Wirtschaft und Abrechnung KV-Blatt 05.2015 Auch Privatarztpraxen Jeder Arzt mit eigener Praxis ist zur Leichenschau verpflichtet Sechs Stunden auf eine Leichenschau warten – das ist eine enorme psychische Belastung sowohl für Angehörige eines Verstorbenen als auch für Polizisten, die im Zweifelsfall an Ort und Stelle bis zum Eintreffen des Leichenschauarztes ausharren müssen. Mit einem solchen Fall machte die hiesige Polizeigewerkschaft GdP Ende März in einer Pressemitteilung auf. Für sie ist auch Pietätlosigkeit im Spiel und sie warnt vor psychischen Belastungen der Polizeibeamten. Der Hintergrund: Zum 1. Oktober letzten Jahres wurde das Berliner Bestattungsgesetz geändert. Notärzte sollen seit dieser Zeit nur noch vorläufige Todesbescheinigungen ausstellen. Die eigentlichen Leichenschauen landen dann häufig bei Ärzten des Leichenschaudienstes der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin. Und dort rieb man sich die Augen. Ohne jegliche Vorwarnung stiegen die Leichenschauzahlen sprunghaft an, in manchen Monaten haben sie sich glatt verdoppelt. Damit nicht genug, werden KV-Ärzte nun sogar in Krankenhäuser (!) gerufen, um Leichenschauen durchzuführen. Letzteres geschieht dann, wenn der Patient im Rettungswagen auf dem Weg ins Krankenhaus stirbt. Dann, so die Begründung, handelt es sich nicht um einen Krankenhausfall. Monat Jahr 2014 Jahr 2015 Oktober 447 — November 412 — Dezember 497 — Januar 399 876 Februar 447 909 März 453 857 * * biseinschl.29.03.2015 Notärzte an Ort und Stelle zu entlasten, das war neben der Änderung des Leichenschauscheines (das KV-Blatt berichtete) eine der Begründungen für die Änderung des Berliner Bestattungsgesetzes. Die Polizeigewerkschaft wirft dem Land Berlin nun vor, die Folgen nicht ausreichend bedacht zu haben. Gesundheitssenator Mario Czaja verweist laut Presseberichten hingegen darauf, dass die Änderungen mit „sämtlichen Behörden“ abgesprochen worden seien, sowohl mit der Polizei und Foto: Schlitt 16 Feuerwehr als auch mit der Gerichtsmedizin. Alle seien bemüht, den Leichenschaudienst zu verbessern. Der Ärztenachrichtendienst zitiert den Senator: „ Wenn sich daraus ein Mehrbedarf an Bereitschaftsärzten ergibt, müssen wir das zeitnah besprechen“. Diese Zeit scheint nun gekommen: Leichenschauzahlen seit Oktober fast verdoppelt Seit Oktober letzten Jahres stieg die Zahl der Leichenschauen durch Ärzte des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes drastisch an und liegt mittlerweile mehr als doppelt so hoch wie in den Vergleichszeiträumen 2014. Bewältigt wurden diese Fälle von insgesamt vier Leichenschauärzten, die pro 24 Stunden bei der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin im Einsatz sind. Wie beim Ärztlichen Bereitschaftsdienst werden eingehende Leichenschauaufträge von der KV-Zentrale an die jeweils diensthabenden Ärzte weitergegeben. Wie viele Fälle pro Schicht abgearbeitet werden können, hängt von vielen Faktoren ab, von der Situation vor Ort ebenso wie von der Dauer der An- und Abfahrt. Wird ein nicht natürlicher Tod festgestellt, dauert es länger als bei der Feststellung eines natürlichen Todes – und auch dann dauert es mindestens eine halbe Stunde. Nicht mitgerechnet sind Fälle, in denen die Ärzte ins Krankenhaus gerufen werden, weil dorthin verbrachte Patienten auf dem Weg in die Rettungsstelle verstorben sind. In den einzelnen Schichtdiensten kann all das die Dauer zwischen Benachrichtigung und Eintreffen des Arztes beeinflussen. 17 Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde Anzeige KV-Blatt 05.2015 www.dgppn.de Es fehlt an Leichenschauärzten, schreibt die Pressestelle der Polizeigewerkschaft, nur zwei Ärzte der Kassenärztlichen Vereinigung „kümmern sich zu jeder Tages- und Nachtzeit (…) um diese Aufgabe“. Abgesehen davon, dass es nicht zwei, sondern vier Ärzte sind (rechne: je 12-Stundenschicht 2 Ärzte × 2 = 4 Ärzte), reicht dies immer noch aus, um der gesetzlichen Vorgabe, wonach eine Leichenschau innerhalb von 12 Stunden durchzuführen ist, gerecht zu werden. Aber darauf beharrt niemand, auch die Kassenärztliche Vereinigung nicht. Sie bemüht sich seit geraumer Zeit um mehr Ärzte für den Leichenschaudienst, ihre Suche hat es in der April-Ausgabe des KV-Blattes sogar auf die erste Nachrichtenseite und ins Blatt der Ärztekammer geschafft. Doch woher nehmen? Die KV jedenfalls kann, anders als beim normalen Ärztlichen Bereitschaftsdienst, niemanden zu einem solchen Dienst verpflichten. So paradox es klingen mag: Der KV-Sicherstellungsauftrag endet mit dem Tod eines gesetzlich versicherten Menschen. dgppn kongress 2015 25. – 28. November 2015 | CityCube Berlin Der Mensch im Mittelpunkt: Versorgung neu denken Qualität und Transparenz in der Psychiatrie | Neue Wege in der Behandlung | Überwindung der Sektorengrenzen | Psychotherapie: Bedarfsorientierung und Flexibilisierung | Wissenschaft und Praxis: von der Forschung zum Patienten | Trialog neu gedacht: Empowerment, Recovery, Teilhabe | KV kann nur auf „Freiwillige“ setzen Gleichwohl sind in Berlin alle niedergelassenen Ärzte zur Leichenschau verpflichtet, also auch Ärzte mit einer reinen Privatpraxis, erklärte KV-Vorstandsmitglied Burkhard Bratzke. Doch dies müsste dann die Ärztekammer durchsetzen, also gegebenenfalls Ärzte verpflichten. Bratzke: „Der Leichenschaudienst der KV Berlin ist eine reine Serviceleistung, die ausschließlich mit Freiwilligen organisiert werden kann.“ Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Anzahl der bereitstehenden Ärzte von den freiwilligen Meldungen abhängig ist. Reinhold Schlitt Anmeldeschluss 26. Juni 2015 für: Freie Vorträge | Poster | ePoster | dgppn Reinhardtstraße 27 B | 10117 Berlin tel +49 (0) 30 –240 477 20 [email protected] Kongress- und Ausstellungsbüro Informationen zur Teilnahme am Leichenschaudienst der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin: CPO HANSER SERVICE GmbH | Büro Berlin Paulsborner Straße 44 | 14193 Berlin tel +49 (0) 30 –300 669 0 [email protected] Tel. 030 / 310 03 - 477/-378 E-Mail: [email protected] N WOR LD IO AT CI HIATRIC ASS YC O PS ww or w. w panet. g World Psychiatric Association WPA European Psychiatric Association EPA
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