z den D dafür bezahlt
hat, die Requisite fertigzustellen, hat er Aufwendungen getätigt.
VII. Die Aufwendungen müssten erforderlich gewesen sein, §§ 634 Nr. 2, 637
I BGB. Dies bedeutet, dass aus wirtschaftlicher Sicht geeignete und Erfolg
versprechende Maßnahmen zur Mangelbeseitigung als Aufwendungsersatz
geltend gemacht werden können. Die Beauftragung des D war dazu geeignet,
das Bühnenbild rechtzeitig bis zur Show fertigzustellen. Die Aufwendungen
waren mithin erforderlich.
Ergebnis: Z hat gegen U Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die
Selbstvornahme gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 I BGB.