60 Jahre BW - Niedersächsischer Landtag

Bernd Busemann
Präsident des Niedersächsischen Landtages
Grußwort
anlässlich des Festaktes „60 Jahre Bundeswehr“
am 30.11.2015, 17.00 Uhr, im Landtag
Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede,
heute feiern wir hier im Niedersächsischen Landtag das 60-jährige Bestehen der Bundeswehr. In diesem Jahr blicken wir auf sechs Jahrzehnte Bundeswehr zurück. Wir würdigen
damit eine Armee in der Demokratie und für die Demokratie, eine Armee im Dienst für
Frieden und Freiheit.
Lassen Sie uns kurz in die Vergangenheit zurückblicken: Nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 und der Befreiung vom Nationalsozialismus schien
es damals innerhalb und außerhalb Deutschlands undenkbar, dass es wieder deutsche
Streitkräfte geben könnte. Seinerzeit war die Meinung verbreitet, dass Frieden nur noch
möglich sei, wenn Deutschland nie wieder in die Lage versetzt wird, seine Nachbarn militärisch zu bedrohen.
Die offizielle „Geburtsstunde“ der Bundeswehr ist der 12. November 1955. An diesem Tag
ernannte der erste Verteidigungminister der Bundesrepublik Deutschland, Theodor Blank,
in Bonn die ersten 101 Freiwilligen zu Soldaten. Ganz bewusst wurde der 12. November
gewählt, weil es der 200. Geburtstag des preußischen Generals und Militärreformers
Gerhard von Scharnhorst war.
In den vergangenen 60 Jahren sind viele Millionen Menschen mit der Bundeswehr in Berührung getreten. Die Berufs- und Zeitsoldatinnen und -soldaten sowie die Angehörigen
der Bundeswehrverwaltung, die ehemaligen Wehrpflichtigen und Angehörigen der Reserve haben unsere Armee hautnah erlebt. Oft haben sie ihr unter Inkaufnahme persönlicher
Einschränkungen gedient. Sie haben das Gesicht der Bundeswehr unter sich ständig
wandelnden sicherheitspolitischen Bedingungen mitgeprägt. Auch die Ehepartner und
Familienangehörigen der Soldatinnen und Soldaten sollten wir heute nicht vergessen,
denn auch sie gehören zur Geschichte von sechs Jahrzehnten Bundeswehr.
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Der Blick in die Vergangenheit, die vor 60 Jahren in einer unscheinbaren Kraftwagenhalle
offiziell begann, ist heute Ansporn und Verpflichtung für die Zukunft der sich vor ständig
neue Herausforderungen gestellt sehenden Streitkräfte.
Die Bundeswehr ist zu einer der angesehensten Institutionen in unserem Land geworden.
Die Soldatinnen und Soldaten sowie die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr genießen hohes Ansehen in unserer Gesellschaft. Sie haben über Jahrzehnte
das Vertrauen der deutschen Bevölkerung erworben.
Die deutschen Streitkräfte treten seit 60 Jahren für Freiheit, Sicherheit und Stabilität der
Bundesrepublik Deutschland ein.
Nach der Wiedervereinigung vor 25 Jahren ist die Bundeswehr zu einer „Armee der Einheit“ verschmolzen. Aus Soldaten, die einst verfeindet waren, sind längst Kameraden geworden.
Wir Niedersachsen fühlen uns unseren Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr eng
verbunden. In unserem Bundesland gibt es zahlreiche Standorte von Heer, Streitkräftebasis, Luftwaffe und Marine sowie wichtige Übungsplätze, die auch von unseren ausländischen NATO-Partnern gerne genutzt werden.
Standorte der Bundeswehr sind bei uns fest verwurzelter Bestandteil zahlreicher Städte
und Gemeinden - auch wenn es im Zuge der Truppenverminderung im Jahre 2010 heute
nur noch 34 Standorte mit rund 40.000 Dienstposten der Bundeswehr in Niedersachsen
gibt.
Die Bundeswehr des Jahres 2015 ist eine völlig andere als die des Jahres 1955. Der lange
Jahre bestehende Ost-West-Gegensatz ist als Konfliktbild verschwunden. Polen, Ungarn,
die Tschechische Republik und die Baltischen Staaten sind heute längst unsere NATOPartner. Und auch mit Russland verbinden uns - trotz mancher Dissonanzen - vielfältige
Beziehungen in vielen Bereichen, die beiden Seiten Nutzen bringen.
Neue Konfliktfelder sind entstanden, wenn wir an die mit dem Terrorismus und Fundamentalismus einhergehenden Entwicklungen denken. Die daraus resultierenden Spannungen
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werden uns sicherlich auch militärisch noch länger beschäftigen und erfordern andere und
komplexere Lösungsansätze als früher, weil sich auch die Szenarien längst verändert haben.
Seit 1990 wird die Bundeswehr zu friedenserhaltenden und friedenssichernden Maßnahmen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt. Auch gegenwärtig sind mehr
als 2.700 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr weltweit im Einsatz - und darunter
viele aus Niedersachsen. Sie helfen Menschen in Ländern, in denen Krieg und Bürgerkrieg herrschen, wieder ein Mindestmaß an Sicherheit zu geben.
Gemeinsam mit Streitkräften aus zahlreichen Partnerländern erfüllen deutsche Soldatinnen und Soldaten ihren wichtigen Friedensauftrag. Als zuverlässige Partner stehen sie
weltweit an der Seite unserer Verbündeten. Und überall dort, wo die Männer und Frauen
der Bundeswehr ihren oft schwierigen und gefährlichen Dienst leisten, bewirken sie - lassen Sie mich das hier deutlich sagen - viel Positives.
Dieser Dienst ist andererseits aber auch mit vielen Risiken und Gefahren verbunden - und
so mancher Soldat der Bundeswehr hat dieses Engagement mit seinem Leben bezahlen
müssen.
Der Niedersächsische Landtag hat in Form eines Festaktes zum ersten Mal im Jahre 2002
im Plenarsaal Soldatinnen und Soldaten der 1. Panzerdivision aus Anlass ihrer bevorstehenden Auslandseinsätze verabschiedet. Die letzte Verabschiedung der Soldatinnen und
Soldaten der 1. Panzerdivision anlässlich ihrer Verlegung in die Einsatzländer fand im
Januar 2014 im Plenarsaal des Landtages statt. Auf diese Weise hat der Landtag seine
enge Verbundenheit mit der Bundeswehr und ihren Soldatinnen und Soldaten auf sichtbare Weise zum Ausdruck gebracht.
Auch zukünftig brauchen wir Streitkräfte, die modern ausgestattet sind und professionell
ihre Aufgaben erfüllen.
Die Anpassung der Streitkräfte an ihr neues Aufgabenspektrum, die Optimierung bestehender Strukturen wie auch notwendige Sparmaßnahmen haben andererseits dazu geführt, dass auch in Niedersachsen so mancher Standort seine Soldaten zwischenzeitlich
verabschieden musste.
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Das ist vielen Bürgerinnen und Bürgern in den betroffenen Kommunen sehr schwer gefallen, denn die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr genießen das Vertrauen der Bevölkerung und deren hohe Anerkennung.
Die Soldatinnen und Soldaten erfüllen in einer politisch gegenwärtig hoch komplizierten
Lage, wie die Ereignisse in Afghanistan und in anderen Ländern der islamischen Welt sowie in Afrika zeigen, eine sehr anspruchsvolle und schwierige Aufgabe. Das weiß auch die
Mehrheit unserer Bevölkerung.
Integrationsvermögen, gute Fremdsprachenkenntnisse, die Fähigkeit, sich schnell auf
neue Situationen einzustellen, sind neben einem ausgeprägten Organisationstalent und
der Beherrschung der militärischen Fähigkeiten heute mehr denn je notwendig.
Die Fähigkeit, umzulernen und sich in neue Aufgaben schnell einzuarbeiten, gehört allerdings auch zu den beständigsten Traditionen deutscher Streitkräfte. Bei der Bundeswehr
gilt das Konzept des „lebenslangen Lernens“.
Nicht unerwähnt bleiben darf, dass auch in der gegenwärtigen Flüchtlingssituation das
Engagement der Soldatinnen und Soldaten vorbildlich ist. Die Unterstützungsleistungen
umfassen neben der Unterbringung und Versorgung der bei uns ankommenden hilfesuchenden Menschen auch zunehmend die Hilfe bei der Registrierung und Verteilung der
Flüchtlinge und Asylsuchenden.
Abschließend danke ich allen, die 60 Jahre Bundeswehr zur Erfolgsgeschichte der deutschen Streitkräfte gemacht haben – und ganz besonders Ihnen, den Soldatinnen und Soldaten.