Dr. Franziska Torma: Hybridor und Siloma: Eine (deutsch

Oberseminar Technikgeschichte (TUM) & Forschungsinstitut des Deutschen Museums
18.4.2016, 16-18 Uhr, Deutsches Museum, Alter Seminarraum
Dr. Franziska Torma: Hybridor und Siloma: Eine (deutsch-)deutsche
Züchtungsgeschichte, 1940er-1960er Jahre
In den 1960er-Jahren verließen mehrere deutsche Hybridmaissorten die Versuchsfelder in
Richtung Freiland: In Westdeutschland brachte der private Züchter KWS Saat die Sorte
Hybridor auf dem Markt, ostdeutsche Züchter hatten den Silomais „Siloma“ entwickelt.
Dieser Vortrag beleuchtet die deutsch-deutschen Hybridmaisprogramme in historischer
Sicht: Woher kamen die eingekreuzten Körner? Woher kam die Expertise und wie hatten
sich die Züchter in Ost- und Westdeutschland Wissen in der Maiszüchtung erworben, einem
Sektor, der in der mitteleuropäischen Landwirtschaft bis dahin nicht prädominant gewesen
ist? Zwischen der Ankunft der Maiskörner in Deutschland im Rahmen der
Wiederaufbauprogramme der 1940er-Jahre und der Zulassung der Sorten Hybridor und
Siloma lag ein sozialer und biologischer Konstruktionsprozess. Das Biofakt „Hybridmais“
kann – so meine These - als ein pflanzlicher Kosmopolit verstanden werden, dessen
materielle Genese den Blick auf deutsch-deutsche Gemeinsamkeiten lenkt. Unterschiede in
der Bedeutung werden dann erst politisch erzeugt. Um dieses Aussage zu erhärten, stehen
drei Punkte im Vordergrund: Nachdem ich die Geschichte der deutschen
Hybridmaisprogramme skizziert habe, geht es darum, wie die Pflanze als Marker sozialer
und politischer Differenz aufgeladen wurde, obwohl es sich materiell und biologisch um
Identisches handelte. Abschließend behandelt der Beitrag die verschiedenen Vorstellungen
von Technizität und Natürlichkeit in Ost und West, die Mais in die sozialen und kulturellen
Funktionszusammenhänge einbetteten.
Kurzbiografie Franziska Torma:
Studium der Neueren Geschichte, der Alten Geschichte und der Theaterwissenschaft, LMU
München; Promotion in Neuerer und Neuester Geschichte mit der Arbeit "TurkestanExpeditionen. Zur Kulturgeschichte deutscher Forschungsreisen nach Mittelasien (1890 1930); Research Fellow, Rachel Carson Center for Environment and Society, München;
John F. Kennedy Memorial Fellow, Minda de Gunzburg Center for European Studies,
Harvard University ; Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Europäische
Kulturgeschichte, Universität Augsburg; seit Juli 2015: Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der
Professur für Technikgeschichte der TU München als Projektmitarbeiterin und
Projektkoordinatorin, BMBF-Forschungsverbund "Die Sprache der Biofakte" mit dem
Teilprojekt "Wechselnde Objektsemantiken. Vom Hybridmais zum transgenen Mais"