Seltsame Anatomie der Steuereintreibung

Pressemitteilung vom 21.März 2016
Seltsame Anatomie der Steuereintreibung
Gastronomie unter Generalverdacht gestellt – „Steuerverhinderungs-Profis“
profitieren von Einseitigkeit der Betrachter
Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) legte seinen Jahresbericht 2016 vor
und mahnte die Landesregierung zum Sparen und Haushalten an. Das ist in der
Regel richtig und man darf den Rechnungsprüfern hohe Kompetenz unterstellen,
wenn es um die Aufsicht der Ausgaben geht. Wenn der Rechnungshof aber
proaktive Vorschläge unterbreitet, die in den Wirtschaftskreislauf eingreifen, dann
wäre etwas mehr Praxisnähe angebracht. Aus der Theorie entsteht zu häufig
Ungerechtes und manchmal auch einfach nur Quatsch.
Ein aktueller Vorschlag des ORH brachte nun den Verein zum Erhalt der bayerischen
Wirtshauskultur regelrecht auf die Palme. Dessen Landesvorsitzender Franz
Bergmüller, selbst Gastronom und in zahlreichen Positionen der gastronomischen
Interessenvertretungen aktiv, prangert an: „Der Bayerische Oberste Rechnungshof
geht mit seinem Überwachungsvorschlag, dass zukünftig bargeldintensive Betriebe
wie zum Beispiel in der Gastronomie häufiger und intensiver geprüft werden sollten,
weit über das Ziel hinaus. Man unterstellt, dass dem Freistaat viel Steuergeld
verloren ginge, weil wegen Personalmangel der Steuerbehörden nur selten geprüft
würde. Man geht davon aus, dass kleine Betriebe nur alle 40 Jahre einer
Steuerprüfung unterzogen würden. Das ist einerseits nicht richtig, andererseits wird
dadurch die Gastronomiebranche unter Generalverdacht des Steuerbetrugs gestellt.
Zudem serviert die Praxis auch noch ein ganz anderes Bild. Die vielen kleinen
Betriebe können gar keinen namhaften Steueranteil entwerfen, denn die
Betriebsergebnisse sind mehr als überschaubar. Eigentlich wären hier Freibeträge
anzuraten und damit eine Entlastung samt Bürokratieabbau. Nicht selten führen
sogar unverhältnismäßige Steuerprüfungen der Finanzbehörden zu ruinösen
Ergebnissen von Kleinbetrieben. Wo ist eigentlich die Kritik des ORH an subgastronomischen Betrieben wie IKEA? Dort werden durch internationale
Verflechtungen und internationalen Rechtsgrundlagen Verluste ausgewiesen, die
dann hier abgeschrieben werden. Die Gewinne werden per Abführungsvertrag an
eine Holding transferiert und zu geringen Sätzen in Steueroasen versteuert. Das ist
eine schreiende Ungerechtigkeit. Hier darf man durchaus ansetzen und die
„Anatomie der Steuereintreibung“ den Realitäten anpassen.“
Bergmüller steht mit dieser Meinung nicht allein. In der Bevölkerung wird das
komplizierteste Steuersystem der Welt ohnehin kaum verstanden. Und wenn dann
Meldungen über Steuerschlupflöcher berichten, die speziell von international
agierenden Konzernen und Großbetrieben rigoros ausgenutzt werden, dann darf
man sich über lautstarken Unmut nicht wundern. Solange Google, Apple & Co., oder
eben auch die IKEA-Gastronomie nicht für das gerechte Steueraufkommen
Mitverantwortung trägt, solange wird es kein Verständnis für zusätzliche
Überwachungsvorschläge geben.
Kontakt: VEBWK e.V., Bodo Meinsen, Pressesprecher, [email protected], T 08990 52 90 72