Die überbetriebliche Unterweisung im System der

Otto Brink
Die überbetriebliche Unterweisung im System der dualen
Ausbildung im Handwerk
Summary: Vocational training in skilled trades is conducted in cooperation between employers and trade schools. By virtue of his contractual obligations in the
vocational training scheme, the employer concerned is responsible for the entire
programme. In the case of skilled trades, the employer is supported by the instruction given outside the place of employment. Being an integral part of the employer's
training programme, the school instructions plays an ancillary role, supplementing the on-the-job training. It systematises and intensifies the employer's training
programme and covers areas (which are) either not dealt with at all on the job, or
not to the extent necessary.
The trade school instruction helps the development of the dual system by improving it both qualitatively and quantitatively. The content of the trade school training is job-oriented and needs to be constantly revised and adapted to the existing
requirements of the economy. Vocational school education ceases to perform a
useful function when the position of the firm responsible for the training is restricted to such an extent that the vocational school training becomes an end in itself
and (completely) divorced from the problems encountered on the job.
1. Aufgabenbereiche der Partner im dualen System
In der Bundesrepublik Deutschland wird die „Berufsbildung. . . durchgeführt in Betrieben der Wirtschaft, in vergleichbaren Einrichtungen außerhalb der Wirtschaft, i n s b e s o n d e r e . . . (betriebliche Berufsbildung) sowie in
berufsbildenden Schulen und sonstigen Berufsbildungseinrichtungen außerhalb der schulischen und betrieblichen Berufsbildung" ( § 1 Abs. 5 Berufsbildungsgesetz vom 14. 08. 1969).
Hieraus wird deutlich, daß der Gesetzgeber vom bewährten dualen System ausgeht, d.h. vom engen Zusammenwirken zwischen betrieblicher
und berufsschulischer Ausbildung. Mit „vergleichbaren Einrichtungen
außerhalb der Wirtschaft" und mit „sonstigen Berufsbildungseinrichtungen außerhalb der schulischen und betrieblichen Berufsbildung" wird das
System der dualen Ausbildung nicht verlassen, es werden jedoch Möglichkeiten außerhalb der primären Einrichtungen Betrieb und Berufsschule
nicht ausgeschlossen.
D a s Berufsbildungsgesetz von 1969 regelt auf Grundlage des Grundge272
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setzes, Artikel 74 Nr. 11, die außerschulische Berufsbildung als Berufsausbildung, berufliche Fortbildung und berufliche Umschulung und setzt in
§ 1 Berufsbildungsgesetz eine zentrale Norm für eine bundeseinheitliche
Regelung. Damit wurde auch gleichzeitig ein entscheidender Schritt getan,
das duale System aus einer mehr oder weniger privaten oder Selbstverwaltungs-Verantwortung in eine öffentliche staatliche Verantwortung zu überfuhren. Es wird darauf zu achten sein, daß durch weitere Langzeitmaßnahmen das duale System nicht ausgehöhlt wird und das Lernen am Arbeitsplatz nicht durch schulisches Lernen ersetzt wird.
Inwieweit von der überbetrieblichen Unterweisung Gefahren auf eine
Aushöhlung des dualen Systems ausgehen, wird noch im Verlauf dieser Abhandlung zu behandeln sein.
Die Berufsausbildung hat gemäß § 1 Berufsbildungsgesetz „eine breit
angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und
Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln". Außerdem hat die Berufsausbildung „den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen".
Damit wird zwar im Gesetz die überbetriebliche Unterweisung im Rahmen bzw. bei der Durchführung der Berufsausbildung nicht verwendet, es
lassen sich aber doch rechtliche Bestimmungen fur die Durchführung solcher überbetrieblicher Unterweisungsmaßnahmen herleiten.
Duales System der Berufsausbildung bedeutet Ausbildung in Ausbildungsbetrieben einerseits und Berufsschulen andererseits, wobei an dieser
Stelle schon daraufhingewiesen werden soll, daß Berufsausbildung am Arbeitsplatz mehr bedeutet als Erwerb von technischen Fertigkeiten und technischem Wissen, sondern daß Ausbildung am Arbeitsplatz auch eine wichtige pädagogische Aufgabe bedeutet. „Erziehung zu Kreativität, Engagement, Teamfähigkeit, zur Fähigkeit, mit Menschen anderen Alters, Herkommens und anderer Bildungsstufen zusammenzuarbeiten, zu Zuverlässigkeit und Fleiß - alle Komponenten gehören mit zur betrieblichen Ausbildung" (Paul Schnitker, „Bewährte Grundstrukturen erhalten und stärken", in: Deutsches Handwerksblatt 3/81).
Nach den bestehenden Rechtsverhältnissen ist der Ausbildungsbetrieb
als Vertragspartner im Ausbildungsverhältnis voll verantwortlich für die
vollständige Berufsausbildung ( § 6 Berufsbildungsgesetz in Verbindung
mit den Ausbildungsordnungen, die Rechtsverordnungscharakter haben).
Das bedeutet, daß der Ausbildende verpflichtet ist, dem Lehrling alle im
Ausbildungsberufsbild und Ausbildungsrahmenplan genannten Ausbildungsinhalte (Fertigkeiten und Kenntnisse) zu vermitteln.
Die Berufsschule hat eine die betriebliche Berufsausbildung unterstützende Funktion, indem sie die fachtheoretischen Kenntnisse fundiert, allBuE 34 ( 1 9 8 1 ) 3
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gemeine und berufsübergreifende Kenntnisse vermittelt und in der Demonstrations- bzw. Schulwerkstatt technische Prozesse veranschaulicht. Die
Inhalte und Bildungsaufgaben der Berufsschule sind in den schulischen
Rahmenlehrplänen enthalten.
Für die betriebliche Berufsausbildung sind die Ausbildungsordnungen
auf Bundesebene „Grundlage für eine geordnete und einheitliche Berufsausbildung" ( § 25 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz). Sie bestimmen die Fertigkeiten und Kenntnisse, die verpflichtend durch den Ausbildungsbetrieb
vermittelt werden müssen. Die zeitliche und sachliche Gliederung dieser
Ausbildungsinhalte ist Gegenstand des Ausbildungsrahmenplanes.
Zu den Aufgaben der betrieblichen Berufsausbildung gehören auch die
breite Grundausbildung und die ständige Anpassung an den technischen
Fortschritt
In diesen Aufgabenbereich stößt insbesondere die überbetriebliche Unterweisung als Weiterentwicklung des dualen Systems.
Überbetriebliche Unterweisung gehört zu den Maßnahmen des Handwerks, mit denen es das duale System der Berufsausbildung weiterentwickeln will bzw. bereits in erheblichem Maße weiterentwickelt hat in Bezug auf Quantität und Qualität gleichermaßen.
Schon lange vor dem Berufsbildungsgesetz hatten Organisationen des
Handwerks Übungswerkstätten für Lehrlinge eingerichtet. Ihre Zahl stieg
seit 1950 steil an. Bei dem Wiederaufbau der Wirtschaft nach dem zweiten
Weltkrieg stand der Handwerksunternehmer vor der Aufgabe, Arbeitsplätze wieder zu errichten, die Betriebstätten mit den erforderlichen technischen Einrichtungen zu versehen und gleichzeitig mit dafür zu sorgen, daß
ein entsprechend qualifizierter Nachwuchs ausgebildet wurde.
Die wiederentstehenden Handwerksorganisationen setzten sich mit
Konsequenz dafür ein, daß die bewährte breite Ausbildung in den Handwerksberufen nicht eingeengt wurde zu Gunsten einer schmalen Fachspezialisierung. Andererseits verlangen nicht selten technischer Fortschritt,
wirtschaftlicher Wandel und der zunehmende Wettbewerb eine Spezialisierung im Produktions- und Dienstleistungsprogramm. Zur Absicherung
einer breiten Ausbildung als Fundament einer höheren Flexibilität und
Mobilität mußte also der ausbildende Meister neben der laufenden praktischen Produktion und Dienstleistung sehr viel zusätzliche Zeit zur Ausbildung in der betrieblichen Phase seinem Lehrling zukommen lassen. Gerade in dieser Ausbildungsform zeigt sich die große Stärke handwerklicher
Ausbildung. Die ideale Norm, den „Alleskönner" auszubilden, wird man
niemals erreichen können, wohl aber das Ziel, daß berufliche Bildung mehr
gibt als Erwerb von technischem Wissen und Können. Die Verbindung von
Hand- und Kopfarbeit an Aufgaben, die in mehr oder weniger eigener Verantwortung des Lehrlings durchgeführt werden.
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Diese Überzeugung war auch entscheidender Anlaß für die Eigeninitiativen des Handwerks, Lehrgänge einzurichten, die die Lehrlinge insbesondere im ersten Ausbildungsjahr gemeinsam und systematisch in die Grundfertigkeiten ihres Ausbildungsberufes einfuhren und damit eine solide Basis für die gesamte Ausbildung schaffen. Ab dem zweiten Ausbildungsjahr
stehen Lehrgänge zur Anpassung an den technischen Fortschritt im Vordergrund. Der technische Fortschritt zwingt die Betriebe, sich mit der Verarbeitung neuester Werkstoffe und der Einführung neuer Arbeitstechniken
zu befassen. Berufsordnungsmittel sind weniger elastisch und können den
neuesten Stand nicht ausweisen. Das Berufsbildungsgesetz geht auf diese
Tatsache ein und setzt das Ziel die Fähigkeit, sich schnell in neue Aufgaben und Tätigkeiten einzuarbeiten. Dieser Forderung kommen insbesondere die Lehrgänge zur Anpassung an den technischen Fortschritt nach.
2. Überbetriebliche Unterweisung ist Teil der betrieblichen Ausbildung
Der hohe Stellenwert überbetrieblicher Lehrlingsunterweisung im Handwerk als ergänzende Maßnahme ist unbestritten. Warum sind für ihre
Durchführung besondere Einrichtungen mit hohen Investitionsaufwendungen und enormen laufenden Kosten notwendig?
Die Handwerkswirtschaft ist charakterisiert durch eine Vielzahl kleinerer und mittlerer Betriebe, die einzeln für sich eine geringe Anzahl von
Lehrlingen, insgesamt aber mehr als zwei Drittel aller gewerblichen Lehrlingen der Bundesrepublik ausbilden. Betriebliche Lehrlingswerkstätten,
vergleichbar mit denen vieler Industriebetriebe, sind selten und aus Kostengründen auch nicht vertretbar. Deshalb wurden überbetriebliche Unterweisungsstätten in der Kooperation vieler handwerklicher Ausbildungsbetriebe errichtet, um die Aufgaben zur Steigerung von Qualität und Quantität in der Berufsausbildung erfüllen zu können.
Die Diskussion über eine Zuordnung derartiger überbetrieblicher Einrichtungen ist häufig kontrovers und unter ideologischen Gesichtspunkten
gefuhrt worden. Aus der Entwicklung und aus dem Aufgabenbereich ist die
überbetriebliche Unterweisung eindeutig dem Bildungsträger Betrieb zuzuordnen. Überbetriebliche Unterweisung will weder den theoretischen
Unterricht noch die fachpraktischen Demonstrationen der Berufsschule
ersetzen. Sie ist keine „Konkurrenz" zur Berufsschule (wenn man überhaupt diesen Ausdruck im System der dualen Ausbildung gebrauchen darf,
das doch notwendigerweise eine enge Zusammenarbeit und intensives Zusammenwirken voraussetzt). Überbetriebliche Unterweisung hat fachpraktische Fertigkeiten als Bildungsinhalte und ist Teil der betrieblichen Ausbildung als Ergänzung und Entlastung des Betriebes in seinem AusbilBuE 3 4 ( 1 9 8 1 ) 3
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dungsbereich.
Betriebliche Ausbildung und überbetriebliche Unterweisung bilden eine
Einheit, wenn auch bei räumlicher Trennung, wobei überbetriebliche Unterweisung nur subsidiären Charakter haben darf. Der Ausbildungsvertrag
zwischen Ausbildungsbetrieb und Lehrling umfaßt das volle Ausbildungsprogramm iL Ausbildungsordnung in der Verantwortung des Ausbildungsbetriebes. Daraus kann er nicht entlassen werden. Die Leistungen der überbetrieblichen Unterweisung können nicht von den Ausbildungsleistungen
des Betriebes subtrahiert werden, sie sind hinzuzuaddieren.
Vielfach geht die Diskussion um die Zuordnung der überbetrieblichen
Unterweisung auch in die Zielrichtung eines „selbständigen Lernortes".
Damit würde allerdings das System der dualen Ausbildung aufgegeben
und der Aufgabenbereich der betrieblichen Ausbildung und die Verantwortung des Ausbildungsbetriebes für die gesamte Ausbildung geteilt. Das
kann nicht Sinn der überbetrieblichen Unterweisung sein. Um die Zuordnung auch in der Ausdrucksweise klar zu definieren, wird in diesem Beitrag
bewußt von „Unterweisung" und nicht von „Ausbildung" gesprochen, damit die überbetriebliche Unterweisung als subsidiärer und nicht verselbständigter Teil der betrieblichen Ausbildung deutlich unterstrichen wird.
3. Inhalte der überbetrieblichen Unterweisung
Die überbetriebliche Unterweisung stellt, wie bereits ausgeführt, eine
praktische Ausbildungsmaßnahme dar, indem Fertigkeiten nach einem
systematisch aufgebauten Plan vermittelt werden. Dadurch wird der Ausbildungsbetrieb in seinen Ausbildungsbemühungen entlastet und ergänzt.
Die überbetriebliche Unterweisung ergänzt in methodischer Hinsicht und
als Ausgleich für bestimmte Spezialisierungen der Betriebe, die sich ohne
das Angebot dieser ergänzenden Maßnahmen nachteilig auf die Ausbildung auswirken und die Mobilität behindern würden. Eine Reihe von Betrieben wird durch überbetriebliche Unterweisung erst in die Lage versetzt,
Ausbildungsplätze anzubieten. Ansonsten wäre vielleicht in manchen Fällen die Vermittlung aller Fertigkeiten und Kenntnisse nach der Ausbildungsordnung wegen gewisser Spezialisierung der Betriebe nicht möglich.
Alle Maßnahmen überbetrieblicher Unterweisung richten sich nach
Lehr- und Kostenplänen, die unter Mitwirkung der zentralen Fachverbände in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für Berufsbildung im
Handwerk an der Universität Köln und dem Heinz-Piest-Institut an der
Universität Hannover erarbeitet worden sind. Lehrgänge des ersten Ausbildungsjahres werden vom Landeswirtschaftsminister, Lehrgänge ab dem
zweiten Ausbildungsjahr vom Bundeswirtschaftsminister genehmigt. Auf
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die besonderen Richtlinien für die öffentliche Anerkennung und damit
auch für die finanzielle Förderung dieser Lehrgänge soll hier nicht eingegangen werden. Es ist aber erforderlich und wird auch praktiziert, daß diese
Lehrpläne ständig der sich ändernden Praxis angepaßt werden. Z.Zt stehen dem Handwerk mit 126 gewerblichen und 4 kaufmännischen Ausbildungsberufen rd. 220 Lehrpläne zur Verfügung, davon 40 für das erste und
179 für das zweite und dritte Ausbildungsjahr. Weitere sind in der Vorbereitung.
4. Grenzen der überbetrieblichen Unterweisung
Überbetriebliche Unterweisung ist eine subsidiäre Maßnahme und will
nicht die betriebliche Ausbildung ersetzen. Damit sind auch die Grenzen
gesetzt. In den überbetrieblichen Unterweisungsstätten fehlt die Ernstsituation des Betriebes mit allen seinen Möglichkeiten und Problemen. Eine
zeitlich zu lange Ausweitung der überbetrieblichen Unterweisung vermindert die notwendige Konfrontation mit der Ernstsituation des Arbeitsplatzes und führt weg von der Praxis zur verschulten Ausbildung. Unterweisung
wird dann zur verselbständigten Ausbildung. Die Zeiten überbetrieblicher
Unterweisung sind von Beruf zu Beruf unterschiedlich lang anzusetzen.
Sicherlich kann die überbetriebliche Ausbildung in der Bauwirtschaftinsbesondere im ersten Ausbildungsjahr - nicht mehr als überbetriebliche
Unterweisung in dem hier dargestellten Sinne verstanden werden. Bei 20
Wochen überbetrieblicher Unterweisung und 20 Wochen Berufsschulunterricht im ersten Ausbildungsjahr ist die betriebliche Ausbildungsphase
zu gering, um vom Kennenlernen einer Ernstsituation des Betriebsalltags
sprechen zu können. Gültige und erprobte Maßstäbe gibt es noch nicht,
Modellversuche laufen an.
Wesentlich ist die Erkenntnis, daß überbetriebliche Unterweisung nur
dann optimale Wirkung haben kann, wenn alle Verantwortlichen eng zusammenarbeiten bei der Motivation der Betriebe, Lehrlinge und deren Eltern. Intensive Informationen über die Bedeutung überbetrieblicher Unterweisung zur Erhaltung des dualen Systems, über den Nutzen und Ausbildungsfortschritt sind notwendig. Kooperation bei der Organisation ist
ebenso wichtig wie die enge Zusammenarbeit bei der Abstimmung über Inhalt und Dauer der Lehrgänge.
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5. Rechtliche Grundlagen
Weder das Berufsbildungsgesetz noch die Handwerksordnung verwenden den Begriff „überbetriebliche Unterweisung". Wenn im folgenden, aber doch rechtliche Verpflichtungen zur Durchführung überbetrieblicher
Unterweisung abgeleitet werden, so soll damit keineswegs eine vollständige und juristisch ausgefeilte Abhandlung vorgenommen, sondern lediglich
ein paar Grundzüge aufgezeigt werden.
§ 25 Handwerksordnung regelt den Erlaß von Ausbildungsordnungen
„als Grundlage fur eine geordnete und einheitliche Berufsausbildung sowie
zu ihrer Anpassung an die technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfordernissen und deren Entwicklung". Die Ausbildungsordnung
kann gemäß § 26a Handwerksordnung „die Berufsausbildung in geeigneten Einrichtungen außerhalb der Ausbildungsstätte" vorsehen.
Diese Vorschrift gibt dem Verordnungsgeber die Möglichkeit, überbetriebliche Unterweisung in Form einer Rechtsverordnung verbindlich vorzuschreiben, eine Möglichkeit, die mit der Darstellung überbetrieblicher
Unterweisung als subsidiäre Maßnahme nur schwer vereinbar ist und die
betriebliche Ausbildung beschneidet.
Eine weitere Rechtsvorschrift ist § 74 BBiG in Verbindung mit § 41
und § 91 Abs. 1 Ziff. 4 HwO. Danach kann die Handwerkskammer zur
Förderung des Handwerks Vorschriften über die Regelung und Durchführung der Berufsausbildung erlassen und ist sogar verpflichtet anzuordnen,
wenn die ordentliche Durchführung der Berufsausbildung diese Regelung
gebietet. Zuständig hierfür ist die Vollversammlung der Handwerkskammer nach Anhörung des Berufsbildungsausschusses. Der Beschluß bedarf
der Genehmigung durch die oberste Landesbehörde.
Für den Innungsbereich gilt die Zuständigkeit gemäß § 54 Abs. 1 Ziff. 3
HwO. Die Zustimmung des Gesellenausschusses ist erforderlich. Die Ordnungsmäßigkeit des Normensetzungsverfahrens ist von der Handwerkskammer als Aufsichtsbehörde zu überwachen. Mit der Genehmigung des Innungsbeschlusses werden alle Ausbildungsbetriebe - auch Nicht-Innungsmitglieder - verpflichtet, die Lehrlinge zum Besuch derartiger Maßnahmen
anzuhalten, ihnen die erforderliche Zeit zu gewähren und die gebührenden
Kosten zu tragen, soweit sie nicht durch Zuschüsse gedeckt werden.
Der letzten Möglichkeit sollte im Handwerk der Vorzug gegeben werden,
da sie am flexibelsten ist und die regionalen Unterschiede in der Auswahl
des Angebotes von überbetrieblichen Unterweisungslehrgängen am ehesten berücksichtigen kann. Damit kann bei entsprechender Motivation
überbetriebliche Unterweisung als Angebotsservice im Rahmen der G e werbeförderung verstanden und verwirklicht werden.
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6. Organisation und Finanzierung
Überbetriebliche Unterweisung im Handwerk wird heute überwiegend
in den Berufsbildungseinrichtungen der Handwerkskammern und weniger
in innungseigenen Werkstätten durchgeführt. Für diese Regelung sprechen
verschiedene Gründe, insbesondere wirtschaftlicher A r t Innungsbezogene Werkstätten sind berufsbezogen und können in der Regel nicht im wirtschaftlich-erforderlichen Umfang ausgelastet werden, da für verschiedene
Unterweisungsmaßnahmen auch ebenso verschiedene Einrichtungen benötigt werden. Die Einrichtungen der Kammern sind funktionsbezogen
und stellen bei richtiger Planung eine gute Auslastung sicher.
Grundlage der überbetrieblichen Unterweisung ist die zweckmäßig und
gut eingerichtete Werkstatt Langjährige Erfahrungen bei der Durchführung überbetrieblicher Unterweisung sind vom Heinz-Piest-Institut fur
Handwerkstechnik an der Universität Hannover untersucht und ausgewertet worden. Auf dieser Grundlage sind die Einrichtungen so konzipiert,
daß sie jederzeit ergänzt und der technischen Entwicklung angepaßt werden können. Maßgeblich für die Einrichtung sind die Inhalte der Rahmenlehrpläne. Die Einrichtungen sind äußerst kostenintensiv und verursachen
Investitionen je nach Beruf zwischen 3.500,- D M und 30.000,- D M pro
Platz ohne Grundstücks- und Gebäudekosten bei 16 Plätzen pro Werkstatteinrichtung.
Überbetriebliche Unterweisung wird durchgeführt nach Rahmenlehrplänen, die für das erste Ausbildungsjahr vom jeweiligen Landeswirtschaftsminister und ab zweitem Ausbildungsjahr vom Bundeswirtschaftminister
genehmigt sind nach vorheriger Abstimmung mit den Fach verbänden, Organisationen des Handwerks und wissenschaftlichen Instituten. Eine enge
Zusammenarbeit zwischen den Durchführungsträgern und den Fachverbänden ist unumgänglich, um die Inhalte der überbetrieblichen Unterweisungsmaßnahmen den aktuellen Erfordernissen anpassen zu können.
Rahmenlehrpläne, die fortlaufend ergänzt und aktualisiert werden, stellen damit ein Angebot an Betriebe bzw. Innungen dar, aus dem der erforderliche Umfang der überbetrieblichen Unterweisung auch unter regionalen
Gesichtspunkten ausgewählt und beschlossen werden kann.
Ausbilder in den überbetrieblichen Unterweisungsstätten sind Meister
im jeweiligen Fachgebiet mit Meisterprüfung einschließlich berufs- und
arbeitspädagogischer Eignung und wenigstens 3-jähriger praktischer Erfahrung nach Ablegung der Meisterprüfung. Eine ständige Fortbildung
dieser Meister ist selbstverständlich.
Die Rahmenlehrpläne sehen Unterweisungsmaßnahmen mit einer Dauer von 1 bis 4 Wochen in einem zusammengefaßten Block von 40 Stunden
je Woche vor. Die Unterweisungsquote ist von Beruf zu Beruf unterschied279
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lieh. Erste Kapazitätsberechnungen gehen von einem Umfang von 8 Wochen insgesamt während drei Ausbildungsjahre aus, etwa 4 Wochen im ersten und je 2 Wochen im zweiten und dritten Ausbildungsjahr. Modellversuche über die notwendige Zeitdauer laufen.
Die Kapazitäten der überbetrieblichen Unterweisungsstätten sind pro
Jahr mit 40 Wochen zu je 40 Stunden ausgelegt Diese Auslastungsannahme hat sich bewährt, um Möglichkeiten für Gesellen- und Zwischenprüfungen, Weiterbildung und Urlaub des Ausbildungspersonals und notwendige Reperaturen zu haben, ohne den Lehrgangsbetrieb zu stören. Diese
Auslastungsannahme wird heute bundesweit als Grundlage für die Kapazitätsermittlung genommen.
Die Finanzierung der laufenden Kosten überbetrieblicher Unterweisung,
die je nach Bedarf unterschiedliche Kosten pro Teilnehmer und Woche in
Höhe von 2 0 0 , - D M bis 5 0 0 , - D M verursacht, erfolgt größtenteils durch
die Ausbildungsbetriebe und wird zu etwa 25 % bis 35 % durch die öffentliche Hand bezuschußt, im ersten Ausbildungsjahr in der Regel durch den
jeweiligen Landeswirtschaftsminister, ab zweitem Ausbildungsjahr durch
den Bundeswirtschaftsminister und in Nordrhein-Westfalen zusätzlich
noch in Höhe von 50 % des Bundeszuschusses durch den Landeswirtschaftsminister. Einzelne Handwerkskammern und Innungen geben noch
eine finanzielle Förderung durch Abdeckung von Spitzenbeträgen. In einigen Berufen ist eine branchenir.äßige Regelung über Tarifverträge getroffen worden. Vereinzelt werden Modelle gefahren, wo Innungen und Handwerkskammern durch die Errichtung einer „Ausgleichskasse" alle Betriebe - ob Ausbildungsbetriebe oder Nichtausbildungsbetriebe - zu den Kosten der überbetrieblichen Unterweisung heranziehen. Die Finanzierung
der „Ausgleichskasse" erfolgt in der Regel aus Umlagen, die zusätzlich
zum Innungs- bzw. Kammerbeitrag von allen Betrieben des betreffenden
Gewerkes erhoben werden. Verfahrensweise, Höhe der Umlagen und andere Einzelheiten sind recht unterschiedlich geregelt.
Seit 1973 fördert der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft die
laufenden Kosten überbetrieblicher Unterweisungsmaßnahmen dann,
wenn er sich auch an den Bauinvestitionen mit entsprechenden Mitteln beteiligt h a t Unter dieser Voraussetzung übernimmt er 50 % des Fehlbetrages der laufenden Kosten der überbetrieblichen Unterweisung.
Zur Frage der Aufbringung der Kosten vertritt das Handwerk die Auffassung, daß die aufzubringenden Mittel für die überbetriebliche Unterweisung zu je einem Drittel von Bund, Land und Handwerk getragen werden
sollen. Die Forderung des Handwerks nach einer verstärkten Beteiligung
des Staates an der Finanzierung der Kosten beruht nicht zuletzt auch auf
der ständigen Betonung der öffentlichen Hand, daß berufliche Bildung und
allgemeine Bildung gleichrangig sind.
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Überbetriebliche Unterweisung stellt für das Handwerk eine bedeutungsvolle und verantwortungsvolle Aufgabe in der Ausbildung im dualen System dar. Diese Aufgabe ist zu lösen. D a s Ergebnis ist von entscheidender
Bedeutung für die Heranbildung des qualifizierten Nachwuchses als wesentliche Grundvoraussetzung für die Weiterentwicklung unserer Wirtschaft. Damit ist die überbetriebliche Unterweisung auch eine handwerkspolitische Aufgabe.
Kurzbiographie
des
Autors
Otto Brink, geb. 1936; nach dem Abitur Studium der Volks- und Betriebswirtschaftslehre;
Examen als Diplom-Volkswirt 1962 in Münster/Westfalen. Seit 1966 tätig bei der Handwerkskammer Aachen, ab 1973 als Geschäftsführer zuständig fur den Bereich Berufsbildung.
Anschrift: Handwerkskammer Aachen, Sandkaulbach 1 7 - 2 1 , 5 1 0 0 Aachen (privat: Im Branderfeld 55, 5 1 0 0 Aachen).
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