NR. 4 // 23. März 2016 RSA Allianz: Forderung nach Weiterentwicklung des Morbi-RSA Insgesamt 12 gesetzliche Krankenkassen verschiedener Kassenarten haben sich zu einer RSA Allianz zusammengefunden, darunter auch die BARMER GEK. Ihr Ziel ist es, die bestehenden Schwachstellen im Finanzausgleichssystem der gesetzlichen Krankenversicherung offenzulegen und die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) zu verdeutlichen. Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte die RSA Allianz ihre Forderung nach einer Weiterentwicklung des Morbi-RSA vor. Von links: Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER GEK; Dr. Karsten Neumann (IGES) und Prof. Dr. Gerd Glaeske (Uni Bremen), Autoren der vorgestellten IGES-Studie; Peter Kaetsch, Vorstandsvorsitzender der BIG direkt gesund; Wolfgang B. Schnaase, Zweiter Vorstand BKK Mobil Oil Zum Download Materialien Pressekonferenz Der Morbi-RSA ist ein „lernendes System“ Im Jahr 2009 wurde der Risikostrukturausgleich zum Morbi-RSA weiterentwickelt. Damit die Wettbewerbschancen einer Krankenkasse nicht von der Krankheitslast ihrer Versicherten abhängen, wird seither die Morbidität der Versicherten beim Risikostrukturausgleich berücksichtigt. Dieser Reformschritt trug zu einem deutlich verbesserten Ausgleich der Krankheitsrisiken unter den Kassen bei. Das „lernende System" des Morbi-RSA wird im Detail ständig nachjustiert. Der Evaluationsbericht des Wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Morbi-RSA hat 2011 verschiedene Mängel beim Morbi-RSA dokumentiert, woraufhin auch erste grundlegende Veränderungen daran vorgenommen wurden wie die Verstorbenenregelung („Annualisierung“) sowie die Übergangsregelungen für zielgenauere Zuweisungen für das Krankengeld und Auslandsversicherte. RSA Allianz: Schwachstellen im Morbi-RSA erfordern weitere Reformschritte Dennoch bestehen weiterhin Schwachstellen im Morbi-RSA, die zu Wettbewerbsverzerrungen unter den gesetzlichen Krankenkassen führen. Die Folge ist eine extrem unterschiedliche Entwicklung der Rücklagen der Kassen. Zudem zeichnet sich bereits heute eine deutliche Spreizung der individuellen Zusatzbeitragssätze der Kassen ab, die bei weitem nicht allein durch die Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Kassen begründet ist. Damit sich die Verwerfungen nicht fortsetzen und womöglich die Stabilität des Systems und damit die hohe Qualität der medizinischen Versorgung gefährden, fordert die RSA Allianz weitere BARMER GEK Abteilung Politik, Ruth Rumke (V.i.S.d.P.) [email protected] Tel. 030-25331-443012 Seite 1 von 5 NR. 4 // 23. März 2016 Reformschritte beim Morbi-RSA. Forderung der RSA Allianz: Wegfall des Surrogats EMR Dazu gehört die Abschaffung systemfremder Hilfsvariablen – auch Surrogate – im MorbiRSA. Ein Beispiel dafür ist der Bezug einer Erwerbsminderungsrente (EMR). Bis zur Einführung des Morbi-RSA im Jahr 2009 war dieses Surrogat eine wichtige Bezugsgröße für den Krankenkassenfinanzausgleich. Doch das von der RSA-Allianz in Auftrag gegebene Gutachten des IGES kommt zu dem Schluss, dass eine Herausnahme des Erwerbsminderungsstatus aus dem Morbi-RSA keinen Einfluss auf die Zuweisungsgenauigkeit hat. Zugleich würde eine stärkere Morbiditätsorientierung des Risikostrukturausgleichs erreicht. Auch auf die Wettbewerbsgerechtigkeit hätte die Herausnahme der EMR positiven Einfluss, da die strukturellen Verwerfungen zwischen den Kassenarten reduziert würden. Ein Wegfall des Surrogats EMR wäre unkompliziert über die Änderung der RSA-Verordnung umzusetzen. Verzicht auf das Surrogat Erwerbsminderungsrentner (EMR) nähert die Deckungsquoten (DQ) der Kassenarten an – Indiz für mehr Chancengleichheit im Wettbewerb Grafik: nach IGES und Glaeske Weil der Morbi-RSA in seiner jetzigen Form zu Wettbewerbsverzerrungen unter den gesetzlichen Krankenkassen führt, ist seine Weiterentwicklung notwendig. Neben der Abschaffung systemfremder Hilfsvariablen wie der Erwerbsminderungsrente müssen zwei weitere Reformmaßnahmen umgesetzt werden: Einerseits sollten die unterschiedlichen regionalen Angebots- und Kostenniveaus im Morbi-RSA stärker berücksichtigt werden, andererseits sollte ein Hochrisikopool eingeführt werden, mit dem extrem hohe Einzelfallkosten von Patienten ausgeglichen werden können. BARMER GEK Abteilung Politik, Ruth Rumke (V.i.S.d.P.) [email protected] Tel. 030-25331-443012 Seite 2 von 5 NR. 4 // 23. März 2016 Aktualisierung des Hilfsmittelverzeichnisses für Inkontinenzhilfen Der GKV-Spitzenverband hat das Hilfsmittelverzeichnis für die Produktgruppe der Inkontinenzhilfen mit Bekanntmachung zum 11.03.2016 aktualisiert. Mit der Fortschreibung wurden unter anderem die Qualitätsanforderungen an aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel (Windeln) angehoben. Für Inkontinenzprodukte gelten damit nun höhere Standards. Im Hilfsmittelverzeichnis werden vom GKV-Spitzenverband von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufgeführt sowie die Produkt- und Qualitätsanforderungen geregelt. Der GKV-Spitzenverband sah sich zuletzt der Kritik ausgesetzt, das Hilfsmittelverzeichnis im Bereich der Inkontinenzversorgung seit 23 Jahren nicht aktualisiert zu haben. Die BARMER GEK begrüßt die Aktualisierung des Hilfsmittelverzeichnisses bei Inkontinenzhilfen. Im Zuge der zu erwartenden Hilfsmittelgesetzgebung sollte der GKVSpitzenverband gesetzlich verpflichtet werden, die Produktgruppen des Hilfsmittelverzeichnisses regelmäßig auf Aktualität zu prüfen und bei Bedarf anzupassen. Darüber hinaus benötigen die Krankenkassen mehr Freiräume, wenn sie in ihren vertraglichen Vereinbarungen zur Hilfsmittelversorgung über die im Hilfsmittelverzeichnis verankerten Mindeststandards hinausgehen wollen. Deshalb sollte es den Krankenkassen ermöglicht werden, zusätzliche Anforderungen an die Produkt- und Prozessqualität stellen zu können. Diskussion um Pflegeberufereformgesetz Pflegeberufereformgesetz 13.01.2016 Kabinettsbeschluss 26.02.2016 1. Durchgang Bundesrat 18.03.2016 1. Lesung Bundestag 09. oder 11.05.2016 Anhörung BT-Gesundheitsausschuss 09. oder 10.06.2016 2./3. Lesung Bundestag 08.07.2016 2. Durchgang Bundesrat Gestuftes Inkrafttreten geplant Bundesgesundheitsminister Gröhe hat die Pläne der Regierung für eine generalistische Pflegausbildung und die damit verbundene Zusammenlegung von Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege verteidigt. Das „Gesetz zur Reform der Pflegeberufe” (Pflegeberufereformgesetz) wurde am 18.03.2016 in 1. Lesung im Bundestag beraten. Kritisiert wird das Vorhaben von der Opposition, die bei der Zusammenlegung der Ausbildungen den Verlust von Fachwissen und Bildungslücken bei den künftigen Pflegefachkräften befürchtet. Ende Februar hatte sich der Bundesrat zu den Plänen der Bundesregierung positioniert und gefordert, die geplante generalistische Pflegeausbildung erst zum 01.01.2019 zu starten, ein Jahr später als bisher vorgesehen. Die Vorgaben für die Umsetzung seien im Gesetzentwurf zu kurz bemessen. Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung dazu eine Prüfung zugesagt, eine Verschiebung des Vorhabens um ein Jahr erscheint daher denkbar. In ihrer Gegenäußerung hatte die Länderkammer noch weiteren Änderungsbedarf am Gesetzentwurf vorgebracht. Für die geplanten „zuständigen Stellen“, die den jeweiligen Finanzierungsbedarf für die neu einzurichtenden Landesausbildungsfonds ermitteln sollen, fordern sie die Fachaufsicht. Die Länder erhoffen sich dadurch Durchgriffsrechte, anders als durch die im Gesetzentwurf vorgesehene Rechtsaufsicht. Diese Forderung hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung abgelehnt. Die Länder hatten darüber hinaus vorgeschlagen, die Finanzierungsanteile für die geplanten Landesausbildungsfonds zu verändern. Der mit dem Pflegeberufereformgesetz erstmals vorgesehene direkte Finanzierungsanteil der sozialen Pflegeversicherung (SPV) an der Ausbildung würde sich dadurch mittel- bis langfristig erhöhen. BARMER GEK Abteilung Politik, Ruth Rumke (V.i.S.d.P.) [email protected] Tel. 030-25331-443012 Seite 3 von 5 NR. 4 // 23. März 2016 Eine genaue Schätzung des gesamten Finanzbedarfs für die Umsetzung des Pflegeberufereformgesetzes wird erst möglich, wenn die Bundesregierung die gesamte Prüfungs- und Ausbildungsordnung vorgelegt haben wird. Diese wird aktuell von den federführenden Ministerien, dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, auf Basis der bereits vorgelegten Eckpunkte erarbeitet. Die Bundesländer sollten einen weitaus höheren Anteil an den Gesamtkosten der Ausbildung übernehmen als dies bisher im Referentenentwurf vorgesehen ist. Eine Fachaufsicht der Landesbehörden über die jeweiligen „zuständigen Stellen“ zur Ermittlung der Landesausbildungsfonds lehnen wir ab, weil den Ländern damit ein direkter Zugriff auf die finanziellen Mittel von GKV und SPV ermöglicht würde. BARMER GEK-Symposium für Vertrauenspersonen 2016 *Vertrauenspersonen sind ehrenamtlich für die BARMER GEK Tätige, die zwischen Versicherten, Arbeitgebern und der Krankenkasse vor Ort vermitteln. Auf dem diesjährigen Symposium der BARMER GEK stand die Arzneimittelgesetzgebung im Mittelpunkt der Diskussion. Vor rund 200 Vertrauenspersonen der BARMER GEK* zog der Unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Prof. Josef Hecken, ein positives Fazit zu der mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) eingeführten frühen Nutzenbewertung für neue Arzneimittel. Das AMNOG habe sich trotz verschiedener Änderungsnotwendigkeiten bewährt. Die Panikmache der Arzneimittelhersteller vor den Neuregelungen habe sich als haltlos erwiesen, so Hecken. Um Ausgabensteigerungen insbesondere bei Arzneimittelinnovationen zu begrenzen, sind die Hersteller seit Inkrafttreten des AMNOG im Jahr 2011 verpflichtet, den Zusatznutzen für jedes Medikament mit einem neuen Wirkstoff nachzuweisen. Seitdem ist der Zusatznutzen die Basis für Preisverhandlungen bei innovativen Arzneimitteln. AMNOG als lernendes System Auch der Vorstandsvorsitzende der BARMER GEK, Dr. Christoph Straub, bewertete in seinem Eingangsstatement die Regelungen des AMNOG als großen Erfolg. Es gehe primär um Nutzen und Sicherheit neuer Arzneimittel für die Patientinnen und Patienten sowie eine faire Preisbildung. Die Politik habe das AMNOG jedoch von Anfang an als „lernendes System“ bezeichnet. Wegen rasant wachsender Arzneimittelausgaben – vor allem einzelner Präparate wie dem Hepatitis-C-Medikament Sovaldi – müsse das System der Preisfestsetzung bei besonders versorgungsrelevanten Arzneimitteln sinnvoll ergänzt werden. So schlug Straub bei solchen ausgabenstarken Arzneimitteln mit einem absehbaren Jahresumsatz von mehr als 80 Mio. Euro eine gesundheitsökonomische Schnellbewertung als Ergänzung zur etablierten frühen Nutzenbewertung direkt bei Marktantritt vor. Spätestens nach fünf Jahren solle dann eine regelhafte Kosten-Nutzen-Bewertung unter Alltagsbedingungen und im Vergleich mit anderen Arzneimitteln stattfinden. Patientenrelevante Aspekte im Mittelpunkt Die Bedeutung der Patientensicherheit hob auch Dr. Mani Rafii, Mitglied des Vorstands der BARMER GEK, hervor. Es dürfe durch die Verfahren des AMNOG bei den Patientinnen und Patienten jedoch nicht der Eindruck entstehen, dass bei der Arzneimittelversorgung gespart würde. Vielmehr ginge es darum, echte Innovationen voranzubringen, die einen tatsächlichen Fortschritt für die Patientenversorgung darstellen. BARMER GEK Abteilung Politik, Ruth Rumke (V.i.S.d.P.) [email protected] Tel. 030-25331-443012 Seite 4 von 5 NR. 4 // 23. März 2016 Die Regelungen des AMNOG bezeichnete Holger Langkutsch, Verwaltungsratsvorsitzender der BARMER GEK, als „Patientenschutzprogramm“. Es sei richtig, dass die so genannten patientenrelevanten Endpunkte höchste Priorität beim Nachweis des Zusatznutzens eines neuen Medikaments hätten. Für die Patientinnen und Patienten sei letztlich entscheidend, ob ein neues Präparat etwa den Gesundheitszustand verbessere, die Krankheitsdauer verkürze oder die Nebenwirkungen verringere. Zentral sei daneben die Frage, ob innovative Arzneimittel tatsächlich zur Verbesserung der Lebensqualität beitrügen, so Langkutsch. Nachjustierungen beim AMNOG nötig Hier gebe es bei den derzeitigen Verfahren noch Defizite, so der G-BA-Vorsitzende Hecken, da die Arzneimittelhersteller etwa bei Arzneimitteln zur Krebsbehandlung häufig keine spezifischen Daten zur Verbesserung der Lebensqualität vorlegten. Problematisch sei daneben, dass die pharmazeutischen Unternehmer derzeit nicht verpflichtet seien, ein vollständiges Dossier auf Grundlage der Zulassungsunterlagen sowie aller Studien zu den Arzneimitteln vorzulegen. Dadurch könne keine umfassende Nutzenbewertung erfolgen. Dies sollte der Gesetzgeber im Sinne einer größtmöglichen Transparenz zügig ändern, so Hecken. Zum Download Tabelle Gesetzgebung Termine laufender Gesetzgebungsverfahren BARMER GEK Abteilung Politik, Ruth Rumke (V.i.S.d.P.) [email protected] Tel. 030-25331-443012 Seite 5 von 5
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