20 BZB April 16 Politik KZVB „Kunden würden von elektronischer Patientenakte profitieren“ TK Bayern sieht Vorteile in der Digitalisierung des Gesundheitswesens BZB: Herr Bredl, besitzen Sie selbst ein Fitness-Armband? Bredl: Nein, nur einen Schrittzähler. BZB: Wie stehen Sie zu dem Vorschlag, eine elektronische Patientenakte einzuführen? Bredl: Davon würden die Kunden enorm profitieren. Alle Krankenkassen sollten per Gesetz verpflichtet werden, jedem Versicherten eine elektronische Patientenakte anzubieten, deren Grundfunktionen überall gleich sind. In diese Akte könnten zum Beispiel Informationen zu den verordneten Arzneimitteln, ambulante Diagnosen, Krankenhausbefunde oder Röntgenbilder einfließen. Jeder Kunde Foto: TK In der letzten Ausgabe berichteten wir über die Überlegungen von TK-Chef Dr. Jens Baas zur Digitalisierung des Gesundheitswesens. Der Kassenmanager forderte in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ die Einführung einer elektronischen Patientenakte, die auch Angaben zur Lebensweise der Versicherten enthalten könnte. Wir fragten bei Christian Bredl, Leiter der Landesvertretung Bayern der TK, nach, was er vom „gläsernen Patienten“ hält. „Ich bin strikt dagegen, Beiträge mit gesundheitsbewusstem Verhalten zu verknüpfen“, sagt Christian Bredl, Leiter der TK Landesvertretung Bayern, im BZB-Interview. sollte auch eigene Daten hinzufügen können wie Tracker-Daten oder auch Informationen aus seiner Blutzucker-App oder zu Medikamenten, die er selbst kauft und in Eigenregie einnimmt. Das Entscheidende ist: Herr über seine Daten muss alleine der Versicherte bleiben. Er muss also auch seine Krankenkasse außen vor lassen können. Und: Die Nutzung muss absolut freiwillig sein. Wer das nicht möchte, darf keine Nachteile haben. Foto: fotolia.com/harunyigit BZB: In dieser Akte sollen auch Daten zum Bewegungsverhalten des Versicherten gespeichert werden. Sind Sportler automatisch gesündere Menschen? Bredl: Es geht hier nicht um Sportler oder Nichtsportler. Dass die richtige und angemessene Bewegung gut für die Gesundheit der Menschen ist, steht ja außer Frage. Wenn sich nun das Bewegungsmuster des Versicherten auffällig verändert und wir wissen, dass er an einer Depression leidet, können wir ihm raten, seinen Arzt aufzusuchen oder eine Vertrauensperson von ihm zu kontaktieren. Beides jedoch nur dann, wenn der Kunde das mit seinem vorherigen Einverständnis wünscht. So können wir die Betroffenen unterstützen, um beispielsweise Krankenhausaufenthalte zu vermeiden. Das ist gut für den Patienten, aber auch für die Kasse. „Jeder Kunde sollte seine Tracker-Daten in der Patientenakte speichern können“, schlägt Bredl vor. BZB: Am Wochenende sind die Notaufnahmen der Krankenhäuser voll mit Amateurfußballern und ande- Politik BZB April 16 21 Foto: fotolia.com/everythingpossible KZVB Eine elektronische Patientenakte einzuführen, sei gut für den Patienten und gut für die Kasse, meint die TK. ren Freizeitsportlern. Haben Sie schon einmal ausgerechnet, welche Kosten deren Behandlung verursacht? Bredl: Nein, denn in den Notaufnahmen sind nicht nur Freizeitsportler. Menschen haben Unfälle, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Schmerzzustände und vieles andere. Außerdem ist es hoch begrüßenswert, wenn Menschen in ihrer Freizeit Sport treiben. BZB: In den USA belohnen private Versicherer die sportlich Aktiven durch Beitragssenkungen. Wäre das auch bei der TK denkbar? Bredl: Ich bin strikt dagegen, Beiträge mit gesundheitsbewusstem Verhalten zu verknüpfen. BZB: Heißt das umgekehrt, dass dicke Menschen, Raucher oder Alkoholkonsumenten bald einen Risikozuschlag zahlen müssen? Bredl: Das wäre ebenfalls ein Kardinalfehler. BZB: Es gibt erste Zahnbürsten, die die Besitzer via Smartphone ans Putzen erinnern. Ein sinnvoller Fortschritt? Bredl: Ich glaube nicht, dass diese Zahnbürsten das Verhalten der Menschen ändern. Viele kaufen sich die Geräte derzeit eher als Spielzeug. Wir werden aber aus dieser Phase herauskommen. Die Entwicklung auf diesem Gebiet ist sehr dynamisch. Spannend wird es, wenn weitere Daten beispielsweise über Blutdruck oder Temperatur zusammengeführt und analysiert werden können. BZB: Glauben Sie, dass eine elektronische Patientenakte mit dem deutschen Datenschutz vereinbar ist? Bredl: Ja, wenn die gesetzlichen Krankenkassen die elektronische Patientenakte führen. Denn die Krankenkassen sind staatlich reguliert – anders als US-amerikanische Konzerne oder Start-ups. Denen kann man nicht auf die Finger klopfen, wenn sie Missbrauch mit Daten betreiben – den Krankenkassen schon. BZB: Vielen Dank für das Gespräch! Die Fragen stellte Leo Hofmeier.
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