Inhalt 3 Editorial 24 Teil 2 unserer Artikelserie zu Humankapitalrisiken 26 Experten-Interview 6 Rahmenbedingungen für den Erfolg Tiefgreifender Wandel Die Chancen der Digitalisierung für das HRM «HR ist die Visitenkarte der Firma» Marek Dutkiewicz von HR Campus über die Vorteile von digitalen HR-Prozessen Personalarbeit in der Praxis 28 Die Zukunft ist mobil Mobile Software-Lösungen für den HR-Bereich Arbeitsrecht 10 Den Datenschutz sicherstellen 30 So werden Ihre Inserate gefunden Suchmaschinenoptimierung von Stellenanzeigen Die Regeln im Umgang mit dem Personaldossier 13 Besonders sensible Daten Antworten auf Praxisfragen zum Datenschutz 33 «Die Rollen im HR verändern sich» Wie Siemens die HR-Kernprozesse automatisiert 34 Mitarbeitende als Markenbotschafter Wieso Empfehlungen im Recruiting Gold wert sind Lohn 14 Keine Doppelspurigkeiten mehr Automatisierung der Saläradministration Werte & Kompetenzen 36 Emotionaler Brandschutz Vorbeugen gegen Belastungsstörungen Sozialversicherungen 16 Ausbleibende Zahlungen Was tun, wenn die KTG-Versicherung nicht zahlt? Work+ 38 Das Gedankenkarussell stoppen Wie man das Abschalten gezielt trainieren kann HR-Strategie 18 Employer Branding von innen stärken Welche Faktoren Arbeitgeber attraktiv machen Denksport 41 Gut geschützt Testen Sie Ihr Wissen in unserem Wettbewerb 42 Vorschau / Impressum Profitieren Sie von unserer Toolbox! Weitere Informationen dazu auf: www.personal-schweiz.ch personalSCHWEIZ April 2016 5 Experten-Interview HR-Software «HR ist die Visitenkarte der Firma» Das Beratungsunternehmen HR Campus beschäftigt sich seit fast 20 Jahren mit Software im Personalbereich. Ein Gespräch mit Geschäftsführer Marek Dutkiewicz über den technologischen Fortschritt und die Vorteile von digitalen HR-Prozessen. Interview geführt von Ralph Hofbauer personalSCHWEIZ: Herr Dutkiewicz, wann haben Sie sich erstmals mit Software beschäftigt und was war damals der State of the Art? Marek Dutkiewicz: Ich komme ursprünglich aus der Automobilbranche. Damals, in den frühen 80er-Jahren, haben wir noch mit Lochkarten gearbeitet. Die Karten sind manchmal runtergefallen und dann mussten wir sie einsammeln und wieder in die richtige Reihenfolge bringen. Wie Sie sich vorstellen können, war das bei Hunderten von Karten eine ziemlich mühsame Angelegenheit. Sie kamen damals aus dem sozialistischen Polen in die Schweiz. War das für Sie ein Kulturschock? Die vollen Regale bei Coop und Migros waren schon ein Kulturschock, da das Angebot in den polnischen Läden sehr bescheiden war. Ich musste erst einmal lernen, in der Schweiz zu überleben, und habe unter anderem als Tankwart gearbeitet. Bald konnte ich aber in der IT-Branche Fuss fassen und bin heute sehr stolz, in der Schweiz meinen Weg gemacht zu haben. Aufgrund der aktuellen Flüchtlingsthematik muss ich zurzeit als Musterbeispiel für eine gelungene Integration herhalten. Ende der 90er-Jahre haben Sie dann HR Campus gegründet. Wie weit war HR-Software zu dieser Zeit? Damals gab es lediglich Lohnsoftware, Bereiche wie die Pensionskasse oder die Zeitwirtschaft sind erst einige Jahre später dazugekommen. Zu dieser Zeit hat Standardsoftware allmählich die Individualprogrammierung abgelöst. Dadurch hat sich die Entwicklung enorm beschleunigt. Wie hat sich der Markt für HR-Software seither entwickelt? In den frühen 00er-Jahren hat HR an 6 personalSCHWEIZ April 2016 Selfmademan und stolzer Wahlschweizer: Marek Dutkiewicz kam in den 80ern aus Krakau nach Zürich. Bedeutung gewonnen. Damals hiess es überall: «Unsere Mitarbeitenden sind die wichtigste Ressource.» Dadurch wuchs auch das Bedürfnis, Software in Bereichen wie Talentmanagement, Arbeitszeugnisoder Dokumentenerstellung einzusetzen. Die Cloud-Technologie hat der HR-Software dann einen weiteren Schub verliehen. Die Transformation von Software On-Premise, also einer Software, die man auf den eigenen Servern installiert, hin zu Cloud-Lösungen, bei denen Installation und Wartung überflüssig sind, war eine kleine Revolution. Wir haben diesen Wandel zum Glück früh erkannt und bald schon voll auf die Cloud gesetzt. Ist HR-Software dadurch auch für kleinere Unternehmen erschwinglich geworden? Ja, jedes KMU kann sich heute problemlos moderne HR-Software leisten. Eine Cloud-Lösung kann sich bereits ab 15 Mitarbeitenden lohnen. 90 Prozent unserer KMU-Kunden wollen keine Soft- ware und keine Hardware kaufen. Nicht nur die Kosten sprechen für die Cloud, auch die Aktualität: Wenn Sie eine Cloud einsetzen, bleiben Sie dank der regelmässigen Updates immer auf dem neusten Stand. Bei Software On-Premise dauert es oft Jahre, bis ein Update alle User erreicht hat. Zudem wird die Technologie durch die Cloud mobil – ein weiterer Vorteil. Wie weit ist die Digitalisierung der HRProzesse mittlerweile fortgeschritten? Es gibt heute in der HR-Administration eigentlich keinen Prozess mehr, der sich nicht digitalisieren liesse. Die Palette reicht von Recruiting und Onboarding über Saläradministration und Spesenabwicklung bis hin zu Zeugniserstellung und Offboarding. Inwiefern verändert sich dadurch die HR-Arbeit? Es kommt zu einer Verlagerung von der Administration hin zur Kommunikation – und das ist auch gut so. Wiederkehren- Arbeitsrecht Personaldossier Den Datenschutz sicherstellen Personaldossiers werden immer häufiger digital angelegt. Unabhängig von der Form der Akten darf der Datenschutz nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Von Urs Egli I m Zusammenhang mit dem Personaldossier haben Arbeitgeber gewisse Regeln zu beachten, die hauptsächlich dem Persönlichkeitsschutz der Mitarbeitenden dienen. Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber nur Daten bearbeiten, die einen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis aufweisen. Was im Detail zu beachten ist und welche Konsequenzen ein Regelverstoss haben kann, wird im Folgenden aufgezeigt. Analoges oder digitales Dossier? Ob die Daten auf Papier oder in elektronischer Form aufbewahrt werden, spielt grundsätzlich keine Rolle. Personaldossiers können heutzutage vollständig in elektronischer Form geführt werden. In Papierform vorhandene Dokumente dürfen zu diesem Zweck eingescannt werden. Allerdings müssen solche Dokumentenverwaltungssysteme revisionssicher sein und folglich die Unveränderbarkeit der Daten gewährleisten. Zudem stellt eine Umstellung auf digitale Dossiers hohe Anforderungen an den Datenschutz, da sichergestellt werden muss, dass im Laufe des Digitalisierungsprojekts keine Dokumente verloren gehen oder entwendet werden. Wichtig Das Personaldossier muss durch angemessene technische und organisatorische Massnahmen gegen eine unbefugte Bearbeitung oder Kenntnisnahme geschützt sein. Erlaubt ist die Bearbeitung oder Kenntnisnahme durch die Personalabteilung sowie die direkten Vorgesetzten. Physisch vorhandene Dokumente (Hardcopies) sind verschlossen aufzubewahren, elektronische Akten sind mit Zugriffsberechtigungen zu schützen. Das Personaldossier enthält regelmässig sensitive Daten, welche die Persönlichkeit der Mitarbeitenden betreffen. Es handelt 10 personalSCHWEIZ April 2016 Die Zukunft ist digital: Arbeitgeber ersetzen Papierakten zunehmend durch digitale Dossiers. sich dabei um eine Datensammlung im Sinne des Datenschutzgesetzes. Datenschutzrechtlich ist ein Personaldossier in der Regel als Persönlichkeitsprofil zu beurteilen, das manchmal sogar besonders schützenswerte Personendaten (Gesundheit, Religion etc.) enthält. Deshalb gelten hinsichtlich des Datenschutzes erhöhte Anforderungen. Trotzdem besteht keine Pflicht, das Personaldossier beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragen (EDÖB) zu registrieren, solange die im Personaldossier gesammelten Daten den Rahmen des Üblichen nicht sprengen. Auskunftsrecht der Mitarbeitenden Mitarbeitende haben ein Auskunftsrecht betreffend den Inhalt des Personaldossiers. Solche Auskunftsbegehren sind innerhalb von 30 Tagen schriftlich zu beantworten. Den Mitarbeitenden sind Ausdrucke oder Fotokopien zur Verfügung zu stellen. Ein Anspruch auf Einsicht in das physische Personaldossier vor Ort besteht jedoch nicht. Das Auskunftsrecht kann nur ausnahmsweise unter Berufung auf Keine «grauen Dossiers» Geheime Personalakten sind unzulässig. Entscheide, die gestützt auf sogenannte «graue Dossiers» gefällt werden, haben unter Umständen keinen rechtlichen Bestand. Im ungünstigsten Fall wird der Arbeitgeber sogar schadenersatzpflichtig. ein besonderes Geheimhaltungsbedürfnis des Arbeitgebers verweigert werden. Blosser Informantenschutz rechtfertigt die Verweigerung jedoch nicht. Mitarbeitende verlangen oft unter Berufung auf das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht Einsicht in die vom Arbeitgeber geführte Zeiterfassung, um Überstunden geltend machen zu können. Ob sich das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht jedoch auch auf die Zeiterfassung erstreckt, ist durch die Gerichte noch nicht abschliessend geklärt. Anspruch auf Berichtigung Die im Personaldossier aufbewahrten Daten müssen vom Arbeitgeber periodisch auf ihre Richtigkeit überprüft werden (z.B. Sozialversicherungen Krankentaggeldversicherung Ausbleibende Zahlungen Immer wieder kommt es vor, dass die Krankentaggeldversicherung trotz vermeintlichem Leistungsanspruch keine Zahlungen ausrichtet. Dafür kann es verschiedene Gründe geben. Von René Mettler I n der Regel erhalten Sie als Arbeitgeber nach der Prüfung eines Leistungsfalls eine Bestätigung Ihrer Versicherungsgesellschaft, wonach der Krankheitsfall anerkannt worden ist. Gleichzeitig werden Sie ermächtigt, die Taggeldleistungen vorschüssig an Ihre Arbeitnehmenden auszurichten. Bis zum Widerruf dieser Ermächtigung ist die Versicherungsgesellschaft an diese Ermächtigung gebunden. Begründung verlangen Es gibt verschiedene Gründe, weshalb die Krankentaggeldversicherung keine Leistungen ausrichtet. Erkundigen Sie sich bei der Versicherung nach den konkreten Gründen. Geben Sie sich nicht mit der Begründung zufrieden, der Leistungsfall sei in Prüfung. Fragen Sie nach, weshalb keine Zahlungen erfolgen, gegebenenfalls schriftlich. gilt folgende Regel: Sind Unfall oder Berufskrankheit mindestens Mitursache für die Arbeitsunfähigkeit, richtet der Unfallversicherer das Taggeld aus. Fehlende Krankenkarte? Problemfall Schleudertrauma Häufig liegt der Grund für eine fehlende Zahlung darin, dass die nachgetragene Krankenkarte nicht bei der Versicherungsgesellschaft eingegangen ist. Kontrollieren Sie, ob dieser Nachweis der Arbeitsunfähigkeit tatsächlich eingereicht wurde. Wenn nicht, verlangen Sie diese von Ihrem Arbeitnehmenden. Nach einem Schleudertrauma, im medizinischen Fachjargon HWS-Distorsion genannt, bezahlt die Unfallversicherung der verletzten Person die Kosten für Heilbehandlung und richtet vorübergehend Taggelder aus. Wenn der Heilfortschritt stagniert, prüft der Unfallversicherer den Fallabschluss und stellt die Leistungen ein, wenn der adäquate Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Beschwerden fehlt. In einem solchen Fall kann der Krankentaggeldversicherer die Leistungspflicht ebenfalls ablehnen, mit dem Argument, die Arbeitsunfähigkeit sei unfallbedingt. Unfall oder Berufskrankheit? Klären Sie ab, ob es sich um Unfallfolgen (Rückfall oder Spätfolgen) oder um eine Berufskrankheit handelt. Der Krankentaggeldversicherer ist nur dann leistungspflichtig, wenn es sich nicht um einen Fall handelt, der über die obligatorische Unfallversicherung (UVG) versichert ist. Sollte die Krankentaggeldversicherung nicht zuständig sein, melden Sie den Fall der Unfallversicherung. Im Zweifelsfall 16 Teure Behandlung, aber keine Taggelder: Was, wenn die Krankentaggeldversicherung nicht bezahlt? personalSCHWEIZ April 2016 Das Zürcher Sozialversicherungsgericht stellte in einem Urteil klar, dass der Begriff Krankheit auch gesundheitliche Beschwerden einschliesst, die in einem natürlichen Kausalzusammenhang zu einem Unfall stehen, also Unfallfolge sind, und vom Unfallversicherer lediglich wegen fehlender Adäquanz nicht entschädigt werden. Wäre dies nicht der Fall, würde eine Kategorie von Beschwerdebildern geschaffen, die weder vom Unfallversicherer noch vom Krankentaggeldversicherer entschädigt werden. Ein so weitgehender Leistungsausschluss ist nach Artikel 33 VVG nur zulässig, wenn er in klarer und unzweideutiger Form in der Police und in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) festgehalten sei (Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Urteil vom 19.10.2012, KK.2010.00021). Vertrauensarzt und Berufswechsel Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sehen regelmässig vor, dass der Krankentaggeldversicherer jederzeit eine vertrauensärztliche Beurteilung verlangen kann. Dabei stehen zwei Fragen im Mittelpunkt: • In welchem Ausmass begründet die diagnostizierte Krankheit eine Arbeitsunfähigkeit? • Ist ein Berufswechsel angezeigt? HR-Strategie Arbeitgeberattraktivität Employer Branding von innen stärken Welche Faktoren fördern die Arbeitgeberattraktivität und welche wirken auf Mitarbeitende abstossend? Was bindet Mitarbeitende und wann wechseln sie das Unternehmen? Von Heike Bruch und Jessica Färber A m Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen haben wir eine Studie zur Arbeitgeberattraktivität durchgeführt, die auf einer Befragung von mehr als 16 000 Mitarbeitenden aus knapp 100 Unternehmen beruht. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Arbeitgeberattraktivität für Unternehmen schon heute lohnt: Unternehmen mit hoher Arbeitgeberattraktivität haben eine signifikant höhere Unternehmensleistung (+16%), mehr Innovationskraft (+12%) und einen höheren Return on Investment (+12%) als weniger attraktive Arbeitgeber. Auch auf Mitarbeiterebene sind attraktive Unternehmen besser aufgestellt. Im Vergleich zu Unternehmen, denen die eigenen Mitarbeitenden eine geringe Arbeitgeberattraktivität attestieren, sind Engagement (+11%) und Commitment (+17%) deutlich erhöht, während die Kündigungsabsicht (–19%) massgeblich reduziert ist. Es lässt sich also anhand verschiedener Leistungsmerkmale statistisch zeigen, dass Arbeitsgeberattraktivität höchst relevant ist. Fünf Attraktivitätsförderer Eine zentrale Fragestellung der Studie ist es, herauszufinden, welche Faktoren Unternehmen für ihre Mitarbeitenden attraktiv machen. Wir haben in unserer Studie die fünf Faktoren heraus gesucht, die den stärksten Einfluss auf die Arbeitgeberattraktivität haben. Unternehmen können hier ansetzen, um ihre Attraktivität gezielt zu steigern. Produktive und angenehme Energie – Hochleistung, die Spass macht Zwei der Top-5-Förderer von Arbeitgeberattraktivität sind produktive und ange- 18 personalSCHWEIZ April 2016 Gut zu wissen: Welche Faktoren ziehen Mitarbeitende an und welche wirken abstossend? nehme Energie (Bruch & Vogel, 2011). Produktive Energie beschreibt ein Arbeitsklima, das durch starkes Engagement, Begeisterung und ein hohes Aktivitätsniveau gekennzeichnet ist. Unternehmen mit geringer produktiver Energie sind demgegenüber wenig dynamisch und mitunter träge. Mitarbeitende finden es ansprechend, wenn eine hohe Dynamik vorherrscht, die Atmosphäre von starkem Einsatz und Freude für die Sache geprägt ist. Darüber hinaus ist den Mitarbeitenden eine andere Form von positivem Arbeitsklima wichtig, die man als angenehme Energie bezeichnet. Dabei handelt es sich um ein Arbeitsklima, in dem sich die Mitarbeitenden wohlfühlen, zufrieden sind und sich mit dem Status quo identifizieren. Bei Arbeitgebern mit geringer angenehmer Energie herrscht eher eine Atmosphäre von Unsicherheit, Unzufriedenheit und Anspannung bei den Mitarbeitenden. Interessanterweise vereinen attraktive Unternehmen eine hohe produktive und eine hohe angenehme Energie, d.h., es wird hier hart gearbeitet, Mitarbeitende gehen an ihre Grenzen und setzen sich mit hohem Einsatz für den Erfolg des Unternehmens ein, und es geht ihnen dabei gut. Phasen der Hochleistung werden mit Regeneration und Wertschätzung kombi- HR-Strategie Humankapitalrisiken (Teil 2 von 3) Rahmenbedingungen für den Erfolg Obwohl jedes Unternehmen die Mitarbeitenden als wichtigste Ressource bezeichnet, werden die Risiken des Humankapitals oft unterschätzt. Im zweiten Teil dieser dreiteiligen Artikelserie stehen die Rahmenbedingungen im Mittelpunkt, die für den Unternehmenserfolg entscheidend sind. Von Monika Schibler, Thomas Heer und Jean-Marcel Kobi M it einer systematischen Herangehensweise in Form eines strategischen Frühwarnsystems gelingt es, die Gesamtzusammenhänge zu überblicken und den konkreten Nutzen von Investitionen ins Humankapital sichtbar zu machen. Das von den Autoren dieses Beitrags entwickelte HUMANCAPITALEXCELLENCE-Modell unterscheidet zehn Humankapitalrisiken, welche den drei Ebenen des «Könnens», des «Dürfens» oder des «Wollens» zugeordnet werden können. Im ersten Teil dieser dreiteiligen Artikelserie wurden bereits die Ebene des «Könnens» und die mit den Kompetenzen verbundenen Risiken näher beleuchtet (siehe Sonderausgabe Talentmanagement S1/2016, S. 24). In diesem Beitrag steht nun die Ebene des «Dürfens» im Mittelpunkt mit den Faktoren, welche über die optimalen Rahmenbedingungen entscheiden, die sogenannten Enabler (engl. to enable = befähigen). Dabei sind drei Risiken zentral: das Kultur-, das Führungs- und das HRM-Risiko. Das Kulturrisiko Eine als unzulänglich empfundene Unternehmenskultur mag auf den ersten Blick vielleicht nicht als grosses Risiko erscheinen. Die Probleme bei einem betrieblichen Wandel und der Einführung neuer Managementsysteme sind aber meist nicht technischer oder wirtschaftlicher, sondern kultureller und menschlicher Natur. In der Praxis erweist sich die Unternehmenskultur oft als harte Tatsache, die Erfolg verhindert oder zumindest hemmt. Die Vernachlässigung von Werten und kulturellen Aspekten bedeutet, die eigentlichen Ursachen für unternehmerische Herausforderungen auszublenden und lediglich Symptombekämpfung zu betreiben. Die Kultur kann 24 personalSCHWEIZ April 2016 Kultur und Führung entscheiden darüber, ob die Mitarbeitenden ihr Potenzial ausschöpfen können. also je nach ihrer Ausprägung als positiver oder negativer Multiplikator wirken. Im heutigen dynamischen Unternehmensumfeld sind permanente Optimierungsprozesse unabdingbar. Voraussetzung dafür ist die Möglichkeit des lebenslangen Lernens auf allen Ebenen: Individuum, Team und Organisation. Dabei spielt neben der individuellen Lernfähigkeit und Lernbereitschaft der Mitarbeitenden insbesondere die Lernkultur eine entscheidende Rolle: Eine lernförderliche Kultur gewährt Freiräume, unterstützt Experimente und lässt Fehler als Entwicklungschancen zu. In Zukunft werden Unternehmen vermehrt danach beurteilt, ob sie soziale Verantwortung übernehmen und den Mitarbeitenden den ihnen gebührenden Stellenwert einräumen. Erfolgreiche Unternehmen haben ein «menschliches Gesicht». Auch die Qualität der Zusammenarbeit ist von der Unternehmenskultur geprägt. Ist der Umgang zwischen den Mitarbeitenden auf allen Ebenen von gegenseitiger Unterstützung, Wertschätzung, Respekt und Wohlwollen geprägt oder herrschen Konkurrenz- und Machtkämpfe vor? Wie wird mit Konflikten und Mobbing umgegangen? Wird eine offene und transparente Informations- und Kommunikationskultur gelebt? Werden Mitarbeitende zur Partizipation und Mitverantwortung motiviert? Die üblichen Mitarbeiterbefragungen beschränken sich oft auf die äusserlich sichtbare Unternehmenskultur und fragen zu wenig nach den zugrunde liegenden Werten und Denkhaltungen. Neue Befragungsmethoden wie die Repertory-Grid-Technik erlauben es, Werte und Einstellungen der Führungskräfte und der Mitarbeitenden und dadurch die unternehmensspezifischen Grundvoraussetzungen für Engagement und Leistung herauszuarbeiten. Das Führungsrisiko Die Führungskräfte prägen das Unternehmen. Nicht überraschend wird die Verbes- Personalarbeit in der Praxis Employee Self Service (ESS) Die Zukunft ist mobil Mobile Lösungen sind auch im HR-Bereich im Kommen: Spesenbelege und Arbeitszeiten lassen sich mittlerweile bequem per Smartphone erfassen, und der Employee Self Service (ESS) ermöglicht Mitarbeitenden den ortsunabhängigen Zugriff auf personalbezogene Daten. Von Marc-André Theytaz U m Arbeitsprozesse effizienter zu organisieren, gewähren Unternehmen ihren Mitarbeitenden heute nicht nur einen sicheren internen, sondern vermehrt auch einen externen Zugriff auf Firmendaten. Modernste ERP-Systeme sind in der Lage, nahtlos mit Mobilgeräten wie Smartphones und Tablet-Rechnern zu kommunizieren sowie neue und schlankere Prozesse zu realisieren. Zu verdanken ist dies den enormen Leistungskapazitäten der neuen Geräte. Moderne Smartphones sind bedeutend leistungsfähiger als etwa der Cray-Supercomputer, der ab Mitte der 1970er-Jahre den Teilchenbeschleuniger des CERN gesteuert hat, oder die Highend-PCs, die in den 90er-Jahren komplexe Grafikaufgaben erledigt haben. Der wirklich grosse Unterschied zu den früheren Rechnern liegt jedoch in der Mobilität. Die intelligenten Handys passen in jede Tasche und stehen jederzeit und überall zur Verfügung. Deshalb wechseln immer mehr Anwender zu mobilen Geräten. Wurden vergangenes Jahr weltweit rund 1,4 Milliarden Smartphones abgesetzt, sollen es laut dem aktuellen Ericsson Mobility Report in fünf Jahren 6,1 Milliarden sein. Entsprechend dürften auch die Bedürfnisse nach adäquaten Anwendungen steigen, zumal in einigen Jahren eine völlig neue Generation von Nutzern in die Unternehmen eintreten wird. Jüngere Generationen beziehen heute die IT-Anwendungen für ihren Alltag fast nur noch über Tablets oder Smartphones. Apps für den Arbeitsalltag Bereits Ende 2014 etwa hat der Durchschnittsschweizer laut einer Studie von UPC Cablecom bereits rund 40 Apps auf seinem Smartphone geladen. Neben populären Lösungen wie Whatsapp, Face- 28 personalSCHWEIZ April 2016 Lohndaten abrufen, Absenzmeldung oder Arbeitszeiterfassung — dies alles ist heute mobil möglich. book, SBB oder Meteo Swiss sind vermehrt mobile Lösungen anzutreffen, die den Arbeitsalltag erleichtern. Dazu gehören vermehrt auch Apps für Zugriffe auf betriebswirtschaftliche Unternehmenslösungen. Indem sie die Vorteile der Mobilgeräte und einer ERP-Software optimal miteinander kombinieren, ermöglichen sie in Echtzeit und ohne Medienbrüche Einsichten, Eingaben und den Abgleich von Geschäftsdaten. Nacherfassungen im Büro können dabei vermieden und somit kann die Effizienz gesteigert werden. Solche Apps funktionieren Hand in Hand mit den Standardlösungen für die Projektverwaltung, das Service- und Vertragsmanagement, die Finanzen und die spezialisierten Branchenlösungen wie etwa jene für den Treuhänder, die Immobilienverwaltung, das Baugewerbe, das Gesundheitswesen oder die öffentliche Verwaltung. Der CEO von ABACUS Research, Claudio Hintermann, geht beispielsweise davon aus, dass die Entwicklung solcher mobiler Lösungen der einzig gangbare Weg ist, um in Zukunft weiterhin erfolgreich Business-Software-Lösungen im Schweizer Markt anzubieten. Es gehört zu fortschrittlichen Strategien, einerseits den Anwendern immer mehr Aufgaben abzunehmen, andererseits diese dort erledigen zu lassen, wo sie anfallen. Erste Resultate solcher Entwicklungen liegen für die Systeme iOS und Android in den App-Stores vor. Dank ihnen lassen sich zum Beispiel Spesenbelege und andere Quittungen fotografieren und umgehend organisieren. Auf Wunsch können diverse Leistungsarten, Projekt- und Arbeitszeiten oder Aktivitäten dazu erfasst werden. Anschliessend lassen sich diese Daten via E-Mail an den Treuhänder, den Vorgesetzten oder den Personalverantwortlichen verschicken und direkt mit Projekten in der Business Software synchronisieren. Dort stehen sie für die Weiterverarbeitung wie etwa in der Lohnbuchhaltung für die Spesenauszahlung zur Verfügung. Zudem gibt es Apps für die automatische Arbeitszeiterfassung. Mithilfe moderner Techno- Personalarbeit in der Praxis Suchmaschinenoptimierung von Stelleninseraten So werden Ihre Inserate gefunden Viele Arbeitnehmer suchen über Google nach Jobs, doch nur wenige Arbeitgeber optimieren ihre Stelleninserate für Suchmaschinen. Fünf Tipps für die Suchmaschinenoptimierung. Von Ralph Hofbauer D ie Jobsuche über Google wird von den meisten Arbeitgebern unterschätzt. Laut dem aktuellen Trend Report für Online-Recruiting von Prospective suchen rund 42 Prozent der Arbeitnehmer primär via Google nach Jobs, aber nur 16 Prozent der Arbeitgeber betreiben Suchmaschinenoptimierung. Die grosse Mehrheit der Unternehmen vergibt sich Chancen, denn die Optimierung der Stelleninserate auf der Firmenwebsite sowie für Jobsuchmaschinen ist keine Hexerei. Die Personalberatung Careerplus hat in ihrem neuen White Paper einige Kniffe versammelt, damit Inserate besser gefunden werden. Unterschätzt: Arbeitgeber sind sich kaum bewusst, dass viele Stellensuchende Google nutzen. White Paper: «Klick und Volltreffer. So optimieren Sie Ihre Onlinestelleninserate» Das neue White Paper von Careerplus bietet wertvolle Tipps, um Stelleninserate zu optimieren, sowie eine praktische Übersicht der wichtigsten Jobportale. Download unter: http://www.careerplus.ch/unternehmen/ gehaltsstudien/seo-optimierung-onlinestelleninserate Folgende fünf Tipps bringen HR-Verantwortlichen die wichtigsten Mechanismen und Begrifflichkeiten bei der Suchmaschinenoptimierung von Stelleninseraten näher. Bei der konkreten Umsetzung kann der Webmaster behilflich sein. 1. Eigene Unterseite Jede Stellenanzeige muss über eine eigene Unterseite mit eigener URL verfügen. Ohne diese wird sie von Google nicht gefunden. Deshalb gehören Jobtitel sowie Arbeitsort in die URL (z.B. www.firma.ch/ jobs/marketingleiter-bern). Ein weiterer Vorteil: Dank der eigenen URL lassen sich die Inserate viel einfacher auf Social Media verlinken und weiterempfehlen. 30 personalSCHWEIZ April 2016 2. Präzise Jobtitel Der Jobtitel muss zwingend an erster Stelle stehen und als Überschrift Titel H1 (übliche Definition des Haupttitels im HTML-Code) definiert sein. Dabei sollte er möglichst eindeutig aussagen, worum es in der Ausschreibung geht. Denn präzise Jobtitel erzielen präzise Ergebnisse bei der Google-Suche. Überschriften wie «Von den Besten lernen» oder Jobtitel wie «Leader Marketing Excellence» sind wenig zielführend. Am besten versetzt man sich in die Lage des Bewerbers. Wie sucht jemand, der Leiter einer Marketingabteilung werden will? Auf Schrägstriche im Titel sollte man zudem verzichten. Also anstatt «eine/n Controller/in» sucht man besser «einen Controller (m/w)». Warum? Damit die Suchbegriffe der Kandidaten mit den Schlagworten des Inserats übereinstimmen: In einer Google-Suche verwendet man keine Schrägstriche. 3. Arbeitsort angeben Wenn man eine Stelle sucht, hat man auch eine Wunschvorstellung davon, wo diese sein sollte. Stellensuchen sind daher oft ortsbezogen, sprich: Am häufigsten geben Bewerber bei Google die Stelle inklusive Wunscharbeitsort ein, beispielsweise «Marketingleiter Bern». Die beste Stelle, um den Ort in der Anzeige anzugeben, ist in der Unternehmenspräsentation: «Wir suchen für unser Büro in Bern einen Marketingleiter.» 4. Optimale Keywords Das Wichtigste, um bei Google gefunden zu werden, sind der Stellentitel und die Ortsangabe, allenfalls noch ein Begriff wie «Job», «Jobs» oder «offene Stelle». Entscheidend ist zudem, dass die Keywords in der Beschreibung möglichst am Anfang erwähnt sind. 5. Richtiger Zeitpunkt Für Google, Jobsuchmaschinen wie Jobportale gilt gleichermassen: Der richtige Zeitpunkt ist essenziell. Bewerber suchen am häufigsten in Randzeiten. Wie die Auswertungen des Traffics auf der Webseite von Careerplus zeigen, sind Montag bis Mittwoch die Tage, an denen am meisten Stellen gesichtet werden. Werte & Kompetenzen Posttraumatische Belastungsstörungen Emotionaler Brandschutz Die Folgen von unmenschlicher Führung, verbunden mit unrealistischen Anforderungen, nehmen die Betroffenen, aber auch deren Umfeld, zu Beginn kaum bewusst wahr. Wo liegen die Ursachen, welches sind die Symptome und wie können sich Betroffene schützen? Von Stephan Siegfried und Claude Keller «Selbstmord ist billiger als eine Abfindung», betitelte der Wiesbadener Kurier ein Interview zum Thema Mobbing. Tatsächlich gehen gemäss Studien aus Deutschland und Schweden rund 15 bis 20 Prozent der Suizide auf Mobbing am Arbeitsplatz zurück. In der Schweiz wurden dazu bisher keine Zahlen erhoben. Errechnet man jedoch basierend auf diesen Quoten und den Angaben des Bundesamts für Statistik (BFS) die absoluten Zahlen für die Schweiz, so ergibt dies rund 135 Männer und rund 50 Frauen, die aufgrund belastender Situationen im Arbeitsumfeld den Freitod wählten. Mehr Tote als im Strassenverkehr Sich schützen, bevor es zu spät ist: Mobbing-Opfer werden teilweise in den Suizid getrieben. Weiter ist davon auszugehen, dass auch stressbedingte Herz-Kreislauf-Störungen häufig auf den beruflichen Kontext zurückzuführen sind. Gemäss einer Studie des SECO verursachen stressbedingte Ausfälle in der Schweiz Kosten in Milliardenhöhe. Exemplarisch sei der Fall des Takotsubo-Syndroms erwähnt, auch Gebrochenes-Herz-Syndrom genannt. Ein solcher Herzstillstand ist nicht wie ein Herzinfarkt in erster Linie genetisch bedingt, sondern wird durch angstbedingte (post-)traumatische Belastungsstörungen hervorgerufen. Daher muss ein Teil der insgesamt über 21 500 pro Jahr durch HerzKreislauf-Störungen verursachten Todesfälle auf eine belastende Situation im Arbeitsumfeld zurückzuführen sein. Es ist zu befürchten, dass die Arbeitswelt jährlich erheblich mehr Todesopfer fordert, als jene rund 250 Personen, die pro Jahr im Strassenverkehr ums Leben kommen. Kanada wurde im Rahmen verschiedener Studien in den letzten 15 Jahren ermittelt, dass rund ein Prozent aller Menschen ausgeprägte antisoziale, mithin psychopathische Verhaltensmuster, aufweisen (siehe dazu personalSCHWEIZ Ausgabe 6/2015, S. 6–9). Für viele Erwerbstätige sind diese kaum bekannten, jedoch erklärbaren Wesenszüge Ursache dafür, dass viele Organisationen an Formen der sogenannten Organisationskultur-Pathologien erkranken. Vergleichbar mit der in der Mafia bekannten Omertà, dem Schweigen aus Angst vor Sanktionen, wird in diesen Fällen eine offene und somit ehrliche Kommunikation verunmöglicht. Kritische Stimmen werden mundtot gemacht oder sogar rausgemobbt und angepasste Jasager in mittlere Kaderstufen befördert. Wo liegen die Ursachen? Gemäss der aktuellen, weltweit führenden Forschung aus den USA und insbesondere 36 personalSCHWEIZ April 2016 «Wie glücklich der, der einen Schmerz hat, wenn ihm etwas fehlt. Wir wissen ja, wenn der Mensch keinen Schmerz empfinden würde, wäre er in einer sehr gefährlichen Lage. Aber sehr viele Menschen, also die ‹Normalen›, sind so angepasst, die haben so alles, was ihr eigen ist, verlassen. Die sind so entfremdet, so Instrumente, so roboterhaft geworden, dass sie gar keinen Konflikt mehr empfinden.» Dies führt dann dazu, dass in gewissen Fällen Menschen bei massiven Konflikten ihre Selbstachtung verlieren und unbemerkt instrumentalisiert werden. In vielen Fällen kann sich die eigene Persönlichkeit rasch verändern. Dies äussert sich beispielsweise darin, dass weniger soziale Kontakte gepflegt werden, die Person abgeschlagen wirkt und schneller reizbar ist. Welches sind die Symptome? Erich Fromm, Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsychologe, hat folgendes Paradox formuliert: «Die Normalen sind die Kränksten und die Kranken sind die Gesündesten.» Weiter führt Fromm aus: Im beruflichen Umfeld werden Menschen selten dafür ausgebildet, entsprechende Symptome zu erkennen, mit Ausnahme von jenen, die berufsbedingt posttraumatischen Belastungen ausgesetzt sind, wie etwa im Sicherheits- oder im Gesund-
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