In der MAZ-‐Beilage „Sonntag“ las ich neulich, dass das Osterfest dabei wäre, immer mehr dem Weihnachtsfest den Rang abzulaufen. Dies gilt zumindest, was die Beliebtheit in den Familien anbelangt. Mich hat das schon etwas erstaunt. Allerdings: Die genannten Gründe bezogen sich mehr auf die verbreitete Stimmung, die sich mit Ostern verbindet, und nicht so sehr auf die Bedeutung die hinter dem Fest steht. Dabei ist Ostern für uns Christen tatsächlich schon immer das größte Fest unseres Glaubens! „Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“ Ohne diesen alten Osterruf der Christenheit ist das Fest gar nicht zu verstehen und gäbe es auch heute gar keine Christen mehr. Hätte Gott Jesus nicht zu neuem Leben erweckt, wäre er längst vergessen. Allenfalls Historiker könnten sich noch an ihn erinnern. Allerdings gibt es nicht wenige Menschen, die das verdrängen. Anders ist es gar nicht zu erklären, dass die Gottesdienste nach wie vor zu Weihnachten besser besucht sind als zu Ostern. Doch warum rede ich überhaupt noch von Ostern? Es liegt doch nun schon wieder zwei Wochen zurück und die Osterhasen und –eier sind längst aus den Regalen der Supermärkte verschwunden. Und doch ist Ostern für uns Christen nicht vorbei. So wie dem Osterfest die vierzigtägige Passionszeit als eine Zeit der Besinnung auf Leiden und Tod Jesu vorangeht, so folgt ihm eine ebenfalls vierzigtägige Zeit, die österliche Freudenzeit. Sie ist gekennzeichnet durch den Jubel über Gottes Handeln an Jesus Christus für uns Menschen und sie dauert bis zum Himmelfahrtsfest. Fünf Sonntage liegen in dieser Zeit, die alle einen besonderen Namen tragen. Quasimodogeniti („Wie die neu geborenen Kinder“) ist der erste Sonntag nach Ostern und wird mancherorts auch der Weiße Sonntag genannt, weil früher die zu Ostern Getauften an diesem Tage ein weißes Kleid trugen. Misericordias Domini („Barmherzigkeit des Herrn“) heißt der Sonntag, den wir morgen feiern und der von vielen als Hirtensonntag bezeichnet wird, ist doch das Bild des Guten Hirten das Thema der Gottesdienste. Es folgen die Sonntage Jubilate („Jauchzet“), Kantate („Singet“) und Rogate („Betet“), die uns Christen daran erinnern, was die Osterbotschaft in uns auslösen will. Eigentlich ist jeder Sonntag ein kleines Ostern. Erst durch die Auferstehungsnachricht wurde dieser Tag zum wöchentlich wiederkehrenden Feiertag, der rot in den Kalendern steht. Die Sonntage in diesen Wochen mit ihren besonderen Themen erinnern uns also auf doppelte Weise an das Osterfest. Osterhasen und Ostereier sind dazu allerdings nicht nötig! Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag Misericordias Domini! Sie haben es schon vergessen, was diese schwierige lateinische Bezeichnung bedeutet? Dann sage ich es Ihnen noch einmal auf einprägsamere Weise: Einen gesegneten Hirtensonntag! Ihr Pfarrer Berthold Schirge aus Papenbruch
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