Begleitforschung als Balanceakt

Begleitforschung als Balanceakt
zwischen wissenschaftlichem Erkenntnisinteresse und
praktischer Relevanz
Dr. Elke Bosse
Fakultät für Erziehungswissenschaft
Dr. Eileen Lübcke & Anna Heudorfer
Hamburger Zentrum für Universitäres
Lehren und Lernen
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Diese Vorhaben werden aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01PB14005 und 01PB14013A gefördert.
Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen.
Agenda
• Balanceakt zwischen Wissenschaft und Praxis
– Zielsetzungen der BMBF-Förderlinien zum Qualitätspakt Lehre
– „Evidenzen“ für Hochschulpraxis und -politik
– Wissenschafts- und Praxisbezüge am Beispiel von StuFHe
• Begleitforschung in Anlehnung an Design-Based-Research
– Charakteristika von Design-Based-Research
– Anwendung auf die QPL-Begleitforschung am Beispiel von FideS
– Grenzen und Perspektiven
• Diskussion
– Gestaltungsorientierte Begleitforschung
– Qualifizierungswege in der Begleitforschung
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BMBF-Förderlinien: Zielsetzungen
•
Qualitätspakt Lehre (2011-2016 / 2017-2020)
−
•
Verbesserung von Studienbedingungen und Lehrqualität
Begleitforschung zum Qualitätspakt Lehre (2014-2018)
−
„eine evidenzbasierte Gestaltung von Studium und Lehrbedingungen
voranzutreiben“
−
„Generierung verallgemeinerbarer und transferierbarer Erkenntnisse über
Einflussfaktoren und Gelingensbedingungen für eine anspruchsvolle und auf
größeren Studienerfolg zielende Gestaltung des Bereiches Studium und Lehre“
−
„die Theoriebildung zum Lernen, Lehren und Studieren in Hochschulen
unterstützt sowie ein Beitrag zur nachhaltigen Wirkung der QPL-Maßnahmen
in der Hochschulpraxis geleistet werden.“
(BMBF, 2013, S.1-2)
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„Evidenzen“ für Hochschulpraxis und -politik
• Paradigma evidenzbasierter Pädagogik
– „what-works-Prinzipien“: Regelwissen für die pädagogische Praxis und
Entscheidungswissen für die Bildungspolitik
– randomisierte kontrollierte Studien sowie Meta-Analysen experimenteller
Einzelstudien als Königsweg
– Evidenz als experimentell gesichertes, generalisierbares Wissen über kausale
Zusammenhänge
• Kritikpunkte
– Pädagogische Praxis ist nicht-kausal, sie bedarf normativer Reflexion
– Forschung liefert Wissen darüber, was funktioniert hat, und kann entsprechend
nur Hypothesen für zukünftige Probleme liefern
(Bellmann & Müller, 2011; Biesta, 2011)
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Evidenzbasierte hochschuldidaktische Forschung
•
„… auf wissenschaftlicher Grundlage Handlungsalternativen für die Gestaltung von
Lehr-/Lernprozessen nach wissenschaftlichen Kriterien zu dokumentieren und
auszuwählen, so dass unter Berücksichtigung der situativen (Rahmen-) Bedingungen
die optimale Alternative ausgewählt und umgesetzt werden kann.“ (Schaper, 2014, S. 89)
• Wirkungsforschung
• Evaluation
Theoriegeleitete Untersuchung
komplexer Wirkungsgefüge
– z.B. Begleitforschung zu Innovationen in der Hochschullehre
Zielbezogene Untersuchung von
Effekten konkreter Maßnahmen
− z.B. QPL-Programm-Evaluation
(Altfeld, Schmidt & Schulze, 2015)
(Jütte, Walber & Lobe, 2016)
• Anwendung von Mixed-Methods-Designs, Verschränkung von Forschungsund Praxisperspektiven
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QPL-Begleitforschung als Wirkungsforschung: StuFHe
• Untersuchung individueller und institutioneller Bedingungen gelingenden
Studierens: Wirkungsgefüge von Studierfähigkeit, Förderangeboten &
Heterogenität
− Mixed-Methods-Studie:
Kombination von
Längsschnittbefragung,
Dokumentenanalyse,
Interviews
− Empirisch fundierte
Impulse für die
Weiterentwicklung der
Studieneingangsphase
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Balanceakt zwischen Wissenschaft & Praxis
FachCommunity
QPLBegleitforschung
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PartnerHochschulen
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Design-Based Research (DBR)
• Ziele sind sowohl theoretische Erkenntnisse als auch praktische
Interventionen
• Keine eigene Forschungsmethodik
• Entwicklung (einer Bildungsinnovation) rückt ins Zentrum der Forschung
• Ausgehend von einem lokalen Problem werden allgemeine
Gestaltungskriterien generiert
nach McKenney & Reeves, 2012, S. 77
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DBR als Lösung für die Begleitforschung?!
• Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis
„Um neue Interventionen tatsächlich umsetzen zu können und Bildungsinnovationen
anzustoßen, bedarf es der Situierung und Kontextualisierung von Analysen,
Entwicklungen und Evaluationen. Genau diese Merkmale aber laufen der Generalisierung
im klassischen Sinne entgegen, die ja gerade eine Nutzung über verschiedene Situationen
und Kontexte hinweg anstrebt“ (Reinmann, 2015a, S. 6).
>> Keine Generalisierung im Sinne des Schließens von einer Stichprobe auf eine
Grundgesamtheit, sondern:
– theoretische Generalisierung oder
– empirische Generalisierung über die sukzessive Ausweitung von Kontexten in der
Implementierungsphase (Reinmann, 2015a)
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QPL-Begleitforschung: FideS
• Untersuchung von Umsetzungsformen und Wirkungen forschungsnahen
Lehren und Lernens in der Studieneingangsphase
− Kombination von Dokumenten- und IT-Analysen, einer Interviewstudie und einer
Sekundäranalyse von Evaluationsdaten
− Empirisch fundierte Impulse für die Implementation forschenden Lernens in der
Studieneingangsphase
Lernen
Lehren
Produktion
Rezeption
Forschen
verstehen lernen
Forschen üben
selber forschen
Vermittlung
Aktivierung
Begleitung
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nach
Reinmann,
2015b, S. 126
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Gestaltungsanspruch in der QPL-Begleitforschung: FideS
Forschungsdesign, das kein klassisches DBR umsetzt, aber dennoch Gestaltungsund Entwicklungsziele verfolgt:
• Modell- und Materialerstellung, Erarbeitung von Gestaltungsprinzipien und
IT-Entwicklung
• Generalisierung von Standards anhand der (deskriptiven und
wirkungsbezogenen) Untersuchung der (QPL-)Projekte
• Validierung durch:
a) Open Online Survey (Experteneinschätzung der Ergebnisse)
b) Audit (Technologiegestützte Expertenvernetzung)
• Enge Zusammenarbeit mit den „beforschten“ Projekten
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Evidenzbasierte hochschuldidaktische Forschung
„… auf wissenschaftlicher Grundlage Handlungsalternativen für die Gestaltung von Lehr-/
Lernprozessen nach wissenschaftlichen Kriterien zu dokumentieren und auszuwählen, so
dass unter Berücksichtigung der situativen (Rahmen-) Bedingungen die optimale
Alternative ausgewählt und umgesetzt werden kann.“ (Schaper, 2014, S. 89)
DBR als Gegenkonzept
• Auswahl der optimalen Alternative findet in der Forschung statt und wird
nicht anderen überlassen
• Situative Rahmenbedingungen und Kontexte als zentrale Gegenstände der
Forschung können im DBR nicht durch Wahl des Forschungssettings
„ausgeschaltet“ werden
• Berücksichtigung der situativen Rahmenbedingen auch durch empirische
Generalisierung und nicht nur theoretische Generalisierung
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Grenzen von DBR in Bezug auf die Begleitforschung
• Die Formulierung der Problemstellung geschieht in der Hochschulpolitik und
-praxis, nicht in der Begleitforschung.
• Der Schritt der Entwicklung von Lösungsansätzen liegt bei den (QPL-)
Projekten und bleibt im Verborgenen.
• Die Aufarbeitung des Forschungsstandes (Analysephase) geschieht zweimal:
im Projekt und in der Begleitforschung.
• Es gibt keine Möglichkeit der Erprobung und Implementierung von
generalisierten Gestaltungsprinzipien in anderen Kontexten.
>> Die aktuelle Begleitforschung lässt die im DBR geforderte enge Verknüpfung
von Praxis und Forschung nicht zu.
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Bedarfe für eine gestaltungsorientierte Begleitforschung
• Phasen
– Start der Begleitforschung gleich zu Beginn (Identifikation und Formulierung der
Problemstellung)
– Parallelität von Begleitforschung und Praxisprojekten für iterative
Anpassungsschritte
• Fokus
– Erweiterung um Erforschung des Methodenrepertoires
– Fragen nach der Entstehung und Umsetzung der Bildungsinnovation
• Ressourcen
– Stärkere Berücksichtigung von entwerfenden und entwickelnden Aufgaben
– Raum und Anerkennung für enge Kooperation mit Praxis
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Balanceakt zwischen Wissenschaft & Praxis
FachCommunity
Gestaltungsorientierte
Begleitforschung
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PartnerHochschulen
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Kontakt & Informationen:
Dr. Elke Bosse
www.ew.uni-hamburg.de/stufhe.html
[email protected]
Dr. Eileen Lübcke & Anna Heudorfer
www.hul.uni-hamburg.de/forschung/hochschul
didaktik/fides.html
[email protected]
[email protected]
twitter: FideS_Projekt
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Literatur
Altfeld, S., Schmid, U., & Schulze, K. (2015). Wirkungsannäherung im Kontext der Evaluation von komplexen Förderprogrammen im
Hochschulbereich. Qualität in der Wissenschaft, (2/2015), 56–63.
Bellmann, J., & Müller, T. (Hrsg.). (2011). Wissen, was wirkt. Kritik evidenzbasierter Pädagogik. Wiesbaden: VS Verlag für
Sozialwissenschaften. Abgerufen von http://www.springer.com/de/book/9783531176888
Biesta, G. (2011). Warum „What works“ nicht funktioniert: Evidenzbasierte pädagogische Praxis und das Demokratiedefizit der
Bildungsforschung. In J. Bellmann & T. Müller (Hrsg.), Wissen, was wirkt. Kritik evidenzbasierter Pädagogik (S. 95–122).
Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
BMBF. (2013). Richtlinien zur Förderung von Vorhaben der Begleitforschung zum Qualitätspakt Lehre. Abgerufen von
http://www.hochschulforschung-bmbf.de/_media/FINAL_q_leb_foerderbekanntmachung.pdf
Jütte, W., Walber, M., & Lobe, C. (2016). Hochschulbezogene Lehr-/Lern-Forschung als Basis für die Lehrprofessionalisierung. In
Pädagogische Hochschulentwicklung (S. 83–99). Springer.
Kromrey, H. (2007). Begleitforschung und Evaluation–fast das Gleiche, und doch etwas Anderes. Glaser, Michaela/Schuster, Silke (Hg.):
Evaluation präventiver Praxis gegen Rechtsextremismus. Positionen, Konzepte und Erfahrungen, Halle, 113–135.
McKenney, S. & Reeves, C.T. (2012). Conducting educational design research. New York: Routledge.
Reinmann, G. (2015)a: Design Based Research. Erscheint in D. Schemme & H. Novak (Hrsg.), Gestaltungsorientierte Forschung in
Innovations- und Entwicklungsprogrammen – Potenzial für Praxisgestaltung und Theoriebildung. Bonn: Bundesinstitut
für Berufsbildung.
Reinmann, Gabi (2015)b: Heterogenität und forschendes Lernen. Hochschuldidaktische Möglichkeiten und Grenzen. In: Benjamin
Klages, Marion Bonillo, Stefan Reinders und Axel Bohmeyer (Hg.): Gestaltungsraum Hochschullehre. Potenziale nichttraditionell Studierender nutzen. Opladen/Berlin/Toronto: Budrich UniPress Ltd., S. 121–138.
Reinmann, G. (2014). Welchen Stellenwert hat die Entwicklung im Kontext von Design Research? Wie wird Entwicklung zu einem
wissenschaftlichen Akt? In D. Euler & P. Sloane (Hrsg.), Design-based Research (S. 63-78). Zeitschrift für Berufs- und
Wirtschaftspädagogik/Beiheft. Stuttgart: Steiner.
Schaper, N. (2014). Forschung in der Hochschulbildung. In Handbuch Qualität in Studium und Lehre (S. 69–96). Stuttgart: Raabe.
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