Gewerkschafter helfen heimlich WM-Arbeitern in Katar – 11 Freunde, Seite 16 Der Schicksallose: Zum Tod des Literaturnobelpreisträgers Imre Kertész – Die Dritte Seite BERLIN, FREITAG, 1. APRIL 2016 / 72. JAHRGANG / NR. 22 715 IS ruft zu Anschlag in Berlin auf Mann, Frau und Co.: Moderne Heimatküche: Zwei Geschlechter reichen nicht – Seite 21 „Osmans Töchter“ WWW.TAGESSPIEGEL.DE – Genuss, Seite 12 BERLIN / BRANDENBURG 1,50 €, AUSWÄRTS 2,00 €, AUSLAND 2,20 € 40 Jahre Apple Das Ende der Tüte Terrormiliz nennt Kanzleramt als Ziel Von Christian Tretbar M Foto: Mike Nelson/dpa Zunehmend vermüllen Plastiktüten die Meere und bedrohen die Fauna. Um den Tütenverbrauch zu reduzieren, sollte eigentlich am 1. April eine freiwillige Selbstverpflichtung des Handels in Kraft treten. Doch viele Unternehmen sperren sich – Fragen des Tages, Seite 2 Sanierung des ICC droht zu scheitern Plan für die Messe soll nun 290 Millionen Euro kosten / Senator Geisel will „nicht einfach drauflosbauen“ Von Ulrich Zawatka-Gerlach Berlin - Die Sanierung des Internationalen Congress Centrums (ICC) steht wieder infrage. Denn die Vorgabe des Berliner Parlaments, dass die teilweise Wiederherstellung des Gebäudes als Kongressstandort höchstens 200 Millionen Euro kosten darf, ist nach derzeitigem Stand nicht einzuhalten. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) bestätigte dem Tagesspiegel, dass die aktuelle Kostenschätzung bei 290 Millionen Euro liegt. Er plädierte dafür, dass sich der Senat mit dem Thema neu befasst. Erst im Juni 2015 hatte die Landesregierung beschlossen, 10 000 Quadratmeter im ICC „als flexibel nutzbare Kongressfläche zu ertüchtigen“. Die übrigen Gebäudeteile sollten anschließend an private Investoren vermarktet werden. Bei- ziert und der Kostenrahmen von 200 Millionen Euro doch eingehalten werden. Die originäre Zuständigkeit für eine solche Korrektur sieht Geisel bei der Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU). Er schrieb ihr Ende Februar einen entsprechenden Brief. Ziel sei es, den Senat mit einem veränderten Raumprogramm für das ICC im Frühsommer zu befassen. Am offiziellen Zeitplan, nach dem die Sanierung des asbestverseuchten Gebäudes am Messedamm 2018/19 begonnen werden soll, will Geisel vorerst festhalten. „Ich gehe auch davon aus, dass bis dahin das ICC als Notunterkunft für Flüchtlinge wieder leer gezogen sein wird.“ In ihrem Antwortbrief erinnerte Wirtschaftssenatorin Yzer den Kollegen daran, dass der Senatsbeschluss vom Juni 2015 „auf Grundlage Ihrer persönlichen Einschätzung“ zu Flächenbedarf, Schad- spielsweise für ein Hotel. Jetzt stellt sich heraus: Um die 10 000 Quadratmeter für die landeseigene Messe GmbH sinnvoll nutzbar zu machen, müssten weitere 8000 Quadratmeter Nebenflächen hergerichtet werden. Einschließlich sogenannter „Verschnittflächen“ kommt das Raumprogramm, das gemeinsam mit der Messe erarbeitet wurde, auf rund 21 000 Quadratmeter. Technisch sei diese Teilsanierung machbar, sagte Geisel. Aber sie koste nach derzeitiger Schätzung 90 Millionen Euro mehr, als im Berliner Haushalt eingeplant sind. „Trotzdem einfach draufloszubauen, das ist mit mir nicht zu machen“, sagte der Stadtentwicklungssenator. Die Alternative sei, in einem neuen Raumprogramm die Kongressfläche zu verringern, etwa auf 8000 Quadratmeter, entsprechend könnten die Nebenflächen redu- C VW-Flieger auf den Caymans Lion Air Services nennt sich die 100-prozentige Tochter der Volkswagen AG; ein Airbus A 319 sowie sieben Falcon-Geschäftsjets fliegen unter ihrer Flagge Manager, Aufsichtsräte und Ingenieure von Werk zu Werk oder von Meeting zu Meeting. Stationiert sind die Maschinen auf dem Provinzflughafen Braunschweig-Waggum, 15 Autominuten von der Wolfsburger Konzernzentrale entfernt. Doch registriert ist die Flotte in der Karibik südlich von Kuba, auf den zu Großbritannien gehörenden Cayman-Inseln. Die Inselgruppe genießt mit ihren unzähligen Briefkastenfirmen den zweifelhaften Ruf als Steuerparadies und Geldwäschezentrum. „Volkswagen ist seinem Selbstverständnis nach ein anständiger Steuerzahler“, wischt die Staatskanzlei in Hannover jeden bösen Verdacht der Schummelei – zumindest in diesem Bereich – beiseite. Niedersachsen hält 20 Prozent der VW-Anteile, be- sitzt eine Sperrminorität und stellt mit Weil und Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) zwei Mitglieder im Aufsichtsrat. Diese seien aber zur Verschwiegenheit verpflichtet, wehrt die Regierungszentrale unangenehme Fragen ab. Das Cayman-Konstrukt sei „eine unternehmerische Entscheidung“ von VW, die man nicht weiter kommentiere. Der Konzern selbst begründet neuerdings die Auslagerung damit, dass die Karibik-Inseln „schnelle und unbürokratische Dienstleistungen im Bereich der Geschäftsfliegerei“, also bei Überflugrechten, garantierten. Zu Zeiten des VW-Patriarchen Ferdinand Piëch führten die Wolfsburger noch Sicherheitsaspekte ins Feld, weil die Führungscrew auf diese Weise unerkannt durch die Welt düsen könne. Auf „steuerliche Effekte“ jedenfalls habe man es niemals abgesehen, heißt es. Peter Mlodoch WETTER stoffsanierung, denkmalpflegerischen Anforderungen und Kosten von maximal 200 Millionen Euro beruht habe. Die Raumwünsche der Messe seien von der Stadtentwicklungsverwaltung „als plausibel“ anerkannt worden, „und es bestand Einvernehmen, den Senat über die neuen Erkenntnisse zu informieren, insbesondere auch, dass der von Ihnen eingebrachte Kostenrahmen von 200 Millionen Euro nicht eingehalten werden kann“. Yzer hält es übrigens aus technischen Gründen „kaum für möglich“, zuerst nur den öffentlichen Kongressbereich und anschließend die privat nutzbaren Teile des ICC zu sanieren. Ein Privatinvestor solle zeitgleich beteiligt werden, das habe sie von Anfang an präferiert. Die Sozialdemokraten wollten das nicht. — Seite 7 D Arbeitslosigkeit sinkt auf 25-Jahre-Tief WIRTSCHAFT & BÖRSEN . . . . . . . . 13–15 Der Dax ist Dax am Donnerstag wieder zurückgefallen. Er verlor 0,8 Prozent auf 9965 Zähler. Das Problem der SPD mit Steuerparadiesen Weltweit Steueroasen trockenlegen und anonyme Briefkastenfirmen schließen – das hat sich die SPD auf die Fahnen geschrieben. Federführend in den rot-grün regierten Bundesländern ist dabei Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Und damit soll er nun nach Ansicht seiner Landes-Jusos doch schon mal vor der eigenen Haustür und gleichzeitig auch 8400 Kilometer Luftlinie von Hannover entfernt anfangen. Das VW-Aufsichtsratsmitglied Weil möge sich doch bitte dafür einsetzen, dass die bislang auf den Cayman-Inseln registrierte Flugzeugflotte des Autokonzerns dem deutschen (Steuer-)Recht unterstellt werde, fordert der SPD-Nachwuchs in einem Antrag für den Landesparteitag am kommenden Samstag in Braunschweig. Dort will Weil sich als SPD-Landesvorsitzender wiederwählen lassen. INDEX ........................................... 2 Zunächst ist es stark bewölkt. Später setzt sich 11 / 3 immer mehr die Sonne durch. Ab Samstag wird es schön – und es bleibt tagelang frühlingshaft. SPORT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 – 18 TAGESTIPPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 MEDIEN/TV-PROGRAMM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 IMPRESSUM & ADRESSEN . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 [email protected] TEL. REDAKTION . . . . . . . . . . . . (030) 29021 - 0 TEL. ABO-SERVICE . . . . . . (030) 29021 - 500 TEL. SHOP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (030) 29021 - 520 TEL. TICKETS . . . . . . . . . . . . . (030) 29021 - 521 ISSN 1865-2263 50013 Foto: Martin Fejer/epd Berlin - Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) verstärkt die psychologische Kriegsführung gegen Deutschland. Bei Twitter ruft der IS über die mit ihm liierte Internetplattform Furat Media zu Anschlägen auf das Kanzleramt in Berlin und den Flughafen Köln-Bonn auf. Gezeigt werden Fotocollagen, auf denen unter anderem das Kanzleramt in Flammen steht und von einem Panzer angegriffen wird. In das Bild mit dem Flughafen ist ein IS-Kämpfer montiert. In deutscher Sprache werden Sympathisanten animiert, den Attentätern in Belgien nachzueifern. Ein weiteres Foto zeigt ein Kampfflugzeug und weinende Kinder. Damit soll offenbar suggeriert werden, auch Deutschland bombardiere den IS. Die Luftwaffe absolviert Das BKA jedoch nur Aufkläwertet die rungsflüge über SyPropaganda rien und dem Irak. Das Bundeskrimiderzeit nalamt wertet die IS-Botschaft aus. aus „Die Bedrohungslage ändert sich nicht“, sagte eine Sprecherin, „wir gehen weiter von einer hohen Gefährdung aus.“ Andere Sicherheitsexperten betonten, der IS werte die Anschläge in Brüssel als Erfolg, der für die Hasspropaganda gegen Deutschland und den Westen genutzt werden solle. Vor wenigen Tagen war in einem Internetvideo der Terrormiliz kurz der Frankfurter Flughafen zu sehen. Ein Kämpfer droht zudem in flämischer Sprache allen Staaten, die sich an den Militäraktionen gegen den IS beteiligen. Eine konkrete Gefahr für die Flughäfen Köln-BonnundFrankfurt unddas Kanzleramt in Berlin sei allerdings nicht zu erkennen, heißt es in Sicherheitskreisen. Dennoch sei nicht auszuschließen, dass die Propaganda des IS seine Anhänger motiviere, Anschläge zu planen. In Deutschland halten sich ungefähr 70 Dschihadisten auf, die in Syrien und dem Irak gekämpft haben oder zumindest paramilitärisch trainiert wurden. Frank Jansen Ein bisschen Liebe Berlin - Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im März weiter gesunken. Sie verringerte sich von Februar auf März um 66 000 auf 2,845 Millionen, wie die Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag mitteilte. Gegenüber dem März des Vorjahres waren demnach 87 000 Menschen weniger arbeitslos gemeldet. Das ist der niedrigste März-Stand seit 25 Jahren. Die Arbeitslosenquote verringerte sich im vergangenen Monat im Vergleich zum Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte auf 6,5 Prozent. Auch in Berlin ging die Zahl der Arbeitslosen weiter zurück. In der Hauptstadt waren im März 190 400 Menschen ohne Job. Die Arbeitslosenquote sank auf 10,4 Prozent. In Berlin und Brandenburg gibt es derzeit mehr als 45 000 offene Stellen. S.K. 4 190662 202006 — Seite 14 it 40 ist es dann endgültig so weit. Die Jugend ist vorbei, aber noch nah genug, um in lebendigen Erinnerungen zu schwelgen. Das hohe, weise Alter ist noch ein Stück entfernt. Der 40. Geburtstag ist ein Zeitpunkt, um innezuhalten und sich zu fragen, wie es bisher so war, das Leben. Am heutigen 1. April steht Apple an dieser Schwelle. Und für das Unternehmen aus Cupertino lief es nicht schlecht bisher. Es ist von einer Garagenclique um Steve Jobs, Steve Wozniak und Ron Wayne trotz einiger Rückschläge zum Weltkonzern aufgestiegen. Das Trio gründete am 1. April 1976 die Apple Computer Company. 40 Jahre später ist das Wort „Computer“ längst aus dem Firmentitel gestrichen. Denn Apple ist weit mehr geworden als ein Computerhersteller. Es sind 40 Jahre, die auch eine Generation geprägt haben. Es waren die Nerds und Grafiker, die auch dann noch auf Apple-Produkte schworen, als es dem Unternehmen schlecht ging und Milliardenverluste aufliefen. Steve Jobs musste zurückkehren, der seine Firma nach Streitigkeiten verlassen hatte, um Apple neu zu erfinden und etwas zu erreichen, das man ihm und dem Unternehmen hoch anrechnen muss: Apple hat die Digitalisierung in die Mitte der Gesellschaft gebracht: iPod, iTunes und iPhone – Produkte, die durch ihre einfache, intuitive Bedienung und ihr Design schnell ein breites Publikum ansprachen. Sie haben Technik und Mensch näher zusammengebracht, auch weil Jobs zuerst an den Nutzer und dann an die Technik gedacht hat. Apple konnte so viele, die sich schon vom digitalen Wandel abgehängt fühlten, wieder zurückgewinnen. Und die Nerds von einst sind nun wichtige Impulsgeber in einer Debatte um Datenschutz, Digitalisierung und Mobilität. Apple ist ein wirtschaftlicher Erfolg. Und ein kultureller. Heute ist Apple massentauglich. Viele nutzen ihr iPhone nicht aus Liebe, sondern aus Vernunft. Die emotionale Bindung lässt nach. Denn Apple muss auch mit den Geistern, die es rief, fertig werden. Da ist zum einen die unmittelbare Konkurrenz auf dem Smartphonemarkt, die mehr Geräte verkauft, nur nicht so viel Profit damit macht. Und die mittelbare Konkurrenz auf dem Feld der digitalen Innovationen. Dort ist Google dabei, Apple abzuhängen. Das intelligente, voll digitalisierte Auto wird wohl eher ein Google-Car als ein iCar werden. Der angebissene Apfel, das Firmenlogo, der Bite, der Biss, erinnert heute auch ein wenig an den Abschied aus dem Paradies. Smartphones sind nicht nur digitale Heilsbringer. Sie sind auch Datensammler – mit Suchtpotenzial. Die Zukunft von Apple wird auch davon abhängen, wie sensibel das Unternehmen damit umgeht. Der Streit mit dem FBI um einen Zugang für den Staat durch die Hintertür hat das gezeigt. Apple hat mit seinen Produkten maßgeblich zur Entgrenzung beigetragen, im positiven wie im negativen Sinne. Dass Flüchtlinge heute Smartphones als Hilfsmittel in einer fremden Welt nutzen, ist ein Segen. Dass es Terroristen auch tun, ein Problem. Apple steht damit mitten in der Debatte um Sicherheit und Freiheit. Das Unternehmen kann das positiv wenden, indem es die emotionale Bindung zu seinen Produkten wiederbelebt – durch Datensicherheit, innovative Produkte und nachhaltige Entwicklung. Der 40. Geburtstag ist also tatsächlich ein Scheidepunkt für Apple. Die Liebe mag abgekühlt sein, erloschen ist sie noch nicht. ANZEIGE NUR BIS SAMSTAG 18 UHR UPON COU FLAMME BOUTIQUE-C 6 1 tig bis 02.04..2016 gültig gü geschen kt FREITAG AUF ALLES 2) 1) 1) Beim Kauf von Boutiqueware ab einem Einkaufswert von 150,- ¤. Nur bei Vorlage dieses Coupons. Nur ein Coupon pro Person einlösbar. Keine Barauszahlung. 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