16.5094.02 - Grosser Rat Basel-Stadt - Kanton Basel

Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt
An den Grossen Rat
FD/P165094
16.55094.02
Basel, 6. April 2016
Regierungsratsbeschluss vom 5. April 2016
Interpellation Nr. 24 Jürg Meyer betreffend Totalrevision des Gesetzes über die Basler Kantonalbank vom 9. Dezember 2015
(Eingereicht vor der Grossratssitzung vom 9. März 2016)
„Die Bewegung Occupy (www.occupybasel.ch) reichte das Referendum gegen die Totalrevision vom 9. Dezember 2015 des Gesetzes über die Basler Kantonalbank am 22. Januar 2016 mit 2‘423 gültigen Unterschriften ein. Dieses Referendum richtet sich nicht nur dagegen, dass mit dem neuen Gesetz die Einflussmöglichkeiten des Grossen Rates vermindert werden. So soll in Zukunft der Bankrat ausschliesslich vom
Regierungsrat gewählt werden. Vor allem sind gemäss den Urhebern des Referendums der Zweckparagraph und weitere Regelungen in sozialer, ökologischer und wirtschaftsethischer Hinsicht zu unbestimmt
und zu wenig griffig. Sie könnten zu leicht umgangen werden. Es gebe zu wenig Barrikaden gegen unversteuertes Geld, gegen unethische, unsoziale und umweltzerstörende Geschäfte bis hin zu den Anlagebetrugsgeschäften im Sinne von ASE Investment AAG. Es könne weiterhin Interventionen der FINMA und Anklagen von US-Steuerbehörden brauchen, damit den schwersten Fehlentwicklungen entgegengewirkt
werden könne.
Im Hinblick auf diese Einwände und auf die nunmehr bevorstehende Volksabstimmung stelle ich folgende
Fragen:
1.
Griffige Massnahmen zur Verhütung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug sind zur Durchsetzung von sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verantwortung sowie zur Glaubwürdigkeit des
Rechts unerlässlich. Wie kann durchgesetzt werden, dass im Sinne der Weissgeldstrategie die
Kunden der Kantonalbank nicht nur erklären, sondern auch stichhaltig belegen müssen, dass sie ihre Anlagewerte ordnungsgemäss versteuert haben? Welche Anforderungen werden an die Belege
zur Erfüllung der Steuerpflichten gestellt?
2.
Nach dem Zweckartikel des Gesetzesentwurfs soll die Kantonalbank zu einer ausgewogenen, sowie ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltigen Entwicklung des Kantons Basel-Stadt beitragen. Dabei soll die Fähigkeit zukünftiger Generationen nicht gefährdet werden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Wie weit schliesst dies die Mitwirkung an kollektiven Anliegen der ganzen
Menschheit wie Abwehr der Klimabedrohung, globalen sozialen Ausgleich, Überwindung von Armut, Förderung des Friedens mit ein? Ohne Fortschritte der globalen Nachhaltigkeit ist auch die
nachhaltige Entwicklung des Kantons Basel-Stadt nicht möglich.
3.
Besonders riskante Geschäfte sind der Basler Kantonalbank laut Gesetzesentwurf untersagt. Wie
weit schliesst dies auch die Mitwirkung an ethisch zweifelhaften Geschäftstätigkeiten aus?
Den Mitgliedern des Grossen Rates des Kantons Basel-Stadt zugestellt am 8. April 2016
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4.
Wie weit kann die Basler Kantonalbank die Chancen kleiner und mittlerer Betriebe fördern? Wie
weit kann sie Dienstleistungen anbieten, welche zu tragbaren Bedingungen Menschen in bescheidenen Verhältnissen den Umgang mit Geld erleichtern? Welchen Beitrag kann die Basler Kantonalbank zu einem seriösen Kreditwesen unter Einschluss notwendiger Konsumbedürfnisse leisten?
Jürg Meyer“
Wir beantworten diese Interpellation wie folgt:
Zu Frage 1: Griffige Massnahmen zur Verhütung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug sind
zur Durchsetzung von sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verantwortung sowie zur Glaubwürdigkeit des Rechts unerlässlich. Wie kann durchgesetzt werden, dass im Sinne der Weissgeldstrategie die Kunden der Kantonalbank nicht nur erklären, sondern auch stichhaltig belegen
müssen, dass sie ihre Anlagewerte ordnungsgemäss versteuert haben? Welche Anforderungen
werden an die Belege zur Erfüllung der Steuerpflichten gestellt?
Die seit 2011 von der BKB verfolgte Weissgeldstrategie sieht vor, dass nicht nur neue Kunden
aus dem Ausland, sondern alle bestehenden Kunden eine schriftliche Bestätigung ihrer Steuerehrlichkeit vorlegen. Falls Zweifel oder Indizien bestehen, dass Gelder nicht pflichtgemäss versteuert sind, werden weitere Belege – wie z. B. eine Steuererklärung – eingefordert. Die Art des
Nachweises bestimmt sich nach dem konkreten Einzelfall. Können die Zweifel nicht beseitigt
werden, lehnt die BKB die Aufnahme der Geschäftsbeziehungen ab. Dies betrifft Kunden aus
dem In- und Ausland. Von steuerunehrlichen Kunden trennt sich die BKB konsequent. Die
Weissgeldstrategie wird laufend überprüft. Sollte es zukünftig Bedarf an einer detaillierteren Regelung der Weissgeldstrategie geben, so kann der Regierungsrat diese in der Eignerstrategie
festlegen. Gemäss BKB gehört sie zu den wenigen Banken in der Schweiz, die Ende 2015 von
sich sagen kann, dass sie von allen relevanten Kunden einen Nachweis der Steuerehrlichkeit
eingeholt hat. Mit diesen Massnahmen hat die BKB die grösstmögliche Gewissheit, dass das bei
ihr deponierte Geld aus steuerehrlichen Quellen stammt.
Zu Frage 2: Nach dem Zweckartikel des Gesetzesentwurfs soll die Kantonalbank zu einer ausgewogenen, sowie ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltigen Entwicklung des Kantons
Basel-Stadt beitragen. Dabei soll die Fähigkeit zukünftiger Generationen nicht gefährdet werden,
ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Wie weit schliesst dies die Mitwirkung an kollektiven
Anliegen der ganzen Menschheit wie Abwehr der Klimabedrohung, globalen sozialen Ausgleich,
Überwindung von Armut, Förderung des Friedens mit ein? Ohne Fortschritte der globalen Nachhaltigkeit ist auch die nachhaltige Entwicklung des Kantons Basel-Stadt nicht möglich.
Die BKB bekennt sich seit längerem zu einer an den Nachhaltigkeitsprinzipien ausgerichteten
Unternehmensführung. Die BKB beschränkt Nachhaltigkeit dabei nicht auf den Kanton BaselStadt, sondern nimmt beispielsweise im Klimaschutz ihre globale Verantwortung wahr. So konnte
die Bank in den vergangenen zwei Jahren ihren Gesamtenergieverbrauch um 45 Prozent und die
Treibhausgasemissionen um 27 Prozent senken. Für die Anstrengungen zum internationalen
Klimaschutz wurde die BKB im Jahr 2015 als eine der neun besten Banken aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz ausgezeichnet.
Die BKB bietet ihren Kunden bereits heute eine vielfältige Palette nachhaltiger Anlagemöglichkeiten an. Die Erweiterung der nachhaltigen Produktepalette ist erklärtes Ziel der Bank. Diese Bestrebungen werden 2016 weiter vorangetrieben.
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Im Weiteren bietet die BKB auch nachhaltige Finanzierungsmöglichkeiten an. Mit der Gewährung
von zinsvergünstigten Hypotheken für energieeffizientes Bauen und Sanieren unterstützt die BKB
Liegenschaftseigentümerinnen und -eigentümer, die energiesparend und klimafreundlich bauen
oder ihre Liegenschaft renovieren wollen.
Spekulationen mit Agrarrohstoffen mit dem Ziel die Versorgung der Konsumenten zu verteuern
oder zu verknappen, lehnt die BKB ab und betreibt z. B. auch keinen Eigenhandel an Terminbörsen für Agrarrohstoffe. Die Bank emittiert keine Produkte auf Agrarrohstoffe und verzichtet seit
langem auf Anlageempfehlungen in diesem Bereich. In den Vermögensverwaltungsmandaten mit
bankeigenen Strategien sind keinerlei Investitionen in Agrarrohstoffe enthalten.
Im vergangenen Jahr entwickelte die BKB basierend auf ihrer bisherigen Nachhaltigkeitspolitik
eine Nachhaltigkeitsstrategie, die als integraler Bestandteil der Gesamtbankstrategie verstanden
wird. Im Rahmen dieser Strategie sollen zukünftig gesellschaftliche Anforderungen noch verstärkt
Eingang in die Geschäftspolitik der BKB finden.
Frage 3: Besonders riskante Geschäfte sind der Basler Kantonalbank laut Gesetzesentwurf untersagt. Wie weit schliesst dies auch die Mitwirkung an ethisch zweifelhaften Geschäftstätigkeiten
aus?
Der im Gesetz umschriebene Leistungsauftrag der BKB umfasst einen Auftrag zum nachhaltigen
Handeln. Damit wird die BKB verpflichtet, ihr Wirtschaften in Einklang mit einem verantwortungsvollen Umgang mit Umwelt und Gesellschaft zu bringen (siehe Antwort auf Frage 2). Mit diesem
Auftrag werden auch ethische Gesichtspunkte berücksichtigt. Unethisches Handeln ist mit dem
Grundsatz der Nachhaltigkeit nicht vereinbar, wobei naturgemäss der Begriff der Ethik einem
permanenten gesellschaftspolitischen Wandel unterliegt und zudem von subjektiven Gesichtspunkten geprägt ist. Der Regierungsrat hat die Möglichkeit, seine diesbezüglichen Erwartungen
an die Bank in der Eignerstrategie näher zu konkretisieren.
Frage 4: Wie weit kann die Basler Kantonalbank die Chancen kleiner und mittlerer Betriebe fördern? Wie weit kann sie Dienstleistungen anbieten, welche zu tragbaren Bedingungen Menschen
in bescheidenen Verhältnissen den Umgang mit Geld erleichtern? Welchen Beitrag kann die Basler Kantonalbank zu einem seriösen Kreditwesen unter Einschluss notwendiger Konsumbedürfnisse leisten?
Die nachhaltige Unterstützung der Basler Wirtschaft ist Kern des Leistungsauftrags der BKB und
Teil ihres ursprünglichen Gründungszwecks. Die BKB engagiert sich insbesondere für regionale
KMUs und Startups. So unterstützt sie etwa mit dem Förderprogramm KMU-impuls kleine und
mittelgrosse Unternehmen in ihrer Gründungs-, Wachstums- und Nachfolgephase. Um Jungfirmen zu fördern kooperiert die BKB mit der Startup Academy Basel. Im Rahmen der Kooperation
mit der ErfindungsVerwertung AG EVA fördert die BKB zusätzlich seit 1996 Startups aus dem
Bereich Life Sciences.
Jugendlichen, Studierenden und Senioren bietet die BKB spesenfreie Basiskonti an. Ausserdem
bietet die BKB auch Kontoverbindungen für Sozialhilfeempfänger an (nur auf Guthabenbasis,
keine EC-Karte und Kreditkarte). Sozialhilfeempfänger können sich zudem von den üblichen Kontoführungsgebühren befreien lassen. Im Bereich Kreditwesen bietet die BKB umfangreiche Möglichkeiten zur Eigenheimfinanzierung und zur Aufnahme von Privatkredite mit monatlich gleichbleibenden Raten und einer integrierten Restschuldversicherung im Todesfall an.
Im Anlagegeschäft besteht potentiell ein Anreiz den Kunden dasjenige Produkt anzubieten, bei
dem die Bank die höchsten Retrozessionen erhält. Um diesen Interessenskonflikt auszuschalten
und so den Kunden ohne Rücksicht auf diesen Vertriebsanreiz das für sie beste Produkt anbieten
zu können, leitet die BKB im Gegensatz zu einer Vielzahl anderer Banken sämtliche anfallenden
Retrozessionen unaufgefordert an die Kunden weiter. Im Jahr 2015 wurden so Retrozessionen im
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Umfang von rund 5 Millionen Franken an Kunden weitergeleitet.
Im Namen des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt
Dr. Guy Morin
Präsident
Barbara Schüpbach-Guggenbühl
Staatsschreiberin
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