Erläuternde Bemerkungen

1 von 3
Erläuternde Bemerkungen
zum Entwurf eines Gesetzes, mit dem das Landesbedienstetengesetz geändert wird
I.
Allgemeiner Teil
A.
Mit dem vorliegenden Entwurf werden die aufgrund der Auswirkungen des Urteils des Europäischen
Gerichtshofs in der Rs C-530/13, Schmitzer, vom 11. November 2014 betreffend die Anrechnung von
Vordienstzeiten und die Festlegung der Zeiträume für die Vorrückungen notwendigen Anpassungen im
Landesbedienstetengesetz vorgenommen.
In der Vorjudikatur hatte der EuGH in der Rs C-88/08, Hütter, ausgesprochen, dass die diesem
Anrechnungssystem seit jeher immanente Beschränkung der anzurechnenden Zeiten auf solche, die vom
Bediensteten ab dem vollendeten 18. Lebensjahr zurückgelegt wurden, dem aus der Richtlinie
2000/78/EG ableitbaren Verbot der Altersdiskriminierung widerspricht, was den zuständigen
Dienstrechtsgesetzgeber vor die Aufgabe einer unionsrechtskonformen Ausgestaltung seines
Anrechnungssystems stellte. Aufgrund dieses Urteils wurden durch die Berücksichtigung vor Vollendung
des 18. Lebensjahres zurückgelegter (fiktiver) Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung drei Jahre an
Vordienstzeiten angerechnet. Gleichzeitig wurde der Vorrückungszeitraum der ersten Vorrückung von
zwei auf fünf Jahre entsprechend den für Bundesbedienstete geltenden Bestimmungen ausgedehnt.
In seinem Urteil in der Rs C-530/13, Schmitzer, vom 11. November 2014 erblickte der EuGH in einer
nationalen Regelung, nach der „zur Beendigung einer Diskriminierung wegen des Alters Schulzeiten und
Zeiten der Berufserfahrung, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt wurden,
berücksichtigt werden, aber für die von dieser Diskriminierung betroffenen Beamten zugleich eine
Verlängerung des für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe jeder
Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre eingeführt wird“ als mit
den Anforderungen der Richtlinie 2000/78/EG nicht vereinbar, da durch die Ausdehnung des
Vorrückungszeitraumes der jeweils ersten Vorrückung von zwei auf fünf Jahre die Angleichung der zuvor
diskriminierten Personengruppe wieder neutralisiert werde.
Der EuGH hat in dem zit. Urteil nicht die Art der Anrechnung der Vordienstzeiten als solche, sondern die
gleichzeitige Ausdehnung des Zeitraums für die erste Vorrückung als unionsrechtswidrig erkannt.
Angesichts dessen können die Bestimmungen über die Berechnung des Vorrückungsstichtages
unverändert bleiben und kann bei der beabsichtigten Neuregelung an die dienstrechtlichen Anpassungen,
die anlässlich der Rs C-88/08, Hütter, vorgenommen worden waren, angeknüpft werden. Mit dem
vorliegenden Entwurf soll nun eine Rückkehr zum Biennalsystem erfolgen, wodurch der für die
Vorrückung in die Gehaltsstufe 2 erforderliche Zeitraum ab dem 11. November 2014 wieder zwei Jahre
beträgt.
Darüber hinaus werden mit dem vorliegenden Entwurf nachstehende dienstrechtliche
Anpassungen vorgenommen:
- die Einführung der Möglichkeit einer Aufzahlung auf die jeweils geltende gleiche Entlohnungsstufe der
nächsthöheren Entlohnungsklasse bei einer ununterbrochenen Landesdienstzeit von mindestens zehn
Jahren für Vertragsbedienstete und öffentlich-rechtlich Bedienstete im neuen Besoldungssystem,
- die Einführung des Sabbatical,
- die Ausdehnung des Optionsfensters für Angehörige eines Gesundheitsberufes der Tirol Kliniken
GmbH bis zum 31. Dezember 2016 und für Angehörige des Verwaltungs- und Betriebspersonals der
Tirol Kliniken GmbH bis zum 31. Dezember 2018.
Weiters erfolgen legistische Anpassungen und die Anpassung von Zitaten.
B.
Die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zur Erlassung eines dem vorliegenden Entwurf entsprechenden
Gesetzes ergibt sich aus Art. 21 Abs. 1 B-VG.
VD-1399/208-2016
Fassung vom 30. März 2016
2 von 3
C.
Die Neuregelung des Vorrückungsstichtages und die Neufestlegung der Zeiträume für die erste
Vorrückung für Landesbedienstete und Landesbeamte im System „alt“ lassen für den Bereich der
Allgemeinen Verwaltung im Zeitraum von 2015 bis 2050 eine mittlere finanzielle Mehrbelastung von
jährlich ca. 0,64 Mio. Euro erwarten. Für den Bereich der Tirol Kliniken GmbH lässt diese Maßnahme im
selben Zeitraum eine mittlere finanzielle Mehrbelastung von jährlich ca. 2,22 Mio. Euro erwarten.
Die Einführung der Möglichkeit einer Aufzahlung auf die jeweils geltende gleiche Entlohnungsstufe der
nächsthöheren Entlohnungsklasse bei einer ununterbrochenen Landesdienstzeit von mindestens zehn
Jahren für Vertragsbedienstete und öffentlich-rechtlich Bedienstete im neuen Besoldungssystem lässt für
den Bereich der Allgemeinen Verwaltung im Zeitraum von 2017 bis 2050 eine mittlere finanzielle
Mehrbelastung von jährlich ca. 4,5 Mio. Euro und für den Bereich der Tirol Kliniken GmbH in Höhe von
jährlich ca. 10,57 Mio. Euro erwarten.
II.
Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen:
Zu Art. I:
Zu den Z 1, 2, 3, 5 und 6 (§ 1 Abs. 2 lit. a und h, § 11 Abs. 5 lit. g, § 42c Abs. 2 lit. b, § 42c Abs. 8):
Legistische Anpassungen und Klarstellungen bzw. Korrektur von Redaktionsversehen.
Zu Z 4 (§ 35 Abs. 5 neu):
Mit der Einführung dieser Bestimmung soll dem Ergebnis der Evaluierung des neuen Besoldungssystems
Rechnung getragen werden. Hauptziele dieser Evaluierung waren einerseits die Überprüfung der
Modellstellenzuordnungen und andererseits die Vergleichbarkeit mit dem Lohnniveau am freien Markt.
Eine diesbezüglich neuerlich durchgeführte Marktstudie hat gezeigt, dass Anpassungen betreffend die
Höhe des Entgelts notwendig werden, um die Marktkonformität des neuen Besoldungssystems weiterhin
zu gewährleisten. Aus diesem Grund kann nunmehr ab dem 1. Jänner 2017 bei Vorliegen der gesetzlichen
Voraussetzungen ausgehend von der Modellstellenzuordnung und der daraus resultierenden Einstufung
eine Aufzahlung auf die jeweils geltende gleiche Entlohnungsstufe der nächsthöheren Entlohnungsklasse
gewährt werden. Diese Aufzahlung soll auch bei einem Wechsel der Modellstelle beibehalten werden (ein
solcher Wechsel löst also nicht eine neuerliche zehnjährige Wartefrist aus, sondern die Aufzahlung
erfolgt ausgehend von der neuen Modellstelle auf die gleiche Entlohnungsstufe der nächsthöheren
Entlohnungsklasse). Hinsichtlich der erforderlichen Landesdienstzeit finden auch Zeiträume bis zum
31. Dezember 2016 Berücksichtigung. Eine Verbesserung der entgeltrechtlichen Stellung kann frühestens
mit 1. Jänner 2017 erfolgen. Zur ununterbrochenen aktiven Landesdienstzeit zählen jedenfalls keine
angerechneten Zeiten.
Zu den Z 7 bis 10 (§§ 44a, 55 Abs. 3, 71b und 79a Abs. 1):
Das Sabbatical ist eine zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber schriftlich vereinbarte Dienstfreistellung
gegen anteilige Kürzung des Monatsentgelts innerhalb einer Rahmenzeit. Auf die Vereinbarung eines
Sabbatical besteht kein Rechtsanspruch. Während der Rahmenzeit, die sich aus einer vierjährigen
Dienstleistungszeit und einer einjährigen Dienstfreistellung zusammensetzt, beträgt das Monatsentgelt
des Bediensteten vier Fünftel, also 80 % des Monatsentgelts entsprechend seiner bisherigen
entgeltrechtlichen Stellung. Eine Aliquotierung von Nebengebühren, Vergütungen und sonstigen
Abgeltungen erfolgt nicht, daher gebühren sie während der Dienstleitungszeit zur Gänze und während des
Freistellungszeitraumes gar nicht. Zwar ruht während der Dienstfreistellung die Pflicht zur Erfüllung der
dienstlichen Aufgaben, d.h. der Dienstnehmer schuldet keine Arbeitsbereitschaft, andere Verpflichtungen,
wie etwa verschiedene Meldepflichten hinsichtlich des Wohnsitzes, Mitteilungen relevanter Umstände
zur ordnungsgemäßen Auszahlung des Monatsentgelts oder die Wahrung der Amtsverschwiegenheit
bestehen jedoch fort.
Die Einfügung der §§ 44a und 71b bedingt auch Anpassungen in den §§ 55 Abs. 3 und 79a Abs. 1.
Zu Z 11 (§ 81a Abs. 4b):
Die Erfahrung beim Vollzug des Optionsrechts für Angehörige eines Gesundheitsberufes hat gezeigt, dass
mit einem jeweils einjährigen Optionsfenster nicht das Auslangen gefunden werden kann. Deshalb
werden die Erklärungsfristen für Angehörige eines Gesundheitsberufes sowie für Angehörige des
Verwaltungs- und Betriebspersonals der Tirol Kliniken GmbH um jeweils ein Jahr erstreckt.
VD-1399/208-2016
Fassung vom 30. März 2016
3 von 3
Zu Z 12 (§ 81j Abs. 1 und 2):
Durch diese Änderung erfolgt aufgrund des Urteils des EuGH in der Rs C-530/13, Schmitzer, für jene
Bediensteten, die sich noch im System „alt“ befinden (für Bedienstete im neuen Besoldungssystem gelten
seit jeher altersdiskriminierungsfreie Bestimmungen über die Berücksichtigung von Berufserfahrung) die
Rückkehr zum so genannten Biennalsystem (Vorrückung nach jeweils zwei Jahren, außer der Vorrückung
in die 20. Entlohnungsstufe nach sechs Jahren). Da durch den EuGH nicht die Bestimmungen über die
Berechnung des Vorrückungsstichtages an sich als unionsrechtswidrig erachtet wurden, sondern lediglich
der Umstand, dass durch die Ausdehnung des Vorrückungszeitraums von der ersten in die zweite
Gehaltsstufe von zwei auf fünf Jahre die Angleichung der zuvor diskriminierten Personengruppe wieder
neutralisiert werde, soll nun der Vorrückungszeitraum bis zur ersten Vorrückung wieder auf zwei Jahre
verkürzt werden.
Der Bundesgesetzgeber hat aufgrund des Urteils des EuGH in der Rs C-530/13, Schmitzer, durch die
Besoldungsreform 2015, BGBl. I Nr. 65/2015, eine Zwangsüberleitung in ein komplexes System mit
neuen Berechnungsgrößen, wie etwa dem Besoldungsdienstalter, geschaffen. Dieses inzwischen bereits
nachgebesserte Bundesmodell soll nicht übernommen werden, da es sehr komplex ist und in seiner
Umsetzung einen hohen Verwaltungsaufwand mit entsprechenden Kosten verursachen würde. Darüber
hinaus wurde das durch die Besoldungsreform 2015 eingeführte Verbot der Anwendung der
ursprünglichen Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag, die Einstufung und Vorrückung in
laufenden oder künftigen Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht in dem Erkenntnis vom
15. September 2015, Zahl W106 2000475-1, inzwischen als unionsrechtswidrig erachtet. Die damit
einhergehende Rechtsunsicherheit soll für die Landesbediensteten vermieden werden.
Zu Z 13 (§ 80b):
Da das Landesbedienstetengesetz inhaltlich bereits den Anforderungen der Richtlinie 2014/54/EU
entspricht, ist diese lediglich im Umsetzungshinweis zu ergänzen.
Zu Art. II:
Diese Bestimmung enthält das im Zusammenhang mit der Neuregelung des Vorrückungszeitraumes bis
zur ersten Vorrückung erforderliche Übergangsrecht in Bezug auf Vertragsbedienstete im System „alt“.
Der Abs. 1 regelt die Festsetzung des Vorrückungsstichtages für Bedienstete im alten Besoldungssystem
und knüpft dabei weiterhin an der nach wie vor in Geltung stehenden Regelung über die Neufestsetzung
des Vorrückungsstichtages in Art. IV Abs. 1 der 14. L-VBG Novelle, LGBl. Nr. 112/2011, an. Dadurch
wird klargestellt, dass eine amtswegige Neuberechnung nur bei denjenigen Vertragsbediensteten erfolgt,
die schon damals zur Stellung eines Antrages berechtigt waren und nicht bereits einen neuen Stichtag
aufgrund eines solchen Antrags erhalten haben. Für Bedienstete, die nach dem 31. Dezember 2011 in den
Landesdienst eingetreten sind, wurde bereits anlässlich deren Aufnahme der Vorrückungsstichtag nach
der aufgrund der Rs C-88/08, Hütter, erfolgten Neuregelung der Bestimmungen über die Anrechnung von
Vordienstzeiten festgesetzt.
Der Abs. 2 regelt die Neuberechnung des gebührenden Monatsentgelts und stellt klar, dass für dessen
Berechnung die Zeiträume für die Vorrückung nach § 81j in der Fassung dieses Gesetzes zu Grunde zu
legen sind.
Der Abs. 3 stellt klar, dass für ehemalige Vertragsbedienstete, deren Dienstverhältnis zum Land Tirol im
Zeitraum vom 11. November 2014 bis zum Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Gesetzes geendet
hat, beispielsweise durch Pensionierung, nur dann eine Neuberechnung des Vorrückungsstichtages und
des Monatsentgelts sowie eine allfällige Nachzahlung erfolgen, wenn ein Antrag nach Art. IV Abs. 1 der
14. L-VBG Novelle gestellt wird. Eine amtswegige Neuberechnung kommt für diesen Personenkreis
aufgrund fehlender aktueller Daten zum ehemaligen Vertragsbediensteten nicht in Betracht, da mit der
Beendigung des Dienstverhältnisses die allgemeinen Meldepflichten erlöschen. Die amtswegige
Erhebung derartiger Daten wäre im Vollzug zum Teil unmöglich bzw. würde einen unverhältnismäßigen
und mit dem Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht vereinbaren
Mehraufwand darstellen.
Auf Vertragsbedienstete mit einem Sondervertrag nach § 79 LBedG sind diese Regelungen nicht
anwendbar, da durch den Abschluss eines Sondervertrages ein „Opt-out“ aus den gesetzlichen
Bestimmungen erfolgt und es gerade Wesen des Sondervertrages ist, dass Regelungen getroffen werden,
die von den gesetzlichen Mindestbestimmungen abweichen. Im Fall eines Sondervertrages leitet sich der
Bezug nicht mehr vom Vorrückungsstichtag ab und es sind solche Verträge daher auch nicht anzupassen.
Zu Art. III:
Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.
VD-1399/208-2016
Fassung vom 30. März 2016