Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)

XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE
EZ/OZ: 756/1
Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)
eingebracht am 11.04.2016, 12:24:04
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Dipl.-Ing. Gerald Deutschmann (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner
(FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ),
LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Mag. Doris Kampus
Betreff:
Die Grundsäulen der steirischen Asylpolitik von SPÖ und ÖVP: Schönfärberei, Willkür
und Steuergeldverschwendung.
Auf Einladung der Offiziersgesellschaft Steiermark referierte der steirische Flüchtlingskoordinator
Kurt Kalcher am 7. April 2016 in der Grazer Gablenzkaserne über die „Flüchtlingssituation aus
Sicht des Landes Steiermark“. In ungewöhnlich offenen Worten kritisierte er dabei SPÖ und
ÖVP, als er die unterlassenen Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene anlässlich des im
letzten Jahr einsetzenden Flüchtlingsstromes monierte: „Der österreichische Staat hat kapituliert.
Er hat seine Grenzen nicht geschützt“, wird Kalcher in der Online-Ausgabe der „Kleinen Zeitung“
zitiert.
(Quelle:
http://www.kleinezeitung.at/s/steiermark/landespolitik/4963430/Kalcher-amWort_Fluchtlingskoordinator-uber-Ortschefs-Quartiere)
Ein diesbezüglicher Antrag der Freiheitlichen (EZ 193/3), der einen effektiven Schutz der
Staatsgrenzen zum Inhalt hatte, wurde von SPÖ und ÖVP in der von der FPÖ beantragten
Sondersitzung des Landtages am 7. September 2015 abgelehnt und als abstruse Forderung
nahezu lächerlich gemacht. ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer äußerte sich dazu
im Zuge der Debatte im Plenum wie folgt: „Wir haben offene Grenzen und jetzt gibt es wieder
welche, die Mauern hochziehen wollen, weil Sie glauben, damit könnten wir ein Problem lösen,
aber so kann man das Problem nicht lösen.“ Der Landeshauptmann in derselben Sitzung:
„Haben Sie keine Angst, lassen Sie sich nicht in Angst versetzen. Wir werden das schaffen.“
Keine vier Monate später änderte Schützenhöfer seine Meinung und legte einen 180-GradSchwenk ein, als er im Rahmen der Landtagssitzung vom 19. Jänner 2016 eingestand: „Ich habe
geglaubt, wir schaffen das – wir schaffen das aber nicht.“
Für größere Irritationen sorgte zuletzt auch die Bemerkung Kalchers, dass im Zuge seiner
Tätigkeit als Flüchtlingskoordinator Bürgermeister von SPÖ bzw. ÖVP einen „Schießbefehl“
gegen Asylwerber forderten. Kalcher im Original-Ton: „Ich kenne gestandene Bürgermeister, die
sagen, wir brauchen einen Schießbefehl.“ (Quelle: Kleine Zeitung, 9. April 2016, S. 24.) Vor dem
Hintergrund, dass Mandatare von SPÖ und ÖVP noch vor acht Monaten händchenhaltend eine
Menschenkette um das Landhaus bildeten, um gegen die „von der FPÖ beantragte
Sondersitzung zur Asylsituation ein Zeichen zu setzen“, sind die Schießbefehl-Forderungen von
gewählten Mandatsträgern von SPÖ und ÖVP (!) symptomatisch für die Bigotterie,
Doppelzüngigkeit und Zerrissenheit der „Zukunftskoalition Steiermark“.
Der steirische Flüchtlingskoordinator bestätigte auch, dass einzig und allein die Aussicht auf
„schnelles Geld“ viele Menschen dazu bewege, ihre Immobilien dem Land Steiermark für
Asylheime zur Verfügung zu stellen. Kalcher konkret: „Bei neuen Quartieren funktioniere es
mittlerweile nur mehr über die Brieftasche. Das soziale Engagement ist derzeit null.“ (Quelle:
Kleine Zeitung, 9. April 2016, S. 24.) Ersteres verwundert freilich nicht. Schließlich kann der
Besitzer einer Liegenschaft – insbesondere im ländlichen Raum – mit der Unterbringung von
Asylwerbern einen viermal so hohen Profit erzielen, als wenn er diese an Privatpersonen
vermietet. Dass just jene Partei, die grundsätzlich schnell mit Kapitalismus-Kritik zur Stelle ist
und für sich in Anspruch nimmt, die Vertreterin der sozialen Frage zu sein, diese Form der
hemmungslosen Geschäftemacherei ohne Wenn und Aber unterstützt, entbehrt einer gewissen
Logik.
Sowohl auf Bundes- als auch Landesebene haben die letzten Wochen gezeigt, dass Vertreter
der SPÖ im Bereich des Asylwesens oftmals die Wahrheit zurechtbiegen müssen. Auch
Flüchtlingslandesrätin Doris Kampus hat diese Kunst im Zuge der Beantwortung einer
Landtagsanfrage am 15. März 2016 für sich entdeckt. Denn auf die Frage, wie hoch der Anteil
von männlichen Asylwerbern sei, nahm sie lediglich auf den Teilbereich der männlichen
Asylsuchenden, die über 18 Jahre alt sind, Bezug. Dementsprechend ergab sich ein über 20
Prozent niedrigerer Wert als dies die Daten der Abteilung 11, die der Landesrätin übermittelt
wurden, ausweisen. Ihre Aussage, dass der Anteil von männlichen Asylwerbern über 18 Jahre
bei 46 Prozent liege, ist zwar korrekt, ignoriert jedoch das Faktum, dass über 90 Prozent der
Flüchtlinge unter 18 Jahren männlich sind – doch diese Zahlen verschwieg die zuständige
Landesrätin. Sie nannte lediglich die Gesamtzahl an unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen,
ohne dabei Angaben zur Geschlechterverteilung zu machen. Welche Motive Kampus hatte, die
Anzahl an männlichen Asylwerbern in der Steiermark kleinzureden und niedriger darzustellen als
diese tatsächlich ist, entzieht sich der Kenntnis der Fragesteller. Der Umstand alleine, dass
derartige Methoden vom politisch zuständigen Mitglied der Steiermärkischen Landesregierung
angewendet werden, wirft ein bezeichnendes Licht auf die steirische Asylpolitik. Tatsache ist,
dass gemäß den Angaben der Abteilung 11 per 11. März 2016 exakt 10.827 Asylwerber in
Landesbetreuung standen, davon waren 68 Prozent (7.379) männlich und 32 Prozent (3.448)
weiblich.
Laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung des Innenministeriums vom 7. April 2016
(7723/AB zu 8017) ist gerade bei jugendlichen Flüchtlingen die Zahl jener, die einer strafrechtlich
relevanten Handlung beschuldigt sind, stark gestiegen. So lag die Anzahl an tatverdächtigen
Asylwerbern im Jahr 2015 bei 7.610 Personen – gegenüber dem Vorjahr bedeutete dies einen
Anstieg um 44,7 Prozent. Ungeachtet dessen werden von SPÖ und ÖVP weiterhin große
Flüchtlingsquartiere mitten in Wohngebieten errichtet, wie die Beispiele Graz-Mariatrost
(ehemals Gasthof „Zur Einkehr“) und Graz-Andritz (ehemals Gasthof „Türkensimmerl“) zeigen.
Dem nicht genug, fasste die Landesregierung am 31. März 2016 den Beschluss, 500.000 Euro
an Steuermitteln für Asylwerber zur Verfügung zu stellen („Projektfonds Steiermark“). Mit dem
Betrag sollen Integrationsprojekte für Asylwerber in den Gemeinden umgesetzt werden. Auch
wenn dies auf den ersten Blick vielleicht als wirtschaftlich unbedenkliche Maßnahme zu
bewerten ist, erweist sich die Angelegenheit bei genauerer Betrachtung jedoch als
Steuergeldverschwendung großen Ausmaßes. Denn gemäß dem Bundesamt für Fremdenwesen
und Asyl (BFA) betrug die erstinstanzliche Anerkennungsquote von Asylwerbern im Jahr 2015
lediglich 38 Prozent. Quelle: http://medienservicestelle.at/migration_bewegt/2016/01/20/2015-13800-positive-asylentscheidungen/
Knapp zwei Drittel aller Flüchtlinge des letzten Jahres hatten somit kein Recht im Lande zu
bleiben, da sie keine tatsächlichen Asylgründe vorweisen konnten und aus anderen Motiven
(soziale oder wirtschaftliche Besserstellung) nach Österreich kamen. Diese müssen daher
umgehend abgeschoben werden, um jenen, die tatsächlich Schutz und Hilfe benötigen,
Asylplätze zur Verfügung stellen zu können.
Ungeachtet des Ausgangs des Asylverfahrens investiert die Landesregierung, in Zeiten von
drastischen Einsparungen im heimischen Verkehrs-, Umwelt-, Gesundheits- und
Bildungsbereich, mehrere hunderttausend Euro in Integrationsmaßnahmen für Personen, von
denen rund zwei Drittel in den kommenden Jahren wieder abgeschoben werden müssen, weil
sie kein Anrecht auf Asyl in Österreich haben. Nimmt man die Anerkennungsquote des Jahres
2015 als Maßstab, so versenkt die Landesregierung sehenden Auges rund 330.000 Euro ins
politische Nirwana. Diese Vorgehensweise ist grob fahrlässig und ein Affront gegenüber dem
steirischen Steuerzahler, der mit seinen Abgaben und Beiträgen die chaotische Asylpolitik von
SPÖ und ÖVP finanzieren muss. Es würde dem logischen Hausverstand entsprechen, dass
Integrationsmaßnahmen erst nach positivem Abschluss eines Asylverfahrens zu setzen sind.
Es wird daher folgende
Dringliche Anfrage
gestellt:
1
2
Wie viele Personen befinden sich aktuell in der Steiermark in der Grundversorgung?
Wie viele der in der Steiermark in Grundversorgung stehenden Personen sind
männlich bzw. weiblich?
3 Wie teilen sich die in der Steiermark in der Grundversorgung stehenden Personen
gemäß den von der Behörde geführten Alterskategorin Kleinkind (bis 3 Jahre),
Vorschulalter (3 bis 6 Jahre), Schulpflichtig (6 bis 15 Jahre), Jugendliche (15 bis 18
Jahre) sowie Erwachsene (über 18 Jahre) im Hinblick auf die Geschlechterverteilung
(männlich/weiblich) auf?
4 Wie viele der in der Steiermark in der Grundversorgung stehenden unbegleiteten,
minderjährigen Flüchtlinge (UMF) sind männlich bzw. weiblich?
5 Warum gingen Sie bei der Beantwortung der an Sie im Rahmen der Landtagssitzung
vom 15. März 2016 gerichteten Anfrage, hinsichtlich der Geschlechterverteilung von
Flüchtlingen in der Steiermark, lediglich auf den Teilbereich der männlichen
Asylwerber über 18 Jahre ein und nannten indes nicht die prozentuelle Gesamtzahl
von männlichen Asylsuchenden?
6 Warum beantworteten Sie nicht – trotz der ordnungsgemäß eingebrachte Anfrage
gemäß § 69 der Geschäftsordnung des Landtags – die Teilfrage hinsichtlich der
GESCHLECHTERVERTEILUNG der unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge?
7 Worauf ist der hohe Anteil von männlichen Personen bei der Gruppe der
unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen zurückzuführen?
8 Sind
für
diese
Gruppe
seitens
des
Landes
Steiermark
erhöhte
Integrationsbestrebungen, im Hinblick auf die in den letzten Monaten vermehrt
stattgefundenen Straftaten von jugendlichen, männlichen Asylwerbern, geplant?
9 Wenn ja, welche?
10 Wenn nein, warum nicht?
11 Zu wie viel Prozent erfüllt die Steiermark aktuell die mit dem Bund vereinbarte Quote
zur Unterbringung von Asylwerbern?
12 Wie viele Personen sind Ihren Informationen zur Folge aktuell in dem vom Bund
betreuten Asylquartier in der Grazer Nordberggasse untergebracht?
13 Wie hoch ist der Anteil an männlichen und weiblichen Personen im Asylquartier
Neustiftweg 1 (ehemals Gasthaus Türkensimmerl)?
14 Wieso genehmigten Sie als politisch verantwortliches Regierungsmitglied, die
Errichtung eines Flüchtlingsquartiers für rund 40 Personen am Neustiftweg 1, wo der
Bezirk Andritz doch bereits über ein Asylgroßquartier des Bundes in der
Nordberggasse verfügt?
15 Warum wurden die direkt angrenzenden Nachbarn des Hauses Neustiftweg 1 nur
wenige Tage bevor die ersten Asylsuchenden ihr Quartier bezogen, im Rahmen einer
„Infoveranstaltung“ von der Umwandlung des Objekts zu einer Asylwerber-Unterkunft
in Kenntnis gesetzt?
16 Wurden Bürgermeister Siegfried Nagl sowie der Bezirksvorsteher von Graz-Andritz,
Johannes Obenaus, vorab über die Pläne zur Errichtung eines Asylheimes am
Neustiftweg 1 informiert?
17 Wenn nein, warum nicht?
18 Wenn ja, wann wurde das Büro von Bürgermeister Nagl bzw. Bezirksvorsteher
Obenaus informiert?
19 Warum wurde die unmittelbar angrenzende Bevölkerung in keiner Art und Weise
informiert?
20 Wie viele Personen sollen im Asylquartier in Mariatrost (ehemals Gasthof „Zur
Einkehr“) untergebracht werden?
21 Sollen dort tatsächlich, wie vom Flüchtlingskoordinator bei der „Infoveranstaltung“ vom
29.3.2016 angekündigt, vordringlich Familien untergebracht werden?
22 Wenn nein, welche Personen werden dort eine Bleibe finden?
23 Wie erklären Sie den Umstand, dass in Mariatrost vom steirischen Weg
(Kleinquartiere) abgegangen wurde?
24 Welchen Überlegungen haben Sie Ihrer Entscheidung zugrunde gelegt, das Asylheim
inmitten des Bezirkszentrums zu installieren?
25 Können Sie ausschließen, dass für Kinder des angrenzenden Kindergartens bzw.
Volksschule eine erhöhte Gefährdung besteht?
26 Wenn nein, welche Maßnahmen wird die Landesregierung setzen, um die Sicherheit
zu gewährleisten?
27 Auf welche Zeit wurde der Vertrag mit Eigentümer bzw. Betreiber abgeschlossen?
28 Können Sie eine Laufzeitverlängerung dieses Vertrages ausschließen?
29 Können Sie ausschließen, dass allfällige Investoren auf dem ehemaligen Areal der
Kirchner-Kaserne in Graz ein Asylquartier errichten?
30 Wenn nein, warum nicht?
31 Sind Ihrem Ressort diesbezügliche Pläne bzw. Anfragen von Investoren bekannt?
32 Wenn ja, wie sehen diese im Detail aus?
33 Welche Maßnahmen haben Sie als zuständige Integrationslandesrätin gesetzt, als Sie
davon Kenntnis erlangten, dass Bürgermeister Ihrer Partei bzw. Ihres
Koalitionspartners einen Schießbefehl auf Flüchtlinge forderten?
34 Haben Sie mit jenen Bürgermeistern, die diese Forderung aufstellten, das Gespräch
gesucht?
35 Wenn nein, warum nicht?
36 Wenn ja, was war das „Ergebnis“ dieser Unterredung?
37 Warum wird beim Leitfaden des Vereines „Zebra“ zur Thematik „Gemeinnützige
Beschäftigung von AsylwerberInnen in der Steiermark“ auf Seite 15, unter dem Punkt
„Nachteile für Gemeinden“, nicht auf den finanziellen Mehraufwand derselben – der
durch den Abschluss einer Unfallversicherung für Asylwerber, der wiederum von der
Kommune zu erfolgen hat – hingewiesen?
38 Werden Sie dafür Sorge tragen, diese Broschüre im Hinblick auf mögliche Nachteile,
die eine Unterbringung von Asylwerbern nach sich zieht, (Stichwort Sicherheitsrisiko,
kulturelle Konflikte, Wertminderung der umliegenden Grundstücks- und
Eigentumswohnungen usw.) der Lebenswirklichkeit anzupassen?
39 Wenn nein, warum nicht?
Unterschrift(en):
LTAbg. Dipl.-Ing. Gerald Deutschmann (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler
(FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ), LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ),
LTAbg. Marco Triller, BA (FPÖ)