Audiodeskription von Filmen ist außer bei Blinden und Sehbehinderten immer noch wenig bekannt, geschweige denn als eigenständige Kunstform etabliert. Doch ein gut gemachter Hörfilm bietet auch für Sehende künstlerisch, rhythmisch und ästhetisch besondere Reize, wenn sich die Beschreibung elegant in die Tonspur ›einfädelt‹. Zugleich erschließt er als weiterer Schritt zu barrierefreiem Kulturgenuss Blinden und Sehbehinderten die Möglichkeit, sich den Film in der eigenen Vorstellungswelt neu zu erschaffen. Die »2. Münchner Hörfilmtage« bieten ein breites Spektrum beispielhafter Hörfilme, die die vielfältigen Möglichkeiten des Mediums aufzeigen. Sie werden von den Regisseuren bzw. Redakteuren der Hörfilm-Fassungen präsentiert. Zusätzlich bietet eine Podiumsdiskussion am dritten Veranstaltungstag, dem 20.3.2016, Gelegenheit, mit erfahrenen Hörfilm-Machern die Chancen, Problematiken und Perspektiven des Mediums Hörfilm zu erörtern. Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit | Deutschland 2015 | R: Wolfgang Murnberger | B: Peter Probst | K: Peter von Haller | M: Levan Basharuli, Gerd Baumann | D: Tobias Moretti, Brigitte Hobmeier, André Jung, Anatole Taubman, Arndt Schwering-Sohnrey | 89 min | Audiodeskription: Elisabeth Regenhard, Helmut Schmid, Sascha Schulze | »Tatsächlich gelingt dem österreichischen Regisseur Wolfgang Murnberger in der dramatischen Wechselwirkung von Voyeurismus und individuellem Geltungsdrang, im Spiel von Wahrheit und Lüge nicht nur eine filmische Hommage, sondern auch ein aufschlussreiches Sittenbild menschlicher Verstrickung auf allen möglichen Ebenen. Trenkers kurze und heftige Affäre mit Leni Riefenstahl Mitte der zwanziger Jahre bildet den Ausgangspunkt der Erzählung. Gleich bei den Dreharbeiten zu Arnold Fancks DER HEILIGE BERG schlägt der Liebesfunke zwischen den beiden um in einen Flächenbrand von vernichtender Konkurrenz. Dass sie sich fortan beruflich mit allen Mitteln zu übertrumpfen suchen in ihrer Geltungssucht, so macht dieser Film plausibel, hat ihren jeweiligen politischen Opportunismus unter Hitler zumindest nicht gebremst.« (Claudia Schwartz) ▶ Sonntag, 20.3.2016, 21.00 Uhr, Einführung: Bernd Benecke 18. – 20. März 2016 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum St.-Jakobs-Platz 1 − 80331 München – [email protected] Eintrittspreise: 4 € (3 € für MFZ-Mitglieder). Kartenreservierungen und Programminfos unter 089 / 23 39 64 50 Sie erreichen das Filmmuseum in 5 Gehminuten vom U/S-Bahnhof Marienplatz oder in 7 Gehminuten vom U-Bahnhof und der Trambahnhaltestelle Sendlinger Tor. Eine Veranstaltung von Hier könnte man evtl. noch ein Bild einfügen... im Rahmen der Initiative »Projekt Inklusion im Kulturreferat« der Landeshauptstadt München . Gestaltung: A. Braun, Germering · Druck: Fuchs-Druck, Miesbach Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum St.-Jakobs-Platz 1 Müdigkeitsgesellschaft – Byung-Chul Han in Seoul/Berlin Deutschland 2015 | R+B+K+S: Isabella Gresser | Mit: Byung Chaul Han | 61 min | Audiodeskription: Uta Borchert, Silja Korn, Evelyn Sallam | Wie kaum ein anderer mischt sich der in Deutschland lebende, kaum in der Öffentlichkeit auftretende koreanische Philosoph Byung Chul Han in die gesellschaftliche Debatte ein. Seine gesellschaftskritischen Thesen zur »Müdigkeitsgesellschaft« und »Transparenzgesellschaft« tragen heute ganz wesentlich zum Verständnis unserer Gesellschaft im Zeitalter von Selbstausbeutung, Neoliberalismus und Überwachung bei. Als 2011 sein Buch »Müdigkeitsgesellschaft« erschien, traf es den Nerv der Zeit, und noch vor Snowdens Enthüllungen und dem NSASkandal verwies Han auf das »digitale Panoptikum«, die digitale Kontroll- und Transparenzgesellschaft, in der wir leben. Die Künstlerin Isabella Gresser begleitete Byung Chul Han in seine Heimatstadt Seoul und an persönliche Orte in Berlin. Das Motiv des Wanderers durchzieht ihre essayistische visuelle Collage aus filmischen, fotografischen und gezeichneten Beobachtungen. ▶ Freitag, 18.3.2016, 18.30 Uhr | Zu Gast: Isabella Gresser Fünf Minuten Himmel | Deutschland 2016 | R: Katrin Gebbe | B: Thomas Wendrich | K: Matthias Bolliger | D: Heike Makatsch, Angela Winkler, Max Thommes, Christian Kuchenbuch, Holger Kunkel, Julika Jenkins | 89 min | Audiodeskription: Philip Klenk | Der Beitrag des SWR zur Reihe TATORT, in dem erstmals Heike Makatsch als Kommissarin auftritt, ist auch die erste Fernseharbeit von Regie-Newcomerin Katrin Gebbe, nach ihrem 2013 nach Cannes eingeladenen Debütfilm TORE TANZT. Hauptkommissarin Ellen Berlinger kehrt nach 14 Jahren Abwesenheit in ihre Heimatstadt Freiburg zurück. Dort trifft sie auf ihre Mutter, die den Beruf der Tochter seit jeher verachtet. Ellen begegnet auch erstmals der fünfzehnjährigen Niina, ihrer eigenen Tochter, die sie nach der Geburt in die Obhut der Großmutter gegeben hatte. Als ein Mitarbeiter des Jobcenters tot an seinem Schreibtisch aufgefunden wird, erdrosselt mit einem Kabelbinder, hat Ellen ihren ersten Fall im Freiburger Morddezernat. »Ein mystisches Drama mit Thriller-Sequenzen«, nennt Katrin Gebbe das erstmals ›grün‹ produzierte »Special«, das die ARD an Ostern ausstrahlen wird. ▶ Freitag, 18.3.2016, 21.00 Uhr | Einführung: Philip Klenk © MDR / IWM © MDR / IWM Night Will Fall (Hitchcocks Lehrfilm für die Deutschen) | GB 2014 | R: André Singer | B: Lynette Singer | K: Richard Blanshard | M: Nicholas Singer | 73 min | Audiodeskription: Detlef Tomschke, Anke Nikolai, Alexander Fichert | Bei der Befreiung der ersten Konzentrationslager 1945 sind Kameramänner der Alliierten angehalten, die Vorgänge systematisch zu dokumentieren – das Unfassbare festzuhalten. Dabei entstehen bestürzende Bilder, die alles in den Schatten stellen, was man bisher gesehen hat. Namhafte Filmemacher wie Sidney Bernstein, Alfred Hitchcock, Billy Wilder und Stewart McAllister versuchen, die Bilder in einem Film zu verarbeiten. Doch politische Bestrebungen zum Wiederaufbau Deutschlands verhindern die Fertigstellung und die Veröffentlichung der Aufnahmen. »Ein beeindruckender, bewegender, schmerzlicher und oft erschütternder Dokumentarfilm, der originales Archivmaterial mit Statements von Zeitzeugen elegant zusammenfügt. Manchmal hält man es kaum aus, doch der Film ist immer fesselnd und kraftvoll.« (Mark Adams) Die Audiodeskription des MDR stand vor der schwierigen Aufgabe, Bilder von unbeschreiblichem Grauen in Worte zu fassen. ▶ Samstag, 19.3.2016, 18.30 Uhr | Einführung: Georg Schmolz Weekend | Deutschland 1930 | R+B: Walther Ruttmann | 12 min | Der erste »Tonfilm ohne Bild« war ein einzigartiges Medienexperiment: Töne eines Tagesablaufs, aufgenommen und geschnitten auf der Tonspur eines 35mm-Films ohne Bild, rekonstruiert vom Filmmuseum München. – Der Student von Prag | Deutschland 1913 | R+B: Hanns Heinz Ewers | K: Guido Seeber | M: Josef Weiss | D: Paul Wegener, Grete Berger, Lyda Salmonova, John Gottowt, Lothar Körner, Fritz Weidemann | 75 min | viragiert | Audiodeskription: Uta Borchert, Silia Korn, Evelyn Sallam | Im Prag von 1820 verkauft der Student Balduin sein Spiegelbild an einen geheimnisvollen Wucherer, der ihn dafür in die feine Gesellschaft einführt. Der Schriftsteller Hanns Heinz Ewers inszenierte in Zusammenarbeit mit seinem Assistenten Stellan Rye und Hauptdarsteller Paul Wegener den ersten deutschen »Kunstfilm«, der in die Filmgeschichte eingegangen ist. Liszt-Schüler Joseph Weiss komponierte die erste originale Filmmusik zu einem deutschen Stummfilm, die von Mark Pogolski am Flügel eingespielt wurde. Die Audiodeskription greift die Tradition des »Filmerzählers« auf, der damals im Kino den Film kommentierte. ▶ Samstag, 19.3.2016, 21.00 Uhr, Einführung: Stefan Drößler, Martina Wiemers Grüße aus Fukushima | Deutschland 2016 | R+B: Doris Dörrie | K: Hanno Lentz | M: Ulrike Haage | D: Rosalie Thomass, Kaori Momoi, Moshe Cohen, Nami Kamata, Aya Irizuki, Honsho Hayasaka | 102 min | Audiodeskription: Marion Hollerung, Sabine Ziehm, Aribert Mog | Marie, die von Albträumen über ihre gescheiterte Hochzeit geplagt wird, reist für die Organisation Clowns4Help nach Japan zu den Überlebenden der Katastrophe von Fukushima. Bei einem Auftritt in den »Temporary Housing Communities« trifft sie auf die störrische Satomi, die auf eigene Faust in ihr zerstörtes Haus in der Sperrzone zurückziehen will. Marie beschließt, Satomi zu helfen, was diese nur sehr zögerlich akzeptiert. Nach und nach taucht Marie in die Geheimnisse der japanischen Lebensweise ein. »Die junge Frau lernt von dieser alten Frau etwas sehr japanisches und das ist Haltung, Haltung seinem eigenen Schmerz gegenüber. Und zugleich dreht sich die Geschichte auch um, dass diese alte Frau, die durchaus auch sehr hart ist auch etwas von der jungen Deutschen bekommt und das ist so etwas wie eine Aufforderung zur Regelverletzung und ein bisschen ein Aufweichen sich selbst gegenüber.« (Doris Dörrie) ▶ Sonntag, 20.3.2016, 17.30 Uhr, anschließend Podiumsdiskussion über das Medium Hörfilm mit Hörfilmredakteuren und Filmemachern
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