Lesung: „Jesus-ist“-Worte im Johannesevangelium „Jesus ist …“ – Worte aus dem Johannesevangelium Joh 1,1 1,3 1,13 1,29 4,14 4,25f 5,24 Dort steht: Im Anfang war das Wort, der Logos, und der Logos war bei Gott, und von Gottes Wesen war der Logos. Alles ist durch ihn geworden, und ohne ihn ist auch nicht eines geworden, das geworden ist. Das Wort, der Logos, wurde Fleisch und wohnte unter uns. Als Johannes Jesus auf sich zukommen sah, sagte er: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.“ Jesus sagt zur Samaritanerin: „Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, der wird in Ewigkeit nicht mehr Durst haben, nein, das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben sprudelt.“ Die Samaritanerin sagt zu Jesus: Ich weiss, dass der Messias kommt, den man den Gesalbten nennt; wenn jener kommt, wird er uns alles kundtun. Jesus sagt zu ihr: Ich bin es, ich, der mit dir spricht. Amen, amen, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist hinübergegangen aus dem Tod in das Leben. Jesus ist … … ein Teil des dreieinigen Gottes … an der Schöpfung beteiligt. … der Mensch gewordene Gott. … das Opferlamm, das die Sünden beseitigt. … das Lebenswasser, das unseren Lebensdurst endgültig stillt. …der Messias, der Gesalbte, der von Gott Gesandte. … der Spender des ewigen Lebens. Die sieben Ich-bin-Worte, aus denen sich das „Jesus ist …“ von selber ergibt. Jesus sagt: „Ich bin … 6,35 … das Brot des Lebens.“ 8,12 … das Licht der Welt.“ 10,7 … die Türe zu den Schafen.“ 10,11 … der gute Hirte.“ 11,25 … die Auferstehung und das Leben.“ 14,6 … der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater ausser durch mich.“ 15,5 … der Weinstock. Predigt zum Thema „Jesus ist …“ Die Predigt hat drei Teile: Erstens: Zweitens: Drittens: Jesus ist … in der Meinungsvielfalt der Welt. Jesus ist … nach der Bibel Jesus ist … für mich persönlich. Vieles von dem, was ich jetzt sage, werden Sie schon wissen. Ich habe für diese Predigt einen bunten Strauss zusammengestellt. Erstens: Jesus ist … in der Meinungsvielfalt der Welt. Schon zu Lebzeiten Jesu gab es die unterschiedlichsten Meinungen darüber, wer Jesus ist. Einmal fragte er seine Jünger: „Wer sagen die Leute, dass ich bin?“ (Wörtlich: „Für wen halten die Leute den Menschensohn?“) Und er erhielt einige der damals gängigen Auffassungen zu hören. Die wichtigste: „Einer der Propheten.“ (Matthäus 16,13f) Das ist bis heute so geblieben. Die meisten Leute bei uns kennen mindestens den Namen von Jesus und haben irgendeine Meinung über ihn. Für viele ist er guter Mensch, ein Vorbild, ein ethischer Lehrer oder ein Revolutionär. Was einigermassen erstaunlich ist: In allen Religionen kommt Jesus irgendwie vor. Ich beschränke mich auf zwei der grossen Religionen: Im Hinduismus: Vor allem in Indien gibt es viele Hinduisten. Auch bei uns im Westen sind hinduistische Ideen durch Gurus präsent, die Meditationskurse und dergleichen anbieten. Viele hinduistische Gelehrte bringen Jesus grosse Hochachtung entgegen. Sie verehren ihn neben anderen Inkarnationen des Göttlichen. Einer dieser Gelehrten sagte: „Gott ist grösser als Jesus. Würde Gott sich auf eine einzige Inkarnation festlegen, dann würden wir Gott begrenzen und verfügbar machen. Gott ist grenzenlos. Wer könnte diesen Ozean aus-schöpfen?“ Im Islam: Im Koran kommt Jesus, der dort „Isa“ heisst, prominent vor. Er sei in den Himmel aufgenommen worden, heisst es von ihm, was nicht einmal von Mohammed gesagt wird. Er gilt als grosser Prophet. „Sohn Gottes“ kann er nicht sein. Es ist für einen Muslim die grösste Sünde, jemanden an die Seite Allahs zu stellen. Jesus kann auch nicht Erlöser sein. Konsequenter-weise bestreitet der Koran den Tod Jesu am Kreuz. Die Kreuzigung Christi wird in Sure 4, Vers 157 und entsprechend in der islamischen Koranexegese verneint: „Sie haben ihn in Wirklichkeit nicht getötet und auch nicht gekreuzigt. Vielmehr erschien ihnen ein anderer ähnlich, so dass sie ihn mit Jesus verwechselten und töteten.“ Zweitens: Jesus ist … nach der Bibel. Was ist zu den verschiedenen Jesus-ist-Aussagen des ersten Predigtteiles im Licht der Bibel zu sagen? Jesus ist ein Prophet. Was zeichnet einen Propheten aus? Er bekommt von Gott den Durchblick geschenkt, er kann die Gegenwart eines Volkes oder einer Person durchschauen. Er kann gegenwärtige Entwicklungen in die Zukunft verlängern. Die Propheten des Alten Testamentes haben Missstände im sozialen Bereich und in der Beziehung zu Gott angeprangert. Das ist die Analyse der Gegenwart. Und sie haben angekündigt, dass das Volk von einem anderen, stärkeren Volk besiegt werden wird. In diesem Sinn war Jesus durchaus ein Prophet. Er bezeichnet sich selber einmal als solcher: Jesus wird gewarnt, er solle nicht nach Jerusalem gehen, da Herodes ihm nachstelle. Er antwortet: „Ich muss weiterziehen, denn es geht nicht an, dass ein Prophet ausserhalb von Jerusalem umkommt.“ (Lukas 13,33) Seine prophetischen Qualitäten beweist Jesus auch im Gespräch mit der samaritanischen Frau am Brunnen: „Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann“, worauf ihm die Frau antwortet: „Herr, ich sehe, du bist ein Prophet.“ (Johannes 4,18.19) Jesus durchschaute die traurige Gegenwart der Frau. Sie ist überwältigt und sagt ihm, er sei ein Prophet. Jesus sagte auch etwas Zukünftiges voraus, nämlich die Zerstörung des Tempels in Jerusalem. Das ist im Jahr 70 denn auch geschehen. Jesus ist also ein Prophet. Aber er ist unendlich viel mehr als ein Prophet. Jesus ist der Mensch gewordene Gott. Für Hinduisten ist er eine Inkarnation, für uns Christen ist er die Inkarnation. Zwischenbemerkung: Die Silbe „karn“ bedeutet „Fleisch“: „Karneval“ (von frz. „carnaval“, „avaler“, verschlingen) kommt von „Fleisch verschlingen“ – vor der einst fleischlosen Passionszeit. Jesus ist der Fleisch und Blut gewordene Gott. In IHM wurde Gott für uns fassbar, er-fassbar. Jesus ist ein grosses Vorbild. Natürlich ist Jesus unser grosses Vorbild. Wir Christinnen und Christen haben ein grosses Lebensziel: IHM immer ähnlicher zu werden. Ein Beispiel: Jemand spürt, dass er immer wieder da-zu neigt, nicht wahrhaftig zu sein, immer wieder zu lügen. Er biegt die Wahrheit zu seinen Gunsten zurecht, redet schön, greift hie und da zu einer Lüge. Das gefällt Jesus nicht. Ihm ähnlicher zu werden, umfasst drei Schritte: Zuerst ist die Einsicht nötig, dass etwas nicht stimmt. Dann braucht es die Bitte um Vergebung. Wer lügt, schadet den Mitmenschen und letztlich auch sich selber. Im Gebet offen zu Jesus sagen: „Dieser Wesenszug in mir entspricht nicht deinem Willen. Das und das und das tut mir leid, ich bekenne meine Schuld vor dir.“ In einem dritten Schritt folgt die Bitte um „Ausleuchtung“ durch den Heiligen Geist. Den Geist Jesu bitten, in uns Einzug zu halten und die innere Wohnung auszuleuchten. Es ist denkbar, dass wir bei diesem Prozess allein nicht weiterkommen. Möglicherweise hat sich die Unwahrhaftigkeit zu tief in uns eingegraben. Dann kann es angezeigt sein, sich einer seelsorgerlich begabten Person anzuvertrauen. Jesus ist ein grosser ethischer Lehrer. Das ist er! Er hat wichtige ethische Grundsätze aufgestellt. Darunter sind Grundsätze, die andere auch schon formuliert haben wie z.B. „Wie immer ihr wollt, dass die Leute mit euch umgehen, so geht auch mit ihnen um!“ (Matthäus 7,12a) Daneben hört man bei ihm auch völlig Neues, bisher nicht Gehörtes: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“ (Matthäus 5,44) Es ist das Ziel jeder Christin, jedes Christen, sich an der Ethik Jesu zu orientieren. Jesus darf aber nicht auf seine Ethik reduziert werden. Jesus ist mehr als ein Lehrer des Guten. Jesus ist ein Revolutionär. Er hatte durchaus revolutionäre Züge. Er stellte die geltende Wertordnung auf den Kopf. Er pries die Armen selig, er lässt den Weinbauern am Abend allen Arbeitern denselben Lohn geben, unabhängig davon, wie lange sie gearbeitet haben. Jeder bekam so viel, wie er brauchte, um einen Tag lang damit leben zu können. Jesus ist aber kein Revolutionär in dem Sinn, dass er zur Waffe gegriffen hätte. Das lehnte er dezidiert ab. Es ging ihm um unendlich viel mehr als um den Umsturz der aktuellen politischen Verhältnisse. Sein Auftrag war ein anderer: Er wollte unsere Beziehung zum Vater im Himmel auf eine neue Grundlage stellen, indem er unser Erlöser wurde und eine Möglichkeit schuf, um das Problem der Sünde zu lösen. Er überwand die Trennung von Gott für alle, die ihn im Glauben annehmen. Was Jesus im Licht der Bibel auch noch ist: Jesus ist der im Alten Testament Verheissene. Das Alte Testament ist voll von Hinweisen auf Jesus Christus. Vielleicht kommt Ihnen jetzt das Eine oder andere in den Sinn. Sein Kommen war von Gott lange geplant und verheissen. Dieses Thema gäbe eine eigene Predigt. Jesus ist der Wiederkommende. Es ist uns versprochen, dass Jesus ein zweites Mal auf diese Welt kommen wird. Er wird dann als König und Richter erscheinen. Er wird alle Kriege beenden, alles Dunkle ans Licht bringen, alles Wiederherstellen. Niemand weiss, wann das geschehen wird und wie das im Detail aussehen wird. Wichtig ist viel mehr, dass es geschehen wird. Drittens: Jesus ist … für mich persönlich. Dies ist der entscheidende Abschnitt: Wer ist Jesus für mich, für mein Glaubensleben, für meinen Alltag? Am Anfang zitierte ich eine Frage von Jesus: „Für wen halten mich die Leute?“ Nachdem er ein paar gängige Meinungen zu Gehör bekommen hatte, stellte er die Frage: „Und ihr, für wen haltet ihr mich?“ Diese Frage stellt er bis heute: „Und du, für wen hältst du mich? Wer bin ich für dich?“ Er stellt sie jedem und jeder. Es ist die lebensentscheidende Frage. Am Anfang des Gottesdienstes erhielten Sie ein Blatt mit einem kleinen Abbild des zukünftigen „Jesus ist“-Plakates. Wir haben Sie gebeten, etwas für Sie Wichtiges darauf zu schreiben, wer Jesus für Sie ist. Ich habe ein paar Antworten abgeschrieben: (Im ersten Gottesdienstteil füge ich während eines Liedes einige der gegebenen Antworten in meine Powerpointpräsentation ein. Da „Jesus ist der Erlöser“ ziemlich sicher kommt, füge ich es gleich hier ein:) Jesus ist der Erlöser. Das gehört zum Urgrund unseres Glaubens. Jesus erlöst uns aus der Verlorenheit. Er vergibt mir meine Verfehlungen, er befreit mich aus meiner Gottferne. Dank IHM habe ich Zugang zum Vater im Himmel. Für Menschen, die den Glauben gefunden haben, ist das ein Grund zu unendlicher Dankbarkeit. „Danke, Jesus, dass du mir eine feste Grundlage ins Leben gibst. Danke, dass du mir einen ewigen Horizont öff-nest. Danke, dass du mich von Schuld und Sünde frei machst und ich dank dir den Zugang zum Vater im Himmel habe.“ Wie aber ist es mit Aussenstehenden, mit Menschen, die den Glauben an Jesus, den Christus, nicht kennen? Die Aussage „Jesus ist der Erlöser“ ist für sie zunächst überhaupt keine frohe Botschaft. Erlöser? Wovon soll ich denn erlöst werden? Ich bin schon recht. Ich habe schliesslich noch nie jemanden umgebracht. Und dass diese Erlösung durch den Tod Jesu am Kreuz stattgefunden haben soll, war und ist erst recht anstössig, und zwar von Anfang an, schon zur Zeit des Neuen Testamentes: Paulus schreibt im ersten Brief an die Korinther: „Das Wort vom Kreuz ist Torheit für die, die verloren gehen, für die aber, die gerettet werden, für uns, ist es Gottes Kraft. … Die Juden fordern Zeichen und die Griechen suchen Weisheit. Wir aber verkündigen Christus den Gekreuzigten – für die Juden ein Ärgernis, für die Heiden eine Torheit, für die aber, die berufen sind, Juden wie Griechen, Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ (1. Korinther 1,18.22-24) Durch seinen Tod am Kreuz trat Jesus in den Riss zwischen uns und Gott. Logisch erklären lässt sich das nicht. Wir dürfen unsere Trennung von Gott nicht kleinreden. Sie ist tiefgreifend. Sie geht so tief, dass Gott zu einem extremen Mittel greifen musste, um das Problem zu beseitigen. Gerade Jesu Tod am Kreuz zeigt uns die Tiefe der Liebe Gottes zu uns. Sie zeigt uns seine absolute Ernsthaftigkeit, wenn es um unsere Errettung geht. Nicht Gott benötigt den Tod Jesu, gewissermassen zur Stillung seines Zorns. Wir brauchen diesen Tod, um uns genau diese Tiefe der Trennung von Gott und die Tiefe der Liebe Gottes klar werden zu lassen. Ich bin immer der erste Hörer meiner Predigten. Wenn ich von Ihnen eine Antwort erwarte, muss ich für mich diese Antwort zuerst gefunden haben. Wer ist Jesus für mich? Das bisher Erwähnte stimmt für mich persönlich alles auch. Ich ergänze nur noch folgendes: Jesus ist die Mitte des Glaubens. Für mich ist er die Mitte des Glaubens. Ich habe Jesus lieb. Jesus ist einmalig und unersetzlich. Das ist wohl der entscheidende Unterschied zwischen inner- und ausserchristlichen Ansichten über Jesus: Für die Aussenstehenden ist Jesus einer unter anderen, für uns Christinnen und Christen ist er einmalig und unersetzlich. „Einen anderen Weg zum Vater gibt es nicht“, hörten wir in der Lesung. Jesus ist die Transparenzfolie zu Gott. Schon oft hörte ich die Frage: „Ich glaube an Gott, aber wozu brauche ich Jesus?“ Weil Gott unsichtbar ist, sind wir auf Jesus als den Mensch gewordenen Gott angewiesen. Durch Jesus lernen wir den Vater im Himmel kennen. Er zeigt uns das Herz Gottes. Jesus ist gewissermassen die Folie, durch die hindurch wir Gott sehen. Jesus ist der im Geist Gottes heute Gegenwärtige. Er will in unseren Alltag hineinwirken. Er fordert uns auf, in steter Verbundenheit mit ihm zu leben. Zwei wichtige Seiten seiner Verkündigung sind das Reich Gottes und das Geld. Tägliches Gebetsanliegen: Wie wird die Gegenwart Gottes um mich herum spürbar? Wie werde ich zum Kanal seiner Liebe? Wie gelingt es mir zu vergeben? Wie gehe ich mit dem Geld um? Gibt es Gebiete in meinem Leben, zu denen ich dem dreieinigen Gott keinen Zugang gewähre? Das Geld könnte da durch-aus dazugehören. Hängt unser Herz am Geld? Es geht mir nicht darum, irgendwelche gesetzlichen Forderungen aufzustellen. Ich möchte aber ganz praktisch werden: Unser Geld ist grundsätzlich ein Geschenk von Gott. Es ist mir bewusst, dass es Menschen gibt, die knapp dran sind. Solche Menschen dürfen sogar Empfänger von Gaben werden. Leute, die einen gewissen Spielraum im Umgang mit Geld haben, stellen gerade die Verwendung dieses Spielraumes bewusst ins Licht von Gott. Was ist dran, für mich auszugeben? Was soll ich für andere weggeben? Der Betrag, den wir regelmässig für wohltätige Zwecke, für Missionare und ähnliches weggeben, sollte für uns spürbar sein. Wie wählen wir die Ziele unserer Gaben? Es flattern ja tonnenweise Bettelbriefe ins Haus, vor allem vor Weihnachten. Die Gefahr, dass wir uns mit Kleinspenden zersplittern, ist gross. Es dünkt mich wichtig, sich auf ein paar wenige Spendenzwecke zu beschränken. Wir richten am besten für Werke, mit denen wir verbunden sind, auf unserer Bank einen Dauerauftrag ein, so dass Monat für Monat ein fester Betrag dorthin fliesst. Wir lesen die Berichte dieser Organisationen oder die Rundbriefe dieser Missionare, die wir unterstützen und begleiten unsere Geldspenden mit unseren Fürbitten. Und zum Abschluss: Jesus ist der Herr meines Lebens. Das soll im Alltag spürbar werden.
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