DIE WELT - Die Onleihe

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Zippert zappt
DIENSTAG, 22. MÄRZ 2016
Zuzüge
aus dem
Ausland
46.000
Schleswig-Holstein
26.000
I
Mecklenburg-Vorpommern
7000
Bremen
100.000
183.000
78.000
42.000
462.000
Berlin
DPA/PETER STEFFEN
SPORT
Joachim Löw wirft
Max Kruse aus der
Nationalmannschaft
Seite 18
POLITIK
Obamas historischer
Besuch in Kuba
Siehe Kommentar und Seite 6
WISSENSCHAFT
Fleisch hat Menschen
schlau gemacht
Seite 20
KULTUR
Manche Frauen wollen
keine Kinder. Und die
Deutschen toben
Insgesamt hat sich die Zahl der registrierten Ausländer im Jahresverlauf von
8,15 auf 9,11 Millionen erhöht. Mehr waren es nie seit der Einführung des Ausländerzentralregisters im Jahr 1967.
Allerdings muss nach Erkenntnissen
des Statistischen Bundesamtes davon
ausgegangen werden, dass sowohl die
Ergebnisse der Wanderungsstatistik als
auch die der Ausländerstatistik für 2015
niedriger liegen als die tatsächlichen
Zahlen, da nicht alle Flüchtlinge und
Migranten zeitnah registriert wurden.
Gunter Brückner, der im Bundesamt
für die Ausländerstatistik zuständig ist,
sagt gegenüber der „Welt“: „Die zwei
Millionen beschreiben die Untergrenze. Wir wissen, dass die tatsächliche
Zahl der Ausländer und Zugewanderten
höher liegt, wir wissen aber nicht wie
hoch genau.“
So seien möglicherweise Flüchtlinge
auf die Kommunen verteilt worden, bevor sie in Erstaufnahmeeinrichtungen,
Außenstellen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge oder durch die Bundespolizei registriert werden konnten.
Die statistischen Landesämter veröffentlichten am Montag ebenfalls Rekordzahlen für ihre Zuständigkeitsbereiche. So wurden in Berlin bis zum Jahresende rund 100.000 Zuzüge von Ausländern registriert – so viele wie noch nie
seit Beginn der Statistik. Im bevölkerungsreichsten Bundesland NordrheinWestfalen lebten Ende 2015 knapp 2,3
Millionen Einwohner mit ausländischer
Staatsangehörigkeit. Das waren etwa
196.000 mehr als ein Jahr zuvor.
Neben dem bundesweiten Anstieg der
Zuzüge um etwa 49 Prozent brachte das
Jahr auch eine strukturelle Änderung
der Zuwanderung mit sich: Während in
den vergangenen Jahren bis 2014 die Mi-
37.000
12.000
12.000
Brandenburg
Sachsen-Anhalt
184.000
54.000
Nordrhein-Westfalen
42.000
61.000
11.000
173.000
19.000
Sachsen
Thüringen
78.000
Hessen
92.000
37.000
Rheinland-Pfalz
VON MARCEL LEUBECHER
THEMEN
Q
8000
26.000
Hamburg
20.000
DIETRICH ALEXANDER
Niedersachsen
m vergangenen Jahr sind knapp zwei
Millionen Ausländer nach Deutschland gekommen, gleichzeitig verließen rund 860.000 Menschen mit
ausländischer Staatsangehörigkeit das
Land, wie das Statistische Bundesamt in
Wiesbaden auf Basis vorläufiger Zahlen
mitteilte. Damit lag der Wanderungssaldo, also die Differenz zwischen Zu- und
Fortzügen, bei 1,14 Millionen. Das ist der
höchste jemals gemessene Wanderungsüberschuss von Ausländern in der Geschichte der Bundesrepublik. Wie viele
der Zuwanderer Flüchtlinge waren, lässt
die Statistik offen.
22.000
330.000
160.000
Bayern
7000
Saarland
317.000
151.000
1.997.000
Baden-Württemberg
Deutschland gesamt
1,5
1,0
0,5
0
-0,5
in Mio.
860.000
1991
92
94
96
Nr. 69
Kuba – am
Ende – libre
Wegzüge
ins Ausland
15.000
44.000
Rekord in der Geschichte der
Bundesrepublik: Im Jahr 2015 kamen
mehr als zwei Millionen Zuwanderer –
vor allem Flüchtlinge. 860.000
Ausländer zogen allerdings wieder weg
D 2,50 EURO B
KOMMENTAR
Wo Deutschland
WÄCHST
Das Vermögen in Deutschland
ist, laut Studie der Bundesbank,
so ungleich verteilt wie nirgendwo sonst in Europa. Das
liegt aber nicht am Kapitalismus oder am Schweinesystem.
Schuld daran ist eine tückische
Schere, die genau zwischen Arm
und Reich liegt und sich ständig
weiter öffnet, weshalb arme
und reiche Menschen immer
weiter voneinander getrennt
werden. Es wäre höchste Zeit,
dass die Parteien sich den
Kampf gegen diese Schere auf
die Fahnen schreiben. Die Schere muss vernichtet werden,
dann wird das Vermögen in
Deutschland auch gerechter
verteilt sein. Anti-ScherenBrigaden mit ausgebildeten
Scheren-Bekämpfern müssen
eingesetzt werde, es sollte ein
allgemeines Scherenverbot im
öffentlichen Raum eingeführt
werden, zur Not müssen Scheren mit Schockfotos bedruckt
werden. Wo aber kommt die
Schere her, und wer hat sie
zwischen Arm und Reich gelegt?
Niemals hört man, dass die
Schere zwischen Alt und Jung
oder Dick und Dünn aufgeht,
auch die Schere zwischen Klug
und Dumm existiert nicht, ganz
zu schweigen von der Schere
zwischen Dick und Doof.
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98
gration zum großen Teil durch die Zunahme der Wanderungsbewegungen mit
anderen EU-Ländern bestimmt war,
wird dies laut dem Statistikamt nun
überlagert durch die Zuwanderung von
Schutzsuchenden. Ausführliche Ergebnisse zum Stand des Ausländerzentralregisters und zur Anzahl der Asylsuchenden werden allerdings erst am 29.
März veröffentlicht.
Nach Schätzungen des Bundesamtes
für Migration und Flüchtlinge (BamF)
kamen im vergangenen Jahr etwa eine
Million Schutzsuchende nach Deutschland, das waren mehr als in den Jahren
von 1953 bis 1989 zusammen. Von der
Einführung des gesetzlich geregelten
2000
02
04
06
Wagenknecht: Merkel
treibt AfD Wähler zu
Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Sahra Wagenknecht, wirft
Bundeskanzlerin Angela Merkel vor,
zum Aufstieg der AfD beizutragen.
„Ihre Politik läuft darauf hinaus, die
Kosten der Flüchtlingsintegration
der Mittelschicht und den Ärmeren
aufzubürden. Das treibt der AfD die
Wähler zu“, sagte sie der „Welt“.
Durch die Flüchtlingskrise hätten
sich soziale Probleme, die wir schon
vorher hatten, verschärft.
Seite 5
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10
12
14
15*
Asylverfahrens im Jahr 1953 bis zum Fall
der Berliner Mauer kamen insgesamt 0,9
Millionen Schutzsuchende.
In den 24 Jahren von 1990 bis 2014 waren es insgesamt rund 3,2 Millionen. Der
starke Zuzug führte dazu, dass Deutschland 2015 mehr neue Bewohner durch
Einwanderung als durch Geburten bei
den Einheimischen hinzugewann.
Der für 2015 im Rahmen der Wanderungsstatistik ermittelte Wanderungssaldo von 1,14 Millionen beruht auf einer
erstmals vorgenommenen Schnellschätzung. Grundlage sind geprüfte
Verwaltungsdaten für Januar bis August
2015 und Schätzungen für September
bis Dezember.
ue bolá Cuba?“ („Wie geht’s,
Kuba?“), twitterte Obama im
landestypischen Slang, direkt nachdem er in Havanna den Boden des ehemaligen Erzfeindes betrat. Ein anderes, ein lässigeres Entree als das des letzten amtierenden
US-Präsidenten, der Kuba besuchte.
Der hieß Calvin Coolidge – und kam
1928 an Bord eines Kriegsschiffes.
Das leider zu oft strapazierte Wort
„historisch“ anlässlich solcher Staatsbesuche scheint hier dennoch angemessen. Denn ein jahrzehntelanger
Konflikt, der Kuba schadete und
Amerika – nachdem es erfolgreich
verhindern konnte, dass sowjetische
Atomraketen vor seiner Haustür stationiert werden – relativ egal sein
konnte, wird endlich beigelegt.
Solche Sinnlosigkeiten wie der
USA-Kuba-Streit passen nicht mehr
in die heutige Zeit, der Kalte Krieg ist
vorbei. Es ist realitätsfern zu glauben,
eine überlebte und ad absurdum geführte kommunistische Diktatur in
die Moderne retten zu können. Kuba
ist am Ende, wirtschaftlich, politisch,
gesellschaftlich.
Und Obama? Er glänzt im Licht
überwundener Dauerkonflikte nicht
nur mit Kuba, sondern auch mit dem
Iran. Im globalen Wettstreit der Systeme haben die linkspopulistischen
Entwürfe ebenso verloren wie die isolationistischen Religionsdiktaturen.
Es gewinnen: die freiheitlich und
marktwirtschaftlich orientierten Demokratien und ihr Leader USA. Obama hat geliefert, weil er nichts riskiert außer innenpolitisches Störfeuer. Kuba hat noch nicht geliefert, weil
die geriatrischen Karibikdiktatoren in
der Tat viel zu verlieren haben: neben
ihrer Macht und der totalitären Kontrolle ihrer Bürger auch gleich die gesamte Legende einer ach so glorreichen Revolution. Sie war und ist ein
Irrtum der Geschichte.
Sich auf Dialog und Diplomatie
einzulassen erfordert menschliche
Größe und innere Überzeugtheit.
Obama bringt beides mit und macht
Angebote. Jenes 2009 in Kairo an die
arabisch-islamische Welt war nicht
von Erfolg gekrönt, andere schon.
Das Embargo gegen Kuba hat sich als
unwirksam erwiesen und fast ausschließlich die erschöpfte Bevölkerung getroffen.
Zeit also zum Umdenken. Obama
ist da flexibler als die Castros. Aber
am Ende werden auch sie ihre Insel
öffnen und den Menschen mehr
Luft zum Atmen geben müssen. Die
USA bieten sich als Pate dieser Metamorphose an. Aus politischen und
natürlich auch aus glasklar wirtschaftlichen Beweggründen. Aber
eben auch deshalb, weil es sich auf
die Dauer angenehmer mit Freunden in der Nachbarschaft lebt als
mit Feinden.
[email protected]
Seite 22
Kaum verändert
Wir werden reicher
Seite 15
Das große Vermögen der Deutschen ist allerdings ungleich verteilt. Drei Viertel aller Haushalte besitzen weniger als der Durchschnitt
DAX
Dax
Schluss
Euro
EZB-Kurs
Dow Jones
17.40 Uhr
9948,64
1,1271
17.615,82
Punkte
US-$
Punkte
–0,02% ↘
–0,07% ↘ +0,08% ↗
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M
acht das viele billige Geld der Europäischen Zentralbank
(EZB) nur die Reichen reicher? Darauf haben die Experten
der Deutschen Bundesbank noch keine abschließende Antwort. Was ihre jüngste Studie „Private Haushalte und ihre Finanzen“
(PHF) für Deutschland aber zeigt: Vor allem wer Häuser, Wohnungen
und Aktien besitzt, konnte sein Vermögen in den vergangenen Jahren
mehren. Allerdings: So kräftig, wie es boomende Börsen und explodierende Immobilienpreise vermuten ließen, legten die Nettovermögen der Bundesbürger im Vergleich der Jahre 2010 und 2014 nicht
zu. „Ob die Reichen mehr Immobilien kaufen oder die Immobilie die
Reichen reicher macht“, sei anhand der Daten nicht auszumachen,
erklärt Tobias Schmidt vom Forschungszentrum der Deutschen Bundesbank, der die Studie maßgeblich betreut.
Es gebe jedoch „einen starken Zusammenhang zwischen Immobilienbesitz und Vermögen“, heißt es in der Bundesbank-Studie. Dass
Durchschnittsdeutsche um Aktien einen großen Bogen machen, lässt
die richtig Wohlhabenden weiter davonziehen. Insgesamt sehen die
Forscher durch die Daten, die von April bis November 2014 in 4461
repräsentativ ausgewählten Haushalten erhoben wurden, das Kernergebnis ihrer ersten Erhebungswelle 2010 bestätigt: „Die Nettovermögen in Deutschland sind weiterhin ungleich verteilt“, stellt
Schmidt fest. Etwa die Hälfte der jetzt befragten Haushalte – das
kann ein Singlehaushalt sein oder eine Familie mit vielen Kindern;
Voraussetzung ist, dass gemeinsam gewirtschaftet wird – nahm bereits zum zweiten Mal an der Studie teil. 9259 Menschen ab einem
Alter von 16 Jahren gaben umfassend Auskunft über ihr Vermögen –
und ihre Schulden. Auf der Haben-Seite: Haus und Auto, wertvolle
Sammlungen und Schmuck, Guthaben auf Sparkonten, Bausparverträge, Aktien, Lebensversicherungen. Auf der Soll-Seite: Hypotheken,
Konsumentenkredite, Kreditkartenschulden, BAföG-Schulden. Rechnet man die Summe aller Vermögenswerte hoch und teilt sie durch
40 Millionen Haushalte, ergibt sich ein durchschnittliches Brutto-
vermögen der privaten Haushalte in Deutschland von 240.200 Euro.
Abzüglich Schulden bleibt ein Nettovermögen von 214.500 Euro übrig. Im Schnitt stiegen die Nettovermögen der erneut befragten
Haushalte um 11.000 Euro.
Die nüchterne Erkenntnis: Den reichsten zehn Prozent gehören
59,8 Prozent des Nettovermögens, während fast drei Viertel der privaten Haushalte 2014 nur über ein unterdurchschnittliches Nettovermögen verfügten. Die untere Hälfte der Haushalte muss sich mit
mageren 2,5 Prozent des gesamten Nettovermögens begnügen. Weil
die Durchschnittswerte zu den Vermögen jedoch stark durch Extremwerte beeinflusst sind, halten die Bundesbank-Experten eine andere
Auswertung für aussagekräftiger: den sogenannten Medianwert. Dabei werden die Haushalte in eine reichere und eine ärmere Hälfte
geteilt. Diese Medianwerte liegen deutlich niedriger als die durch
„Ausreißer“ verzerrten reinen Durchschnittswerte: brutto bei 77.200
Seite 13
Euro, netto bei 60.400 Euro.
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Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. Telefon 030/25910, Fax 030 / 259 17 16 06 E-Mail: [email protected] Anzeigen: 030 / 58 58 90
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ISSN 0173-8437
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ZKZ 7109