PM_07_2016_Umfrage der GEW Thüringen-Umfrage

Dr. Michael Kummer
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Heinrich-Mann-Straße 22 / 99096 Erfurt
Telefon: 0361 590 95 22
Mobil: 0163 13 19 679
E-Mail: [email protected]
Pressemitteilung der GEW vom 04.04.2016
Umfrage der GEW Thüringen zum Gemeinsamen Unterricht legt
deutliche Mängel offen, oder: Inklusion auf dem Rücken der
Beschäftigten
Angesichts der Pläne des Bildungsministeriums zur Verabschiedung eines Inklusiven
Schulgesetzes führte die GEW Thüringen eine Umfrage zum Thema Inklusion und
Gemeinsamen Unterricht unter den Thüringer Lehrer*innen und Sonderpädagogischen
Fachkräften durch.
Die repräsentativen Ergebnisse liegen nun vor. „Wenn es um die konkrete Anleitung und
Organisation des Gemeinsamen Unterrichts geht, ergibt sich aus den Antworten der
Kolleg*innen ein eher schlechtes Zeugnis für das Bildungsministerium und auch für die
Städte, Gemeinden und Landkreise als Schulträger. Tatsächliche Inklusion zum Wohle der
Kinder kann nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden, aber leider ist das
oftmals die Realität“, so Kathrin Vitzthum, Landesvorsitzende der GEW Thüringen.
Ein Großteil der Kolleg*innen empfindet die Arbeit mit einem oder mehreren Kindern mit
Förderbedarf als belastend. Da die Inklusion oft ohne Vorbereitung der Kolleg*innen in den
allgemeinbildenden sowie auch der Kolleg*innen in den Förderschulen mit dem
Gemeinsamen Unterricht begonnen hat, fühlen sich viele Kolleg*innen belastet. Sie wurden
ohne entsprechende Unterstützung vor neue Aufgaben gestellt. Auf den Gemeinsamen
Unterricht fühlen sich Dreiviertel der an der Umfrage teilgenommenen Kolleg*innen nicht
vorbereitet.
Als großes Problem erwies sich wieder einmal, dass die Rahmenbedingungen für einen
gelungenen Gemeinsamen Unterricht in den meisten Fällen nicht oder nur teilweise
hergestellt wurden. Noch immer ist die Raumsituation sehr unbefriedigend. Oft haben die
Schulgebäude durch ihre Bauweise und Auslastung keine freien Kapazitäten mehr übrig.
Nicht immer und vor allem nicht durchgehend ist eine Beschulung im Klassenverband für alle
Schüler*innen möglich. Daher müssen Rückzugsorte und Fördermöglichkeiten in jeder
Schule geschaffen werden, daran mangelt es.
Zudem ist die personelle und sächliche Ausstattung (Stichwort Fördermaterial) oftmals
mangelhaft, darunter leiden die Pädagog*innen und die Kinder. Hier besteht dringender
Handlungsbedarf, um den Kindern im Gemeinsamen Unterricht sowie den Pädagog*innen
die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen. Die Kolleg*innen benötigen für die
notwendige und sinnvolle Absprache untereinander Zeit. Für 75 % der befragten
Pädagog*innen ist die Zeit zur Kommunikation jedoch nicht ausreichend. Eine
Qualitätserhöhung des Gemeinsamen Unterrichts hängt eng mit besseren
Arbeitsbedingungen zusammen.
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Landesverband Thüringen Heinrich-Mann-Straße 22 99096 Erfurt,
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Es ist ebenso notwendig, an den Schulen geeignete Konzepte zu erarbeiten sowie
Informations- und Fallberatungen mit dem am Kind arbeitenden Professionen
durchzuführen. Es gaben aber nur circa die Hälfte der Befragten an, dass an ihrer Schule ein
Konzept erarbeitet wurde oder wird.
Gutachten sind eine wichtige Grundlage zur Einschätzung des Förderbedarfes. Sie müssen
realistisch und am Kind erarbeitet werden und sie müssen klare und einfache Hinweise zur
Handhabbarkeit enthalten, um daraus geeignete Förderungen am Kind abzuleiten. Mehr als
60 % der befragten Kolleg*innen gaben jedoch an, dass die Gutachten nicht zeitnah genug
erstellt wurden. Die Bearbeitung von Anträgen erfolgt zu spät oder wird ohne weitere
Begründung abgelehnt, der Inhalt der Gutachten geht oftmals an der Realität vorbei.
Die GEW Thüringen hat aus den Ergebnissen der Umfrage folgende Handlungspunkte
erarbeitet und fordert die Thüringer Landesregierung im Interesse der Kolleg*innen und
der Kinder zur Umsetzung auf:
•
Aufbau eines professionellen Beratungs- und Unterstützungssystems
•
Professionelle und fachliche Begleitung und Unterstützung an jeder Schule. Für
Teamberatungen, Planungen, Absprachen, Vor- und Nachbereitungen für
Lehrer*innen, SPF, Erzieher*innen und Förderschullehrer*innen muss ausreichend
Zeit zur Verfügung stehen.
•
Mehr Personal an den Schulen hin zu einem Mehrpädagog*innensystem
•
Mehr Gemeinschaftsschulen und/ oder Ganztagsschulen, da hier eine bessere
Einbindung von Förderung möglich ist.
•
Zusätzliche Raumkapazitäten neben den normalen Unterrichtsräumen
•
Alle Schulen müssen ausreichende finanzielle und sächliche Mittel zur
Unterrichtsgestaltung und eventuellen Therapieformen erhalten.
•
Angemessene Klassenstärken, um alle Schüler*innen bedarfsgerecht zu beschulen
und alle gleichberechtigt individuell fördern zu können.
•
Die Bereitstellung von Schulbegleiter*innen/ Integrationshelfer*innen muss
ausreichend und für alle Gebietskörperschaften vorbereitet und organisiert werden.
•
Förderzentren und DaZ-Zentren müssen ein wesentlicher Bestandteil des Thüringer
Schulsystems sein.
Weitere Details zu den Ergebnissen der Umfrage (incl. Diagramme, die für redaktionelle
Zwecke verwendet werden dürfen) finden Sie hier:
http://www.gew-thueringen.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/umfrageergebnisse-dergew-thueringen-zum-thema-inklusiongemeinsamer-unterricht/
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