FEUILLETON GENERAL-ANZEIGER Schillernde Fabelwesen und Dämonen Museum Schloss Morsbroich widmet den Künstlerbrüdern Gert und Uwe Tobias eine umfassende Schau Warten auf die Stars Am 13. Mai beginnen die Filmfestspiele in Cannes VON HANNA STYRIE S o etwas hatte man noch nie zuvor gesehen: Mit monumentalen Holzschnitten in intensiven, leuchtenden Farben und einem eigenwilligen Bildrepertoire sprengten die Brüder Gert und Uwe Tobias (Jahrgang 1973) vor über zehn Jahren auf spektakuläre Weise die Grenzen des Bekannten und machten schnell Furore in der Kunstwelt. Prestigeträchtige Häuser wie das Hammer Museum in Los Angeles und das Museum of Modern Art in New York zeigten ihre Werke; 2008 hat das Bonner Kunstmuseum sie mit einer Schau gewürdigt. Jetzt widmet das Museum Morsbroich ihnen eine knapp 80 Arbeiten umfassende Ausstellung, in der die ganze Vielfalt ihres Oeuvres ausgebreitet wird. Weit mehr als die Hälfte der Werke ist in den vergangenen sieben Monaten entstanden. „Draculas Drucker“ war eines der griffigen Etiketten, die man den aus Siebenbürgen stammenden Zwillingen anheftete. „Heimat spielt nicht wirklich eine Rolle“, beteuerten die beiden indes bei der gestrigen Pressevorbesichtigung und machten unmissverständlich klar, dass „die biographische Nummer“ sie mittlerweile ziemlich nervt. Anregungen beziehen sie aus vielen Quellen: aus der gesamten Kunstgeschichte, die sie für ihre Zwecke durchforsten; außerdem aus Büchern und Zeitschriften. Was als geeignet erscheint, „transformieren wir in unsere Bildsprache“, wie Uwe Tobias wissen lässt. Motive werden in verschiedenen Medien durchgespielt und weiter entwickelt, außerdem in Farbe und Größe variiert, so dass der aufmerksame Betrachter häufige Déja-vu-Erlebnisse hat. Unübersehbar ist außerdem das Faible der smarten Zwillingsbrüder für das Grotesk-Abgründige und Surreale, das sich in Keramiken, Zeichnungen, Collagen und 11 Freitag, 8. Mai 2015 „Es geht nur um eine Stimmung“: Gert und Uwe Tobias in der ihnen gewidmeten Ausstellung. Schreibmaschinenarbeiten ebenso bemerkbar macht wie in den Drucken. In Leverkusen bildet indes kein Holzschnitt den Auftakt, sondern eine massige Keramikskulptur, die an einen weiblichen Torso erinnert. Sie ist umgeben von neuen Zeichnungen, die flüchtige, gespensterartige Gestalten zeigen. Überwältigend sind die großformatigen Zeichnungen mit Pastell und Buntstiften, an denen sich ihr spielerischer Umgang mit Motiven aus unterschiedlichen Kontexten ablesen lässt. Seltsame Misch- und Vogelwesen, die an Max Ernst denken lassen, werden hier in surrealistischer Manier mit Möbeln, Gefäßen und anderen Bestandteilen kombiniert. „Die Zeichnung ist ganz wichtig für die Holzschnitte“, betonen die Brüder. Diese drucken sie seit einiger Zeit nicht mehr auf Papier, sondern auf Leinwand, weil das den Arbeiten eine andere Präsenz und Haptik verleihe. Der Aufwand für Herstellung ist immens. Jedes Element wird einzeln ausgesägt, eingefärbt und in Ermangelung einer geeigneten Presse mittels des eigenen Körpergewichts gedruckt. Kein Ar- beitsgang wird delegiert. „Die Handschrift würde sich verlieren, wenn man das nicht selbst machen würde“, sind sich die Brüder einig, die nie mehr als zwei Abzüge anfertigen. Staunend steht man vor den mächtigen Tableaus, auf denen unterschiedlichste Versatzstücke kraftvoll und unbekümmert miteinander verwoben werden: schillernde Fabelwesen und Dämonen, totemhafte Erscheinungen, Möbelstücke und arabesk-florale Formen, mit denen die Künstler dann doch auf die Folklore ihrer Heimat zurückgreifen. Geschichten er- FOTO: FRANZ FISCHER zählen sie allerdings nicht. „Es geht nur um eine Stimmung oder einen Zustand“, erklärt das Zwillings-Team gewohnt einvernehmlich. In der Grafiketage ist zeitgleich unter dem Titel „Lichtsplitter“ eine Auswahl von Holzschnitten aus dem eigenen Bestand zu sehen, darunter ist auch eine aus dem Jahr 2003 stammende Arbeit der Tobias-Brüder. 0 Museum Morsbroich, Leverkusen, Eröffnung Sonntag um 12 Uhr. Bis 23. August. Öffnungszeiten: Di-So 1117 Uhr, Do 11-21 Uhr. Katalog 32 Euro. Diese Frage verfolgt das Filmfest Cannes seit Jahren: Welche Rolle spielen die Frauen? Immerhin sind Filme von Frauen in Cannes seit langem eine Rarität, was immer wieder für heftige Diskussionen sorgte. Umso überraschender mag da zunächst sein, dass Festivalleiter Thierry Frémaux die 68. Internationalen Filmfestspiele am kommenden Mittwoch mit dem Werk einer Regisseurin eröffnet. Die Einschränkung auf diese Ankündigung folgte allerdings schnell – „Standing Tall“ von Emmanuelle Bercot läuft außer Konkurrenz. Der Wettbewerb um die Goldene Palme bleibt bis auf zwei Ausnahmen wieder eine Männerdomäne. Zu den bekannteren Namen in der Palmen-Auswahl gehört Jacques Audiard, der nach seinem Erfolg „Ein Prophet“ nun mit „Dheepan“ eine Flüchtlingsstory aus Frankreich vorlegt. Paolo Sorrentino (Oscar für „La Grande Bellezza“) lässt in „Youth“ Michael Caine und Harvey Keitel über das Leben sinnieren. Aus den USA kommen Gus Van Sants „The Sea of Trees“, in dem Matthew McConaughey am Fuji Selbstmord begehen möchte, sowie „Carol“ von Todd Haynes, in dem Cate Blanchett und Rooney Mara nach einer Romanvorlage von Patricia Highsmith eine lesbische Liebe erleben. Für Spekulationen, wer am Pfingstsonntag die Goldene Palme gewinnt, ist es natürlich noch viel zu früh. Angesichts der starken Konkurrenz dürften der Jury unter Vorsitz der Brüder und mehrfachen Oscargewinner Ethan und Joel Coen („No Country for Old Men“) allerdings einige Diskussionen bevorstehen. Eines aber wird es in diesem Jahr mit Sicherheit nicht geben: einen deutschen Gewinnerfilm. Denn unter 19 Wettbewerbsbeiträgen kommt kein einziger aus Deutschland. dpa ANZEIGE DER KLEINE LADEN Wir gratulieren zum 65. Jubiläum Für jedes Kind das richtige Buch feiert 65. Jubiläum Einladung am 9.5.2015 ab 11 Uhr „ … ich auch!“ „Der kleine Laden“ in Bonn feiert seinen 65. Geburtstag und wünschen für die Zukunft alles Gute Wir gratulieren zum Jubiläum! Er ist eine Oase für Leseratten: „Der kleine Laden“, die einzige Spezialbuchhandlung für Kinder- und Jugendliteratur im Großraum Bonn. Am Samstag, 9. Mai, feiert er seinen 65. Geburtstag. Da werden die Kinder in dem himmelblauen Pavillon zwischen Friedensplatz und Stadthaus vom lebensgroßen Grüffelo begrüßt und dürfen alte Bücher gegen neue eintauschen. Mit Idealismus und Engagement bewahrt Gisela Schruff-Tyrichter, seit 1979 Geschäftsführerin, die Tradition der Buchhandlung, die im Mai 1950 von den Bonner Jugendverbänden als Verein gegründet wurde, „um Kinder und Jugendliche mit Büchern zu versorgen, die frei von NaziGedankengut waren“, berichtet sie. Bis heute Tag verfolgt „der kleine Laden“ den Zweck, junge Leser bis zum Erwachsenenalter mit guten Büchern zu versorgen und ihre Begeisterung für Literatur zu wecken. Sie und ihr Team von insgesamt acht Buchhändlerinnen, Lehrerinnen und Erzieherinnen haben so gut wie alle Bücher selbst gelesen. Wenn man den Laden betritt, taucht man ein in die bunte Welt der Phantasie – auf Regalen, Tischen und Ständern warten Bücher aus Stoff und Pappe, Kinderbücher für jedes Lesealter, Jugendbücher, Sachbücher, Taschenbücher, Hörbücher, LiederCDs und Spiele darauf, entdeckt zu werden. Die Klage, Kinder wollten heute nicht mehr lesen, lässt Schruff-Tyrichter nicht gelten: „Man muss auf ihre Wünsche ein- 65 Jahre „kleiner Laden“ e.V. und ich bin dabei … „der kleine Laden“ e.V. · Budapester Str. 5 · 53111 Bonn 0228/634335 · www.kinderbuch-bonn.de Möchte Kindern den Zauber des Lesens vermitteln: Gisela Schruff-Tyrichter. FOTO: LDB gehen und Gelegenheiten schaffen, das Lesen zu üben – mit einem fesselnden Buch in großer Schrift.“ Dahinter steckt die Überzeugung, dass es „für jedes Kind das richtige Buch gibt“. Auch mit 65 ist beim „Kleinen Laden“ nicht an Ruhestand zu denken. Und es gibt sogar etwas Neues: jede Woche eine Buchempfehlung auf der Homepage – als Einladung, sich von der Lesebegeisterung anstecken zu lassen. ldb l Der kleine Laden Budapester Straße 5, 53111 Bonn % 0228/63 43 35 [email protected] Öffnungszeiten: Mo.-Fr.: 9.30 bis 18.30 Uhr, Sa.: 10 bis 16 Uhr www.kinderbuch-bonn.de Wir gratulieren zum 65-jährigen Jubiläum Wieso? Weshalb? Warum? junior – Zähne putzen, Pipi machen ISBN 978-3-473-32887-1, LVP € 9,99, ab 2 Jahre Wir gratulieren zum 65-jährigen Jubiläum
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