097/62 62 Sonntag. 28. Februar 1971 Nr. 97 3!eii(3iM|tr3etamg WOCHENENDE (Fernausgabc Nr. 57) (m GcjycnsHlz zum Simulator, wo sich d/e Piloten ausschließlic h d i Instrumente zu konzentrieren hatten, wird Im Flugtraining In gewissen Phasen nach Sicht geflogen. Das Lay-out aul e SAS und e d i Swissair bestimmten B-147 dort als vorbildlich bezeichnet werden. lür die Instrumente der lür die KLM, das Das «fliegende Schulhaus» Flugtraining der Swissair- Besatzungen auf der Boeing 747 Tsxt Erich Meier, Aufnahmen Georg Gerster Während im riesenhaften Werk in Everett die zweite B-747 der Swissair auf ihren Erstflug wartet, schult die Swissair in den vier Februarwochen von 'Seattle aus den Großteil ihrer CockpitBesatzungen annähernd je zwei Dutzend Kommandanten, CoPiloten und Bordtechniker für ihre beiden B-747 um. Eine weitere Periode des Flugtrainings für die restlichen Besatzungen beginnt im März. In den wenigen Wochen des auch für das Flugzeug strapaziösen Trainings ist die Zuverlässigkeit der B-747 schon nahezu sprichwörtlich geworden. Nur ausnahmsweise fiel eine Lektion aus oder begann verspätet. I «Swissair-Trainer Fortyfour» ist pünktlich um 6 Uhr vom Boeing Field in Seattle aus gestartet. Unter uns entfaltet sich in verschwenderischer Vielfalt die Topqgjaphie der Cascade Mountains. Der Ueberflug nach dem rund 210 lun östlich gelegenen Moses Lake dauert eine knappe halbe Stunde. Das Schwergewicht des Flugtrainings ruht auf den Landeanflügon und Landungen nach verschiedenen Verfahren; jeder Pilot soll im Flugtraining an vielleicht mehr die zwei Dutzend Landungen ausführen können als später in einem halben Jahr Streckeneinsatz! In erster Linie werden jene Schwierigkeiten geübt, die sich im Simulator nicht tufriedenstellend nachahmen lassen, und das ist vor allem das Fliegen nach Sicht. , Trotzdem nimmt der Fluglehrer beim eisten Anflug auf den Grant County Airport von Moses Lake dem Piloten die Sicht. Dieser hat nun buchstäblich ein Brett vor den Augen und fliegt nur nach den Instrumenten. Der entsprechende Schalter steht auf «Autoland». Die B-747 kann automatisch landen, und sie darf es auch. Allerdings muß noch eine gewisse Mindestsicht gewährleistet sein, denn in der letzten Phase muß der Mensch als dritter Pilot den zwei «Autopiloten» beistehen. k l e i n e Knöpfen zwingt der Pilot Mit wenigen Schaltern und n dem jetzt 230 t schweren Flugzeug das maximale Startgewicht beträgt 350,6 t seinen Willen auf. Die Hauptarbeit leisten die Computer im «Elektronikkellcr- unter dem Erstklaßabteil. Sie leiten den Steuern und den Triebwerken jene Impulse zu, welche das Flugzeug mit stets aufs neue überraschender Genauigkeit den Gleitweg hinab zum Aufsetzpunkt auf der Piste führen. Auch um die Triebwerklei'stung braucht sich der Pilot nicht zu kümmern; selbständig bewegen sich die Hebel vor- und rückwärts. Die Anfluggeschwindigkeit von 140 Knoten (260 km/h), die der Pilot eingestellt hat, wird exakt eingehalten. Anzeigen springen von Rot auf Grün und vermitteln dem Piloten die Gewißheit, daß alle Einrichtungen einwandfrei arbeiten. 100 Fuß (30 m) über dem Boden reißt der Fluglehrer das Brett weg. Dann: Landung nach Sicht. Aufmerksam überwacht der Pilot die Automatik während des Ausschwebens bis zum Auf^fetzen der vier Hauptfahrwerke. Die Landung gerät weich, wie man es bei diesem Luftgiganten, trotz dessen ungeheuren Ausmaßen und seinem Gewicht, eigentlich schon gewohnt ist. Sobald das Flugzeug' festen Boden unter allen achtzehn Rädern hat, ruft der Schüler auf dein Kommandantensitz: «Take off power.» Die Leistungshebel werden- vom Fluglehrer, der die Rolle des Co-Piloten spielt, nach vorne geschoben, und der Bordtechniker, der während des Flugtrainings von seinem Instruktor ebenfalls ständig vor neue Aufgaben gestellt wird, nimmt sozusagen die Feineinstellung vor. Schon richtet sich die B-747 wieder auf und hebt zum nächsten Anflug ab. Anflug reiht sich an Anflug. Nach rund zwei Stunden ist die erste Hälfte der Lektion vorbei. Die B-747 rollt zum Auftanken auf den Flugsteig; denn das Flugpetrol muß in Moses Lake bezogen werden, das ist Bedingung. Diesen Preis nimmt man aber gerne in Kauf für die geradezu paradiesischen Zustände für ein Flugtraining im Grant County Airport. Für kurze Zeit sind wir Strahlverkehrsflugzeugen ausgeschert: aus dem Karussell von Eine DC-8 der japanischen JAL hat eben abgehoben; eine Boeing 727 der Air Algerle setzt zu einer Landung mit hoher Geschwindigkeit an. Hinten nähert sich eine Boeing 707 der North West dem äußeren Markierungsfunkfeuer, und auf der «Gegengeraden» fliegt eine weitere B-747; sie gehört der Air Canada. Rund siebzig Fluggesellschaften haben hier in Moses Lake trainiert, seit 1966 das Strategie Air Command diesen Stützpunkt aufgegeben hat. Die tüchtigen und zielstrebigen Leute von Moses Lake, namentlich der ehemalige Kommandant der Basis, erkannten die Chancen des Flughafens für ein Trainingszentrum für Strahlverkehrsflugzeuge. Der Flughafen kann alle erforderlichen Einrichtungen und Navigationshilfen anbieten. Die Länge seiner Hauptpiste, 4114 Meter, wird nur noch von einer Piste des John F. Kennedy-Flughafens übertroffen; über 350 Tage im Jahr ist das Wetter derart, daß nach Sichtflugregeln geflogen werden kann1. Kein Linienflugverkehr beeinträchtigt die Schulung, und so störi es denn auch kaum, wenn, wie heute, gleichzeitig fünf Flugzeuge kreisen, landen und starten, weil sie alle dieselbe Volte fliegen. Mit 10 Dollars sind die Landetaxen geradezu lächerlich gering. Der Durst unserer B-747 ist gelöscht. Täglich tankt die Swissair nahezu so viel wie für in Moses Lake rund 100 t Flugpetrol einen Nordatlantikflug. Die HB-IGA fügt sich wieder in den Reigen der kreisenden Flugzeuge ein. Auch wenn sie in ihrem Cockpit vergleichsweise auf der Höhe des vierten Stockwerkes eines Hauses sitzen, haben sich die Piloten an die neuen Dimensionen rasch gewöhnt. Hinabblickend auf die Menschen und die Fahrzeuge, meinte einer der erfahrenen Piloten ohne jeden Doppelsinn: Nicht das Flugzeug empfinde man als groß, sondern die Flugplätze kämen einem klein vor. In vielen Fällen scheint das nicht nur, sondern ist auch wirklich so. In der Luft wird die B-747 jedenfalls keine neuen Probleme schaffen, um so mehr aber auf dem Boden. liegt ungefähr aul der Höhe des vierten Geschosses eines modernen Hauses. Rechts: Links: Die vorderen Fenster der Jumho-Jct ermöglichen den Erstklaßpas.iagicren auch den Ireicn Blick in der Flugrichlung. Das Cockpit darüber beträgt die «tiöhendillerent» rund neun Meter. d i Notrutschbahnen ausgeworfen und aulgeblasen. Vom Notausgang bis zum Boden Beim Oellnca der Türen werden automatisch e Neue Zürcher Zeitung vom 28.02.1971
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