Italienischer Markt für Nahrungsmittel wächst Deutsche Discounter auf Expansionskurs / Bioprodukte gefragt / Von Robert Scheid Mailand (GTAI) - Die italienische Nahrungsmittelbranche ist eine der Kernsektoren der italienischen Wirtschaft. Einheimische Produkte sind Exportschlager und erreichen jährlich neue Rekordwerte bei den Ausfuhren. Der Binnenmarkt ist anspruchsvoll und bietet gute Chancen für deutsche Unternehmen. Qualität hat in Italien Vorrang, auch wenn die Wirtschaftskrise Kaufgewohnheiten geändert hat. Deutsche Discounter sind in Italien auf dem Vormarsch. Gutes Essen gehört zur italienischen Kultur, wenngleich sich die Kaufgewohnheiten bei Nahrungsmitteln geändert haben. Bio- und Convenience-Produkte sind auf dem Vormarsch und auch Handelsmarken, sogenannte "private label-Produkte", haben in Zeiten der Wirtschaftskrise an Bedeutung gewonnen. Deren Absatz erreichte 2015 ein Volumen von 9,5 Mrd. Euro und hält damit einen Anteil von 18% am Markt für verpackte Lebensmittel. Dies liegt nach wie vor weit unter dem europäischen Durchschnitt (28%) entwickelt sich aber seit Jahren positiv. Trotz insgesamt rückläufiger Konsumausgaben in Zeiten der Krise sind die Ausgaben für Nahrungsmittel seit 2008 im Vergleich mit anderen Produktgruppen nur moderat gesunken. Mit 216 Mrd. Euro lagen sie 2015 sogar leicht über dem Niveau des Vorjahres. Der Grund: Italiener verzichten beim Einkauf von Lebensmitteln ungern auf Qualitätsprodukte. Sie geben im Durchschnitt deutlich mehr dafür aus als Deutsche. Für 2016 wird ein weiterer Anstieg der Nachfrage erwartet. Der Verkauf von verpackten Lebensmitteln stieg 2015 um 2% gegenüber dem Vorjahr, während der Absatz von unverpackten Waren um 3% zurück ging. Der Einzelhandel Italiens ist im europäischen Vergleich stark fragmentiert. Es gibt mehrere Supermarktketten mit von Region zu Region unterschiedlichen Marktführern. Die drei größten Einzelhändler in Italien, nämlich die Genossenschaft Coop und die Gruppen Conad und Selex, halten einen Marktanteil von 36% (2014). Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Anteil der drei größten Gruppen bei über 60%. Deutsche Discounter wie Lidl und Penny (Rewe-Gruppe), sind landesweit auf dem Vormarsch. Auch Aldi-Süd expandiert nach Italien. Das Unternehmen hat bereits einen italienischen Firmensitz. Die ersten Filialen werden voraussichtlich in diesem, spätestens im kommenden Jahr eröffnen. Bionahrungsmittel gefragt Stark an Bedeutung gewonnen hat die Nachfrage nach Bionahrungsmitteln. Der Absatz ist in den vergangenen Jahren rasant angestiegen, für 2015 lag die Nachfrage bei circa 2,5 Mrd. Euro und erreichte damit einen neuen Rekordwert. Der Aufwärtstrend soll anhalten: Nach der jüngsten Statistik für die erste Jahreshälfte 2015 ist die Nachfrage nach Bioprodukten im Einzelhandel um 19% gestiegen. Biokost schneidet auch im hochpreisigen Segment - verglichen beispielsweise mit Produkten mit geschützten Ursprungsbezeichnungen - besser ab. Auch hier sind in den vergangenen Jahren neue Verkaufskanäle entstanden, nahezu alle Supermarktketten haben ihr Bioangebot erweitert. Die meisten Bioprodukte werden in Norditalien verkauft. 1 www.gtai.de Italienischer Markt für Nahrungsmittel wächst Eckdaten der italienischen Nahrungsmittelbranche (Veränderung in Prozent) 2013 2014 2015* Umsatz (in Mrd. Euro) 132 132 134 Produktion (Quantität) -0,7 0,6 1,0 Anzahl der industriellen Firmen (mehr als 9 Beschäftigten) 58.500 58.000 58.000 Anzahl der Beschäftigten 385.500 385.000 385.000 Ausfuhren (verarbeitete Nahrungsmittel, in Mrd. Euro) 26,2 27,0 28,9 Einfuhren (verarbeitete Nahrungsmittel, in Mrd. Euro) 19,4 20,1 20,5 Verbrauch (in Mrd. Euro) 213 214 216 *) Schätzung Quelle: Federalimentare Branchenumsätze wachsen durch anhaltende Exportnachfrage Die italienische Nahrungsmittelindustrie ist eine Kernbranche der Marke "Made in Italy". Sie hat sich während der Wirtschaftskrise als robust erwiesen. Im Jahr 2015 zählte die Branche 58.000 Unternehmen, davon beschäftigten 90% weniger als 9 Mitarbeiter. Die Firmen erzielten 2015 einen Umsatz von 134 Mrd. Euro und damit 2 Mrd. Euro mehr als im Vorjahr. Damit rangiert Italien hinter Deutschland und Frankreich an dritter Stelle in Europa. Vom Parmaschinken bis zur Büffelmozzarella: Italien produziert viele weltbekannte Nahrungsmittelprodukte, wovon 283 von der EU geschützt sind, deutlich mehr als in allen anderen EU-Ländern. Die weltweite Beliebtheit italienischer Produkte spiegeln auch die Ausfuhren wieder. Insbesondere bei verarbeiteten Lebensmitteln hat Italien einen hohen Handelsbilanzüberschuss. Deren Exporte sind im vergangenen Jahr um 7% auf 28,9 Mrd. Euro gestiegen. Damit konnte die Branche wieder ein Rekordwert verbuchen. Die wichtigsten Absatzmärkten sind Deutschland, Frankreich und die USA. Auch die Expo 2015 in Mailand hat der Nahrungsmittelwirtschaft positive Impulse verliehen. Das Leitthema der Weltausstellung war die nachhaltige Lebensmittelversorgung und Ernährung ("Feeding the Planet, Energy for Life"). Mit über 20 Mio. Besucher stand die italienische Gastronomie im Rampenlicht. Die Großveranstaltung sollte dazu beitragen, das Ziel der Regierung zu unterstützen, die Nahrungsmittelausfuhren auf 50 Mrd. Euro pro Jahr bis 2020 zu steigern. Ausbaufähig ist die Verzahnung der Tourismusbranche mit der Gastronomie. Ein Erfolgsmodell sind die Agriturismi, das sind Landgasthöfe, die lokale Hausmannskost und Nahrungsmittel aus eigener Herstellung anbieten. In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der Besucher dieser Einrichtungen stark angestiegen. Deutschland ist wichtigstes Lieferland Bei den Einfuhren ist Italien insbesondere von Vorprodukten aus dem Ausland abhängig. Im Jahr 2015 sind sie um 3,1% gestiegen. Italiens wichtigstes Lieferland für Nahrungsmittel und Getränke ist Deutschland mit einem Anteil von 14,3% (2014), gefolgt von Frankreich (13,5%), das 2013 noch auf Platz 1 rangierte. Es folgten Spanien (10,8%) und die Niederlande (7,9%). Ein Grund für den Anstieg der Einfuhren ist die Internationalisierung der Vertriebskanäle. Ausländische Supermarktketten wie etwa Carrefour (Frankreich) und deutsche Discounter wie Lidl und Penny haben den Marktzugang für Zulieferer aus dem Ausland erleichtert. 2 www.gtai.de Italienischer Markt für Nahrungsmittel wächst Einfuhr von ausgewählten Nahrungsmitteln nach Italien (Mio. Euro, Veränderung zum Vorjahr in %) Produktgruppe 2014 2015 Veränderung 2015/2014 aus Deutschland 2015 01-Fleisch und Fleischprodukte 4.792 4.660 -2,7 1.017 02-Milch und Milchprodukte, Vogeleier 4.028 3.584 -11,0 1.296 03-Fisch, andere Wassertiere und Zubereitungen 4.508 4.896 8,6 181 04-Getreide und Getreideprodukte, Teigund Backwaren 4.153 4.066 -2,1 448 05-Gemüse, Früchte und Zubereitungen 5.129 5.830 13,7 397 06-Zucker, Zuckerwaren, Honig 1.132 960 -15,2 182 07-Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze u. Waren daraus 2.468 2.950 19,5 397 09-Verschiedene Lebensmittel und Zubereitungen 1.109 1.149 3,6 269 11-Getränke 1.292 1.423 10,1 321 22, 41-43 Ölsaaten, pflanzliche und tierische Öle und Fette, etc. 4.346 4.470 2,8 98 Summe 32.956 33.988 3,1 4.606 Quelle: ISTAT (RJS) Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck – auch teilweise – nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. 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