Foto: J. M. Carstens Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen – Biodiversitätszahlung statt Direktzahlung Dr. Helge Neumann Deutscher Verband für Landschaftspflege (DVL) e.V. Schleswig-Holstein Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016 Deutscher Verband für Landschaftspflege Dachverband der Landschaftspflegeverbände und ähnlicher Organisationen in Deutschland Entwickelt zusammen mit Landschaftspflegeverbänden wichtige Themen wie z.B. Schutz der Biodiversität, Moorschutz, Gewässerschutz Kümmert sich um die Ausgestaltung der Agrarpolitik im Sinne unserer Partner in der Landwirtschaft Grundprinzipien kooperativ arbeitender Landschaftspflegeorganisationen: 1. Paritätische Zusammensetzung 2. Freiwilligkeit 3. Regionale Verankerung Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016 Annahmen Ein zukünftiges System für Agrarzahlungen sollte die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Öffentliches Geld für messbare öffentliche Leistungen b. Vereinfachung für Verwaltung und Landwirtschaft c. Bundes-/europaweite Anwendbarkeit d. Anreiz für Gemeinwohlleistungen Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016 a. Messbare öffentliche Leistungen Ansatz: Punktbewertung der einzelbetrieblichen Biodiversitäts-, Klima- und Wasserschutzleistungen und Vergütung nach €/Punkt „Mehr Punkte, mehr Zahlungen“ (und nicht: „Mindestpunktzahl/anforderungen als Voraussetzung für einheitliche Zahlungen") Betriebsleistungen: • Biodiversität • Klimaschutz • Wasserschutz Dr. Helge Neumann Punktbewertung: • Biodiversität • Klimaschutz • Wasserschutz → Gesamtpunktzahl Vergütung: €/Punkt Budget € gesamt Berlin, 17.03.2016 Betriebszahlung: €/Betrieb a. Messbare öffentliche Leistungen Bewertungsverfahren für Biodiversitäts-, Klima- und Wasserschutzleistungen landwirtschaftlicher Betriebe (Neumann & Dierking 2014, Neumann et. al 2015, Taube 2015): Stand: 2012-2014 in S.-H. für Naturschutzberatung entwickelt und evaluiert, an >100 Praxisbetrieben erprobt, 2015 Integration Klima-, Wasserschutz Grundbedingungen: Abbildung der allgemeinen Bedeutung für Biodiversitäts-, Klima- und Wasserschutz in S.-H., nicht: spezielle Aspekte (z.B. Artenschutz) Eingangsgrößen: leicht erhebbare und verständliche Angaben zur Vielfalt und Quantität von Lebensräumen, Landschafts- und Nutzungsparameter, Nährstoffbilanzen; Abstimmung auf Datengrundlage Agrar-/Naturschutzförderung: Sammelantrag, Vorgaben Agrarumweltprogramme (InVeKoS-Daten) Bewertung: Punktwertverfahren, fünf Bewertungskategorien mit insgesamt 22 Parametern, Referenz: Effekte unter heutigen Bedingungen, Positivbewertung oberhalb gesetzlicher Mindeststandards Ergebnis: „Gesamtpunktwert“ Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016 a. Messbare öffentliche Leistungen Eingangsparameter Bewertungsverfahren (n=22 Parameter): Nutzungstypen: • Anzahl Nutzungstypen • Anteil Dauergrünland Landschaftselemente (LE): • Fläche LE gesamt • Anzahl LE Acker: • Durchschnittliche Schlaggröße • Bodenbedeckung über Winter • Kulturartenvielfalt • Kleinteiligkeit • Sommergetreide • Unbearbeitete Stoppeläcker • Brache mit Selbstbegrünung • Blühflächen,- streifen • Verzicht „chemische Maßnahmen“ u. Mineraldünger • Umwandlung Dauergrünland in Acker Grünland: • Verzicht Schleppen und Walzen 01.04.-20.06. • Verzicht Mineraldünger • Verzicht organische Düngung • 1. Mahd ab 21.6. • Standweide • Brache Dr. Helge Neumann Nährstoffbilanzen: • Hoftorbilanz Stickstoff (brutto) • Hoftorbilanz Phosphor Berlin, 17.03.2016 Allgemeine Angaben Datengrundlage Sammelantrag ggf. Vertragsnaturschutz-Programm: ________________________ ggf. Ökolandbau seit ggf. (hoher) Anteil nicht gemeldeter LE (geschätzt) Bodenpunkte (von-bis) Landwirtschaftliche Nutzfläche LN (brutto, LN Gesamt inkl. LE) Bewertungsparameter Anzahl Nutzungstypen (mit > 5% d. LN) Acker LN (netto) Dauergrünland LN (netto) Gemüse und sonstige Handelsgewächse LN (netto) Mehrjährige- und Dauerkulturen LN (netto) 154,5 69,7 77,5 Einheit Jahr ha Jahr % Pkt. ha Einheit ha ha ha ha 45,1 50,2 2 Landschaftselemente (LE) Fläche LE Gesamt Anzahl unterschiedlicher LE Acker (netto) Anzahl Kulturarten (je Code Sammelantrag > 15 % d. LN Acker) Durchschnittliche Schlaggröße (Acker LN/Anzahl Schläge) Bodenbedeckung über Winter (inkl. Zwischenfrüchte) Schläge > 10 ha mit "Kleinteiligkeit" (≥ 2 Teilschläge/10 ha) Sommergetreide Unbearbeitete Stoppeläcker (außer Kleegrasflächen) Brache mit Selbstbegrünung (< 25 Bodenpunkte) 1 Blühflächen,- streifen 2 Verzicht auf "chemische Maßnahmen" 3 und Mineraldünger4 Umwandlung Acker in Grünland Grünland (netto) Verzicht auf Schleppen und Walzen 01.04.-15.05. 2 Verzicht auf chem.-synth. hergestellte Mineraldünger 2 Verzicht auf organische Düngung2 1. Mahd ab 16.6. (auf Mahdflächen) 2 Standweide (ohne Mahd, Plegeschnitt ab 16.6.) 2 Brache (< 25 Bodenpunkte, Niedermoor) 1 Nährstoffbilanzen (brutto) Hoftorbilanz Stickstoff Hoftorbilanz Phosphor Nicht im Sammelantrag erfasste Maßnahmen (z.B.Wiesenvogelschutz, Applikationstechnik Gülleausbringung): 1 mit/ohne Bindung Vertragsnaturschutz inkl. "GLÖZ-Flächen" , keine Zusatzbewertung für weitere Parameter (z.B. Verzicht Düngung) 2 mit/ohne Bindung Vertragsnaturschutz, keine Zusatzbewertung für weitere Parameter (z.B. Verzicht Düngung) 3 Halmverkürzer, Insektizide, Fungizide, Herbizide 4 mit/ohne Bindung Ökologische Anbauverfahren 7,3 4 ha N 5 17 N N ha ha ha ha ha ha ha ha 77,5 ha ha ha ha ha ha 3,0 Einheit % d. LN Gesamt % d. LN Gesamt % d. LN Gesamt % d. LN Gesamt N > 5 % d. LN Gesamt 2 1 10 * 4 4,7 % d. LN Gesamt 4,1 ha Ø % d. LN Acker % d. LN Acker % d. LN Acker % d. LN Acker % d. LN Acker % d. LN Acker % d. LN Acker % d. LN Acker 1 % d. LN Grünland % d. LN Grünland % d. LN Grünland % d. LN Grünland % d. LN Grünland % d. LN Grünland 2 100,0 3,9 Betrieb: Datum Bewertung: Bearbeiter: 1 >30 2 >50 2 >2 3 4 Bewertung (Punkte) 5 6 7 8 9 10 11 12 Einheit % d. LN N > 5 % d. LN 0-0,5 0,5-1 1-1,5 1,5-2 2-2,5 2,5-3 3-3,5 3,5-4 4-4,5 4,5-5 5-5,5 5,5-6 % d. LN 1 2 3 4 5 6 7 >8 N * wenn >50% LE Gräben, dann Punkte -50% 6-10 >10 2,5-5 <2,5 >90 20-50 >50 10-20 >20 10-20 >20 0-0,5 0,5-1,5 1,5-3 0-2 2-4 4-8 0-10 10-20 20-30 * 0-2 2-5 5-10 * Punktzahl x 2 30-60 0-10 0-10 0-20 10-20 0-0,5 >60 10-20 10-20 >20 20-30 0,5-1,5 N ha % d. LN % d. LN % d. LN % d. LN 3-5 5-8 8-15 15-25 25-40 40-55 55-70 70-85 >85 % d. LN 8-15 15-25 25-40 40-55 55-70 70-85 >85 % d. LN 30-40 40-50 >50 % d. LN 10-15 15-20 20-25 25-30 30-35 35-40 40-45 45-50 >50 % d. LN % d. LN % d. LN % d. LN % d. LN % d. LN 8-15 15-25 25-40 40-55 55-70 70-85 >85 % d. LN 20-30 30-40 40-50 50-60 60-70 >70 20-30 30-40 40-50 50-60 60-70 >70 30-40 >40 1,5-3 3-5 5-8 5 7 0-12 Punkte in Abhängigkeit von organ. N-Residuen* kg/ha 0-12 kg/ha 6 Punkte in Abhängigkeit von Boden-Versorgungsstufe* * Ermittlung s. separates Datenblatt Bewertung gesamt (Summen) a) b) c) d) Nutzungstypen = a) 4 a) Punkte ohne Gewichtung Flächenanteile Landschaftselemente = a) 20 b) Punkte mit Gewichtung der Flächenanteile Acker 50 c) Erreichtes Potenzial (%) mit Gewichtung Flächenanteile Grünland 33 d) Maximal erreichbare Punkte ohne Gewichtung Flächenanteile Nährstoffbilanzen 18 Gesamt 125 30,5 Gesamtwert (Punkte) Dr. Helge Neumann Biodiversitäts-, Klima- und Wasserschutzleistungen Legende Eingabefeld Rechenfeld Erreichte Punkte, Rechenfeld Bewertung gesamt, Rechenfeld Erreichtes Gesamtpotenzial (%) Berlin, 17.03.2016 Messbare öffentliche Leistungen Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016 a. Messbare öffentliche Leistungen Ergebnisse Bewertung nach „Biodiversitätspunkten“ (n=80 Betriebe, Jahr 2013) 40 Biodiversitätswert (Punkte) 35 30 Betriebstypen mit hohen „Biodiversitätswerten“: Nutzungstypen Landschaftselemente Acker Grünland Ökobetriebe mit Naturschutzflächen und/oder vielfältigem Ackerbau Mutterkuh-, Schafhaltungsbetriebe mit Naturschutzflächen Pferdebetriebe mit Extensivgrünland 25 20 15 10 5 0 ≈ Gesamtpunktwerte, unterschiedliche Teilpunktwerte Dr. Helge Neumann Betriebe Berlin, 17.03.2016 Annahmen Ein zukünftiges System für Agrarzahlungen sollte die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Öffentliches Geld für messbare öffentliche Leistungen b. Vereinfachung für Verwaltung und Landwirtschaft c. Bundes-/europaweite Anwendbarkeit d. Anreiz für Gemeinwohlleistungen Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016 b. Vereinfachungen Der Großteil der bisherigen flächengebundenen Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen (AUM) wird in ein einheitliches Zahlungssystem integriert (Eingangsparameter der Punktbewertung beinhalten wesentliche Auflagen der AUM) Spezielle (Schutz-) Maßnahmen können in einen separaten Förderbereich übernommen werden (z.B. Wasserstandsmanagement, Spätmahd Orchideenwiese, Biotop gestaltende Maßnahmen) Das Fördersystem wird damit für Verwaltung und Landwirtschaft übersichtlicher Der Bedarf an Kontrollen beschränkt sich (im Gegensatz zum aktuellen Greening) auf die beantragten „punktgebenden“ Maßnahmen , die „Bezahlung nach Punkten“ lässt sich in das bestehende System der Agrarverwaltung und -kontrollen integrieren (Eingangsparameter der Punktbewertung sind i. W. etabliert) Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016 c. Bundes-/europaweite Anwendbarkeit Die relevanten Eingangsparameter der Bewertung dürften in den Bundesländern und Mitgliedstaaten für den Bereich des Klima- und Wasserschutzes i. W. identisch sein, Anpassungen sind ggf. v.a. für den Bereich der Biodiversität erforderlich Das Prinzip der Ermittlung der Punktwerte ist überall mit entsprechenden Anpassungen anwendbar (Auswahl geeigneter Paramater, Herleitung Bewertung) Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016 d. Anreiz für Gemeinwohlleistungen Der einzelne Landwirt kann per „Punktwertrechner“ auf Basis seiner Betriebsdaten (Flächenausstattung, Nutzungsarten, Anteil LE, Nährstoffbilanzen) ermitteln, inwieweit es für ihn lohnend ist, „echte“ Gemeinwohlleistungen zu erbringen Bei einer Honorierung gemäß „Punktwert“ kann es finanziell attraktiv werden, den betriebsspezifischen Gesamtpunktwert durch eine angepasste Bewirtschaftung (eines Teils) der Eigen- oder auch Pachtflächen zu erhöhen: Betriebszahlung (€) = Gesamtpunktwert (Punkte) x Punktwert (€) x Betriebsfläche (ha) Es ist damit ein Anreiz gegeben, z.B. marginale Flächen (Lage vielfach im Biotopverbund) nicht mehr intensiv zu bewirtschaften Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016 d. Anreiz für Gemeinwohlleistungen + 9.716 € ges. + 12.735 € ges. 476 465 + 19.317 € ges. 600 500 413 €/ha 400 300 16,5 Pkt. 505 19,0 Pkt. 19,2 Pkt. Eigenland (E) (10 ha) Zupacht (Z) (10 ha) 20,7 Pkt. 200 100 0 Ausgangssituation (Zahlung nach Punkten) E + Z (20 ha) Extensivierungsfläche Grünland mit Spätmahd Modellrechnung zur Honorierung (€/ha Betriebsfläche gesamt) nach „Biodiversitätspunkten“ (25 €/Punkt) für einen konventionellen Milchviehbetrieb (50 % Dr. Helge Neumann 155 ha) bei Extensivierung des Grünlands Berlin,(10 17.03.2016 Grünland, ha Eigenland/Zupacht) Fazit und Ausblick Das Prinzip der „Honorierung nach Punktwerten“ ermöglicht es, erstmals Agrarzahlungen anreizbezogen an öffentliche Leistungen der landwirtschaftlichen Produktion (Biodiversität, Klima, Wasser) zu koppeln Die Einführung eines derartigen Zahlungssystems erscheint auch praktisch möglich, da es an das bestehende System der Agrarverwaltung anknüpft und perspektivisch Vereinfachungen für Verwaltung und Landwirtschaft beinhaltet Für spezielle Maßnahmen, die über die allgemeinen einzelbetrieblichen Biodiversitäts-, Klima- und Wasserschutzleistungen hinausgehen (z.B. Pflege Orchideenwiese), ist ein ergänzender Förderbereich notwendig Die Punktbewertung ist für S.-H. für den Bereich der Biodiversität bereits praxiserprobt, die Ergebnisse sind valide; für den Bereich des Klima- und Wasserschutzes ist die Feinjustierung mit Praxisdaten geplant Das Prinzip der Punktbewertung und -bezahlung lässt sich voraussichtlich auch auf andere Länder übertragen, so dass eine europaweite umfassende Honorierung von Gemeinwohlleistungen möglich würde Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016 Zusammenfassung Modell: Honorierung landwirtschaftlicher Betriebe nach Gesamtpunkten 2. Säule – Teilbereich Agrarumweltmaßnahmen 1. Säule – Direktzahlungen 2014-2020 A. Junglandwirte-Prämie B. Umverteilungsprämie (Zuschlag erste ha) I. Vertragsnaturschutz inkl. Natura 2000-Prämie II. GAK-Maßnahmen inkl. Ökolandbau C. Greening-Prämie I. Anbaudiversifizierung II. Dauergrünlanderhaltung III. Ökologische Vorrangflächen D. Basis-Prämie Cross Compliance-Regelungen I. Erhaltung landw. Flächen in GLÖZ 7 Regelungen 2021 ff. II. Erhaltung Dauergrünland III. Bestehende EURegelungen 13 Regelungen Allgemeine Leistungen (Maßnahmen): Biodiversität Klimaschutz Wasserschutz (Punktbe-) Zahlungen für gesamtbetriebliche Biodiversitäts-, Klimaund Wasserschutzleistungen Zahlungen für weitere (politische) Zielsetzungen Gesetzliche Grundanforderungen Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016 Spezielle Leistungen (Maßnahmen): Biodiversität Klimaschutz Wasserschutz Einzelmaßnahmen (z.B. Artenschutzprogramme) I… II … III … Foto: J. M. Carstens Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Projektfinanzierung: Dr. Helge Neumann Berlin, 17.03.2016
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