Infodienst Krankenhäuser - Gesundheit & Soziales

ISSN 1612-9180
Nr. 72 / März 2016
Infodienst
Krankenhäuser
Gesundheit, Soziale Dienste
Wohlfahrt und Kirchen
Vereinte
Dienstleistungsgewerkschaft
Vorwort
Liebe Kolleginnen & Kollegen!
R A I N E R R A F FA L S K I
Tarifrunden für Entgelte stehen
vor der Tür, nicht nur bei Kommunen und dem Bund, sondern auch
bei einer ganzen Reihe von Klinikkonzernen, wie Ameos, Helios,
Median oder Paracelsus, sowie bei
Wohlfahrtsverbänden. Nicht zuletzt bei der Diakonie in Niedersachsen.
Derzeit laufen die Diskussionen
zur Forderungsaufstellung und
die Vorbereitungen für effektive
Tarifauseinandersetzungen.
Wenn diese Entgeltrunden im
Schon mal einplanen! Auch 2016 wird es am Internationalen Tag
der Pflege (12. Mai) bundesweit Aktionen geben – dieses Jahr gegen die
gewaltigen Überstundenberge.* Frühjahr abgeschlossen sind, wird
sich unser Fachbereich tarif-
Referentenentwurf zur Regulie-
Wie ver.di die Auswirkungen des
politisch dem Thema Entlastung
Pflegestellen-Förderprogramms
rung von Leiharbeit und Werk-
widmen.
und des Pflegezuschlags bewertet
verträgen,
Wie das konzeptionell angegangen werden kann, zeigt eindrucks-
bieten, könnt ihr auf den Seiten 4
voll auf den Seiten 10 und 11 das
und 5 nachlesen.
Beispiel unserer Kolleginnen und
Kollegen aus dem Saarland.
Einen ersten Aufschlag zum Handlungsfeld Entlastung wird es am
Internationalen Tag der Pflege
der Widerstand gegen PEPP
und welche Handlungshilfen wir
und die Abschaffung der Psych-PV
sowie das Pflegeberufsgesetz,
bei dem wir uns fragen, ob die
Große und aktuelle Themen dieser Ausgabe sind selbstverständ-
Verschulung zur Aufwertung der
lich auch
Pflegeberufe führen kann.
die Praktiken bei Ameos,
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Joachim Lüddecke
Asklepios, Helios, Sana und der
geben. Plant das bitte in euren
Kliniken schon mal ein. Gesonderte
Infos dazu folgen.
www.macht-immer-sinn.de
Impressum
* Obwohl der nächste Infodienst-Redaktionsschluss am 10. Mai ist, werden
wir für eure Fotos vom 12. Mai Platz freihalten. Ausreichend aufgelöste
Dateien, die bis Samstag, 14. Mai, an [email protected]
gemailt werden, haben gute Chancen, es ins Heft zu schaffen – vielleicht
sogar als Titelbild? ISSN 1612-9180
Der Infodienst Krankenhäuser ist eine Veröffentlichung
der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di,
ein Kooperationsprojekt aller 10 ver.di-Landesbezirke
sowie des ver.di-Bundesvorstandes, Fachbereich 3, Ressort 9
V.i.S.d.P. Joachim Lüddecke, ver.di-Landesbezirk
Niedersachsen-Bremen, Goseriede 10, 30159 Hannover,
Tel. 0511 / 12 400 - 250, Fax 12 400 - 154,
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Endredaktion: Joachim Lüddecke
Das Redaktionsteam behält sich vor, Zuschriften gekürzt zu
veröffentlichen. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben
nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder.
Preis: nach dem Selbstkostendeckungsprinzip,
im ver.di-Mitgliedsbeitrag enthalten
Erscheinungsweise: jeweils im letzten Monat eines Quartals
(März, Juni, September, Dezember)
Redaktionsschluss: jeweils am 10. des Vormonats
(Februar, Mai, August, November)
LeserInnenbriefe bitte an: Joachim Lüddecke,
[email protected]
Bei Anfragen per E-Mail bitte Absender nicht vergessen,
damit wir gleich die zuständigen Ansprechpersonen bei ver.di
vermitteln können.
Adress- und Verteileränderungen:
bitte an Rainer Bobsin / freeStyle grafik, [email protected]
Als PDF unter
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Archiv bis 2004 unter
Redaktionsschluss war am 10.2.2016 | Auflage: 16.100
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Titelfoto: Renate Stiebitz, am 27. November 2015 in Berlin
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Herstellung: freeStyle grafik, Hannover
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Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
In diesem Heft
Mehr von uns
ist besser für alle!
Pflegestellen-Förderprogramm
+ Pflegezuschlag _____________________4
Nachgefragt: 795 Millionen Euro
für die Hochschulmedizin _______________6
Wie geht’s weiter mit
der ver.di-Krankenhauspetition? __________6
Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken,
Wiesbaden: Nur die Spitze des Eisbergs ___7
DGB-Index Gute Arbeit _________________8
OP-Barometer 2015 ___________________9
Inhalt
Helios übernimmt Klinikum Niederberg ___25
KfH: Verhandlungen über Entgeltordnung
fortgesetzt – keine Reaktion auf Entgeltforderung __________________________25
Median: Tarifvertrag für die Orthopädische
Klinik Braunfels (Hessen) ______________26
Aufsichtsrat für die
Median Kliniken GmbH bestellt _________27
Median Bernkastel-Kues: Wo bleibt
das Angebot? – Mantel gekündigt ______28
Michels-Kliniken: Der Manteltarifvertrag
für die Brandenburgklinik ist geschafft!___28
ver.di Hannover/Leine-Weser: Workshop
»Indirekt gesteuert - direkt ausgebeutet« __53
Uniklinik Freiburg: Überleitung
Klinik für Tumorbiologie _______________53
Die Konstanzer Maultasche ____________54
Städtisches Klinikum München:
ver.di zu Gesprächen bereit ____________54
St. Rochus Krankenhaus Dieburg:
Systematisches Zerlegen_______________55
Kreiskrankenhaus Demmin:
Bei minus 7 Grad vor der Klinik _________56
Saarland: Die erste Hürde auf dem Weg
zum TV Entlastung ist genommen _______10
Insolvenz der AWO Gesundheitsdienste:
Zum Stand der Zerschlagung eines
komplexen Gesundheitsunternehmens____29
Wir in ver.di
Rhön UKGM: Personelle Mindeststandards
und Investitionsförderung durch das Land
einführen! __________________________12
Paracelsus-Entgeltrunde: Arbeitgeber
spielen weiter auf Zeit ________________30
Bundesverwaltung _________________58
Kurz-Portrait: Orpéa S.A._______________31
Tarifpolitik
Berufspolitik
Bildungsangebote,
Seminare, Tagungen
Servicebetriebe: Organisiert zum Erfolg ___13
Aufwertung durch Verschulung?
Anmerkungen zum Pflegeberufsgesetz ___32
Beispiel: Krankenhausservicegesellschaft
Löbau-Zittau mbH __________________13
Befristungspraxis ändern! Auch ein Thema
der Tarifrunde TVöD 2016 _____________14
Frauenpolitische ver.di-Seminare 2016____59
Bundesagentur für Arbeit:
Fachkräfteengpassanalyse ____________34
Auszubildende machen Druck __________35
Erste ver.di-Fachkonferenz:
Gute Arbeit – Impulse durch Tarifpolitik___15
Pflegekammern – ein Überblick _________36
»Skillmix« in der Pflege: unanständig
und frauenfeindlich___________________16
Internationales
BAG zur Angemessenheit eines
Nachtarbeitszuschlags ________________18
EU-Projekt »Alternde Belegschaften
in Krankenhäusern« abgeschlossen ______40
Tarif- und Branchenpolitik:
Konzerne
(Am)Eos, Göttin der Morgenröte und
Schwester des Sonnengottes Helios______19
Arbeitsrichterin: Ameos missachtet
die Gegenseite ______________________20
Ameos in Sachsen-Anhalt: Rechtsbruch bei
Ausgliederung geht ungehindert weiter___21
Asklepios Hamburg: Großangriff
auf Tarifverträge und Mitbestimmung ____22
Sana-Klinikum Duisburg will mehr als
12 Prozent aller Stellen ausgliedern______23
Helios-Konzernbetriebsrat zu Tarifflucht
und Abschaffung der Mitbestimmung ____23
Helios in Niedersachsen:
Tarifrunde 2016 für die ehemaligen
Rhön-Kliniken gestartet _______________24
Helios: Flagge zeigen für das
Krankenhaus in Cuxhaven!_____________24
Referentenentwurf zur Regulierung
von Leiharbeit und Werkverträgen _______42
Widerstand gegen PEPP und die Abschaffung
der Psych-PV: Der Druck wirkt __________44
ver.di-Belastungsbarometer Psychiatrie
in Bayern _________________________47
BMG + RKI:
Gesundheit in Deutschland 2015________47
Medizinische Versorgungszentren:
Rückblick und Perspektiven ____________48
Delmenhorst: Provinzpolitik verabschiedet
sich aus der Krankenhausverantwortung __50
Klinikum Wilhelmshaven: Endlich ein Tarifvertrag für fast alle Beschäftigten ________52
tarifkommission
21. März 2016: erste Verhandlungsrunde
Zu lang, zu oft, zu viel: Ursachen, Folgen
und Mitbestimmung der Überstunden ____60
Die Rolle des Wettbewerbs
im Gesundheitswesen_________________60
Nur Luft und Liebe? __________________60
DKI: Krankenhaus Barometer 2015
und mehr __________________________61
BGW-Broschüre: Risiko Nadelstich _______61
BGW: »Strategietag Rücken« ___________61
Inifes-Studie 2015: Branchenanalyse
Gesundheits- und Sozialwesen__________61
Studie: Wer würde unter welchen
Umständen für Tarifkommissionen
kandidieren? ________________________62
Tipps für neu- und wiedergewählte
Personalratsmitglieder ________________62
Werkbuch BEM ______________________62
Vor Ort
1. März 2016: Ende der Friedenspflicht
Literatur- und Internettipps
www.dgbrechtsschutz.de ______________60
Deutschland
18. Februar 2016: Forderungsbeschluss der Bundes-
Jetzt schnell anmelden (bis 18.3.2016)
Fachtagung für betriebliche Interessenvertretungen in der Diakonie ___________59
Kranke Arbeitswelt. Ethische und
sozialkulturelle Perspektiven____________59
BMG / Prognos-Studie: Ausländische
Beschäftigte im Gesundheitswesen ______41
Zeitplan für die Tarifrunde TVöD 2016
Landesbezirke_____________________57
Beraten, Informieren und Schulen
in der Pflege ________________________62
Fundstücke _____________________63
Mitmachen lohnt sich!
STARK
MIT VER.DI
11./12. April 2016: zweite Verhandlungsrunde
28./29. April 2016: dritte Verhandlungsrunde
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
www.mitgliedwerden.verdi.de
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Mehr von uns
ist besser für alle!
Pflegestellen-Förderprogramm + Pflegezuschlag
Seit 1. Januar 2016 ist das Krankenhausstrukturgesetz (KHSG)
lichen Betrag bis zur Höhe von
in Kraft. Geregelt sind damit auch das neue Pflegestellen-
0,15 Prozent des Gesamtbetrags
Förderprogramm und der neue Pflegezuschlag. Wir möchten im
vereinbaren. Dieser wird auf das
Folgenden die wichtigsten Punkte erläuter n. Ausführliche Infor-
Krankenhausbudget aufgeschla-
mationen findet ihr in der ver.di-Handlungshilfe (siehe unten). gen, also zusätzlich gewährt.
Pflegestellen-Förderprogramm
bettenführenden Stationen ein-
Rahmen des Förderprogramms
Nur wenn die Maßnahmen im
gesetzt werden. Dazu zählen auch
bereits 2016, spätestens jedoch
hen insgesamt 660 Mio. Euro zur
Intensivstationen und Intermediate
2017 im Krankenhaus umgesetzt
Verfügung, um zusätzliche Stellen
Care Stationen.
wurden, kann das Förderpro-
In den Jahren 2016 bis 2018 ste-
im Pflegedienst der Krankenhäuser
Mit dem Jahresabschluss muss
gramm ganz ausgeschöpft und
zu schaffen. Alle Krankenhäuser,
vom Krankenhaus eine Bestäti-
der zusätzliche Betrag bis auf ins-
die nach Fallpauschalen gemäß
gung des Jahresabschlussprüfers
gesamt 0,45 Prozent im Jahr 2018
dem DRG-System abrechnen, kön-
über die Stellenbesetzung im
ansteigen.
nen das Programm in Anspruch
Pflegebereich insgesamt und die
nehmen. Die neuen Regelungen
speziell in der unmittelbaren
Was tun, wenn der Arbeitgeber
finden sich in § 4 (8) Kranken-
Patientenversorgung auf betten-
das Förderprogramm nicht in
hausentgeltgesetz.
führenden Stationen festgestellte
Anspruch nehmen will?
Voraussetzung ist in jedem Fall
Das Pflegestellen-Förderpro-
jahresdurchschnittliche Stellen-
eine Vereinbarung mit der betrieb-
besetzung im Vergleich zur Anzahl
gramm ist ein Anreizprogramm,
lichen Interessenvertretung (BR/PR/
der umgerechneten Vollkräfte am
keine verpflichtende Maßnahme.
MAV). Die Art der Vereinbarung
1. Januar 2015 sowie über die
Arbeitgeber können auch Personal
ist im Gesetz nicht festgelegt. Es
zweckentsprechende Verwendung
abbauen, müssen in diesem Fall
empfiehlt sich aber die Form einer
der Mittel vorgelegt werden.
aber auf die Förderung verzichten.
freiwilligen Betriebs- oder Dienst-
Ein Arbeitgeber, der das Pflege-
Wurden die Neueinstellungen
vereinbarung, in der festgelegt
oder Aufstockungen vorhandener
stellen-Förderprogramm nicht in
wird, in welchem Arbeitsbereich
Teilzeitstellen in der Pflege nicht
Anspruch nimmt, signalisiert damit
die zusätzlichen Stellen oder Stel-
umgesetzt, ist der darauf ent-
der Belegschaft, dass er weiteren
lenanteile geschaffen werden.
fallende Anteil der Finanzierung
Personalabbau plant oder bereits
zurückzuzahlen.
vorgenommen hat. In diesen Fäl-
Gefördert werden die zusätzliche Einstellung oder die Auf-
Die zusätzlich entstehenden
len ist die Auseinandersetzung
stockung von Teilzeitstellen von
Personalkosten werden für die
um Entlastung und ausreichend
ausgebildetem Pflegepersonal
Jahre von 2016 bis 2018 zu
Personal umso dringender.
sowie die Übernahme von Auszu-
90 Prozent finanziell gefördert.
bildenden (»dreijährige Ausbil-
D.h., die fehlenden 10 Prozent
Mitnahmeeffekte – Stellen, die
dung«: Gesundheits- und Kran-
dieser Kosten sind vom Kranken-
sowieso gebraucht werden
kenpfleger/in, Gesundheits- und
haus zu finanzieren.
Kinderkrankenpfleger/in). Dieses
Im aktuellen Gesetz sind aus
Das Krankenhaus kann mit
Erfahrungen mit dem früheren
Personal kann in der unmittel-
den Krankenkassen für das Förder-
Pflegestellen-Förderprogramm
baren Patientenversorgung auf
programm jährlich einen zusätz-
keine Konsequenzen gezogen
Die ver.di-Handlungshilfe
mit einer Muster-Betriebs-/Dienstvereinbarung steht im Netz und
wird bei Bedarf aktualisiert.
Sofern wir von Interessenvertretungen beispielhafte Vereinbarungen zur Veröffentlichung erhalten, stellen wir diese ebenfalls ins
Internet, je nach Wunsch mit oder ohne Nennung des Betriebs. Ihr findet alles unter http://gesundheitsoziales.verdi.de/branchen/krankenhaeuser
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Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Mehr von uns
ist besser für alle!
worden. Damals hatten sich die
Krankenhäuser in erheblichem
Pflegezuschlag
Der bisher in § 7 (1) Kranken-
Allerdings hat der Gesetzgeber
keine Zweckbindung ins Gesetz
Umfang Personal fördern lassen,
hausentgeltgesetz geregelte Ver-
geschrieben, obwohl er den Pfle-
das sie wegen Fallzahlsteigerung
sorgungszuschlag wird in einen
gezuschlag für die Förderung der
ohnehin eingestellt hätten. So
Pflegezuschlag zur »Förderung der
pflegerischen Versorgung vorsieht.
wurden geförderte Stellen in Be-
pflegerischen Versorgung« umge-
Geld aus dem Pflegezuschlag kann
reiche mit Leistungsausweitung
wandelt. Das entspricht einer For-
für zusätzliches Pflegepersonal
gelenkt, ohne dass das Pflege-
derung von ver.di. Ursprünglich
ausgegeben werden, muss aber
personal entlastet wurde.
sollte der Versorgungszuschlag
nicht.
Auch jetzt wurde auf konkrete
Die betrieblichen Interessenver-
ersatzlos auslaufen. In § 8 (10)
Regelungen verzichtet. Den be-
Krankenhausentgeltgesetz wurde
tretungen – auch der Wirtschafts-
trieblichen Interessenvertretungen
neu geregelt, wie die 500 Mio.
ausschuss – sollten kommunizie-
bleibt also weiterhin überlassen,
Euro als Pflegezuschlag ab dem
ren, dass der Pflegezuschlag nach
ohne gesetzliche Rückendeckung
1.1.2017 abzurechnen sind.
dem Gesetzestext »der Förderung
den bestmöglichen Einsatz der
Dabei hängt die krankenhaus-
der pflegerischen Versorgung«
individuelle Fördersumme vom
dient und nicht der Finanzierung
Anteil der Personalkosten des
anderer Dinge im Krankenhaus,
(einzelnen) Krankenhauses für das
und Transparenz über die Höhe
Pflegepersonal an den Personal-
und Verwendung des Pflegezu-
hen, dass die jährliche Förder-
kosten aller allgemeinen Kranken-
schlags fordern. Und sie sollten
summe von 330 Mio. Euro ab
häuser für das Pflegepersonal ab.*
darauf achten, ob anstelle eines
Stellen zu regeln.
Was geschieht ab 2019?
Der Gesetzgeber hat vorgese-
2019 dauerhaft für die Pflege in
Berechnungsgrundlage sind die
echten Personalaufbaus in der
der unmittelbaren Patientenversor-
Zahlen, die das Krankenhaus dem
Pflege eine rechnerische/buchhal-
gung zur Verfügung stehen soll.
jeweiligen Statistischen Landesamt
terische Verlagerung von Personal-
Eine Aufgabe der Expertenkom-
zwei Jahre zuvor übermittelt hat.
kosten zu den Pflegepersonalkos-
mission ist es auch, bis spätestens
Für die Berechnung in 2017 sind
ten geschieht, mit der Folge, dass
zum 31. Dezember 2017 Vor-
also die Pflegepersonalkosten
zwar das Krankenhaus, nicht aber
schläge zu erarbeiten, wie die zu-
2015 entscheidend. Durchschnitt-
die Pflege vom Pflegezuschlag
sätzlichen Finanzmittel zweck-
lich erhält ein Krankenhaus einen
profitiert. gebunden für Pflege eingesetzt
Pflegezuschlag von etwa 1.730
werden können. Ziel ist, dass jedes
Euro pro Pflegevollkraft und Jahr.
Grit Genster, Niko Stumpfögger,
ver.di-Bundesverwaltung
Krankenhaus »auf Hausebene«
weiter die Summe erhält, die es
* Beispielrechnung Pflegezuschlag
beim Auslaufen des Pflegestellen-
Mein Krankenhaus hat 500 Pflegevollkräfte, die jeweils 53.700 Euro pro Jahr kosten1,
zusammen also 26,85 Mio. Euro.
Förderprogramms am 31.12.2018
erhalten hat.
Mit der Formulierung »auf Hausebene« soll einer der Fehler des
ersten Pflegestellen-Förderprogramms vermieden werden. Denn
nach dessen Auslaufen verloren
die Krankenhäuser ihre individuelle Förderung. Die Gelder flossen
in den Landesbasisfallwert und
wurden so an alle Krankenhäuser
verteilt, unabhängig davon, ob sie
Pflegepersonal eingestellt oder abgebaut hatten.
26,85 Mio. Euro (Kosten der Pflegekräfte meines Krankenhauses)
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– = 0,001729
15.531 Mio. Euro (Kosten aller Pflegekräfte in Deutschland)2
0,001729 ist der Anteil meines Krankenhauses an den Gesamtkosten aller Pflegekräfte.
Denselben Anteil erhält mein Krankenhaus vom Gesamtvolumen des Pflegezuschlags:
0,001729 x 500 Mio. Euro = 0,86 Mio. Euro (entspricht 1.729 Euro pro Pflegekraft)
1 Zu den Personalkosten für das Pflegepersonal zählen die Aufwendungen für Pflegedienstleitung, Pflege- und Pflegehilfspersonal. Dazu gehören auch Pflegekräfte in Intensivpflege
und -behandlungseinrichtungen sowie Dialysestationen; ferner Schüler und StationssekretärInnen, soweit diese auf die Besetzung der Stationen mit Pflegepersonal angerechnet
werden. Nachgewiesen werden sämtliche Kosten für die MitarbeiterInnen des Krankenhauses,
unabhängig davon, ob es sich um ein Arbeitnehmer- oder arbeitnehmerähnliches Verhältnis,
um eine nebenberufliche Tätigkeit oder um eine nur vorübergehende oder aushilfsweise
Tätigkeit handelt. Die Kostenangaben schließen die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung
ein. Kosten für Personal ohne direktes Beschäftigungsverhältnis beim Krankenhaus, beispielsweise Leihkräfte, werden als nachrichtliche Sachkosten nachgewiesen.
Siehe die Erläuterungen in: Statistisches Bundesamt, Fachserie 12, Reihe 6.3, Kostennachweis der Krankenhäuser.
2 ebenda, Tabelle 3.1, Zeile 19, Spalte Pflegedienst
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
5
Mehr von uns
ist besser für alle!
Nachgefragt:
795 Millionen Euro für die Hochschulmedizin
In der letzten Ausgabe des Info-
Bezogen darauf hatte der Bun-
Investitionskostenabschlags für am-
dienstes hatten wir das im Novem-
destag bereits im Juni 2015 mit
bulante Leistungen. Positiv betrof-
Siehe Infodienst
ber beschlossene Krankenhaus-
dem GKV-Versorgungsstärkungs-
fen von dieser mit dem KHSG be-
71, S. 11 f.
strukturgesetz (KHSG) erläutert.
gesetz Verbesserungen bei Struktur
schlossenen Änderung sind alle
Unter anderem wurde im Artikel er-
und Vergütung der Leistungen von
Krankenhäuser, die entsprechende
wähnt, dass der Hochschulmedizin
Hochschulambulanzen beschlossen.
Leistungen (einschließlich Notfälle
von 2016 bis 2018 insgesamt 795
Zurzeit laufen Verhandlungen mit
und ambulante spezialfachärztliche
Mio. Euro mehr Mittel zufließen.
dem GKV-Spitzenverband, DKG
Versorgung) erbringen.
Da es aus dem Bereich der Uni-
und KVB über einen bundesweiten
Der von den Unikliniken gefor-
kliniken Nachfragen gab, greifen
Rahmen der Leistungen von Hoch-
derte Systemzuschlag für Extrem-
wir an dieser Stelle das Thema
schulambulanzen.
kostenfälle dagegen wurde mit
noch einmal auf:
Weitere Verhandlungen über Art,
dem KHSG nicht umgesetzt. Dieser
Umfang und Finanzierung sollen
Forderung hatte Bundesgesund-
in den Eckpunkten der Bund-Län-
danach auf Länderebene folgen.
heitsminister Gröhe eine Absage
der-AG zur Krankenhausreform
Bis es Klarheit für die Hochschul-
erteilt. Stattdessen sollen einzelne
2015 festgehalten. Über einen Zeit-
ambulanzen gibt, werden wohl
Leistungen im Rahmen der Kran-
raum von drei Jahren soll die Hoch-
noch einige Monate ins Land
kenhausreform – wie beschrieben –
schulmedizin ab 2016 mit jährlich
gehen.
verbessert werden. Die 795 Mio. Euro wurden bereits
265 Millionen Euro zusätzlich gefördert werden.
Nicht nur die Hochschulmedizin
profitiert von der Streichung des
Grit Genster, ver.di-Bundesverwaltung
Wie geht’s weiter
mit der ver.di-Krankenhauspetition?
Am 30. November 2015 fand
Siehe auch Info-
die öffentliche Anhörung zur
dienst 71, S. 10
Krankenhauspetition für mehr
DIE-KRANKENHAUSPETITION.de
Personal statt. Die Vorsitzende des
Dranbleiben
Petitionsausschusses hatte ver.di-
die trotz der ausführlichen Situa-
Bundesvorstandsmitglied Sylvia
tionsbeschreibung und Faktenlage
Bühler eingeladen, die Petition
zwar Handlungsbedarf, aber kei-
dranbleiben: Der Petitionsaus-
vorzustellen und die Fragen des
nen Grund zum Handeln sah.
schuss holt nun Stellungnahmen
Ausschusses und der Vertreter/
Nach ihrer Aussage sei das kürz-
Jetzt heißt es abwarten und
ein und entscheidet, mit welcher
innen aller im Bundestag vertrete-
lich beschlossene Krankenhaus-
Empfehlung er die Petition an den
nen Parteien zu beantworten.
strukturgesetz ausreichend, um
Bundestag weiterreicht. Das wird
Denn die Zahl der Unterstützer/
die Personalnot in Krankenhäusern
einige Monate in Anspruch neh-
innen der von ver.di initiierten
nachhaltig zu lindern. Sylvia
men. Sobald es Neuigkeiten gibt,
Petition überragte die für das
Bühler legte in der Anhörung
werden wir euch informieren.
Quorum nötigen 50.000 bei Wei-
dar, warum die mit dem Gesetz
Für ver.di bleibt die gesetzliche
tem: Fast 182.000 Unterschriften
beschlossenen Maßnahmen das
Personalbemessung weiterhin auf
hatte ver.di bis Ende Oktober beim
Problem der Personalnot nicht
der Tagesordnung. Petitionsausschuss des Bundestags
lösen können.
eingereicht.
Astrid Sauermann, ver.diBundesverwaltung
Anwesend war auch die Parlamentarische Staatssekretärin im
Das Video und einen Bericht über die Anhörung findet ihr unter
Bundesgesundheitsministerium,
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2015/kw49-pa-pet/396530
Annette Widmann-Mauz (CDU),
6
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken, Wiesbaden:
Nur die Spitze des Eisbergs
Mehr von uns
ist besser für alle!
Am 11. Januar 2016 sendete R TL den Bericht »Team Wallraff:
Nur bessere Arbeitsbedingungen
Profit statt Gesundheit – wenn Krankenhäuser für Patienten
können den weiteren Personal-
gefährlich werden«. Dazu haben die ver.di-Vertrauensleute und
exodus in der Pflege an der HSK in
die zuständige Gewerkschaftssekretärin Saskia Jensch Stellung
Wiesbaden stoppen!
genommen und die folgende Pr essemitteilung veröffentlicht.
Die Gründe für die aufgedeckten
Missstände sind nicht – wie
Mehrarbeit und Überstunden,
Sauberkeit und Hygiene an Helios-
die Geschäftsführung der Helios
Arbeitszeitverstöße und das Ein-
kliniken eine Unterscheidung tref-
HSK Kliniken GmbH behauptet –
springen aus dem geplanten Frei
fen – von Herrn Gerich so mitge-
vorübergehende Irritationen eines
gehörten bereits vor der Über-
tragen wird, bleibt mit Spannung
Umstrukturierungsprozesses, son-
nahme der Dr. Horst Schmidt Klini-
zu erwarten.
dern Erfahrungen, von denen
die Beschäftigten innerhalb des
ken durch den Helioskonzern zur
Die nach dem Wallraff-Report
Tagesordnung. Trotzdem forderte
geäußerte »Besorgnis« von Stadt-
Helioskonzerns bundesweit berich-
Helios weiteren Personalabbau
politikern bezeichnen wir als
teten.
sowohl in der Pflege als auch in
scheinheilig!
Extrem niedrig angesetzte Plan-
den Service-, Logistik- und Versor-
Diese Entwicklungen sind auch
zahlen in der Pflege. Internatio-
gungsbereichen, die der Pflege zu-
den verantwortlichen Stadtpoliti-
nale Studien und Empfehlungen
arbeiten. Gleichzeitig blieb die von
kern im Detail bekannt, die zu den
der Fachgesellschaften werden
der Regionalleiterin Glenz ange-
Betriebsversammlungen eingela-
ignoriert.
kündigte »Prozessoptimierung«
den werden und in der Regel an-
aus. Nachdem die Abfindungen
wesend waren.
gemäß Sozialfonds für die Pflege
Die anhaltende Belastung hat
Keine Ausfallkonzepte bei
Krankheit.
Auszubildende werden hin- und
hergeschoben (Stationshopping)
ausgesetzt wurden, folgte eine
auch die sehr hohe Zahl von
Welle von Eigenkündigungen sei-
Eigenkündigungen von Pflege-
tens der Pflegekräfte aufgrund der
kräften weiter befeuert:
waltung des Personalmangels
gestiegenen Arbeitsintensität und
Immer häufiger keine Pause
alleine gelassen. Die Verantwor-
der zunehmenden psychischen
Keine verlässlichen Dienstpläne
tung hierfür wird somit durch
und auch physischen Belastung.
Keine Planung von Arbeit und
die Geschäftsführung an die
Die im Report festgestellten
Hygienemängel beruhen vor allem
auf deutlich verschlechterten Arbeitsbedingungen im Reinigungsbereich (Verdopplung der zu reinigenden Fläche). Während die zum
Freizeit möglich
Stationen werden mit der Ver-
Beschäftigten abgegeben.
Anordnung von Arbeit während
der Freizeit (Holen aus dem Frei)
Stark gestiegene Krankheitsquoten
Ethische und psychische Kon-
Die ver.di-Vertrauensleute
fordern noch einmal:
Die weitere Zersplitterung der
HSK-Beschäftigten in Fremd-
Teil jahrzehntelang Beschäftigten
flikte der Pflegekräfte, weil sie
gesellschaften muss ebenso auf-
unter Androhung betriebsbeding-
der Patientenversorgung nicht
hören wie die Androhung be-
ter Kündigungen von ihren Ar-
mehr gerecht werden können
triebsbedingter Kündigungen
beitsplätzen verdrängt werden,
Derzeit sind zirka 25 Prozent der
für alle HSK/HSK-Service-Mitarbeiterinnen!
sind die MitarbeiterInnen der zu
Pflegebereiche der HSK nur
diesem Zweck gegründeten tarif-
noch durch den massiven Ein-
losen Tochtergesellschaften des
satz von ZeitarbeitnehmerInnen
gung der Patienten und auf dem
Helioskonzerns gezwungen, die
aufrecht zu erhalten.
Rücken der Beschäftigten muss
Profitgier auf Kosten der Versor-
endlich aufhören!
gleiche Leistung billiger zu erbringen.
Laut Bild-Zeitung macht der am-
Die RTL-Links
tierende Oberbürgermeister Gerich
http://www.rtl.de/cms/sendungen/real-life/team-wallraff/videos.html
nun »das Aufräumen der Klinik«
http://www.rtl.de/cms/team-wallraff-das-muss-sich-in-den-
ab sofort zur Chefsache. Ob die
Auffassung von Regionalleiterin
Glenz – man könne zwischen
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
krankenhaeusern-sofort-aendern-2635671.html
http://www.rtl.de/cms/krankenhaus-reportage-von-team-wallraffdas-sind-die-reaktionen-im-netz-2637000.html
7
Mehr von uns
ist besser für alle!
DGB-Index Gute Arbeit
DGB-Index Gute Arbeit, Kompakt 1/2016:
Arbeiten ohne Ende – Wie verbr eitet sind
überlange Arbeitszeiten?
6 Seiten. PDF zum Download unter
http://tinyURL.com/DGBreport-1-2016
DGB-Index Gute Arbeit, Report 2015:
Arbeitshetze. Multitasking, unzureichende
Personalausstattung, Arbeit ohne Pause
24 Seiten, Dezember 2015. Die Broschüre findet
ihr unter dem Kurzlink
http://tinyURL.com/DGBreport2015
Ergebnisse des Reports 2015 nach Branchen:
9 Seiten, Dezember 2015.
http://tinyURL.com/DGBreportbranchen2015
Sonderauswertung
DGB-Index Gute Arbeit 2012 bis 2014:
Arbeitsbedingte Belastung und Beanspruchung
20 Seiten, Oktober 2015. Die Broschüre sowie Excel-Tabellen aller
relevanten Auswertungsdaten findet ihr unter dem Kurzlink
http://tinyURL.com/DGBsonderBelast
Mehr Infos unter http://index-gute-arbeit.dgb.de
Baugewerbe
Gesundheits- und Sozialwesen
Gastgewerbe
Verkehr und Lagerei
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau
Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kfz
Verarbeitendes Gewerbe
Energie- und Wasserversorgung; Abwasser-/Abfallentsorgung
Kunst, Unterhaltung und sonst. Dienstleistungen
Finanz-, Versicherungs-, Grundstücks- und sonst. wirtschaftl. Dienstleistungen
Erziehung und Unterricht
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversichungen
Information und Kommunikation
Körperlich schwere Arbeit
Nennungen in Prozent: »sehr häufig«/»oft«
und dadurch beansprucht (»stark«/»eher stark«)
Quelle: Sonderauswertung 2012-2014
DGB-Index Gute Arbeit | eigene Darstellung
"
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*
!"
!*
Gesundheits- und Sozialwesen
Erziehung und Unterricht
Verarbeitendes Gewerbe
Verkehr und Lagerei
Kunst, Unterhaltung und sonst. Dienstleistungen
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversichungen
Baugewerbe
Finanz-, Versicherungs-, Grundstücks- und sonst. wirtschaftl. Dienstleistungen
Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kfz
Gastgewerbe
Information und Kommunikation
Energie- und Wasserversorgung; Abwasser-/Abfallentsorgung
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau
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Arbeit unter Zeitdruck
Nennungen in Prozent: »sehr häufig«/»oft«
und dadurch beansprucht (»stark«/»eher stark«)
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Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
OP-Barometer 2015 – Befragung
von OP- und Anästhesie-Pflegekräften
Mehr von uns
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Patient(inn)engefährdung in deutschen OP-Sälen nimmt zu
Ein hoher Krankenstand, Organisationsprobleme und erhebliche
Defizite in der Hygiene bewirken
nach ersten Erkenntnissen des
OP-Barometers 2015 eine Zunahme der Patient(inn)engefährdung in deutschen OP-Sälen.
R E N AT E S T I E B I T Z
Das OP-Barometer ist eine alle
zwei Jahre von der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) durchgeführte Befragung zur Arbeitssituation von
Mehr als 47% der Befragten
Wie schon beim OP-Barometer
Pflegekräften im Operations(OP)-
geben an, dass aus ihrer Sicht die
2013 fallen auch 2015 die Ergeb-
und Anästhesie-Bereich an deut-
Patient(inn)engefährdung in den
nisse zum Thema Hygiene auf:
schen Krankenhäusern. Mehr
vergangenen zwei Jahren zuge-
Lediglich 60% der Befragten
als 1.700 Mitarbeiterinnen und
nommen hat. Folgende Gründe
sehen, dass die Hygienericht-
Mitarbeiter aus den Bereichen
lassen sich erkennen:
linien in ihren OP-Bereichen
OP-Pflege und Anästhesie-Pflege
Nur rund 30% der Befragten
streng eingehalten werden.
Die Sterilgutversorgung wird
aus ganz Deutschland haben sich
attestieren, dass sie genügend
an der Befragung beteiligt.
Personal haben, um die wach-
nur von 53% als eher gut an-
senden Anforderungen zu be-
gesehen.
»Dass wir eine Steigerung von
30 Prozent der Teilnehmendenzahlen auf 1.700 Pflegekräfte erreichen konnten, zeigt nicht nur,
dass das OP-Barometer die größte
wältigen.
Rund 61% bemängeln eine sehr
hohe Krankenquote.
Der Organisationsgrad in den
»Alle Krankenhäuser müssten inzwischen wissen, dass die Hygiene
ein besonders sensibles Thema ist.
Studie in diesem Bereich in der
OP-Abteilungen wird nur von
Es scheint gerade in diesem Be-
Bundesrepublik ist, sondern auch,
47% eher positiv bewertet,
reich in vielen OP-Sälen ein deut-
dass das Thema weiterhin eine
eine Anerkennung ihrer Arbeit
licher Nachholbedarf zu beste-
hohe Aktualität besitzt«, so
durch die Leitung des Kranken-
hen«, resümiert Busse. »Allerdings
Prof. Thomas Busse, Direktor des
hauses sehen nur 27%.
ergeben sich nach der Datenlage
Zentrums für Gesundheitswirt-
aus dem OP-Barometer 2015
schaft und -recht (ZGWR) der
große Qualitätsunterschiede in
Frankfurt UAS, der die Studie zum
Hinblick auf Personal, Organisa-
fünften Mal durchführt.
tion und Hygiene zwischen den
verschiedenen Krankenhäusern. Es
ist den Patientinnen und Patienten
deshalb anzuraten, genau hinzuschauen, in welchem Krankenhaus
man sich operieren lässt.« Pressemitteilung Frankfurt University of Applied Sciences, ZGWR
Zentrum für Gesundheitswirtschaft
und -recht vom 8. Februar 2016
Die Ergebnisse des OP-Barometers 2015
PDF, 42 Seiten, findet ihr unter
http://www.frankfurt-university.de/forschung-transfer/zentren-und-institute/zgwr/projekte.html
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
9
KID 72
14.02.2016
20:36 Uhr
Seite 10
Saarland: Die erste Hürde auf dem Weg
zum TV Entlastung ist genommen
Mehr von uns
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Die Kolleginnen und Kollegen der saarländischen Krankenhäuser
Antwort. Selbst gefangen in der
haben sich auf den Weg gemacht. Sie fordern Entlastung und
marktwirtschaftlichen Logik, kön-
Siehe auch Info-
wollen sie in einem landesweiten Tarifvertrag durchsetzen.
nen sie sich dieser bei Gefahr ihres
dienst 71, S. 20f.
Am 1. Februar 2016 wurde dies in Mettlach einstimmig beschlossen.
Untergangs nicht entziehen und
müssen selbst zugeben, dass an
Sie trafen sich an der idyllischen
strategie. Man will einen Tarif-
allen Ecken und Kanten Personal
Saarschleife in jenem Kranken-
vertrag für alle 21 Krankenhäuser
fehlt.
haus, wo Pflegekräfte vor fünf
erreichen und wird ihn nur unter-
Jahren erstmalig erfolgreich ein
schreiben, wenn mindestens elf
paart mit dem Nicht-mehr-Wollen
Ultimatum für mehr Personal aus-
Krankenhäuser mitmachen.
der Beschäftigten ist die Basis für
gerufen hatten. Eingeladen hatte
Dieses Nicht-mehr-Können ge-
einen erfolgreichen Kampf, so die
»Ein Streik wie keiner zuvor«,
der Sprecher der Offenen Aktiven-
schrieb die Saarbrücker Zeitung
Ansicht der Saarländerinnen. In
gruppe Krankenhäuser (OAG), der
zum Jahresauftakt und sprach vom
den Arbeitgebergremien wird ge-
Betriebsrat Sascha Wilhelm. Ver-
beispiellosen »Mega-Streik«. Die
rätselt, wie die Kampffähigkeit in
treter der Krankenhäuser des
Meldung auf der Facebookseite
den einzelnen Häusern ist.
ver.di-Bezirks Region Saar Trier
»Pflegestreik Saar« erreichte in
treffen sich regelmäßig jeweils in
kürzester Zeit zehntausende User.
Die Vorbereitungen von ver.di
einem anderen Krankenhaus.
Beraten wurde in Mettlach über
den Stand der Auseinandersetzung
laufen auf Hochtouren. Dazu hat
man einen Plan entwickelt und
Ziel ist die Entlastung
sich selbst neun Hürden gegeben,
der Beschäftigten
die transparent für jeden Akteur
für einen Tarifvertrag Entlastung.
Man sieht keine Alternative zur
Im Vorfeld wurde in den Kranken-
Aufnahme von Arbeitskampfmaß-
häusern diskutiert, jetzt sollte die
nahmen. ver.di wird die Träger
Streik in der Geschichte des Saar-
Entscheidung gefällt werden.
aller Krankenhäuser im Saarland
landes werden, nicht vergleichbar
auffordern, einen Entlastungs-
mit Arbeitsniederlegungen in den
saarländischen Krankenhäusern
Tarifvertrag auszuhandeln. Kommt
üblichen Tarifauseinandersetzun-
ein Flugblatt verteilt und vorge-
der Tarifvertrag mit den unter-
gen. ver.di hat Notdienstpläne an-
schlagen, für alle 21 Krankenhäu-
schiedlichen Trägern (Land, Kom-
gekündigt, so dass die Versorgung
ser einen Pflegestreik vorzuberei-
munen, Kirchen, Knappschaft und
nicht zusammenbricht.
ten, um echte Entlastung für die
Rotes Kreuz) zustande, wäre das
Kolleginnen durchzusetzen.
einmalig in Deutschland.
Im Dezember hatte ver.di in allen
Um arbeitskampffähig zu werden, will man über 321 Tarifbera-
verfolgbar sind.
Es soll der größte Krankenhaus-
Die Arbeitgeber reagieren
sichtbar nervös. Sie haben keine
terinnen gewinnen, hat einen Zeit-
9. Oktober 2016
plan vorgeschlagen und entwickelt
11. September
eine eskalierende Staffelstreik2. September
23. Juni
25. Mai
22. April
21. März
ForderungsdiskusEinladung
sion hat begonnen zur Wahl der TK
Bürgerinitiative 1. Ratschlag der
Schleife
ist gebildet
Tarifberater
29. Februar
1. Februar 2016
in 3 KH gibt es
in 50% der Pflegebereiche Tarifberater
OAG stimmt dem
Konzept zu
Fortsetzung
Werbung in den
Krankenhäusern
Abbruch
Schleife
in 10 KH gibt es
Tarifberater
Bildung der Tarifkommission
Schleife mit
neuem Datum
in 4 KH gibt es
in 75% der Pflegebereiche Tarifberater
21 KH werden zu
Tarifverhandlungen
aufgefordert
in 4 KH erklären
50% der Bereiche
Streikbereitschaft
Arbeitskampfleitung
erklärt Scheitern
der Verhandlungen
5 KH
streikbereit
Streik
Mindestens 11 KH
wenden TV an
Unterschrift
unter TV
Keine
Unterschrift
Schleife
Verzögerung
Verzögerung
Zieldatum
Bedingung
wenn erfüllt,
dann …
wenn nicht
erfüllt …
Abbruch
10
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
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Zum Begriff Tarifberaterin
Der Begriff Tarifberaterin stammt von der Charité. Dort wurden sehr
gute Erfahrungen mit dieser Form der Partizipation gemacht. Daran
will man im Saarland anknüpfen, weil damit auch althergebrachte
Kommunikationsformen der Gewerkschaften in Arbeitskämpfen durchbrochen werden können. Dies sei auch eine Antwort auf die indirekte
Steuerung, heißt es im Vortrag des Fachbereichs. Auf 20 Betten soll
eine Tarifberaterin kommen, verankert in den Teams und dort Bestandteil des täglichen Lebens und Arbeitens.
Jetzt gibt es neben dem Medizinproduktebeauftragten, dem Praxisanleiter oder sonstigen Funktionsträgern im Pflegeteam noch eine
Tarifberaterin, die während der Teambesprechungen von den Forderungsdiskussionen berichten kann bzw. die Meinung der Kolleginnen
direkt erfährt und diese beim Tarifberatertreffen weitergeben kann.
Kommt es zu Auseinandersetzungen, dann werden sie die entscheidenden Multiplikatoren sein. Einzige Bedingung für eine Tarifberaterin:
Sie muss wollen und ein Handy haben, damit sie mit der Arbeitskampfleitung kommunizieren kann. Neun Hürden haben sich die
ver.dianerInnen selbst gestellt,
so wird ein Krankenhaus erst
Die ver.dianerInnen in den kommunalen Krankenhäusern wollen
die Tarifrunde im öffentlichen
in ihrem Kampf für bessere Arbeitsbedingungen zu unterstützen.
Und er verriet noch etwas, was
dann in den Streik gerufen werden,
Dienst schon mal nutzen, um für
noch geheim ist: die Kolleginnen
wenn 75 Prozent der Stationen
die Auseinandersetzung zu üben,
und Kollegen der Unikliniken in
über Tarifberaterinnen verfügen
so ist die Stimmung in den Häu-
NRW wollen auch für einen Tarif-
und 50 Prozent ihre Streikbereit-
sern. Fragt man Sascha Wilhelm,
vertrag Entlastung kämpfen. Das
schaft melden. Packt man einen
wie die Lage ist, dann antwortet
sind 30.000 Kolleginnen und Kol-
Meilenstein nicht, dann wird das
er typisch saarländisch, kurz und
legen.
Vorhaben abgebrochen oder der
knapp ohne langes Drumherum:
Zeitplan verlängert, um das
»Wir sind im Plan«.
Zwischenziel zu einem späteren
Zeitpunkt zu erreichen.
Fazit
Da könnte man in der Bundes-
Solidarität aus NRW
regierung mal langsam darüber
Und dann war da noch etwas
nachdenken, ob es nicht doch klü-
Die erste Hürde ist nun
Besonderes bei dem Treffen der
ger wäre, die gesetzliche Personal-
genommen
OAG Krankenhäuser in Mettlach:
bemessung in Kraft zu setzen. Wer
Ein Gast war da. Aus Nordrhein-
weiß, ob ihr die Bewegung, die da
Zustimmung zu diesem Konzept
Westfalen war Jan von Hagen ge-
entsteht, ewig im Griff haltet. Nur
durch die Krankenhäuser auf der
kommen. Der Gewerkschaftssekre-
so als ganz persönlicher Tipp, Herr
Beratung in Mettlach. Die Kolle-
tär überbrachte solidarische Grüße
Minister Gröhe. ginnen und Kollegen waren ein-
und kündigte an, dass 21 Kran-
stimmig dafür. Jetzt geht es um
kenhäuser aus NRW gerne Paten-
die Gewinnung der Tarifberaterin-
schaften für die 21 Saarhäuser
nen und die Schaffung einer
übernehmen würden, um diese
Der erste Meilenstein war die
Michael Quetting, ver.di Region
Saar Trier
Bürgerinitiative.
Weitere Infos unter
https://www.facebook.com/pflegestreiksaar/
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
11
Mehr von uns
ist besser für alle!
Rhön UKGM: Personelle Mindeststandards und
Investitionsförderung durch das Land einführen!
Anlässlich des 10. Jahrestags der Zustimmung des hessischen
Hanschur (Gießen), geteilt. Ihren
Landtags zum Verkauf des Universitätsklinikums Gießen und
Erfahrungen nach hat die Belas-
Marburg (UKGM) fordert ver.di die Landesregierung auf, sich
tung der Beschäftigten das Maß
endlich der Verantwortung gegenüber den Beschäftigten und
des Erträglichen weit überschritten.
den Patientinnen und Patienten zu stellen.
Täglich formulieren Kolleginnen
und Kollegen, einschließlich wis-
»Seit der Privatisierung tragen
auf, die Verhandlungen über eine
senschaftlicher Mitarbeiter ihre
Zum UKGM
die Beschäftigten des UKGM eine
zukünftige Investitionsförderung
psychische und physische Überlas-
siehe auch Info-
doppelte Last«, stellt ver.di-Sekre-
für bauliche Maßnahmen so bald
tung aufgrund der hohen Arbeits-
dienst 71, S. 18
tär Fabian Rehm fest, denn »sie
wie möglich aufzunehmen.
dichte gegenüber dem Betriebsrat.
und 70, S. 16
müssen nicht nur Gewinne für den
Dies bestätigt die hohe Anzahl von
Um die Arbeits- und die Versor-
Rhön-Konzern, sondern auch die
gungssituation zu verbessern,
Überlastungsanzeigen. Zusätzlich
Investitionskosten für bauliche
braucht das UKGM nach ver.di-
gehen sehr viel mehr persönliche
Maßnahmen erwirtschaften. Alle
Auffassung feste personelle Min-
Beschwerden über die schlechten
anderen Krankenhäuser erhalten
deststandards in allen Bereichen.
Arbeitsbedingungen bei den Be-
hierfür Gelder von den Bundes-
Aktuell liegt die Besetzung in der
triebsräten ein.
ländern.«
freien Entscheidung des Arbeit-
Beim Kauf des UKGM hatte die
»Die Beschäftigten wissen nicht,
wie sie ihr Arbeitspensum schaffen
gebers.
sollen«, sagt Bettina Böttcher.
Rhön-Klinikum AG auf die Investi-
ver.di will dies ändern und Min-
tionsförderung verzichtet und so-
deststandards für alle Berufsgrup-
»Darüber hinaus fehlt ihnen die
mit das Land auch finanziell entlas-
pen am UKGM tarifvertraglich
Wertschätzung durch den Arbeit-
tet. Das Land Hessen hatte 2014
festschreiben. Zur Sicherheit von
geber«, ergänzt Klaus Hanschur.
wieder eine Investitionsförderung
PatientInnen und Beschäftigten
in Aussicht gestellt, sollte eine Ei-
muss klar sein, wie viele PatientIn-
men ist eine Verbesserung der
nigung über mehr Mitsprache im
nen eine Pflegekraft versorgen
Arbeitssituation und somit ein
Aufsichtsrat erfolgen. Zu dieser
muss. Gleiches gilt für die anderen
Ausgleich für die permanente Ar-
Einigung ist es nie gekommen.
Bereiche. »Anhaltszahlen zur Per-
beitsverdichtung nicht in Sicht,
Ohne entsprechende Maßnah-
»Die Leidtragenden sind die Be-
sonalausstattung können für jede
sind sich die Betriebsratsvorsitzen-
schäftigten. Zu knapp gerechnete
Abteilung und jede Tätigkeit ent-
den einig.
Stellenpläne, zu viel Arbeit, häufi-
wickelt werden«, unterstreicht
ges Holen aus dem Frei sind an der
Rehm ausdrücklich.
Tagesordnung. Die Kolleginnen und
In dieser Situation sei der
Ministerpräsident als höchster
Repräsentant des Landes als Mit-
Diese Position wird auch von den
Kollegen können und wollen so
Betriebsratsvorsitzenden der bei-
nicht mehr arbeiten«, so Rehm
den Uniklinikumsstandorte, Bet-
weiter. Deshalb fordert ver.di das
tina Böttcher (Marburg) und Klaus
eigentümer gefordert. Pressemitteilung ver.di Hessen
vom 29. Januar 2016
Land und die Rhön-Klinikum AG
Infodienst 27 (November 2004), S. 43 und Infodienst 32 (März 2006), S. 50
Hessische Unikliniken vor dem Ausverkauf?
ner Klinikums für den Erhalt ihrer
FREESTYLE
Ende letzten Jahres kündigte der
Aus den
Landesbezirken
Aus den
Landesbezirken
Rhön kriegt’s
Universitätsklinikum Gießen
Staatssekretär Joachim Felix Leon-
und Marburg wird an die Rhön-
hard zu hören. Über andere
Klinikum AG verkauft
Kanäle erfuhren wir, dass zum
hessische Ministerpräsident, Ro-
Arbeitsplätze und der tarifvertrag-
land Koch (CDU), den Personal-
lichen Bindungen. Es wurde er-
ratsvorsitzenden der Unikliniken
reicht, dass die Aufsichtsräte und
Gießen, Marburg und Frankfurt
die Personalräte eine Erklärung
sche Ministerpräsident Roland
hauskonzerne im Rennen waren:
an, zukünftig nur noch zwei Ver-
unterzeichneten, die einen Aus-
Koch die vollständige Privatisie-
Asklepios, Helios, Rhön.
sorgungszentren betreiben zu wol-
schluss betriebsbedingter Kündi-
rung der vorher noch zu fusionie-
len.
gungen bis zum 31.12.2010 vor-
renden Unikliniken Gießen und
teküche, mal lag Helios (mittler-
sieht. Außerdem erklärte sich das
Marburg verkündet. Begründet
weile vom Fresenius-Konzern auf-
wurde dieses Vorhaben mit dem
gekauft) vorn, mal Asklepios, von
erheblichen Investitionsrückstand,
Rhön war eher selten die Rede.
Was Koch in seiner bekannten
größtmöglichen Aufklärungsart
Land bereit, tarifvertragliche Be-
deutlich sagte, wurde vom zustän-
sitzstände zu wahren und die Be-
digen Minister (Corts) und dessen
schäftigten in den Prozess einzu-
Staatssekretär (Prof. Leonhard) als
binden. Eine Dienstvereinbarung
mögliche »Kooperation«, »Kon-
zwischen Klinikumsvorstand und
vergenz« oder »wirtschaftliche
Personalrat untermauerte dies zu-
Einheit« zwischen den Kliniken
sätzlich.
Marburg und Gießen schrittweise
Die Freude an dem Erreichten
Am 14.12.2004 hatte der hessi-
Zukunft der Universitätskliniken
Bleibt kein Stein
auf dem anderen?
Entwicklung der Gesundheitslandschaft
in Mittelhessen und der
Wissenschaftsstandorte in Gießen und Marburg
Veranstaltung am 21. September 2004, 18 Uhr
Aula der Universität Gießen, Ludwigstraße
insbesondere am Standort Gießen,
Schluss noch drei private Kranken-
Wochenlang kochte die Gerüch-
Um so größer war dann die
aber auch in Marburg, wobei die
Überraschung: Es war ein Sams-
Finanzierung der hessischen Uni-
tag, an dem die Entscheidung fal-
kliniken schon Jahre zuvor im
len sollte. Der zuständige Staats-
bundesdeutschen Vergleich weit
sekretär Joachim Felix Leonhard
unterdurchschnittlich war. Auf
hatte Wochen vorher versprochen,
vorangetrieben. Das Wort Fusion
währte nicht lange. Wiederum
dem Wege zur materiellen Privati-
dass die Beschäftigten vor der Öf-
wollte keiner in den Mund neh-
aus der Presse war dann im Juni
sierung waren und sind immer
fentlichkeit informiert werden soll-
men, jeder wusste aber, dass
zu entnehmen, dass der neue
noch viele Hürden zu nehmen.
ten. An diesem legendären Sams-
genau das damit gemeint war.
Besonders in Gießen läuteten so-
12
kaufmännische Direktor der Gießener Klinik »Sondierungsgesprä-
Gesundheit, Soziale Dienste
Wohlfahrt und Kirchen
Vereinte
Dienstleistungsgewerkschaft
Bildung, Wissenschaft und Forschung
Mittelhessen
Ein ganzes Jahr mit vielen Spekulationen, Gerüchten und Verun-
tag dann hatten wir folgendes
Szenario.
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Organisiert zum Erfolg
Tarifpolitik
ver.di-Broschüre
Organisiert zum Erfolg. Servicebetriebe im Gesundheitsund Sozialwesen
ver.di hat mit dem bundesweiten Projekt Beschäftigte von Servicegesellschaften im Gesundheits- und Sozialwesen gezielt dabei unterstützt, sich zu organisieren und für bessere Bedingungen zu streiten.
Nach sechs Jahren lief dieses Projekt Ende 2015 aus. Zeit, Bilanz zu
ziehen und die gesammelten Erfahrungen weiterzugeben.
Daher haben wir diese Broschüre (36 Seiten) veröffentlicht. Sie richtet
sich an interessierte Ehrenamtliche, die etwas in ihrer Servicegesellschaft bewegen wollen.
An einzelnen Beispielen werden die Wege zum Erfolg nachgezeichnet
und Beteiligte kommen zu Wort. Daneben enthält die Broschüre von
der Analyse des »Phänomens« Servicegesellschaft über die bedingungsgebundene Tarifarbeit bis zum Leitfaden mit ersten Schritten alles, was
man für den Start einer Tarifbewegung im eigenen Betrieb als Ehrenamtliche/r wissen muss. Uwe Ostendorff, ver.di-Bundesverwaltung
Mehr Infos unter
Direkter Download unter http://tinyURL.com/organisiert-zum-erfolg
ANDRÉ URMANN
http://gesundheit-soziales.verdi.de/branchen/servicebereiche
Ein Beispiel: Krankenhausservicegesellschaft
Löbau-Zittau mbH
Der Tarifvertrag für die Krankenhausservicegesell-
Siehe auch Info-
schaft Löbau-Zittau war nach einer sechsmonatigen
dienst 69, S. 38
Auseinandersetzung unter Dach und Fach.
und 68, S. 29
Die im Oktober 2015 unterschriebene Vereinbarung
hebt die Einkommen deutlich vom zuvor üblichen gesetzlichen Mindestlohn ab.
Der hohe Organisationsgrad sowie eine erfolgreiche
Demo und ein Warnstreik im Frühjahr 2015 brachten
die Geschäftsleitung dazu, den Tarifvertrag zu unterschreiben. Dadurch steigen die Gehälter um bis zu
zwölf Prozent. Rechnet man die Wiedereinführung
einer Jahressonderzahlung, den ver.di-Bonus von 700
Euro, bis zu zwei Tage mehr Urlaub und weitere Verbesserungen hinzu, steht unterm Strich teilweise
ein Plus von 30 Prozent innerhalb der Laufzeit von
zwei Jahren. Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
servicegesellschaft Löbau-Zittau mbH, der
Klinikum Oberlausitzer Bergland gGmbH
(Standorte in Eberbach und Zittau) sowie
der Kreiskrankenhaus Weißwasser gGmbH
(www.mg-lg.de). R E N AT E S T I E B I T Z
Stichworte
Die Managementgesellschaft Gesundheitszentrum des Landkreises Görlitz mbH ist eine
Einrichtung des Landkreises Görlitz (Sachsen)
und die Muttergesellschaft der Krankenhaus-
13
IAB Forschungsbericht
Christian Hohendanner, Esther
Mit einem Befristungsanteil von
Ostmeier, Philipp Ramos Lobato
7,1 Prozent im Jahr 2014 lag der
Befristete Beschäftigung
öffentliche Dienst (ohne Beschäf-
im öffentlichen Dienst
tigte in der Wissenschaft) laut IAB
Entwicklung, Motive und recht-
über dem Durchschnitt der Gesamt-
liche Umsetzung, IAB-Forschungs-
wirtschaft. Der Anteil ist dabei
bericht 12/2015, 178 Seiten
gegenüber 2004 spürbar gestiegen,
Download als PDF auf den Seiten
weil Neueinstellungen überwie-
des Instituts für Arbeitsmarkt- und
gend befristet erfolgen. Klammert
Berufsforschung (IAB) der Bundes-
man die Beamtinnen und Beamten
agentur für Arbeit unter bei der Betrachtung aus, lag der
http://tinyURL.com/IAB-12-2015
Befristungsanteil im öffentlichen
12/2015
Aktuelle Ergebnisse aus der Projektarbeit des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Befristete Beschäftigung im
öffentlichen Dienst
Entwicklung, Motive und rechtliche Umsetzung
Christian Hohendanner
Esther Ostmeier
Philipp Ramos Lobato
ISSN 2195-2655
Dienst 2014 bei 9,3 Prozent, für
Die Studie des IAB ist das Ergebnis
Dazu die ver.di-Pressemitteilung
junge Beschäftigte unter 35 Jah-
einer Vereinbarung aus den Tarif-
vom 3. Januar 2016:
ren sogar bei über 20 Prozent.
verhandlungen 2014. Gewerk-
Befristungspraxis im öffent-
dabei der rasante Anstieg sach-
sich damals darauf verständigt,
lichen Dienst ist ein Pr oblem
grundloser Befristungen. Machten
verlässliche Daten zur Befristungs-
für Beschäftigte und das
diese 2004 17,5 Prozent aller Be-
praxis im öffentlichen Dienst
Gemeinwesen
fristungen aus, waren es 2013 be-
erheben zu lassen.
Besonders problematisch ist
schaften und Arbeitgeber hatten
ver.di sieht in der Befristungs-
reits 35,7 Prozent. »Ersatzbedarf
praxis öffentlicher Arbeitgeber ein
ist dabei in weniger als der Hälfte
zahlung, die der in der Privatwirt-
Problem nicht nur für die Beschäf-
der Fälle der Grund für die
schaft immer noch hinterher hinkt,
tigten, sondern auch für die Leis-
Befristung. Oft liegt es an fehlen-
gewinnt man keine engagierten
tungsfähigkeit des öffentlichen
den Finanzmitteln«, stellte Pieper
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Dienstes. »Wenn rund 60 Prozent
mit Bezug auf die Studie fest.
der Einstellungen im öffentlichen
Gerade aktuell bei der Auf-
In der Tarifrunde 2016 wird
ver.di die Befristungen thematisie-
Dienst nur befristet erfolgen,
nahme und Integration von Ge-
ren und auf eine nachhaltige
gegenüber rund 40 Prozent in der
flüchteten zeige sich, wie wichtig
Änderung der bestehenden Befris-
Privatwirtschaft, zeugt das nicht
qualifiziertes und motiviertes Per-
tungspraxis drängen. Die Arbeit-
von der Attraktivität des Arbeit-
sonal für die Erledigung öffent-
geber von Bund, Ländern und
gebers öffentlicher Dienst«, kom-
licher Aufgaben sei. »Vorausset-
Gemeinden sind schon jetzt auf-
mentierte ver.di-Bundesvorstands-
zungen für die Zukunftsfähigkeit
gefordert, die anstehenden Neu-
mitglied Wolfgang Pieper einen
des öffentlichen Dienstes sind
einstellungen im Bereich der
Forschungsbericht des Instituts
gute Arbeitsbedingungen und Per-
Aufnahme und Integration von
für Arbeitsmarkt- und Berufs-
spektiven für die Beschäftigten.
Geflüchteten unbefristet vor-
forschung (IAB).
Mit befristeten Jobs und einer Be-
zunehmen«, sagte Pieper. R E N AT E S T I E B I T Z
Tarifpolitik
Befristungspraxis ändern!
Auch ein Thema der Tarifrunde TVöD 2016
14
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Erste ver.di-Fachkonferenz:
Gute Arbeit – Impulse dur ch Tarifpolitik
Die Möglichkeit, Einfluss zu
Tarifpolitik
Doch wie sind Fortschritte auf
nehmen und zu gestalten, ist eine
dem Gebiet der Arbeitsgestaltung
Ressource für die Gesundheits-
zu erreichen? Soll es bei Fragen
und Persönlichkeitsentwicklung.
von Prävention, Arbeitsgestaltung
Dem Bedürfnis danach zu seinem
und Qualifizierung der Initiative
Recht zu verhelfen, ist ein Zentral-
der Einzelnen überlassen bleiben –
www.verdi-gute-arbeit.de
anliegen der Guten Arbeit.
wie von Arbeitgeberverbänden zu
www.verdi.de/wegweiser/tarifpolitik
Wie die Bedingungen dafür
GUTE ARBEIT
D i e v e r.d i I n i t i a t i v e
hören ist? Oder muss es derzeit
Das aktuelle Kampagnenbei-
durch Tarifpolitik gefördert wer-
primär darum gehen, gesetzliche
den können, war Thema einer
und tarifliche Regelungen auf den
spiel »Gute Arbeit im Telekom-
Fachkonferenz am 14./15. Januar
Weg zu bringen?
Konzern« bestehend aus mehreren
Im Konzept der Guten Arbeit ist
Elementen und Regelungen, sei es
80 haupt- und ehrenamtliche
die Antwort klar: Fortschritte ins-
zu Altersteilzeit, Belastungsschutz
ver.di-TarifakteurInnen aus ver-
besondere auf dem Gebiet der
oder Leistungsentgelt, zeigt wich-
schiedenen Branchen und Gliede-
Stressprävention, der Ressourcen-
tige Ansätze, wie ein umfassendes
rungen zusammenfanden.
und Persönlichkeitsentwicklung
Gesundheitsmanagement auch
und dabei auch der Weiterbildung
von tariflicher Seite angefasst wer-
in Sachen Thema und Teilnehme-
sind in erster Linie durch einen
den kann.
rInnenkreis ein Novum in der Ge-
Wandel der Arbeitsbedingungen
schichte von ver.di bildete: »Gute
zu erreichen.
2016 in Berlin, zu der sich rund
Der Titel der Veranstaltung, die
Arbeit – Impulse durch Tarifpolitik:
Wachsende Bedeutung kommt
Einmütigkeit bestand darin, dass
der Tarifpolitik eine wachsende
Bedeutung bei den Aktivitäten für
Beteiligungsprozesse und Rege-
dabei Tarifverträgen zur Förderung
Gute Arbeit zukommt. Überein-
lungsinhalte bei Tarifverträgen
der Arbeitsqualität mit einer ent-
stimmung herrschte auch darin,
zum Gesundheitsschutz – ein
sprechenden tarifpolitischen Orien-
dass Arbeitsgestaltung durch tarif-
Beitrag zur Humanisierung der
tierung zu. Dreh- und Angelpunkt
liche Vereinbarungen nicht alter-
Arbeit.«
ist dabei die Beteiligung der Be-
nativ zu gesetzlichen Regelungen
schäftigten, angefangen bei Befra-
stehen. Tarifliche Auseinanderset-
meinsam der Bereich Innovation
gungen bis hin zur Prozessgestal-
zungen und Regelungen ermög-
und Gute Arbeit und die Tarif-
tung.
lichen derzeit in der Regel jedoch
Als Veranstalter fungierten ge-
politische Grundsatzabteilung.
Der Hintergrund: Wie wichtig
Wie das möglich ist, was sich
bewährt hat und was weniger
ein Mehr an Beteiligungsmöglichkeiten.
Die TeilnehmerInnen waren sich
es ist, sich dem Thema Arbeits-
geeignet ist, war Gegenstand der
qualität zu widmen, hat ange-
Vorträge und Diskussionen auf
einig: Die strategische Orientie-
sichts des wachsenden Arbeits-
der Tagung.
rung »Tarifpolitik für Gute Arbeit«
stresses und der zunehmenden
Zwei Beispiele aus der Reihe
Arbeitsintensität weithin Anerken-
der Aktivitäten, die vorgestellt
nung gefunden. Dazu haben die
wurden:
soll gestärkt, der Erfahrungsaustausch fortgesetzt werden. Anke Thorein, ver.di-Bereich
Der »Tarifvertrag Gesundheits-
Innovation und Gute Arbeit,
einen beträchtlichen Beitrag ge-
schutz« der Damp Holding AG von
Sylvia Skrabs, Tarifpolitische
leistet, u.a. durch den DGB-Index
2011 widmet sich, auf Basis einer
Grundsatzabteilung
Gute Arbeit.
bedingungsgebundenen Tarifarbeit
gewerkschaftlichen Aktivitäten
abgeschlossen, der Verhältnis-
P E T R A G A N S E R (3)
prävention.
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
15
Tarifpolitik
»Skillmix« in der Pflege:
unanständig und frauenfeindlich
Im Dezember 2015 veröffentlichten aktive
ver.di-Frauen aus dem FB 3 im ver .di-Bezirk
Region Saar Trier ihren »Einwurf«, den wir euch
nicht vorenthalten möchten.
Sie nennen es auf schlau »Skillmix«. Sie meinen, es
wäre schlau, wenn man Arbeiten, die zu der Pflege
gehören, auf Hilfskräfte delegiert. Etwa 20% der Arbeit, so sagen die Prozessoptimierer, kann man der
Pflege wegnehmen, deren Arbeit weiter verdichten.
Gesellschaften und ver.di gibt sich jede Mühe, diese
Und diese Arbeit geben die »Arbeitgeber« an un-
dann in einen Tarifvertrag zu bekommen. So meint
gelernte Frauen und bezahlen sie schlecht, wie man
man zum Beispiel im Klinikum Saabrücken, man
sich kaum einen Mann zu bezahlen trauen würde. Ein
könne diese Kolleginnen zumindest zu Beginn in
Skandal in deutschen Krankenhäusern und Pflege-
einer EG 1 bezahlen. In der Summe ein Lohnraub
einrichtungen. Die ver.di-Frauen fordern Aufwertung
von etwa 650 Euro zu der ungelernten Pflegehelferin
für Pflegehelferinnen.
nach Tarif.
Realität in den Krankenhäusern, egal ob öffentlich,
Nein, das ist noch nicht die schlechteste Lösung.
kirchlich oder wie auch immer: Es werden prekäre
Ausgliederung und prekäre Arbeitsverhältnisse im
Arbeitsverhältnisse geschaffen, die oft dazu führen,
sozialen und Gesundheitsbereich sind eine Schande.
dass die betroffenen Frauen »Aufstockerin« sein
Selbst der Pflegemindestlohn wird so unterlaufen.
müssen, um leben zu können. Aber nicht genug, sie
Die Spaltung der Belegschaften geht so weit, dass
werden im Alter in der Altersarmut landen, obwohl
man z.B. an der Uniklinik des Saarlandes die Reini-
sie ihr Leben lang gearbeitet haben.
gungskräfte, die man in die Gesellschaft USG-SG
Sowohl das berufliche Selbstverständnis der Pflege-
abgeschoben hat, nach dem Gebäudereinigertarif
berufe wird einerseits unmittelbar in Frage gestellt
bezahlt, wo die Kolleginnen gerade die 9,80 Euro
und andererseits geht es um die tarifliche Abwertung
Stundenlohn ab 1.1.2016 erkämpft haben.
von Pflegearbeit als Hilfsarbeit.
In einigen Krankenhäusern erfolgt diese Abwertung
Obwohl wir schon Zweifel haben, ob man das
Reinigen im Krankenhaus mit dem Reinigen eines
innerhalb unseres Tarifvertrages TVöD. Statt EG 7a
Bürohauses vergleichen kann, sei nur mal erwähnt,
wird dann für die Pflegehelferin EG 3a gezahlt, etwa
dass der Tarif der Gebäudereiniger überhaupt nichts
550 Euro weniger. So zum Beispiel in den Knapp-
über die Pflege aussagt. Pflegehelferinnen sind da
schaftskrankenhäusern.
unbekannt. Diese erhalten zu ihrem Lohn nun eine
Das reicht den Arbeitgebern aber nicht und sie
kleine Prämie.
sagen, es handelt sich um eine hauswirtschaftliche
Bei den Servicekräften steht allerdings auffallend
Tätigkeit und die Kollegin wird nach EG 2 bezahlt.
das pflegerische, am Patienten orientierte Handeln
Dort verdient die Kollegin noch einmal 200 Euro
im Vordergrund. Da diese Tätigkeiten vorher von
weniger. So geht man zum Beispiel bei den SHG-
examinierten Pflegekräften verrichtet wurden, war
Kliniken vor.
diese Tätigkeit auch vor dem 1. Januar 2005 in der
Auch das reicht nicht allen. Ausgliederung der
Rentenversicherung der Angestellten und nicht der
Schwachen ist ja auch eine beliebte Mode. Teile und
Arbeiter angesiedelt, weswegen wir zwingend
herrsche, sagen die Ökonomen und schaffen eigene
feststellen, dass Servicekräfte, richtiger Pflegehelfe-
R E N AT E S T I E B I T Z (5)
Anmerkung des
Säzzers: Welche Ausbildung die auf den
Fotos abgebildeten
Frauen haben, ist mir
nicht bekannt. Es ging
mir ausschließlich um
die Illustration einiger
im Text vorkommender
Tätigkeiten.
16
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Tarifpolitik
rinnen, nach dem Tarifvertrag für Angestellte im
Pflegedienst eingruppiert sind. Servicekräfte sind
ungeprüfte Pflegekräfte.
Die genannten Personen müssen eng in den Stationsablauf eingebunden sein. Die Arbeitsanweisungen erfolgen direkt vom Pflegepersonal der Station.
Dies bedeutet eine Kompetenzerweiterung für die
Pflegekräfte. Es steht gleichzeitig die Frage nach der
eines ganzen Geschlechtes«, stellte die Pflegerefe-
Qualifizierung der Servicekräfte. Die Arbeit für die
rentin der Arbeitskammer des Saarlandes und ver.di-
Pflegekräfte wird sich weiter verdichten, es gibt
Aktivistin der ver.di-Frauen im Fachbereich Gesund-
keine Phasen der leichteren Arbeit mehr, die Belas-
heit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen in der
tungen werden unerträglich, der Krankenstand wird
Region Saar Trier, Esther Braun, fest.
steigen und die Patientensicherheit wird immer stärker gefährdet.
Durch eine andere Aufgabenverteilung werden
ver.di fordert für alle Servicegesellschaften Tarifverträge und letztlich ein einheitliches Tarifwerk für
eine einheitliche Belegschaft. Bezugnehmend auf die
Tätigkeiten übertragen, die möglicherweise bislang
aktuelle Diskussion zu Leiharbeiterinnen und Werk-
auch als Rückzugsmöglichkeit gedient haben. Diese
verträgen fordern die Gewerkschafterinnen gesetz-
bedingten Freiräume werden weniger, dies hat
lichen Schutz für Pflegefrauen.
enorme Auswirkungen auf die Gesundheit.
Die Arbeit wird von immer mehr prekär bezahlten
ver.di erwartet von den Aufsichtsbehörden und von
den verantwortlichen Politikern, endlich der Frauen-
Kolleginnen bewältigt. Diese Frauen werden ausge-
unterdrückung ein Ende zu machen. Dem Outsourcen
nutzt, abgewertet und in einem Maße belastet, dass
muss ein Riegel vorgeschoben werden.
man sich schämen muss. Es wird ein System angewendet, das systematisch Frauen in die Armut treibt.
Was sollen diese Kolleginnen alles leisten, was
Das mag ja eine spannende Frage in der Linguistik
sein, ob der Gender-Gap oder der Unterstrich bzw.
das große »I« besser für die Geschlechtergerechtig-
angeblich keine Pflegetätigkeit ist? Unter anderem:
keit ist. Sicherlich ist auch die Frage nach dem Anteil
– Essen austeilen und vorrichten
der weiblichen Aufsichtsratsmitglieder nicht ganz
– Betten machen
ohne Bedeutung. Aber das alles wird zu einer un-
– Getränke anreichen
bedeutenden Nebenfrage, betrachtet man die
– Essensabfrage
Ungleichbehandlung gering bezahlter Berufe. Die
– Patiententransport
Behandlung dieser Frauen ist eine himmelschreiende
– kleinere Hilfeleistungen
Ungerechtigkeit.
– Abholung der Essenwagen
ver.di bezeichnet alle Einrichtungen, wo Pflege-
– Lebensmittelbevorratung
helferinnen nicht als Pflegehelferinnen bezahlt
– Auffüllen von Materialien
werden, als »unanständig und frauenfeindlich«.
Da die Arbeit von einer Fremdfirma ausgeführt
Wir ver.di-Frauen im Fachbereich Gesundheit, Soziale
wird, besteht der Verdacht, dass es sich um eine ille-
Dienste, Wohlfahrt und Kirchen fordern:
gale Arbeitnehmerüberlassung, zu der die Arbeits-
Bezahlt die Pflegehelferinnen wie Pflege-
verwaltung keine Genehmigung erteilt hat, handelt.
Wenn es sich um einen Werkvertrag handelt,
dann dürfen die Pflegekräfte dem Servicepersonal
auf keinen Fall Anweisungen geben. Ein Witz für ein
helferinnen!
Geschlechtergleichstellung ist nicht nur
eine Frage der Sprache.
Wertet endlich Frauenberufe auf und entlastet sie.
Krankenhaus, wo es gerade notwendig ist, dass alle
Berufe Hand in Hand zusammenarbeiten.
ver.di steht für eine einheitliche Belegschaft und
Bezahlung nach einem Tarif. Für uns sind das alles
Kolleginnen, egal ob Professor oder Reinigungskraft.
Alle werden benötigt, um die Patienten zu versorgen.
Gemeinsam. »Dabei mag es um die Fähigkeit des
Mixes gehen. Es geht aber nicht um die Erniedrigung
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
17
Angemessenheit eines Nachtarbeitszuschlags –
Dauerhafte Nachtarbeit
Bestehen keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen, haben Nacht-
M AT T H I A S M I T T E N E N T Z W E I / P I X E L I O . D E
Tarifpolitik
BAG zur Angemessenheit
eines Nachtarbeitszuschlags
arbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen gesetzlichen Anspruch auf
einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene
Anzahl bezahlter freier Tage.
Regelmäßig ist dabei ein Zuschlag iHv. 25% auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende Anzahl freier Tage für die zwischen
23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen.
Bei Dauernachtarbeit erhöht sich dieser Anspruch regelmäßig auf 30%.
Der Kläger ist bei der Beklagten
23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleiste-
Bundesarbeitsgericht, Urteil
vom 9. Dezember 2015 -
als Lkw-Fahrer im Paketlinientrans-
ten Arbeitsstunden. Regelmäßig
portdienst tätig. Die Arbeitszeit
ist dabei ein Zuschlag iHv. 25%
beginnt in der Regel um 20.00 Uhr
auf den Bruttostundenlohn bzw.
und endet unter Einschluss von
die entsprechende Anzahl bezahl-
Hamburg, Urteil vom 9. April
Pausenzeiten um 6.00 Uhr. Die
ter freier Tage angemessen.
2014 - 6 Sa 106/13
Beklagte ist nicht tarifgebunden.
Eine Reduzierung der Höhe
10 AZR 423/14
Vorinstanz Landesarbeitsgericht
In einem ähnlich gelagerten Fall
Sie zahlte an den Kläger für die
des Nachtarbeitsausgleichs kommt
(10 AZR 29/15) hatte das Lan-
Zeit zwischen 21.00 Uhr und
in Betracht, wenn während der
desarbeitsgericht Düsseldorf
6.00 Uhr einen Nachtzuschlag auf
Nachtzeit beispielweise durch
(Urteil vom 19. November 2014
seinen Stundenlohn iHv. zunächst
Arbeitsbereitschaft oder Bereit-
- 7 Sa 417/14) die Beklagte zur
etwa 11%. Später hob sie diesen
schaftsdienst eine spürbar gerin-
Zahlung eines Nachtarbeitszu-
Zuschlag schrittweise auf zuletzt
gere Arbeitsbelastung besteht.
schlags in Höhe von 30% verur-
20% an.
Besondere Belastungen können
teilt. Die hiergegen gerichtete
Mit seiner Klage begehrt der
zu einem höheren Ausgleichs-
Revision der Beklagten hat der
Kläger die Feststellung, dass die
anspruch führen. Eine erhöhte
Senat zurückgewiesen.
Beklagte verpflichtet ist, ihm einen
Belastung liegt nach gesicherten
Nachtarbeitszuschlag iHv. 30%
arbeitswissenschaftlichen Erkennt-
156/15) hat der Senat die Ent-
vom Stundenlohn zu zahlen oder
nissen bei Dauernachtarbeit vor. In
scheidung der Vorinstanz (LAG
einen Freizeitausgleich von zwei
einem solchen Fall erhöht sich der
München, Urteil vom 29. Januar
Arbeitstagen für 90 geleistete
Anspruch regelmäßig auf einen
2015 - 4 Sa 557/14) aus prozes-
Nachtarbeitsstunden zu gewähren.
Nachtarbeitszuschlag iHv. 30%
sualen Gründen aufgehoben
In einem weiteren Fall (10 AZR
bzw. eine entsprechende Anzahl
und die Sache zur neuen Ver-
stattgeben, das Landesarbeitsge-
freier Tage. Da der Kläger Dauer-
handlung und Entscheidung an
richt hingegen nur einen Anspruch
nachtarbeit erbringt, steht ihm ein
das Landesarbeitsgericht zu-
iHv. 25% festgestellt.
Ausgleichsanspruch iHv. 30% zu.
rückverwiesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage
Die Revision des Klägers hatte
Entgegen der Auffassung der
§ 6 Abs. 5 ArbZG lautet: Soweit
vor dem Zehnten Senat des Bun-
Beklagten ist ein für die Zeit zwi-
keine tarifvertraglichen Aus-
desarbeitsgerichts Erfolg. Beste-
schen 21.00 Uhr und 23.00 Uhr
gleichsregelungen bestehen, hat
hen – wie im Arbeitsverhältnis der
gezahlter Zuschlag nicht an-
der Arbeitgeber dem Nachtar-
Parteien – keine tarifvertraglichen
rechenbar. Ebenso wenig ist die
beitnehmer für die während der
Ausgleichsregelungen, haben
Höhe des Stundenlohns des
Nachtzeit geleisteten Arbeits-
Nachtarbeitnehmer nach § 6
Klägers relevant. Erkennbare An-
stunden eine angemessene Zahl
Abs. 5 ArbZG einen gesetzlichen
haltspunkte dafür, dass in diesem
bezahlter freier Tage oder einen
Anspruch auf einen angemessenen
bereits ein anteiliger Nachtarbeits-
angemessenen Zuschlag auf das
Nachtarbeitszuschlag oder auf
zuschlag enthalten ist, bestehen
ihm hierfür zustehende Brutto-
eine angemessene Anzahl bezahl-
nicht. ter freier Tage für die zwischen
arbeitsentgelt zu gewähren.
Bundesarbeitsgericht, Pressemitteilung Nr. 63/15
18
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
(Am) Eos, Göttin der Morgenröte
und Schwester des Sonnengottes Helios
Im September 2014 übernahm
Etliche arbeitsgerichtliche Be-
Konzerne
In einem arbeitsgerichtlichen
die Züricher Unternehmensgruppe
schlussverfahren in Mitbestim-
Beschlussverfahren zur Klärung,
Ameos von der DRK-Stiftung
mungsfragen und Kündigungs-
ob es sich bei der Verlagerung der
Wesermünde die drei Krankenhäu-
schutzklagen, Zahlungen hoher
Tätigkeiten um einen Betriebs-
Siehe auch Info-
ser St.-Joseph-Hospital, DRK-Klinik
Abfindungen werden bewusst in
übergang nach § 111 BetrVG han-
dienst 70, S. 24,
am Bürgerpark in Bremerhaven
Kauf genommen, um den Perso-
delt, wurde eine Einigungsstelle
67, S. 35 und
und DRK-Klinik Seepark Debstedt
nalabbau – derzeit bereits über
zur Klärung der Sache vereinbart.
65, S. 59
im Bremerhavener Umland mit zu-
100 Stellen – voranzutreiben.
Ameos wartete das Ergebnis
Ohne vorherige Information der
jedoch nicht ab und sprach den
und 700 Betten. Die drei Kliniken
Beschäftigten wurde ab 2015 die
betroffenen Handwerkern Ende
passen von der Größe und Lage
betriebliche Altersversorgung von
Dezember betriebsbedingte Kündi-
in einer strukturschwachen Region
der VBL bzw. KZVK auf das DUK
gungen zum Ende Juni 2016 aus.
genau ins »Beuteschema« von
Versorgungswerk e.V. verlagert. In
Die Kollegen wurden sofort frei-
Ameos. Monatelange Proteste
den Verdienstabrechnungen wird
gestellt. Ihnen wurde nur noch
gegen den Verkauf blieben erfolg-
allerdings bis heute – angeblich
erlaubt, ihre persönlichen Sachen
los.
aus technischen Problemen – die
unter Aufsicht aus dem Betrieb zu
Umlage an die VBL/KZVK ausge-
holen.
sammen ca. 1.600 Beschäftigten
Ameos übertrifft alle negativen
wiesen, obwohl sie nachweislich
Erwartungen!
seit 2015 nicht mehr dorthin ab-
Auch bei den Entgelt-
geführt wird.
tarifverhandlungen
Ameos setzt seit der Übernahme
in den drei Kliniken das bekannte
Die Rigorosität und Skrupellosig-
gibt es keine Fortschritte. Mit
unternehmerische Instrumenta-
keit des Vorgehens hat viele Be-
großer Mehrheit wurde auf einer
rium ein: Keine Verlängerung be-
schäftigte überrascht und einge-
ver.di-Mitgliederversammlung
fristeter Arbeitsverträge, alter-
schüchtert.
nach zweimaliger Aufschiebung
der Beschluss zur Kündigung der
nativlose Aufhebungsangebote
an ältere Beschäftigte, personenoder verhaltensbedingte Kündi-
Aktuelles Beispiel
ist die Kündigung von acht
Entgelttabellen zum Ende April
2015 gefasst. Bis jetzt gelten die
gungen – gerne auch fristlos,
Handwerkern im Ameos-Klinikum
TVöD-K-Tabellen aus 2013. Der
Abspalten von Tätigkeiten in der
Geestland. Die Kollegen, von
Einkommensabstand beträgt damit
Reinigung, der Verwaltung und
denen mehrere aufgrund ihres Al-
bereits 5,4% und würde mit der
Haustechnik durch unabweisbare
ters und der Beschäftigungszeit
jetzigen Tarifrunde TVöD noch
Arbeitsvertragsangebote an
besonderen Kündigungsschutz
größer.
die betroffenen Beschäftigten in
haben, waren nicht bereit, neue
Ameos-Tochtergesellschaften
Arbeitsverträge außerhalb des
gespräche in unterschiedlichen
(Diakonische Dienstleistungs-
TVöD-K bei der Ameos-Dienstleis-
Konstellationen brachten in den
gesellschaft mbH Ueckermünde,
tungsgesellschaft KH Bau und
letzten Monaten trotz diverser
Ameos-Regionalgesellschaft West,
Technik zu unterschreiben. Sie
Kompromissvorschläge unserer-
Ameos-Dienstleistungsgesellschaft
hatten sich jedoch bereit erklärt,
seits keine Annäherung. Ameos
KH Bau und Technik), die natür-
per Personalgestellung nach § 4
legte kein Angebot vor. Immer
lich betriebsrats- und tariffrei
Abs. 3 TVöD-K bei der Tochter-
wiederkehrendes Argument der
sind.
gesellschaft zu arbeiten.
Arbeitgeberseite war, dass K R I S T O F F E R B O R R M A N N (3)
Mehrere Tarif- und Sondierungs-
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
19
Konzerne
mindestens bis Ende 2019 das
tigt, dass Ameos ganz offensicht-
Geld für Tariferhöhungen fehle,
lich nicht ohne Druck zu Tarif-
weil man es für Investitionen be-
angeboten zu bewegen ist.
Die Tarifkommission hat jetzt
nicht gekauft habe, um Verluste
Aktionen an den Standorten
zu finanzieren.
in Bremerhaven und Geestland
Hier werden die Erfahrungen
der KollegInnen aus Hildesheim,
Osnabrück und anderswo bestä-
beschlossen. UWE SCHMID
nötige und Ameos die Kliniken
Uwe Schmid, ver.di BremenNordniedersachsen
Bremen 2005
Arbeitsrichterin: Ameos missachtet die Gegenseite
Mitte Januar 2016 scheiterte die Güteverhandlung zu
Abmahnungen gegen die Betriebsratsvorsitzende des AmeosKlinikums Alfeld (Nds.). Dazu im Folgenden der Artikel aus
der Hildesheimer Wochenzeitung »Kehrwieder«. Danke für die
Nachdruckgenehmigung. An dem Begriff »Güteverhand-
gewesen, wenn Sie informiert ge-
lung« stimmte am Montag vor
wesen wären«, sagte die Richte-
dem Hildesheimer Arbeitsgericht
rin. Man könne nicht einfach nur
nichts. Weder zeigte sich das
Abmahnungen in die Welt setzen.
Ameos-Klinikum Alfeld im Um-
Der Assistent hatte lediglich
dungsanzeigen im Ameos-Klinikum
berichtet. Diese würden Pflege-
gang mit seiner Betriebsratsvorsit-
die Nachricht mitgebracht, dass
kräfte stellen, wenn sie fürchten,
zenden gütig noch kam es über-
Ameos daran festhalten wolle.
dass ihnen aufgrund der hohen
Arbeitsbelastung Fehler unterlau-
haupt so richtig zur Verhandlung,
Wie berichtet geht es in einem
worüber die Richterin nicht amü-
Fall um einen nicht genehmigten
fen könnten. Unklar ist, ob Ameos
siert war.
Dienstreiseantrag für eine Fahrt,
die Abmahnung an der öffentlich
die dann gar nicht stattgefunden
gewordenen Zahl 170 festmacht
gegen Betriebsratsvorsitzende
hatte. Des Weiteren um eine Flyer-
oder am Thema generell.
Kerstin Gattermann-Schrock.
Verteilaktion für die Gewerkschaft
Ameos hatte zu dem Termin einen
ver.di – in der Freizeit der Betriebs-
nicht geklärt werden: Wenn der
»Assistenten des Krankenhaus-
rätin.
Betriebsrat juristischen Beistand
Es ging um drei Abmahnungen
Auch ein weiteres Thema konnte
für erforderlich hält, muss der
direktors« geschickt, der zu allen
»Wo soll der Verstoß sein?«,
wesentlichen Fragen nichts sagen
fragte die Richterin den Ameos-
Arbeitgeber – also Ameos – die
konnte. Zwei weitere Ameos-Ver-
Vertreter im ersten Fall. Zum zwei-
Kosten übernehmen. Doch An-
treter seien kurzfristig verhindert
ten sagte sie: »Mit der Abmah-
wältin Bärbel Hirsch wartet noch
gewesen, erklärte er.
nung kommen Sie sicher nicht
auf die Begleichung von 22 Rech-
Doch das mochte selbst Richte-
weiter.« Lediglich zum dritten Fall
nungen im Wert von 15.000 bis
rin Dr. Ina Marquardt nicht glau-
könne sie sich noch nicht äußern,
20.000 Euro.
ben. »Das ist eine gewisse Miss-
sagte die Richterin. Es sei nicht
achtung der Gegenseite. Und es
ersichtlich, was die Klinikleitung
tert, der nächste Termin soll Mitte
ist nicht das erste Mal«, sagte sie
ihrer Mitarbeiterin konkret vor-
April stattfinden. in Richtung des jungen Mannes,
werfe.
dem sie persönlich nicht die
Gattermann-Schrock hatte
Schuld gab. »Sie können ja auch
gegenüber der Presse als ver.di-
nichts dafür. Aber es wäre schön
Vertrauensfrau von 170 Gefähr-
20
Fazit: Güteverhandlung geschei-
Lothar Veit, Kehrwieder am Sonntag (Wochenzeitung in der Region
Hildesheim), 24.1.2016, S. 12
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Ameos in Sachsen-Anhalt: Rechtsbruch bei
Ausgliederung geht ungehindert weiter
Staßfurt, Bernburg, Schönebeck),
zeigt sich jetzt
Trotz des Kündigungsschutzes
in Halberstadt und Haldensleben
erhalten Beschäftigte die Kündi-
geht Ameos weiter mit radikaler
gung. Ungeachtet dessen betont
Ausgliederungspolitik vor: Bisher
der Betriebsratsvorsitzende des
wurden die Technik, Verwaltung
Klinikums Aschersleben nach wie
und andere Servicebereiche unter
vor die Richtigkeit seines damali-
Umgehung geltender Rechts-
gen Handelns und bezeichnet un-
vorschriften ausgegliedert. Auf
sere heutige Kritik als »nebulös«.
Grundlage von § 613a Bürger-
Auch im Klinikum Schönebeck ver-
liches Gesetzbuch hätten die Be-
breitete Gerüchte, dass ver.di-
schäftigten mit allen Rechten und
Mitglieder bei Anwendung des
Pflichten auf die jeweilige neue
§ 613a BGB »schlechte Karten«
Gesellschaft übergehen müssen.
hätten, weil für sie bei Ausgliede-
Nicht so bei Ameos. Hier wurden
DANIEL WREDE
Salzlandkreises (Aschersleben,
Wie faul diese Lösung war,
FREESTYLE
In den ehemaligen Kliniken des
Konzerne
rung sofort ein schlechterer Tarif-
die Beschäftigten in Einzelgesprä-
vertrag gelten würde, zeigen ge-
chen dazu bewegt, neue Arbeits-
fährliches Halbwissen, welches die
verträge zu unterschreiben. Wer
Beschäftigten verunsichert.
das nicht tat, bekam die Kündigung. In der Kündigungsfrist erhielten einige an ihrem bisherigen
Nun soll es die Labor e treffen,
2012
auch sie sollen ausgegliedert
Arbeitsplatz Hausverbot und wur-
werden, wieder auf »altbewährte«
den mit artfremden Arbeiten, wie
Weise: Einzelgespräche und neue
triebswirtschaftlicher Unfug, ab-
Siehe auch Info-
Papierkörbe leeren, Straße fegen
Arbeitsverträge. Wir empfehlen:
solut nicht nachvollziehbar, aber
dienst 70, S. 24,
und ähnlichem beschäftigt.
Solidarität! Lasst euch nicht aus-
Alltag bei Ameos.
66, S. 17,
Ameos posaunt dagegen weiter
einanderdividieren, verweigert
Derzeit liegen auch die Tarifver-
hinaus, dass bei ihnen alles in
neue Arbeitsverträge und verlangt
handlungen in Haldensleben auf
bester Ordnung sei und niemand
die Einhaltung des § 613a BGB!
Eis, da Ameos nur Verschlechte-
unter Druck gesetzt würde.
Wenn alle zusammenhalten, wird
rungen tarifieren will.
das funktionieren.
Kleiner Exkurs in die
Vergangenheit
Im Dezember 2012 hatten die
Betriebsräte der Ameos-Kliniken
So arbeitet Ameos konsequent
weiter an seinem schlechten Ruf.
Motivation der Beschäftigten
Bleibt abzuwarten, wie lange das
am Boden
gut geht. Denn andere Arbeit-
Indes ist die Arbeitszufriedenheit
geber wie das Uniklinikum Magde-
im Salzlandkreis eine Regelungs-
auch in vielen anderen Bereichen
burg freuen sich. Fachkräfte von
abrede vereinbart, die von ver.di
bei Ameos am Boden. Der Grund:
Ameos sind bei ihnen willkommen
heftig kritisiert wurde. Unsere
Ohne Rücksicht auf Verluste wer-
und werden mit Sicherheit bessere
Klage dagegen liegt inzwischen
den Beschäftigte willkürlich hin-
Arbeitsbedingungen vorfinden.
beim BAG. Auf Grundlage dieser
und herversetzt. So werden zum
Regelungsabrede erhielten alle Be-
Beispiel Pflegefachkräfte, die jahr-
fentlichungen interessiert sich nun
schäftigten neue Arbeitsverträge,
zehntelang in der Psychiatrie ge-
auch die Bürgermeisterin von
in denen sie dauerhaft auf Jahres-
arbeitet haben, plötzlich auf eine
Haldensleben für die Vorgänge bei
sonderzahlung, Leistungsentgelt
somatische Station versetzt – und
Ameos. Sie lud Betriebsrat und
und Arbeitszeit verzichteten und
umgekehrt. Auch speziell ausge-
ver.di zu einem Gespräch ein. im Gegenzug Kündigungsschutz
bildete Fachkräfte werden plötz-
bis 2017 zugesichert bekamen.
lich in einen anderen Bereich ver-
Nach zahlreichen Presseveröf-
Jens Berek, ver.di SachsenAnhalt Nord
setzt, in dem ihr Fachwissen für
sie und die Klinik wertlos ist. Be-
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
21
64, S. 26f. und
60, S. 34
Konzerne
Asklepios Hamburg: Großangriff auf Tarifverträge
und Mitbestimmung
besondere in den nichtmedizini-
Die Tarifflucht geht weiter: Mehr
schen Bereichen, zur »Rückkehr«
als 400 Beschäftigte sollen aus
zur Freien und Hansestadt Ham-
dem Geltungsbereich des Tarifver-
KADE LORCH
burg
gedrängt. 3
Schamlos wurden
trages TV KAH raus. Das bedeutet
die freiwerdenden Arbeitsplätze
für sie weniger Rechte, z.B. keine
der »RückkehrerInnen« durch
weiteren Tarifsteigerungen. Die
tariflose Arbeitsplätze in neu
anderen 600 betroffenen Beschäf-
gegründeten Tochterfirmen im
tigten haben jetzt schon weniger
Servicebereich ersetzt – häufig
Rechte und weniger Geld, weil sie
befristet.
in tariflosen Betrieben arbeiten.
Neue Beschäftigte sollen in den
Vor 10 Jahren hatte Asklepios
Hamburg die Arbeitsrechtliche
Nun steht die nächste
neuen Gesellschaften zu schlech-
große Welle bevor
teren Bedingungen als im TV KAH
Die Geschäftsführung der Askle-
eingestellt werden.
Die vorhandenen, mühsam auf-
Vereinigung Hamburg verlassen
pios-Kliniken hat eine Betriebs-
und damit Tarifflucht begangen.
änderung mit massiven Umstruk-
gebauten Strukturen der Interes-
Wir hatten uns gegen den massi-
turierungen angekündigt. Wir
senvertretungen der Tochterfirmen
ven Widerstand von Asklepios
werten diese als einen Großangriff
werden (wieder einmal) zerschla-
unseren Tarifvertrag TV KAH 1 er-
auf unsere Arbeitsbedingungen,
gen und neu sortiert.
kämpft.
Tarifverträge und unsere Gewerk-
Seit dieser Zeit versucht Asklepios alles, um immer weniger
Jetzt müssen wir deutlich
zeigen: Das lassen wir uns nicht
schaft.
Von diesen Umstrukturierungen
gefallen!
Menschen zu guten tariflichen
(derzeit geplante Umsetzung
Bedingungen arbeiten zu lassen. 2
30. Juni 2016) werden mehr als
Unsere Forderungen
Fast 2.000 Menschen wurden, ins-
1.000 Beschäftigte betroffen sein.
Erhalt und Ausbau aller tariflichen Regelungen
Ein gemeinsamer Tarifvertrag
für die Servicebereiche
Ausschluss betriebsbedingter
HAMBURG
Kündigungen
VER.DI
Es geht dabei nicht nur um uns,
2013
1 Tarifvertrag für den Krankenhaus-Arbeitgeberverband Hamburg.
Gilt für die Asklepios-Kliniken Hamburg sowie die Uniklinik Hamburg
Eppendorf und das Universitäre Herzzentrum. Zum letzten Abschluss siehe
Infodienst 57, S. 12f.
2 siehe z.B. die Aufspaltung der ehemaligen Asklepios Services Hamburg in
vier Gesellschaften: Infodienst 64, S. 16, 62, S. 24 und 61, S. 30.
3 Bei Gründung des Landesbetriebes Krankenhäuser Hamburg AöR im Jahre
1995 wurde diese Möglichkeit für den Fall einer Privatisierung vereinbart.
2004 und zum 1.1.2007 wurden in zwei Schritten insgesamt 74,9% des
ehemaligen LBK an Asklepios verkauft. Siehe auch Infodienst 40, S. 39f.
sondern auch um nachfolgende
Generationen. Dabei setzen wir
auf die Solidarität aller Beschäftigten, aller Berufe und Gewerke.
Wenn wir uns jetzt nicht wehren –
was kommt als nächstes?
Wir haben keine Wahl: Jetzt
müssen wir kämpfen! Wir haben
schon einmal unseren Tarifvertrag
zurückgeholt.
Mit allen zusammen schaffen wir
das wieder: Erhalt des Tarifvertra-
Stichworte Asklepios Kliniken Hamburg GmbH
Rund 13.000 Beschäftigte in neun Kliniken in Hamburg (zusammen über
5.000 der insgesamt 11.500 Betten in Hamburg), der Rehaklinik Am Kurpark
in Bad Schwartau (Schleswig-Holstein, fast 300 Betten) und zahlreichen
Tochtergesellschaften in allen denkbaren Geschäftsfeldern.
22
ges und gute Tarifverträge für alle,
die noch keine haben! Hilke Stein, ver.di Hamburg
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Sana-Klinikum Duisburg
will mehr als 12 Pr ozent aller Stellen ausglieder n
Konzerne
Hierzu schrieb die Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Das Sana-Klinikum setzt nun
hatten Klinik-Mitarbeiter gegen
seine Pläne um, Technikbereiche,
den Verkauf demonstriert und vor
Küche, Wäscherei und andere
drohendem Stellenabbau und Aus-
patientenferne Bereiche auszu-
gliederungen gewarnt. »Es gibt
gliedern. Davon sollen 270 der
noch keine Verhandlungen«, will
2.200 Mitarbeiter betroffen sein.
der Betriebsratsvorsitzende Helmut
Das bestätigte Klinik-Geschäfts-
Böckeler die Belegschaftsversamm-
führer Stephan Puke. Sana hatte
lung abwarten.
diese Umstrukturierungen ange-
KADE LORCH
am 6. Februar 2016:
Sana hatte 2015 die 99-Prozent-
… vor der Übernahme
Stichworte
Die ersten 49% des ehemaligen
städtischen Klinikums Duisburg
(NRW), Standorte in Wedau und
Rheinhausen, 657 Betten, wurden
2007 an Sana verkauft. Nach der
Kartellamtsfreigabe Ende April
übernahm Sana 2015 weitere 50%. kündigt, als das Klinikum im ver-
Mehrheit an dem Krankenhaus
gangenen Jahr der Stadt ihre
erreicht und 17 Millionen Euro für
Krankenhaus-Anteile abgekauft
die Stadt-Anteile gezahlt. Der
hatte.
Kaufvertrag legte fest, dass in
von fünf Millionen Euro zur Ver-
dem Klinikum weiter der Tarif-
fügung stellen. Klinik-Chef Puke
treffenden Abteilungen und Mitar-
vertrag der Öffentlichen Hand gilt.
bezeichnet die Umorganisation
beiter informiert. Für kommenden
Zugleich hat sich Sana verpflich-
als »unumgänglich«, um sich auf
Donnerstag hat der Betriebsrat
tet, bis 2021 über 100 Millionen
Medizin und Pflege zu konzen-
eine Belegschaftsversammlung
Euro in die Klinik zu investieren.
trieren. In dieser Woche wurden die be-
anberaumt. Schon bei dem Rats-
Für die Umorganisation der
beschluss zur Voll-Privatisierung
patientenfernen Dienstleistungen
der Sana-Kliniken im März 2015
muss Sana einen Mitarbeiterfonds
Ulla Saal, www.derwesten.de,
6.2.2016
Helios-Konzernbetriebsrat zu Tarifflucht und
Abschaffung der Mitbestimmung
Auch der Konzernbetriebsrat der Helios-Kliniken
Konzernbetriebsrat der
HELIOS Kliniken GmbH
GmbH beschreibt am 25. Januar 2016 in einem
Vorsitzender:
Konzernbetriebsrat der HELIOS Kliniken GmbH
An das
Bundesministerium für Gesundheit
über
Herrn Bundesminister Hermann Gröhe
Friedrichstraße 108
10117 Berlin
Rainer Stein
HELIOS Klinikum Berlin-Buch
Schwanebecker Chaussee 50
13125 Berlin
Tel.
Fax
e-mail
030/940155671
030/940155679
[email protected]
1. stellvertr. Vorsitzende:
Gunhild Werling
HELIOS Klinikum Schleswig
e-mail gunhild.werling@
helios-kliniken.de
2. stellvertr. Vorsitzender:
Rolf Pflugmacher
HELIOS Klinik Northeim
e-mail rolf.pflugmacher@
helios-kliniken.de
3. stellvertr. Vorsitzende:
Sabine Linke
Herzzentrum Leipzig
e-mail sabine.linke@
helios-kliniken.de
Sehr geehrter Herr Bundesminister,
sehr geehrte Damen und Herren,
und die Bundesarbeitsministerin die Methoden,
wie Krankenhauskonzerne (in diesem Fall Helios)
mühsam aufgebaute Betriebsratsstrukturen und hart
erkämpfte Tarifverträge durch Outsourcing, immer
weitere Zerstückelung oder Neugründung von Gesellschaften die Mitbestimmung abschaffen und Tarifflucht begehen. 25. Januar 2016
wir sind Mitglieder des Konzernbetriebsrats der HELIOS- Kliniken GmbH als größter
Teilbereich der HELIOS-Kliniken Gruppe, zu der 111 eigene Akut- und Rehabilitationskliniken
inklusive sieben Maximalversorger in Berlin-Buch, Duisburg, Erfurt, Krefeld, Schwerin,
Wuppertal und Wiesbaden gehören. HELIOS ist damit einer der größten Anbieter von
stationärer Patientenversorgung in Deutschland bzw. in Europa. HELIOS versorgt jährlich rund
1,2 Millionen Patienten stationär. Die Klinikgruppe verfügt insgesamt über mehr als 34.000
Betten und beschäftigt ca. 68.000 Mitarbeiter. Im Jahr 2014 erwirtschaftete HELIOS einen Umsatz
von rund 5,2 Milliarden Euro. Die Klinikgruppe gehört zum Gesundheitskonzern Fresenius.
Für den größten Teil der Beschäftigten gibt es Tarifverträge, die in ihrem Inhalt, wenn auch nicht
flächendeckend, in weiten Teilen den Regelungen der öffentlichen Kliniken entsprechen.
Ca. ein Fünftel der Beschäftigten werden jedoch nicht von den geltenden Tarifverträgen in den
Kliniken erfasst. Sie wurden in konzerneigene, sogenannte Servicegesellschaften ausgegliedert.
In der Ausübung ihrer Tätigkeit hat sich für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen
grundsätzlich nichts verändert. Sie arbeiten nicht in einem Unternehmen, welches am Markt tätig
ist, sondern es werden Tochterfirmen gegründet, gespalten und wieder zusammengelegt, wie es
gerade der gegenwärtigen Geschäftsführung genehm ist. Es ist ein nahezu unüberschaubares
Geflecht an Tochter- und Enkelfirmen entstanden. Vermutlich ist es das einzige Ziel, dem
Tarifvertrag zu entkommen. Die Kolleginnen und Kollegen werden bis zu 40 % schlechter
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
offenen Brief an den Bundesgesundheitsminister
Das Schreiben findet ihr zum Download unter
http://tinyURL.com/HeliosKBR-Jan2016
Zum Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und anderer Gesetze gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen siehe Seite 42 in diesem Infodienst.
23
wurden zum 31.12.2015 gekün-
MICHAEL FRANK
Die Vergütungstarifverträge
So können wir uns in bewährter
Manier gemeinsam gut aufstellen.
digt. Ebenfalls noch im letzten
Jahr hatten sich die Tarifkommis-
Unsere Forderungen
sionen aller ehemaligen Rhön-
7%, mindestens 175 Euro
Kliniken in Niedersachsen* auf eine
einheitliche Forderung verständigt.
Im Sondierungsgespräch mit
Helios am 13. Januar 2016 haben
pro Monat
Bonus für ver.di-Mitglieder:
40 Euro pro Monat bzw.
1 Tag Urlaub pro Jahr
wir dann vereinbart, dass die Ver-
Azubis 175 Euro pro Monat
handlungen wieder gemeinsam
Unbefristete Übernahme
geführt werden (Ausnahme Cuxhaven).
Die Einnahmen der Kliniken steigen 2016 durch die Anhebung
des Landesbasisfallwertes.
aller Azubis
Laufzeit 12 Monate
Die dünne Personaldecke erfordert von allen besondere Leis-
Die Verhandlungen starten am
29. Februar – für die Helios-Klinik
Weil wir es wert sind:
tungen. Diese müssen auch
Cuxhaven am 2. März 2016.
Die Beschäftigten haben 2015
durch besondere Gehaltserhö-
* Kliniken in Cuxhaven, Gifhorn, Herzberg,
Hildesheim, Nienburg + Stolzenau, Salzgitter, Uelzen und Wittingen
für die Helios-Kliniken kräftige
Gewinne erwirtschaftet.
hungen belohnt werden.
Ralf Krüger, ver.di NiedersachsenBremen
Flagge zeigen für das
Krankenhaus in Cuxhaven!
E L L E N G R O S S (2)
Konzerne
Helios in Niedersachsen: Tarifrunde 2016
für die ehemaligen Rhön-Kliniken gestartet
Am 6. Februar 2016 in Cuxhaven (Nds.):
Infostand und Unterschriftensammlung
auf dem Wochenmarkt
Der Helios-Konzern ist bundesweit negativ in
die Schlagzeilen geraten. Auch über die Patientenversorgung und die Arbeitsbedingungen in der
In mehreren Bereichen hat es Stellenabbau gegeben, immer mehr Beschäftigte verlassen auf der
Suche nach besseren Bedingungen das Haus.
Die immer dünner werdende Personaldecke fordert
Helios-Klinik Cuxhaven wird in den Medien
von allen besondere Leistungen ab. Nur durch den
kritisch berichtet. Helios fährt einen strikten Spar-
engagierten Einsatz aller Beschäftigten wird eine
kurs, die Beschäftigten bekommen das täglich
gute Patientenversorgung aufrecht erhalten.
zu spüren.
Das ist auf Dauer nicht leistbar und macht die
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen krank.
Wir fordern den Helios-Konzern auf, die qualitativ
hochwertige und anstrengende Arbeit der Beschäftigten zu würdigen.
Kein weiterer Stellenabbau!
Gute Arbeitsbedingungen für gute Patientenversorgung!
Erika Czerny-Gewalt, ver.di Bremen-Nordniedersachsen
24
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Helios übernimmt Klinikum Niederberg (NRW)
Konzerne
Der Helios-Konzern wird das Klinikum Niederberg in V elbert
FREESTYLE
kaufen. Das haben die Stadträte von V elbert und Heiligenhaus
in ihren außerordentlichen Sitzungen am 2. Februar 2016
beschlossen.*
ten und uns für die Interessen der
eine Minderheitenbeteiligung
Siehe auch Info-
kenhaus, aber hoffentlich nicht
Beschäftigten und den Erhalt aller
ihren Einfluss in den Aufsichts-
dienst 71, S. 57
die Interessen der Beschäftigten«,
Arbeitsplätze im Klinikum ein-
gremien sicherstellt«, so Silke
formuliert Silke Iffländer, ver.di-
setzen. Die Belegschaften haben
Iffländer abschließend. Gewerkschaftssekretärin im Bezirk
genug geblutet und Fairness und
Wuppertal-Niederberg, ihre Be-
Transparenz verdient und keine
denken durch die Beschlüsse der
Bestrafung für Fehler der Ver-
Stadträte.
gangenheit und schnöde Profit-
»Der Stadtrat verkauft das Kran-
»Wir erwarten, dass die Politik
jetzt und in Zukunft ihrer Verant-
interessen.
Wir erwarten von der Politik,
wortung den Beschäftigten gegen-
dass sie die Arbeitsplätze der Be-
über gerecht wird und alles unter-
schäftigten in den nächsten fünf
nimmt, um die Beschäftigten
Jahren durch den Ausschluss be-
bestmöglich abzusichern und die
triebsbedingter Kündigungen
Arbeitsplätze im Klinikum langfris-
sichert, die Beschäftigten, vor
tig zu erhalten.
allem in den Tochtergesellschaf-
Wir werden Pläne und Folgen für
die Belegschaften prüfen, bewer-
ver.di Wuppertal-Niederberg,
Presseinformation vom 2.2.2016
ten, mit ihrem Besitzstand abgesichert sind und die Politik durch
Siehe auch http://www.helios-kliniken.de/presse/pressemitteilungen/newsdetail/archiv/2016/februar/artikel/helios-erhaelt-zuschlag-fuer-klinikum-niederberg.html
* Die Stadträte entschieden damit
gegen die weitere kommunale Trägerschaft und gegen den letzten Mitbieter Agaplesion. Auslöser des Bieterverfahrens waren Asbestfunde, die
einen Neubau notwendig machen,
sowie Investitionsstaus.
Im Klinikum (519 Betten) sind über
1.000 KollegInnen beschäftigt.
KfH: Verhandlungen über Entgeltordnung
fortgesetzt – keine Reaktion auf Entgeltfor derung
tabellen 2014 und 2015 nur um
Rahmen auch über die Forderun-
Siehe auch Info-
wurden die Verhandlungen mit
je 1,25% angehoben wurden, sind
gen verhandelt werden muss.
dienst 70, S. 22
dem KfH über eine neue Entgelt-
die Entgelte z.B. im TVöD oder im
ordnung Ende Januar 2016 fort-
Helios-Konzerntarifvertrag seit
am 2.3.2016 und am 15. und
gesetzt. Dabei präsentierte die
2013 um 8,6% gestiegen.
16.3.2016 fortgesetzt. Mögliche
In der mittlerweile 8. Runde
Tarifkommission zunächst die For-
Die Verhandlungen über die
Die Tarifverhandlungen werden
Aktionen bis hin zu Warnstreiks
derungen für den Neuabschluss
neue Entgeltordnung wurden
wird die Tarifkommission danach
des von ver.di zum Jahresende
dann für den Bereich der Verwal-
beraten. 2015 gekündigten Gehaltstarif-
tung fortgesetzt und sind nach
vertrages. Die Arbeitgeber ließen
den Berufsgruppen in der Pflege
diese aber unkommentiert und
und der Logistik in den Grund-
verwiesen auf später.
strukturen einer Einigung näher
Die Verhandlungskommission
betonte den großen Nachhol-
gekommen.
Abschließend wurde angemahnt,
bedarf gegenüber vergleichbaren
dass im März 2016 über die neue
Tarifbereichen im Gesundheits-
Vergütungstabelle und in diesem
Sven Bergelin, ver.di-Bundesverwaltung
Stichworte
KfH = Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. (gegründet 1969
als Kuratorium für Heimdialyse): mehr
als 200 Einrichtungen in Deutschland,
ca. 7.500 MitarbeiterInnen. wesen. Während die GehaltsInfodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
25
Konzerne
Median: Tarifvertrag für die
Orthopädische Klinik Braunfels (Hessen)
ver.di beendet nach 12 Jahr en
tariflosen Wildwuchs
Kurz vor Weihnachten war es geschafft: Die ver.diTarifkommission der Orthopädischen Klinik Braunfels
Zu Median
hatte sich mit den Arbeitgebern bei den letzten strit-
in Hessen siehe
tigen Punkten geeinigt und dem Paket aus Mantel-,
auch Infodienst
Entgelt- und Überleitungstarifvertrag zugestimmt.
Die Freude der ver.di-Mitglieder, mit der Einigung,
64, S. 34 und
den seit 2003 bestehenden tariflosen Zustand zu be-
69, S. 32
enden, war groß. Gehaltserhöhungen konnten nach
2003 nur noch durch erfolgreiches Klinkenputzen er-
Nach dem Abschluss: unsere Tarifkommission
zielt werden, wodurch für die Bezahlung das eigene
Verhandlungsgeschick deutlich wichtiger war als die
noch werden« suchten sie das Gespräch mit anderen
Art der Tätigkeit.
Beschäftigten und steigerten den Organisationsgrad
Mit Blick auf gewerkschaftliche Organisierungsprozesse liegt der Startschuss zu diesem Tarifvertrag
allerdings gar nicht so weit zurück.
Erst im Sommer 2014 war bei Teilen der Beleg-
so auf knapp 50%.
Im Januar 2015 beschloss die Mitgliederversammlung dann einstimmig, Median zu Verhandlungen
aufzufordern. Die Hauptanliegen der Mitglieder da-
schaft der Frust darüber, von der allgemeinen Lohn-
bei war es, die Lücke zum allgemeinen Lohnniveau in
entwicklung immer weiter abgehängt zu werden, so
der Branche zu schließen und ein transparentes und
groß, dass sich einige ver.di-Mitglieder entschieden,
für alle gleich geltendes Lohnsystem zu schaffen.
aktiv zu werden und sich an ver.di wandten. Die Be-
Median zeigte sich grundsätzlich gesprächsbereit,
dingungen für die Durchsetzung eines Tarifvertrags
knüpfte Verhandlungen aber an die Bedingung, dass
waren angesichts eines Organisationsgrades von
ver.di mehr als 50% der Beschäftigten vertritt. Diese
deutlich unter 10% jedoch zunächst nicht gegeben.
Vorlage nahmen die KollegInnen dankend an und
Aber getreu dem Motto »Was noch nicht ist, kann ja
ebneten mit einem erneuten Schub in der Mitgliederentwicklung den Weg an den Verhandlungstisch.
Eckdaten zum Tarifvertrag
ex. Krankenpflege, 6 Jahre Berufserfahrung: 2.568 Euro
30 Tage Urlaub
550 Euro Einmalzahlung für alle
Funktionszulagen: OP/Anästhesie 150 Euro, IMC 100 Euro
40 Euro Zulage für Schichtarbeit, 105 Euro für Wechselschicht
Zusatzurlaub für Nachtarbeit: bei 150 Stunden 1 Tag,
300 Stunden 2 Tage, 450 Stunden 3 Tage, 600 Stunden 4 Tage
Anfang Juni vereinbarten beide Seiten in einem
Sondierungsgespräch 5 Verhandlungstermine bis
Mitte Oktober, mit dem Ziel bis dahin die Verhandlungen abzuschließen. Der angestrebte Zeitplan
konnte nicht ganz eingehalten werden, aber am
19.12.2015 war der Tarifvertrag nach einem zähen
Endmarathon unter Dach und Fach. Julian Jaedicke, ver.di Mittelhessen
Lohnerhöhung zum 1.4.2017: 75 Euro für alle
Stichworte Median
Nach der Übernahme von vier Häusern der Lielje-Gruppe
Mitte Dezember 2015 beschreibt sich Median am 4. Februar
2016 in der Pressemitteilung anlässlich der Übernahme
des ambulanten Reha-Zentrums Medica-Klinik in Leipzig
(175 Beschäftigte) von Sana selbst: »Median ist ein modernes Gesundheitsunternehmen mit über 70 Rehabilitationskliniken, Akutkrankenhäusern, Pflege- und Wiedereingliederungseinrichtungen an 45 Standorten und Deutschlands
größter privater Betreiber von Rehabilitationskliniken.
Mit ca. 10.000 Mitarbeitern und rund 13.000 Betten bzw.
Behandlungsplätzen gehört Median zu den marktführenden
Gesundheitsunternehmen.« »Das Unternehmen mit Sitz in
Berlin entstand 2015 durch die Fusion der Median-Kliniken
und der RHM Kliniken und Pflegeheime«. Zu RHM und den
Median-Verkauf
an Waterland
siehe Infodienst
67, S. 36 und
FREESTYLE
68, S. 23
26
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Aufsichtsrat für die
Median Kliniken GmbH bestellt
Mitte November 2015 wurde
Parallel wurden von der Kon-
Konzerne
So wird die Stellung der Inter-
ein Aufsichtsrat für die Median
zernleitung Anfang Dezember
essen der Arbeitnehmerinnen
Kliniken GmbH mit ihren 13 Stand-
2015 ordentliche Aufsichtsrats-
und Arbeitnehmer nachhaltig im
orten und rund 2.400 Beschäftig-
wahlen eingeleitet, die am 8. Juni
Unternehmen gestärkt. Eine starke
ten in den ostdeutschen Bundes-
2016 stattfinden werden.
ver.di bei Median bleibt auch das
ländern gerichtlich bestellt.
Nachdem das Unternehmen,
Das besondere Engagement von
ver.di wird auch in der Besetzung
als Teil der sog. Median-Gruppe
des gerichtlich bestellten Auf-
bereits seit Ende 2014 auf über
sichtsrats deutlich, dieser besteht
2.000 Beschäftigte gewachsen
auf Seiten der Beschäftigten und
war, konnte nun, auch mit Hilfe
Gewerkschaftsvertreter/innen
von ver.di ein Aufsichtsrat gemäß
komplett aus ver.di-Mitgliedern.
Ziel für die kommenden Aufsichtsratswahlen im Juni. Michael Dehmlow, ver.di-Bundesverwaltung
Mitbestimmungsgesetz (MitbestG)
FREESTYLE
(2)
bestellt werden.
Stichworte Lielje – ein altes Foto und seine Geschichten
– Werretal-Klinik, Löhne (NRW): Insolvenz 1998. 2002 zog die Ber olina-Klinik in
das leerstehende Gebäude der W erretal-Klinik. Seitdem steht das alte Ber olinaGebäude leer und soll abgerissen wer den.
– Reha-Klinik »Mutiger Ritter«, Bad Kösen (Sachsen-Anhalt): 1998 Einstellung
des Betriebs, ab 1999 Kurhotel, 2006 V erkauf der Immobilie an die Kösener
Spielzeug Manufaktur GmbH, jetzt W erksmuseum, »Erlebniswelt« und Hotel.
– Park Reha-Klinikum, Bad Gandersheim (Niedersachsen): 1998 Insolvenz
mit anschließendem Leerstand, sieben erfolglose V ersteigerungsversuche,
2004 Übernahme der »Klinik-Ruine« durch Paracelsus und Neueröffnung
als Paracelsus-Klinik an der Gande, seit 2013 Paracelsus Roswitha-Klinik
Bad Gandersheim.
– Blomberg-Klinik, Bad Laer (Niedersachsen): 1999 an Jens Hasselmann,
Bad Rothenfelde (Hasselmann-Gruppe), verkauft.
– Reha-Klinikum »Hoher Fläming«, Bad Belzig (Brandenburg): 2009 an den
Verein Oberlinhaus Potsdam (Diakonie) verkauft.
– Salze Klinik I, Bad Salzdetfurth (Niedersachsen): 2010 an Rhön verkauft, jetzt
Helios-Klinik Bad Salzdetfurth.
– Nordsee Reha-Klinikum I, St. Peter-Ording (Schleswig-Holstein): 2011 an die
Fuest-Familienstiftung verkauft, jetzt Strandklinik St. Peter -Ording.
DANIEL WREDE
– Nordsee Reha-Klinikum II, St. Peter-Ording: 2011 an das Berufsgenossenschaftliche Unfallklinikum Hamburg verkauft, jetzt BG Nor dsee Reha-Klinik.
– Salze Klinik II, Bad Salzdetfurth (Niedersachsen), Saale Reha-Klinikum I und II
sowie Kinder-Reha-Klinik »Am Nicolausholz«, Bad Kösen (Sachsen-Anhalt):
Bekanntgabe der Über nahme durch Median im Dezember 2015.
– Berolina-Klinik, Löhne (NRW): Die einzige wirtschaftlich erfolgr eiche Klinik wird
weiterhin von Lielje betrieben. ver.di wird jetzt versuchen, dort einen Haustarifvertrag zu verhandeln, was vorher mit V erweis auf die finanzielle Gesamtsituation der Lielje-Kliniken verweigert wur de. Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
27
Konzerne
Median Bernkastel-Kues:
Wo bleibt das Angebot? – Mantel gekündigt
Nach den Aktionen im Herbst
2% und im dritten Jahr der Lauf-
Zum Reha-Zen-
warten die Beschäftigten weiter
zeit eine Erhöhung von durch-
trum Bernkastel-
auf ein deutlich verbessertes,
schnittlich 1,2%.
Kues (Rheinland-
annehmbares Tarifangebot des
Pfalz) siehe
Arbeitgebers. Bisher hat sich der
annehmbares Angebot des Arbeit-
auch Infodienst
Arbeitgeber nicht bewegt. Dar-
gebers kommen, bleibt nur die
67, S. 38,
über hinaus hat er den gültigen
Möglichkeit des Arbeitskampfes,
69, S. 30 und
Manteltarifvertrag gekündigt.
um die Forderungen durchzuset-
71, S. 30
Die bisherigen Tarifangebote des
Sollte es in absehbarer Zeit kein
zen und dem Arbeitgeber zu
Arbeitgebers waren nicht akzepta-
zeigen, dass wir auch zukünftig
bel und sahen folgendes vor:
unsere Rechte sichern werden! Im ersten Jahr keine tabellenwirksame, nachhaltige Erhöhung
Thorsten Servatius, ver.di Region
2012
Stichworte
Reha-Zentrum Bernkastel-Kues
Das Reha-Zentrum besteht aus
vier Kliniken mit insgesamt etwa
600 Beschäftigten und 826 Betten. Saar Trier
und im zweiten Jahr eine Entgeltsteigerung von durchschnittlich
Michels-Kliniken: Der Manteltarifvertrag
für die Brandenburgklinik ist geschaf ft!
JÖRG GUTKNECHT
Im Bereich der Rehakliniken in privater Trägerschaft
haben Tarifverträge ja eher Seltenheitswert. Aber
dort, wo die Beschäftigten aktiv werden, sich in
ver.di organisieren und gemeinsam ihre Interessen
vertreten, kann es gelingen, tarifvertragslose Zonen
zu verlassen und die Arbeitsbedingungen und Einkommen abzusichern und zu verbessern. Ein Beispiel:
Nach der ersten Initiative eines
Anfang 2017 über noch nicht
Siehe auch Info-
damaligen Betriebsrates im Okto-
erreichte Forderungen wieder ver-
dienst 69, S. 22
ber 2013, zahlreichen Aktionen
handelt werden kann.
und Diskussionen, bis zur Arbeits-
Außerdem sollen im ersten Quar-
kampffähigkeit gestiegener Mit-
tal 2016 Verhandlungen über eine
gliederzahl, Warnstreiks und
Entgeltordnung und einen Entgelt-
Streiks ist es im Dezember 2015
tarifvertrag aufgenommen werden.
gelungen, erstmals einen Mantel-
Janine Balder, vor Ort zustän-
tarifvertrag für die Brandenburg-
dige Gewerkschaftssekretärin,
klinik abzuschließen.
resümiert: »Das Verhältnis zum
Nachdem etwa 81% der ver.di-
Arbeitgeber ist inzwischen sehr
Mitglieder im Januar 2016 dem
kooperativ. Im November 2015
Abschluss zugestimmt hatten, soll
gab es sogar eine Betriebsver-
der Tarifvertrag nun zügig unter-
sammlung für jeden Klinikbereich
zeichnet werden und rückwirkend
mit ver.di und Herrn Michels ge-
zum 1.1.2016 in Kraft treten.
meinsam. Das werten wir als vol-
Erstmals wieder kündbar ist er
bereits zum 31.12.2016, so dass
28
Stichworte
Michels-Unternehmensgruppe
Die Michels-Unternehmensgruppe betreibt
Rehakliniken und Pflegeeinrichtungen, Hotels
und Ferienwohnungen sowie diverse Servicegesellschaften (www.michelskliniken.de,
www.michelsunternehmensgruppe.de).
– Brandenburgklinik Berlin-Brandenburg,
Bernau bei Berlin, etwa 700 Betten, davon
etwa 130 Akutbetten
– Sachsenklinik Bad Lausick, 310 Betten
– Neurologisches Rehabilitationszentrum
Leipzig, 180 Betten
– Ambulantes Therapiezentrum Leipzig
– Herzog-Julius-Klinik, Bad Harzburg (Nds.),
180 Betten
– Barbarossa-Klinik - Neurologisches Rehabilitationszentrum Harz, Bad Harzburg
(Nds.), 140 Betten len Erfolg!« Rainer Bobsin
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Insolvenz der AWO Gesundheitsdienste gGmbH
Konzerne
Zum Stand der Zerschlagung eines komplexen Gesundheitsunter nehmens
Vorgezogene Einhäusigkeit
Tochtergesellschaft AWO GSD des
durch Schließung des Kranken-
AWO-Bezirksverbandes Hannover
hauses Hann. Münden
Insolvenz anmelden. In der Folge
Wegen der anhaltend hohen
haben wir eine Geisterbahnfahrt
Verluste im Krankenhaus Hann.
ganz besonderer Art erlebt, die bis
Münden (KHM) und zur Vorberei-
heute nicht beendet ist.
tung auf den Verkauf der Kran-
J A N -C O R D F U H R M A N N (2)
Im Frühjahr 2015 musste die
Dezember 2015 geschlossen,
und MVZ an die DaV ita Süd-
nachdem die Abteilungen in das
Niedersachsen GmbH
Nephrologische Zentrum Hann.
Nachdem zunächst die gesamte
AWO GSD mit ihren Einrichtungen
K A D E L O R C H (2)
kenhäuser wurde das KHM im
Verkauf der Dialysezentren
Münden überführt wurden.
Dort ist bereits ein Erweiterungs-
und weiteren Tochtergesellschaf-
bau im Entstehen, in den beide
ten an ein Bieterkonsortium ver-
Häuser (unter dem neuen Namen
einer Eintrittsprämie zugesagt. Mit
Zur AWO GSD
kauft werden sollte und dieser
Klinikum Hann. Münden) ohnehin
dem Wechsel in die Transfergesell-
siehe auch
Deal in letzter Sekunde geplatzt
Ende 2016 zusammengeführt wer-
schaft ist für die Beschäftigten
Infodienst 56,
war, wurden im September 2015
den sollen.
gleichzeitig der Verzicht auf eine
S. 45ff.
bereits die »Sahnestückchen«, die
Mit der vorgezogenen Einhäusig-
Kündigungsschutzklage verbunden.
Dialysezentren in Hannover, Stadt-
keit ging ein massiver Personal-
hagen, Bad Münder und Hann.
abbau vonstatten, in geringerem
Sanierungstarifvertrag ver.di
der MVZ und
Münden, sowie die MVZ in Bad
Umfang auch in Bad Münder. Um
und Marburger Bund und der
Dialysezentren
Münder und Hann. Münden an die
diesen sozial abzufedern, wurde
Klinikpartner Niedersachsen
durch DaVita
DaVita Süd-Niedersachsen GmbH
ein umfangreicher Sozialplan und
GmbH
siehe auch Info-
verkauft. Das Dialysezentrum am
Interessenausgleich mit den Be-
Bathildis-Krankenhaus in Bad
triebsräten ausgehandelt und eine
der beiden Krankenhäuser – der
Pyrmont war schon vorher auf-
Transfergesellschaft eingerichtet,
Deister-Süntel-Klinik in Bad
gelöst worden.
in die auch Beschäftigte der Toch-
Münder und des Nephrologischen
tergesellschaft GSD-L wechseln
Zentrums in Hann. Münden –
werden.
hatte die Klinikpartner Nieder-
Die etwa 70 betroffenen KollegInnen behalten ihre Tarifbindung
zunächst statisch weiter, wobei
Der potenzielle Käufer, die Kli-
Zur Übernahme
Als Bedingung für den Kauf
dienst 71, S. 28
sachsen GmbH den Abschluss
das Unternehmen schon ange-
nikpartner Niedersachsen GmbH
eine Sanierungstarifvertrages mit
kündigt hat, jedem und jeder
hatte den Personalabbau und das
ver.di und dem Marburger Bund
neue Arbeitsverträge anbieten zu
Zustandekommen der Transfer-
gemacht. Nach langwierigen Ver-
wollen.
gesellschaft zur Bedingung für den
handlungen, die sich auch auf-
Kauf gemacht, so dass um die
grund der Haltung der im Marbur-
Arbeitgeberseite nicht angestrebt,
finanzielle Ausstattung und damit
ger Bund organisierten Ärztinnen
weil das mit den Grundsätzen der
auch die Attraktivität für die
und Ärzte oft als schwierig erwie-
amerikanischen Unternehmensfüh-
Beschäftigten lange gerungen
sen, konnten kurz vor Weihnach-
rung nicht vereinbar sei. Die Wahl
wurde. Zuletzt hatten sogar das
ten beide Gewerkschaften ein Eck-
eines Betriebsrates ist bereits ein-
Land Niedersachsen und der Land-
punktepapier unterzeichnen.
geleitet.
kreis Göttingen noch jeweils
Eine Tarifbindung wird von der
300.000 Euro für die Erhöhung
Für die KollegInnen, die unter
den ver.di Tarifvertrag fallen, sieht
dieser Abschluss einen Verzicht
auf die Jahressonderzahlung
bei gleichzeitigem Ausschluss
betriebsbedingter Kündigungen
bis 2018 vor. Bei den Ärzten Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
29
Konzerne
wird sich die Wochenarbeitszeit
keine Tarifbindung besteht. Hier
der Rehaklinik geklärt ist. Sie
auf 41 Std./Wo. erhöhen.
eine Änderung hinzubekommen,
bietet ihre Dienstleistungen der-
werden wir im Rahmen der Tarif-
zeit auch für die Klinikpartner
die bestehende Tarifbindung
verhandlungen beim AWO-Bezirks-
Niedersachsen an.
durch einen Haustarifvertrag ana-
verband Hannover und seinen
log TVöD für die KollegInnen zu
Tochtergesellschaften auf die
sichern.
Tagesordnung bringen.
AWO GSD-B geht auf den
Weiterhin ungewisse Zukunft
zen der Handlungsfähigkeit ge-
Bezirksverband über
der Rehaklinik in Bad Münder
bracht. Insbesondere die Interes-
und der AWO GSD-L
senvertretungen haben einen
Gleichzeitig ist es so gelungen,
Fazit
Die Komplexität des Prozesses
hat uns etliche Male an die Gren-
Die Tochtergesellschaft AWO
schwierigen Job gehabt, den sie
GSD-B, die bislang ambulante und
Für die Rehaklinik in Bad Mün-
stationäre Altenpflege und Hospiz-
der ist die Zukunft weiterhin un-
sehr gut gemeistert haben. Wir
dienste im Angebot hatte, wurde
gewiss. Ob ein Käufer gesucht
konnten trotz hohen politischen
zum 1. Januar 2016 auf eine an-
wird oder die Klinik in Eigenregie
Einsatzes harte Einschnitte nicht
dere Tochtergesellschaft des AWO-
saniert wird, ist zurzeit noch
immer vermeiden. Für die meisten
Bezirksverbandes Hannover über-
offen. Solange verbleiben die Kol-
Beschäftigten ist es aber gelun-
tragen.
legInnen in der AWO GSD.
gen, eine Tarifbindung zu erhalten
Da nur Gesellschaftsanteile ver-
Die AWO GSD-L, die Logistik-
kauft wurden, ist kein Betriebs-
tochter der AWO GSD, wird noch
übergang vorgesehen, so dass für
so lange ihre Dienstleistungen zur
die KollegInnen auch weiterhin
Verfügung stellen, bis die Zukunft
und die Arbeitsverhältnisse zu
sichern. Aysun Tutkunkardes, ver.di
Niedersachsen-Bremen
Paracelsus-Entgeltrunde:
Arbeitgeber spielen weiter auf Zeit
Die Antwort der Arbeitgeber: Bis
Siehe auch Info-
Nach drei Jahren ohne reguläre
dienst 70, S. 18
Tarifsteigerung hat die ver.di-Tarif-
auf die standardmäßigen »Maß-
und 71, S. 32
kommission unter dem Motto
halteappelle« keine konkreten An-
»Jetzt sind wir dran!« ihre Forde-
gebote zur Entgeltsteigerung.
Dabei musste die Verhandlungs-
neuen Konzern-Entgelttarifvertra-
kommission trotz anders lautender
ges beschlossen: Steigerung der
Beteuerungen der Arbeitgeber
Entgelte rückwirkend ab dem
wieder einmal feststellen, dass die
1.11.2015 um 7,5%, mindestens
Arbeitgeber auf Zeit spielen.
aber um 150 Euro monatlich.
Aus Sicht der Paracelsus-Arbeit-
R E N AT E S T I E B I T Z
rungen für den Abschluss eines
weiter voranzukommen. Offen-
Dies kann durch die Zuordnung
geber sind die Beschäftigten noch
sichtlich reichen gute Argumente
der Tätigkeiten im Rahmen der
lange nicht »dran«! Das soll noch
alleine nicht mehr – die Verhand-
neuen Entgeltordnung oder durch
dauern …
lungen laufen bereits seit 14 Mo-
eine Anhebung der bisherigen Vergütungen erfolgen.
Umso wichtiger wird jetzt, dass
sich alle Beschäftigten in den
Darüber hinaus fordert die Tarif-
Paracelsus-Kliniken Anfang März
kommission vier freie Tage jährlich
an den geplanten ver.di-Aktions-
für ver.di-Mitglieder und dass die
tagen beteiligen.
Verhandlungen zum neuen Kon-
Mit bundesweiten Aktionen in
zern-Entgelttarifvertrag bis zum
allen Kliniken soll Druck gemacht
31.3.2016 abgeschlossen werden.
werden, um am Verhandlungstisch
30
naten!
Die Tarifverhandlungen werden
am 10./11.3.2016 fortgesetzt. Sven Bergelin, ver.di-Bundesverwaltung
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Kurz-Portrait: Orpéa S.A.
Konzerne
ten Infodienst-LeserInnen vermutlich denken –
und genau deshalb wollen wir hier einen der am
FREESTYLE
stärksten expandierenden Gesundheitskonzerne
Europas kurz vorstellen. Seit 2014 befindet sich
Orpéa auch in Deutschland auf Einkaufstour.
Orpéa
Die Orpéa S.A. ist eine an der Euronext Paris ge-
W W W .O R P E A . C O M
Wer oder was ist denn Orpéa, wer den die meis-
Celenus-Kliniken
2010: Der Finanzinvestor Auctus Capital Partners
handelte Aktiengesellschaft französischen Rechts
(München) übernimmt im Rahmen eines Manage-
mit Sitz in Puteaux bei Paris. Sie plant, baut, kauft
ment-Buy-Outs die Rehakliniken der Marseille-
und betreibt Pflegeheime, unter dem Namen Clinéa
Kliniken AG (8 Rehakliniken und ein ambulantes
auch Rehakliniken und psychiatrische Einrichtungen
Rehazentrum, zusammen 1.269 Betten). Neuer
– im Gegensatz zu den meisten anderen Reha- und
Name: Celenus-Kliniken, Sitz in Offenburg (Baden-
Pflegeheimkonzernen überwiegend mit eigenem
Württemberg) (Auctus-Pressemitteilung 20.5.2010,
Immobilienbestand. Zurzeit etwa 42.000 Beschäf-
www.auctus.com).
tigte.
Mai 2015: Bekanntgabe des Verkaufs an Orpéa
Seit 2014 erfolgt eine starke Expansion vor allem
im von Orpéa so genannten »German-speaking
Europe«. März 2014: Übernahme Senevita, Schweiz
(Orpéa-Pressemitteilung 18.5.2015, Auctus-Pressemitteilung 10.7.2015).
Weitere Expansion: Ende Oktober 2015 Erwerb der
(21 Einrichtungen, 2.300 Betten), April 2014: Silver
Rehaklinik an der Salza (206 Betten) in Bad Langen-
Care, München (61, 5.963), Januar 2015: SeneCura,
salza (Thüringen), Ankündigung des Neubaus einer
Österreich (55, 4.236), Mai 2015: Celenus-Kliniken,
Rehaklinik (bis zu 240 Betten) mit Pflegeeinrichtung
Offenburg (15, 2.602), Juli 2015: Residenz-Gruppe,
(80 Plätze) auf dem Gelände des Klinikums Stadt
Bremen (38, 3.006), September 2015: Vitalis, Dres-
Soest (NRW) und im Januar 2016 Bekanntgabe der
den (25, 2.487).
Übernahme der Parkklinik (105 Betten) in Bad Berg-
Insgesamt 697 Einrichtungen (68.691 Betten),
zabern (Rheinland-Pfalz). Damit zurzeit etwa 2.000
davon 354 Einrichtungen (32.743) in Frankreich und
MitarbeiterInnen und 2.910 Betten in 17 Kliniken
156 Einrichtungen (16.074) in Deutschland. Weitere
(www.celenus-kliniken.de).
in Belgien, Italien, Spanien, Tschechien und seit
Andererseits berichten mehrere Presseartikel im
Anfang 2016 in Polen. Die Eröffnung des ersten
Dezember 2015, dass Orpéa/Celenus die Schließung
chinesischen Pflegeheims steht kurz bevor.
der Klinik Ortenau (Baden-Württemberg) plane. Sie
2015 fast 2,4 Milliarden Euro Umsatz (nach 1,9 Mill.
soll in die etwa 15 km entfernte Klinik Kinzigtal inte-
2014 und 1,6 Mill. 2013). Etwa 67% des Umsatzes in
griert werden. Betroffen seien etwa 60 Beschäftigte.
Frankreich, 12% in Deutschland. 2014 136 Mio. Euro
Eine »sozialverträgliche« Reduzierung um bis zu
Gewinn, EBIT-Marge 15,9% (www.orpea-corp.com,
15 Vollkräfte sei vorgesehen. Orpéa Full-year 2014 results, Orpéa-Presseerklärung
vom 10.2.2016 zum Jahresergebnis 2015). Celenus-Klinik für Neurologie Hilchenbach
In der 2012 von der Allgemeinen Hospital-
Zur Tarifausein-
gesellschaft (AHG AG) übernommenen Klinik für
andersetzung
Neurologie Hilchenbach (NRW), etwa 350 Beschäf-
2013 siehe Info-
tigte, 210 Betten, konnte ein Entgelttarifvertrag
dienst 63, S. 40
abgeschlossen werden. Der nicht mehr gültige
und 64, S. 37
AHG-Manteltarifvertrag wird per Einzelarbeitsvertrag
vereinbart.
In der seit Frühjahr 2015 schleppend laufenden Entgeltrunde gab es im Dezember 2015 erste Annäherungen, Mitte Februar 2016 soll weiter verhandelt
Warnstreik in Hilchenbach am 24. November 2015
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
werden. 31
Berufspolitik
Aufwertung durch Verschulung?
Anmerkungen zum Pflegeberufsgesetz (Regierungsentwurf)
Am 13. Januar 2016 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Pflegeberufsgesetzes (PflBG) beschlossen, ihn dem Bundesrat zur Stellungnahme übermittelt und damit das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet.
Bundesgesundheitsminister Gröhe will damit den »Zukunftsberuf Pflege«
»jetzt noch attraktiver machen«.
Die drei Ausbildungsberufe der Altenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und Gesundheits- und Krankenpflege sollen zu einem
Beruf mit der Bezeichnung Pflegefachmann/Pflegefachfrau zusammengefasst werden.
Ausbildungsbetriebe zu Praxisstel-
obwohl sie im Gesetz auch endlich
forderungen des Arbeitsmarktes, 1
len zu verkommen. Die betrieb-
»Auszubildende« heißen sollen,
wonach in allen Arbeitsbereichen
liche Anbindung geht weitgehend
faktisch zu Schülerinnen und
der Pflege, besonders in der sta-
verloren, die Schule wird zum
Schülern degradiert.
tionären Versorgung, Spezialisten
Zentrum der Ausbildung, die das
benötigt werden und Generalisten
Ganze organisieren und koordinie-
nur ambulante Pflegedienste, son-
ohne vertiefende Kompetenzen
ren soll.
dern auch Krankenhauskonzerne
Ignoriert werden dabei die An-
Es ist zu befürchten, dass nicht
Sie soll nicht nur den zwischen
von dieser Möglichkeit Gebrauch
Betrieb und Auszubildenden abzu-
machen werden und ihre Auszu-
schließenden Ausbildungsverträ-
bildenden in große Ausbildungs-
Schule als Zentrum
gen zustimmen, sondern gleich
zentren auslagern, die dann für sie
der Ausbildung
auch noch die Einhaltung der be-
als Dienstleister die Ausbildungs-
allenfalls in der ambulanten Versorgung gebraucht werden.
trieblichen Ausbildungspläne über-
aufgaben übernehmen, ohne dass
Altenpflege-, Krankenpflege- und
wachen und deren Anpassung an
lästige Betriebsräte und Jugend-
Kinderkrankenpflegeschulen zu
die schulischen Lehrpläne erzwin-
und Auszubildendenvertretungen
»Pflegeschulen« werden die in
gen können.
wirksam die Qualität der betrieb-
Mit dem geplanten Umbau der
den letzten fünfzehn Jahren müh-
Der Gesetzesentwurf geht aber
lichen Ausbildung beeinflussen
können.
sam aufgebauten Ausbildungs-
noch weiter, indem er zulassen
strukturen in der Altenpflege
will, dass die Aufgaben des Trä-
gefährdet, weil vor allem kleine
gers der praktischen Ausbildung
Schulen das geforderte Ausbil-
bis hin zum Abschluss des Ausbil-
dungsangebot in der benötigten
dungsvertrags vom Betrieb auf die
Betrieb folgen auch die im Geset-
Breite kaum werden anbieten
Pflegeschule übertragen werden
zesentwurf erstmals vorgesehenen
können.
können. Damit geht nicht nur die
Regelungen zur Ausbildung an
betriebliche Mitbestimmung ver-
Hochschulen. Während bei den
loren, die Auszubildenden werden,
zurzeit noch laufenden Modell-
Wegen der Vielfalt an relativ
kurzen Praxiseinsätzen 2 drohen
Hochschulausbildung losgelöst
Dem Trend zur Entkopplung vom
Impressionen vom ver.di-Jugendseminar »Pflegeausbildung 2.0«, Anfang Februar 2016 in Naumburg
32
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Berufspolitik
versuchen an Hochschulen nach
Pflegearbeit rechtfertigen. Das gilt
Anteil« an Praxiseinsätzen durch
§ 4 Abs. 6 AltPflG / KrPflG die
auch für »innovative Lösungs-
»praktische Lerneinheiten« an der
Vorschriften zum Ausbildungsver-
ansätze zur Verbesserung im eige-
Hochschule ersetzt werden kön-
hältnis, also Ausbildungsvertrag,
nen beruflichen Handlungsfeld«
nen. Die Vorgaben der Ausbil-
Ausbildungsvergütung, Rechte
und dergleichen Worthülsen mehr.
dungs- und Prüfungsverordnung
scheinen für die Studierenden
und Pflichten usw. einzuhalten
sind, sollen Studierende, Betriebe
und Hochschulen von derlei Ver-
Rechtlos in der Praxis
Gravierender als das Wortgeklin-
nicht gelten zu sollen. »Die weitere Ausgestaltung des Studiums
pflichtungen künftig entbunden
gel bei den erweiterten Ausbil-
obliegt den Hochschulen«, heißt
werden.
dungszielen, auf deren Operatio-
es lapidar. Allein die Vorgaben der
nalisierung in curriculare Konzepte
EU-Richtlinie 2005/36/EG sollen
man gespannt sein kann, ist der
beachtet werden, die zum Glück
Mangel an Regelungen zur prakti-
einen Praxisanteil von mindestens
bildung erweiterte Ausbildungs-
schen Ausbildung für die Studie-
50 Prozent der vorgesehenen Min-
ziele verfolgt werden sollen, ist
renden und die Rechtlosigkeit,
deststundenzahl von 4.600 Stun-
aus der Zielbeschreibung nicht zu
mit der sie in die Praxisfelder ge-
den vorschreibt. entnehmen, für welche besonde-
schickt werden sollen. Während im
ren Tätigkeiten diese Kompeten-
Eckpunktepapier der Bund-Länder-
zen gedacht sind. Hochkomplexe
Arbeitsgruppe 3 noch eine Ausbil-
Pflegeprozesse sollen gesteuert
dungsvergütung vorgesehen war,
werden, als finde sich die Fähig-
ist die jetzt ebenso gestrichen wie
keit zur Gestaltung hochkomple-
eine Vorgabe zur Strukturierung
xer Pflegeprozesse ausgerechnet
der Praxiseinsätze.
Erweiterte Ziele
Obwohl mit der Hochschulaus-
an unseren Fachhochschulen. Das
Hier haben sich offenbar die
geforderte vertiefte Wissen über
Hochschulen durchgesetzt, denen
gesellschaftliche und institutio-
berufspraktische Erfahrungen in
nelle Rahmenbedingungen wird
der Versorgung offenbar ein
kaum eine höhere Bewertung der
Gräuel sind. So soll ein »geringer
1 Gerd Dielmann: Neue Berufsbilder in
den Kliniken – Chancen und Risiken, in:
Infodienst Krankenhäuser 51 (Dezember
2010), S. 28-30
2 Gerd Dielmann: Zur geplanten Reform
der Pflegeausbildung: Kommt die
»Generalist Nurse«? in: Infodienst Krankenhäuser 69 (Juni 2015), S. 42-45
3 Gerd Dielmann: Eckpunktepapier der
Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Ausbildungsreform liegt vor, in: Infodienst
Krankenhäuser 57 (Juni 2012), S. 51-55
Den Regierungsentwurf zum Pflegeberufsgesetz findet ihr als PDF zum Download unter
http://www.bmg.bund.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2016-1-quartal/pflegeberufsgesetz.html
Einen Themenschwerpunkt Pflegeausbildung gibt auf den ver .di-Internetseiten unter
http://tinyURL.com/verdiPflegeausbildung
Grundlage unserer Arbeit ist der Beschluss des ver .di-Bundeskongresses vom September 2015.
Der Antrag »Qualitativ hochwertige Ausbildung in den Pflegeberufen sicherstellen« kann als PDF
unter dem Kurzlink http://tinyURL.com/verdiBeschlussG039 abgerufen werden.
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
33
Berufspolitik
So wird dann auch das Staatsexamen entstaatlicht, indem die
werden das Ergebnis sein, sondern
dere, die bereits ein Verhältnis von
rückläufige.
1:15 realisiert haben, werden es
wohl nach unten anpassen.
Landesprüfungsbehörden ihren
Part an die Hochschulen abgeben
können. Ein heiteres Basteln
Viel Minus wenig Plus
Die Anrechnung gleichwertiger
Verschlechterungen gibt es bei
den Fachbüchern, die nur noch für
von Studiengängen mit den origi-
Ausbildungen bleibt Ermessens-
die praktische Ausbildung zur Ver-
nellsten Bachelorabschlüssen ist
entscheidung der Behörden. Von
fügung gestellt werden sollen.
zu erwarten.
der versprochenen Durchlässigkeit
Die Fehlzeitenregelung 4 bleibt
Die Praxisanleitung der Studie-
in den Hochschulbereich ist nur
mit 10 Prozent je Ausbildungs-
renden soll von den Praxiseinrich-
eine schlappe »Soll-Vorschrift«
bereich unverändert ungerecht
tungen übernommen werden. Sie
ohne zeitliche Vorgaben geblie-
und die Probezeit wird gegenüber
geht zu Lasten der anderen Aus-
ben, die kaum zu einer Anrech-
dem Referentenentwurf wieder
zubildenden, wenn keine zusätz-
nung erworbener Kompetenzen
auf sechs Monate erhöht.
liche Vergütung vereinbart werden
auf ein Hochschulstudium führen
kann. Die Studierenden werden
wird.
mehr als eineinhalb Jahre in Kran-
Dass es bei dem Projekt nicht
um Aufwertung der Pflegeberufe
Positiv ist die Vorgabe, mindes-
geht, sieht man auch daran, dass
kenhäusern und Pflegeeinrichtun-
tens 10 Prozent der praktischen
die Durchführung der Pflege,
gen ausgebildet werden, ohne die
Ausbildung unter »Praxisanlei-
der Kern des Berufs, ausdrücklich
Rechte und Pflichten von Auszu-
tung« erfolgen zu lassen. Was
nicht zu den vorbehaltenen Tätig-
bildenden, ohne Vergütung und
man darunter versteht, ist aber
keiten zählt, was einer Abwertung
ohne geregelte Ausbildungsbedin-
nicht definiert und zudem gibt es
gleichkommt.
gungen. Jedenfalls solange es
diese Vorgabe bereits in einigen
keine entsprechende tarifvertrag-
Bundesländern.
liche Regelung gibt.
Zur Durchführung der Pflege
bedarf es weiterhin keiner Quali-
Die Schulgeldfreiheit für die
fikation. Dafür werden Tätigkeiten
Altenpflege in den Ländern, die
unter Vorbehalt gestellt, die den
heime werden sich überlegen, ob
sie noch nicht eingeführt hatten,
Pflegeberufen ohnehin niemand
es nicht lukrativer ist, kostenlose
wird mit einer zu breit angelegten
streitig macht, wie die Erhebung
Praktikantinnen und Praktikanten
Ausbildung in unklaren Träger-
des Pflegebedarfs und ihre Eva-
aus Hochschulen zu beschäftigen
strukturen erkauft, bei der Schule
luation.
als selbst auszubilden. Hinzu
bzw. Hochschule künftig im
kommt, dass für die Studierenden
Mittelpunkt stehen. Eine Stärkung
die Anrechnung auf die Stellen
der dualen Ausbildung ist das nicht.
Die Krankenhäuser und Alten-
voll ausgebildeten Pflegepersonals
Eine Verhältniszahl von Lehr-
entfällt und damit der Eigenanteil,
kräften zu Auszubildenden von
den Betriebe sonst zu den Ausbil-
1:20 soll erstmals bundesweit fest-
dungskosten beitragen müssen.
gelegt werden. Für einige Länder
Nicht steigende Ausbildungszahlen
führt das zu Verbesserungen, an-
Aufwertung und Attraktivitätssteigerung gehen anders. Gerd Dielmann
4 Gerd Dielmann: Die Fehlzeitenregelung
für Pflegeberufe abschaffen! in: Infodienst Krankenhäuser 70 (Sept. 2015),
S. 34-35
Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarktberichterstattung
Aktuelle Fachkräfteengpassanalyse (Dezember 2015)
Kapitel 3.3 Gesundheits- und Pflegeberufe (Auszüge)
Examinierte Gesundheits- und Krankenpflegefachkräfte
Der Mangel bei den Gesundheits- und Krankenpflegekräften
konzentriert sich auf die examinierten Fachkräfte und Spezialisten. Bei Gesundheits- und Krankenpflegefachkräften beträgt die
Vakanzzeit von Stellenangeboten 114 Tage*. Auf eine bei der
BA gemeldete Stelle kann rechnerisch jedoch nicht einmal ein
Arbeitsloser vermittelt werden (auf 100 Stellen* kommen rechnerisch 80 Arbeitslose). Aufgrund einer im Vergleich zum Vorjahr
deutlich gesunkenen Arbeitslosigkeit in diesem Beruf (–9 Prozent) und einer merklich gestiegenen Zahl an gemeldeten Stellen
(+22 Prozent) ist das Verhältnis im Vergleich zur Analyse im
Dezember 2014 nochmal deutlich knapper geworden.
34
Examinierte Altenpflegefachkräfte
Der Mangel fokussiert sich auf examinierte Fachkräfte und
Spezialisten und zeigt sich ausnahmslos in allen Bundesländern.
In keinem Bundesland stehen ausreichend arbeitslose Bewerber
zur Verfügung, um die gemeldeten Stellen zu besetzen. Stellenangebote* für examinierte Altenpflegefachkräfte und -spezialisten sind im Bundesdurchschnitt 138 Tage vakant. Auf 100 gemeldete Stellen* kommen rechnerisch lediglich 40 Arbeitslose.
Weitere Infos und Download der PDF
https://statistik.arbeitsagentur.de/arbeitsmarktberichte
* außerhalb der Zeitarbeit
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Praktisch.Besser.Jetzt!
Auszubildende machen Druck
en! d Sozialwesen | 8. bis 10. Juni 2016 |
JetznfterenaznimmGeesuld
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JAV-Ko
Infodienst 71, S.
n) | siehe auch
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es
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W
Berufspolitik
ferenz2016
RL.com/JAVkon
http://tinyU
Nach der ersten Aktionswoche
im Juni hat eine weitere Aktionswoche unter dem Motto »Wir
machen Druck!« Anfang November in den Projektbetrieben von
»Praktisch.Besser.Jetzt!« stattgefunden.
Zu den Themen Praxisanleitung,
Urlaubsplanung, Stations-Hopping
und Kosten für Ausbildungsmittel
haben Auszubildende und deren
JAV gemeinsam mit ver.di gezeigt,
dass sie auf Verbesserungen ihrer
das Projekt im Betrieb bei ihren
praktischen Ausbildung nicht
Kolleginnen und Kollegen in Aus-
warten werden. Sie werden sie
bildung voranzubringen. Mit der
einfordern, damit der Weg für
Frage »Keine gute Ausbildung
eine Dienst- oder Betriebsverein-
unter’m Weihnachtsbaum gefun-
barung frei wird.
den?« wurde den Auszubildenden
Klappkarten überreicht, die einerseits die Antwort auf die Frage
mitbrachten und andererseits
Von einer guten praktischen
mittels Taschenkalender für eine
Ausbildung profitieren alle im Be-
zeitliche Orientierung in 2016
trieb. Wir wollen die Pflegeberufe
sorgen.
aufwerten, und diese Aufwertung
beginnt bei einer qualitativen
Mit Spaß dabei
In mehreren Betrieben wurden
Es zeigt Wirkung
In einigen Betrieben werden be-
hochwertigen Ausbildung! Deshalb: Weitermachen und das
die anstehenden JA-Versammlun-
reits Betriebs- oder Dienstverein-
Thema im Betrieb weiterhin ver-
gen genutzt, um das ausgewählte
barungen verhandelt, andere sind
ankern! Thema im Rahmen unseres Pro-
auf dem Weg dorthin. Unsere
jekts »Praktisch.Besser.Jetzt!« vor-
Aktivitäten im Projekt zeigen
anzutreiben. Dabei sind tolle Ak-
Wirkung, das ist super! Wenn-
tionsideen umgesetzt worden, von
gleich die Verhandlungen noch
Tagging-Aktionen bis zum »selbst-
ergebnisoffen sind, kommen wir
gebackenen« Praxisanleiter.
unserem Ziel für betriebliche
Auch den Jahreswechsel haben
Aktive als Gelegenheit genutzt,
Für die Projektgruppe Mario
Gembus, ver.di-Bundesverwaltung
Regelungen für eine gute praktische Pflegeausbildung damit entscheidend näher.
Aktuelle Informationen zum Projekt
sind unter dem Hashtag #PraktischBesserJetzt sowohl bei Facebook als
auch Instagram zu finden. Zudem gibt es weitere Informationen auf der
Homepage www.gesundheit-soziales.verdi.de/ueber-uns/jugend. Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
35
Berufspolitik
Pflegekammern – ein Überblick Teil 1
ver.di beteiligt sich trotz Kritik an Pflegekammern. Warum eigentlich?
Ein Interview (Oktober 2015)
Karola Fuchs ist Leiterin einer
Pflegeberufe nun mit einer Stimme
?¿ Die Kritiker verweisen auch
Intensivstation im Klinikum Idar-
sprechen. Die unterschiedlichen
auf einen Tarifvertrag an der Uni-
Oberstein und ver.di-Vertreterin im
Standpunkte bestehen schließlich
versitätsmedizin Mainz, mit dem
Gründungsausschuss zur Errich-
weiter.
die Pflichtbeiträge kompensiert
werden. Ist es richtig, trotz der
tung einer Pflegekammer in Rheinland-Pfalz.
Das Interview mit ihr wurde
in einer Kurzfassung schon veröffentlicht: ver.di »drei« Nr. 55,
?¿ Ist es nicht gut, wenn eine
Instanz wie die Pflegekammer
Kritik an der Kammer solche Vereinbarungen zu schließen?
Fort- und Weiterbildungen regelt?
Karola Ganz klar. Wir waren
Karola Klar ist: Gerade in der
gegen die Zwangsmitgliedschaft,
Oktober 2015, Seite 10. Hier die
Pflege – die sich stets weiterent-
konnten uns damit aber nicht
ausführliche Fassung:
wickelt – ist Fort- und Weiter-
durchsetzen. Natürlich wollen wir
bildung ein wichtiges Thema. Die
die finanzielle Belastung der Kolle-
?¿ Zum 1. Januar 2016 wird in
entscheidenden Fragen für Pflege-
ginnen und Kollegen nun so ge-
Rheinland-Pfalz eine Pflegekam-
kräfte sind aber: Wird ihnen er-
ring wie möglich halten. Deshalb
mer mit Pflichtmitgliedschaft ein-
möglicht, an Fort- und Weiterbil-
sind Tarifverträge wie in Mainz –
geführt. ver.di hat das von Beginn
dungen teilzunehmen? Werden sie
wo der Arbeitgeber die Beiträge
an abgelehnt. Warum?
dafür von der Arbeit freigestellt?
der ver.di-Mitglieder übernimmt –
Wer trägt die Kosten? Auch hier
durchaus nachahmenswert.
Karola Fuchs Weil wir davon
überzeugt sind, dass die Einrich-
kann die Kammer keine Vorgaben
tung einer Pflegekammer die
machen.
im Gründungsausschuss und spä-
Probleme nicht löst.
?¿ Warum beteiligt sich ver.di in
?¿ Warum nicht?
Rheinland-Pfalz trotzdem an der
Karola Das gravierendste
Kammer?
Problem ist die enorme Arbeits-
?¿ Welche Ziele verfolgt ver.di
Karola Wir arbeiten konstruktiv
ter in der Kammer?
Karola Wir setzen uns für wirkliche Verbesserung ein. Wir nehmen zum Beispiel Einfluss auf den
belastung. Es gibt für die anfal-
mit, um die Interessen unserer
Fort- und Weiterbildungskatalog
lende Arbeit schlicht zu wenige
ver.di-Mitglieder zu vertreten.
und fordern Ansprüche auf Freistellungen. Das wollen wir auch
Pflegekräfte. Und darauf kann die
Kammer keinen direkten Einfluss
?¿ Manche Gegner der Pflege-
tarifvertraglich flankieren. Ein ak-
nehmen. Es gibt kein Durchgriffs-
kammer werfen ver.di vor, den
tuell ganz wichtiger Punkt ist die
recht, mit dem sie Arbeitgeber zur
Kampf aufgegeben zu haben.
Beitragsordnung: Wir sind dafür,
Einstellung von mehr Personal
Karola Wir geben den Kampf
dass die Pflichtbeiträge zur Pflege-
zwingen könnte. Es wäre daher
nicht auf. Und die Diskussionen in
kammer sozial gestaffelt werden,
falsch, diesbezüglich Erwartungen
diesen Gremien sind auch nicht
also abhängig von der Einkom-
zu wecken, die nicht erfüllt wer-
immer vergnügungssteuerpflichtig.
menshöhe sind. Es darf keinen
den können.
Doch was ist die Alternative? Das
Einheitsbeitrag geben – das wäre
Gesetz ist beschlossen, die Kam-
ungerecht. Auch in berufs- und
mer wird eingerichtet. Sollen wir
gesundheitspolitischen sowie in
dass die Stimme von Pflegekräften
uns jetzt in die Schmollecke zu-
vielen anderen Fragen werden wir
durch die Kammer mehr Gewicht
rückziehen und die Gestaltung
unsere Vorstellungen und Kompe-
bekommt.
den Berufsverbänden überlassen?
tenzen in die Diskussionen ein-
Das wäre für die Pflege und für
bringen. ?¿ Manche haben die Hoffnung,
Karola Die Politik hat jetzt
einen Ansprechpartner, der auf-
unsere Mitglieder sicher schlech-
grund der Pflichtmitgliedschaft
ter.
alle examinierten Pflegekräfte vertritt. Das heißt aber nicht, dass die
36
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Pflegekammern – ein Überblick Teil 2
Berufspolitik
»Gegen Kammern mit Zwang, für eine Interessenvertretung mit Macht«
Beschluss F 085 des ver.di-Bundeskongresses (September 2015)
Die Übertragung hoheitlicher
Die Arbeitgeber werden dage-
Aufgaben an Kammern käme einer
gen nicht in die Pflicht genommen
führung von Pflegekammern ein
Privatisierung bislang öffentlich
und die längst überfällige Verän-
und macht sich gegenüber dem
wahrgenommener Aufgaben
derung der Rahmenbedingungen
Bundesgesetzgeber für echte Ver-
gleich, bei der die Kosten in Zu-
nicht in Angriff genommen.
besserungen unter anderem durch
kunft von den Mitgliedern durch
eine gesetzliche Personalbemes-
deren Zwangsbeiträge getragen
Auf der Länderebene streiten wir
sung stark.
werden müssten.
auch künftig für bessere Rahmen-
Hier der Wortlaut:
ver.di setzt sich gegen die Ein-
Pflege ist eine verantwortungs-
Mit einer Pflegekammer würde
bedingungen für die Pflege und
volle Tätigkeit und verdient hohe
eine Reihe von neuen Pflichten
verbindliche, den Wettbewerb
Anerkennung. Dafür sind wir-
(unter anderem Meldepflicht, Fort-
durch ordnungspolitische Eingriffe
kungsvolle Maßnahmen erforder-
bildungspflicht, Berufspflicht)
regelnde Standards. Wir setzen
lich: eine bessere Bezahlung und
geschaffen, aber keine neuen
uns insbesondere auch für eine
bessere Arbeitsbedingungen durch
Rechte. Insbesondere die Berufs-
Verbesserung und Weiterentwick-
mehr qualifiziertes Personal.
pflichten können allzu leicht mit
lung der Aus-, Fort- und Weiterbil-
Pflichten aus dem Arbeitsverhält-
dung in den Pflegeberufen ein.
Pflegekammern mit Zwangs-
nis in Konflikt geraten. Ein Kon-
mitgliedschaft und Pflicht-
flikt, der dann von den abhängig
tisch gewollt und geschaffen
beiträgen lösen die Probleme
Beschäftigten allein zu lösen ist.
werden, gehen wir mit in Verant-
dagegen nicht:
Die Tarifautonomie liegt in
Dort, wo Pflegekammern poli-
wortung und bringen unsere Fach-
Dies zeigt, dass eine berufliche
Selbstverwaltung bei Freiberuflern
kompetenz zum Nutzen für die
Händen der Sozialpartner und
und Selbstständigen, die sonst
Pflegeberufe ein. Zu tragfähigen
würde durch die Einführung einer
keinen Weisungen unterliegen,
Kompromissen, die tatsächlich
Pflegekammer nicht berührt. In
sinnvoll sein mag. Bei Angestellten
an den Interessen der Pflegeberufe
den wichtigsten Fragen der Bezah-
wird das berufliche Verhalten je-
ausgerichtet werden, bieten
lung und Arbeitsbedingungen
doch sehr stark durch das Arbeits-
wir unsere konstruktive Mitarbeit
würde sich durch die Errichtung
verhältnis und seine Bedingungen
an. von Kammern nichts bewegen.
geprägt.
Einer Pflegekammer stünden
Ein Grundproblem der Pflege-
keine anderen Instrumente zur
kammer ist, dass diese nur auf
Verfügung als heute schon den
die Mitglieder der verkammerten
Berufsverbänden und Gewerk-
Berufe wirkt.
Gefahr, dass politisch Verantwortliche sich unter Verweis auf die
scheinbare Aufwertung der Pflegeberufe durch Kammern ihrer Verantwortung entziehen und echte
Problemlösungen weiterhin verweigern.
!
Nein zur Pflegekammer
»
»
»
»
Wieder kein Wochenende, weil
ich einspringen muss. Wir brauchen
mehr Personal statt mehr Bürokratie!«
»
»
»
Zwangsverkammerung?
Ich dachte, wir leben in einem
freien Land. Das ist doch undemokratisch!«
Fortbildung ja,
aber nicht allein auf meine Kosten!«
Noch eine Behörde, die Aufgaben
übernimmt, die jetzt schon von anderen
Stellen erledigt werden? Und dafür soll ich zahlen?«
Bis zu 2.500 Euro, wenn ich
nicht Mitglied werden will?
Die spinnen ja wohl!«
VER.DI
zuwirken. Vielmehr besteht die
N I E D E R S A C H S E N -B R E M E N
schaften, um auf die Politik ein-
Soll ich jetzt haften
statt mein Arbeitgeber?«
Was spricht denn gegen einen Pflegering nach bayerischem Modell?«
Siehe http://tinyURL.com/PMpflegeBayern und http://tinyURL.com/pflegeBayern
Mehr unter https://gesundheit-soziales.verdi.de/berufe/pflegeberufe/pflegekammer
Die Beschluss-PDF (mit Begründung) findet ihr unter http://tinyURL.com/verdiBeschlussF085
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
37
Berufspolitik
Pflegekammern – ein Überblick Teil 3
Infos aus den einzelnen Bundesländern
Die konstituierende Sitzung der
Vertreterversammlung fand am
Hamburg: Deutliches Votum
Landtag im Dezember 2014 ein-
gegen Pflegekammer
stimmig (SPD, Grüne und CDU)
Im Februar 2014 erklärte Gesundheitssenatorin Cornelia PrüferStorcks (SPD), dass der Hamburger
die Einführung der ersten Pflege-
25. Januar 2016 statt.
Weitere Informationen unter
http://www.pflege-gestalten.de/. kammer in Deutschland.
Vom 24.11. bis 11.12.2015 fand
Schleswig-Holstein
Wie weit ist Schleswig-Holstein
Senat kein Gesetz zur Gründung
die Wahl zur Vertreterversamm-
einer Pflegekammer auf den Weg
lung statt. Zum Wahlergebnis die
im Prozess um die Errichtung einer
bringen wird: »Wir haben immer
ver.di-Pressemitteilung:
Pflegeberufekammer gekommen,
klar gesagt, dass wir die Entschei-
Nach Bekanntwerden des vorläu-
seitdem das Gesetz am 15.7.2015
dung zu einer Pflegekammer nicht
figen Wahlergebnisses der Vertre-
in zweiter Lesung trotz aller Wider-
über die Köpfe der Pflegekräfte
terversammlung der Pflegekammer
stände, Stellungnahmen und
hinweg treffen wollen. Diese
Rheinland-Pfalz, ist ver.di ent-
Proteste verabschiedet wurde?
haben jetzt ein deutliches Votum
täuscht über die geringe Wahl-
Gearbeitet hat unter ver.di-
gegen die Einrichtung abgegeben.«
beteiligung. Zur Wahl hatten sich
Beteiligung ein vorbereitender
Die Pressemitteilung der Behörde
von den gut 40.000 potenziellen
Arbeitskreis, der sich u.a. mit
für Gesundheit und Verbraucher-
Mitgliedern der Pflegekammer
Themen wie Registrierung der zu-
schutz findet ihr unter
rund 25.800 registriert. Davon
künftigen Mitglieder, Öffentlich-
http://tinyURL.com/HHkammer. haben weit weniger wie 50%
keitsarbeit, Software, Standort
(43,4%) von ihrem Wahlrecht ge-
und Auswahl der Mitglieder für
braucht gemacht.
den zukünftigen Errichtungs-
Bayern: »Pflegering« statt
Pflegekammer
»Das Vorhaben Pflegekammer
ausschuss beschäftigt hat.
Dabei wurde an vielen Stellen
Die Bayerische Staatsministerin
scheint bei der Basis der Pflegen-
für Gesundheit und Pflege, Mela-
den noch nicht angekommen zu
deutlich, dass der Teufel wie
nie Huml (CSU), hatte im Februar
sein«, so Frank Hutmacher, zu-
üblich im Detail steckt – was ist
2015 die Einführung eines »Pfle-
ständiger Fachbereichsleiter bei
z.B. mit der Meldepflicht von
gerings« als Körperschaft des öf-
ver.di Rheinland-Pfalz-Saarland.
Beschäftigten, die in Mecklen-
fentlichen Rechts angekündigt, in
»Wenn nur ca. 11.200 Pflegende
burg-Vorpommern leben, aber in
dem Pflegeverbände und einzelne
ihr Wahlrecht genutzt haben, kann
Schleswig-Holstein arbeiten?
Pflegekräfte freiwillig Mitglied
man sicherlich nicht von einer
Was mit der Registrierung von
werden können. Die Pressemittei-
Akzeptanz der Pflegekammer
Beschäftigten, deren Arbeitsplatz
lung findet ihr unter dem Kurzlink
unter den Pflegenden sprechen«,
zwar in Schleswig-Holstein ist, der
http://tinyURL.com/PMpflegeBayern.
so Hutmacher weiter.
Hauptsitz des Arbeitgebers aber in
Siehe dazu auch Infodienst 68,
Die Wahl wurde als Briefwahl
Hamburg?
Wie funktioniert was in anderen
S. 41: »ver.di begrüßt ›Bayerische
durchgeführt und damit hätten
Alternative‹ zur Pflegekammer«:
alle registrierten Mitglieder der
Bundesländern, die sich ebenfalls
Zwangsmitgliedschaft und Pflicht-
Pflegekammer es relativ leicht ge-
auf den Weg gemacht haben im
beiträge sind damit vom Tisch.
habt ihre Stimme abzugeben.
Glauben, eine Pflegekammer
Weitere Infos des Ministeriums
Die Liste »ver.di – Arbeitnehme-
könne die Situation für Pflegende
verbessern?
gibt es unter dem Kurzlink
rInnen gestalten Pflege« stellt mit
http://tinyURL.com/pflegeBayern. 15,82% der Stimmen die zweit-
Besonders spannend natürlich:
größte Kraft in der Vertreterver-
Wer soll zukünftig im Errichtungs-
Rheinland-Pfalz: Vertreter-
sammlung. »Mit dieser geringen
ausschuss mitarbeiten?
versammlung gewählt
Wahlbeteiligung steht die Vertre-
Der vorbereitende Arbeitskreis
Nach einer Befragung registrier-
terversammlung in den nächsten
hat der Gesundheitsministerin
ter Pflegekräfte im März 2013 (ca.
fünf Jahren vor einer großen Her-
Kristin Alheit (SPD) eine Empfeh-
14,4% aller Pflegekräfte sprachen
ausforderung«, so Hutmacher ab-
lung unterbreitet, die alle drei
sich für eine Kammer aus, siehe
schließend.
ver.di-Vorschläge berücksichtigt.
Infodienst 61, S. 52) beschloss der
38
Die Ministerin musste dieser EmpInfodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Berufspolitik
fehlung nicht folgen. In einer
Gleichwohl scheut das Sozial-
22.500 gedruckte Karten wurden
Mischung aus Können und Dürfen
ministerium keine Mühen und
bereits verteilt – versuchen wir
hat sie sich für zwei der drei
Kosten, schon vor Inkrafttreten
seit einigen Monaten aufzuklären
ver.di-Vorschläge ausgesprochen,
eines Gesetzes Fakten zu schaffen,
und zugleich Unterschriften gegen
so dass wir jetzt ein ordentliches
indem eine so genannte Grün-
die Errichtung der Pflegekammer
Mitglied im Vorstand des Errich-
dungskonferenz die Aufgabe über-
zu sammeln. Diese sollen vor der
tungsausschusses haben und sei-
tragen bekommen hat, die not-
Entscheidung im Landtag an den
nen Stellvertreter als Mitglied im
wendigen Vorbereitungen für den
Ministerpräsidenten Stephan Weil
Haupt- und Finanzausschuss plat-
Errichtungsausschuss zu treffen.
(SPD) übergeben werden. zieren konnten. Sabine Daß, ver.di Nord
So sind in Arbeitsgruppen aus
ehrenamtlichen Mitgliedern der
Aysun Tutkunkardes, ver.di
Niedersachsen-Bremen
Gründungskonferenz bereits ein
Niedersachsen: Kommt sie
Entwurf für eine Satzung und
oder kommt sie nicht?
auch die Personalausstattung er-
Ob die Pflegekammer in Nieder-
arbeitet worden.
sachsen eingerichtet wird, steht
Mitglieder der Gründungskonfe-
In Baden-Württemberg
ist vom Sozialministerium im
Sommer letzten Jahres ein Runder
Tisch zur Stärkung der Selbstver-
immer noch nicht fest. Ein Geset-
renz sind nicht etwa gewählte
waltung in der Pflege eingerichtet
zesentwurf liegt vor und die Ver-
examinierte Pflegekräfte, sondern
worden. Daran sitzen ver.di, der
bände waren bis Mitte September
weit überwiegend handverlesene
DGB, die Pflegeverbände, die Liga
2015 zu Stellungnahmen aufge-
Interessierte, die sich auf einer der
der Wohlfahrtsverbände, private
fordert. Mit einer Entscheidung ist
Regionalkonferenzen positiv für
Anbieterverbände, die Kranken-
frühestens im Februar 2015 zu
die Errichtung einer Kammer aus-
hausgesellschaft sowie die Ver-
rechnen.
gesprochen hatten.
bände der Gebietskörperschaften.
Darüber hinaus konnten die
Neben ver.di hatten sich z.B.
Zweck des Runden Tisches ist
auch der Niedersächsische Städte-
Verbände – also auch ver.di –
ein ergebnisoffener Meinungsaus-
tag, die Verbände der gesetzlichen
Vorschläge zur Besetzung machen.
tausch, der nicht das Pro und
Krankenkassen, die Landesarbeits-
KritikerInnen sind in der Grün-
Contra Pflegekammer ins Zentrum
gemeinschaft der Wohlfahrts-
dungskonferenz dennoch kaum
der Diskussion stellt, sondern die
pflege, der Bundesverband für
zu finden.
Frage, welche Instrumente zur
Erst ganz langsam dringt das
freie Kammern, der Deutsche Berufsverband für Altenpflege e.V.
Thema in die Öffentlichkeit
und der bpa gegen die Errichtung
und zu den Beschäftigten durch.
einer Pflegekammer ausgespro-
Mit einer Postkartenaktion –
Lösung der Probleme in der Pflege
geeignet sind. chen.
nt Stephan Weil,
Lieber Ministerpräside
er erhalten
Mit der Pflegekamm
ng:
ren
auch ich bin der Meinu
Pflegekräfte keine weite
keine
mehr
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Pflegekräfte brauchen
no
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Rechte, sonde
Pflegekammer!
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alle Aufgaben, die ein
Die Aus- und Weiterbi
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Vorgaben
kammer übernehmen sol
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Rahwerden heute schon du
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verbände und Gewerks
werden, damit die Pfleg
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nicht allein auf
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bleiben.
Bessere Tarife sind Au
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gebern. Die Pflegekamm
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V.i.S.d.P.: Aysun Tutkunkardes, ver.di Niedersachsen-Bremen, FB 3, Goseriede 10, 30159 Hannover, Tel. 0511 / 12 400 - 251,
[email protected], Herstellung: freeStyle grafik, Hannover
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
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wählen,
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Beiträge zahlen wollen!
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Mit freundlichen Grüße
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Unterschrift
ck an ver.di
Bitte unterschrieben zurü
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– Anschrift siehe Impress
39
Berufspolitik
mission »Pflege in Baden-Würt-
schaftlichen Gütekriterien genügt,
Problemlösung orientierte Vor-
temberg zukunftsorientiert und
für eine Pflegekammer in Baden-
gehen. Bisher ist es allerdings
generationengerecht gestalten«
Württemberg aussprechen.
noch nicht gelungen, dass sich alle
empfiehlt der Landesregierung:
Wir unterstützen dieses an der
Beteiligten am Runden Tisch an
»a) die Entwicklungen zu den
Dem Landtag ist bis zum 31. Dezember 2019 über den Stand der
Entwicklungen zu berichten.«
dieser lösungsorientierten Diskus-
Entstehungsprozessen der Pflege-
sion konstruktiv beteiligen. Vor
kammern in den anderen Bundes-
Wir sind sehr gespannt, wie es
allem die Pflegeverbände bleiben
ländern sorgfältig mitzuverfolgen,
weitergeht. Am 13. März 2016 ist
hartnäckig dabei, nur die Einrich-
b) die Gründung einer Pflege-
tung einer Pflegekammer zu dis-
kammer auf den Weg zu bringen,
kutieren.
falls sich die in der Pflege beschäf-
Der gerade erschienene Abschlussbericht der Enquetekom-
erst einmal Landtagswahl. Irene Gölz, ver.di BadenWürttemberg
tigten Personen in einer repräsentativen Befragung, die wissen-
EU-Projekt »Alternde Belegschaften in
Krankenhäusern« abgeschlossen
Internationales
Die Krise der Pflege ist auch
Ansätze zur Lösung dieser für die
der Verbesserung des Arbeits-
eine demografische Krise
Beschäftigten negativen Entwick-
schutzes 3 erforderlich ist, lebens-
Die weltweite Krise der Finanzie-
lung gesprochen. Gewerkschaf-
phasengerechtes Arbeiten und das
rung, Personalausstattung und
terInnen und VertreterInnen der
Konzept »Gesunde Führung« in
Überlastung der Krankenpflege
Arbeitgeber aus Ungarn, Serbien,
den Fokus der Überlegungen für
hat auch eine demografische Kom-
den Niederlanden, Großbritannien
die Zukunft zu stellen.
ponente. Mit steigendem Alter
und Deutschland nahmen teil. Auf
fällt es Pflegepersonen zuneh-
den Treffen, unter anderem in
GewerkschafterInnen eröffnete
mend schwerer, die durch die
Hannover, Belgrad, London, und
darüber hinaus den Blick auf
zunehmende Arbeitsverdichtung
einer Abschlussveranstaltung im
weitere Probleme: Die Abwande-
entstehenden emotionalen und
beschaulichen Lüneburg wurden
rung jüngerer Arbeitskräfte, das
körperlichen Belastungen aufzu-
verschiedene Dimensionen des
niedrige Gehaltsniveau aber auch
fangen. Viele KollegInnen sind ge-
Problems von den TeilnehmerInnen
niedrige Altersrenten verschärfen
zwungen, ihre Arbeitszeit zu redu-
erörtert.
die EU-weiten Probleme des Kran-
zieren oder gar vor Eintritt des
Die Teilnahme osteuropäischer
Externe ReferentInnen stellten
kenhauspersonals und führen oft-
Rentenalters den Beruf zu verlas-
den aktuellen Stand der Diskussio-
mals zu hohem Druck auf die ver-
sen. Dabei brauchen sie das Ein-
nen um die Themen »Work-Life-
bliebenen Beschäftigten, Lösungen
kommen und auch in der Pflege
Learn-Balance« und »Gesunde
zu akzeptieren, die wenig Rück-
wird die Erfahrung der älteren Be-
Führung« vor. Diese Themen wur-
sicht auf tarifliche oder gesetz-
schäftigten benötigt.
den im Plenum und in Arbeits-
liche Standards nehmen.
Vor diesem Hintergrund haben
gruppen bearbeitet und vor allem
Übereinstimmung konnte jedoch
die europäischen Sozialpartner,
von gewerkschaftlicher Seite um
erzielt werden, mit Blick auf die
namentlich die in der EGÖD orga-
die Darstellung existierender tarif-
folgenden Punkte:
nisierten Gewerkschaften und Ar-
licher Regelungen erweitert, wie
beitgebervertreter von
HOSPEEM, 1
zum Beispiel den Tarifvertrag zu
1. Erarbeitung eines demografischen Profils der Betriebe
im Rahmen des von der EU geför-
alternsgerechter Arbeitszeitgestal-
derten, knapp einjährigen Projek-
tung der Unikliniken in Baden-
schaftlichen Arbeitsbeziehungen
tes »Alternde Belegschaften in
Württemberg 2 . Ergebnis dieser
und sozialem Dialog bzw. Mit-
Krankenhäusern« über mögliche
Diskussionen war, dass es neben
bestimmung
40
2. Verpflichtung zu partner-
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Internationales
3. Anerkennung der Bedeutung
mehrgenerationeller Belegschaften
4. Wirksames Alternsmanagement durch Weiterbildung und
Schulung von Beschäftigten und
Führungspersonal
5. Unterstützung der Gesundheit
der Beschäftigten u.a. durch
psychosoziale und lebensphasenbegleitende Beratung, Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
6. Verbesserung der Arbeitsorga-
TeilnehmerInnen des ABiK-Projektes auf der Abschlussveranstaltung
in Lüneburg im Oktober 2015
nisation und der Schichtarbeit
Das Projekt gab auch eine Empfehlung für den Einsatz des Instru-
Was bleibt?
Sicher, bei EU-Projekten sind
keiten an manchen Stellen grenzübergreifend gelöst werden
ments der »Work-Life-Learn-
kaum schnelle, für alle greifbare
müssen. Den dafür erforderlichen
Balance«, das sozialverträgliche
Ergebnisse zu erwarten, aber der
langen Atem sollten wir uns als
Schichtzeiten und Arbeitszeit-
Austausch mit GewerkschafterIn-
GewerkschafterInnen leisten, denn
modelle erfordert und Lernen als
nen aus anderen Ländern öffnet
nur so können wir eine wirksame
Arbeitszeit begreift. Den Sozial-
unseren Horizont für andere Pro-
Antwort geben. partnern EGÖD und HOSPEEM
bleme, für solidarische Reaktionen
wurde auf einer abschließenden
und zeigt, dass unsere Schwierig-
Lars Stubbe, ver.di connexx.av,
[email protected]
Sitzung im Rahmen des EU-Sozialdialogs in Brüssel auch anempfohlen, ihr Gewicht für die Durch-
1 EGÖD = Europäischer Gewerkschaftsverband für den öffentlichen Dienst, http://www.epsu.org/,
HOSPEEM = Arbeitgeberverband, European Hospitals and Healthcare Employers’ Association
setzung nachhaltig finanzierter
2 https://bawue.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++529c6d96-d9bd-11e2-aedb-52540059119e
Gesundheitssysteme und für die
3 siehe z.B. die Vereinbarung zu Nadelstichverletzungen:
https://gesundheitspolitik.verdi.de/themen/europa/++co++a646280e-b3f8-11e3-a3b5-525400248a66
Durchsetzung wirksamer und obligatorischer Personalschlüssel auf
Die Projektergebnisse (PDF, 9 Seiten) findet ihr zum Download unter dem Kurzlink
nationaler Ebene zu nutzen.
http://tinyURL.com/ABiK-Ergebnisse,
weitere Infos unter http://www.aul-nds.de/62/index.php?id=229
BMG / Prognos-Studie:
Ausländische Beschäftigte im Gesundheitswesen
BMG-Pressemeldung vom 21.12.2015: Ausländische Fachkräfte
spielen eine bedeutende Rolle im deutschen Gesundheitswesen.
Dies bestätigt die Kurzstudie »Ausländische Beschäftigte im
Gesundheitswesen nach Herkunftsländern« der Prognos AG im Auftrag
des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Zahl der Beschäftigten in
ärztlichen und nichtärztlichen Gesundheitsberufen hat in den letzten
Jahren deutlich zugenommen … Die Pressemeldung sowie eine PDF der Studie (29 Seiten) findet ihr
unter http://www.bmg.bund.de/ministerium/meldungen/2015/prognosstudie.html
Direkter Download der PDF unter
Kurzstudie
Ausländische Beschäftigte im
Gesundheitswesen nach Herkunftsländern
Auftraggeber
Bundesministerium für
Gesundheit
Ansprechpartnerin
Lisa Krämer
Mitarbeiterinnen
Sabrina Schmutz
Gwendolyn Huschik
München/Freiburg,
19.11.2015
123 - 4567
http://tinyURL.com/BMG-21-12-2015
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
41
Deutschland
Referentenentwurf zur Regulierung von Leiharbeit
und Werkverträgen
Der Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitnehmer-
fen, fehlt es den deutschen Ar-
überlassungsgesetzes (AÜG) und anderer Gesetze gegen den
beitgebern seit Ende der Sozial-
Missbrauch von Leiharbeit und W erkverträgen ist endlich da.
partnerschaft schon lange nicht
Eine Einschätzung aus Branchensicht der Krankenhäuser:
mehr.
Wie vorab in der Presse berich-
Das nützt uns in den Einrichtun-
Werkverträge
Nach den Erfahrungen, die wir
tet, begrenzt er die Verleihdauer
gen der Sozial- und Gesundheits-
auf 18 Monate und sieht Equal
branche zurzeit nur bedingt. Aus
als Fachbereich mit den so ge-
Pay ab 9 Monaten vor. Er führt
unserer Sicht wäre es jedoch über-
nannten Servicegesellschaften ge-
Überprüfungskriterien für Werk-
legenswert, vergleichbare Rege-
sammelt haben, besteht vor allem
verträge ein. Aus der Sicht der
lungen anderer Branchen – ins-
beim Vorgehen gegen Werkver-
Branche Krankenhäuser ist der
besondere zur Lohnangleichung –
träge noch erheblicher Verbesse-
Entwurf ein erster Schritt in die
in die nächsten Tarifrunden aufzu-
rungsbedarf. Die immer größere
richtige Richtung. Doch leider
nehmen, sollte diese Regelung so
Dynamik, in Krankenhäusern und
reicht er nicht aus, sondern kreiert
kommen.
Rehakliniken die Stammbeleg-
gegebenenfalls neue Probleme.
Im TVöD haben wir mit dem
schaften zu zerschlagen und über
Der Gesetzesentwurf soll noch vor
Instrument der Gestellung den ge-
Onsite-Werkverträge immer neue
der Sommerpause in den Bundes-
forderten Schutzmechanismus der
Tochtergesellschaften auszugrün-
tag gehen und dort dann als Ge-
EU-Richtline bereits übererfüllt.
den, wird das Gesetz nicht wirk-
setz beschlossen werden.
Hier schafft der Referentenent-
lich stoppen. Von den konkreten
wurf rechtliche Klarheit zur Fort-
Vorschlägen zur Stärkung der Mit-
existenz dieses Instruments. Der
bestimmung im Bereich der Werk-
entsprechende Passus im Referen-
verträge sind nur die Informations-
tenentwurf ist lobenswert.
rechte übrig geblieben.
Arbeitnehmerüberlassung
Bei der Arbeitnehmerüberlassung ist eine Verleihdauergrenze
von 18 Monaten vorgesehen. Der
Sehr positiv ist die Änderung in
Neben dem notwendigen Aus-
Entwurf beinhaltet ferner nach
§ 11 zu werten, die künftig den
bau der Mitbestimmung in diesem
neun Monaten eine Equal-Pay-
Einsatz von Leiharbeitnehmern in
Bereich wäre für unsere Branche,
Regelung. Dass heißt, dass der
bestreikten Betrieben grundsätz-
wegen der engen Verflechtung
gleiche Lohn wie für die Stamm-
lich untersagt. Hier haben wir in
der Werkvertragstöchter mit den
belegschaft gelten soll (Equal Pay).
der Vergangenheit ausreichend
Krankenhaus- und Konzernmutter-
Unsere Forderung, die Verleih-
schlechte Erfahrungen, insbeson-
gesellschaften, die Idee der ar-
dauergrenze an den Arbeitsplatz
dere bei den Tochterfirmen ge-
beitsrechtlichen Organschaft sehr
zu koppeln, wurde nicht aufge-
sammelt.
zielführend und sollte stärker
nommen. Damit sind Drehtür-
Absehbar ist allerdings, dass
in die Debatte eingespielt werden.
effekte vorprogrammiert. Das Ziel,
dem üblen Beispiel der Post ge-
Die Idee ist, nur dann die
dauerhafte, unbefristete Arbeits-
folgt wird, Leistungen während
steuerlichen Privilegien einer
plätze zu schaffen, wird nicht er-
des Streiks vorübergehend durch
steuerrechtlichen Organschaft zu
reicht.
andere Werkvertragstöchter
gewähren, wenn auch die arbeits-
übernehmen zu lassen, bei denen
rechtlichen Pflichten erfüllt wer-
weichende Regelungen zur Über-
dann die Leiharbeitnehmer zum
den. Der Kriterienkatalog, was er-
lassungsdauer und Angleichung
Einsatz kommen. An Fantasie,
füllt sein muss, um nachzuweisen,
der Bezahlung in Tarifverträgen.
Umgehungstatbestände zu schaf-
dass es sich um eine Organschaft
Der Gesetzesentwurf erlaubt ab-
Auch in der Diakonie gibt es Missbrauch von Leiharbeit und W erkverträgen
13. Januar 2016: Die Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaften und Gesamtausschüsse der Mitarbeitervertretungen in der Diakonie fordert in einem offenen Brief an die Bundesministerin für Arbeit und Soziales,
Andrea Nahles, keine Ausnahmeregelungen für Kirchen zuzulassen.
http://streikrecht-ist-grundrecht.de/sites/streikrecht-istgrundrecht.de/files/OffenerBriefBundesministerium.pdf
42
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Deutschland
handelt, soll um eine Tarif- und
wegen feste Arbeitsverhältnisse
eine Mitbestimmungskomponente
beim Stammbetrieb vorliegen.
erweitert werden. Das heißt, tarif-
Auch wenn uns das nur sehr be-
Als Ressort haben wir in vielen
Gesprächen auf ver.di- und DGBEbene die Auswirkungen in unse-
lose Tochterfirmen, womöglich
dingt trifft, sind auch die in das
rer Branche verdeutlich und unsere
ohne Mitbestimmung, können
Gesetz aufgenommenen Kriterien
Anliegen erläutert. Wir haben sel-
dann nicht mehr als steuerrecht-
zur Abgrenzung von Werkverträ-
ber Gespräche mit Mitgliedern der
liche Organe gelten. Ihre Leistun-
gen und Soloselbstständigkeit zu
Regierungsfraktionen geführt.
gen sind dann umsatzsteuerpflich-
nennen.
Den Erfahrungen, dass nach
Presseartikel zum Thema erwähnen stets die Krankenhausbranche.
tig – sprich um 19% teurer.
Erstes Fazit
Vertreter/innen aus Konzern-
Aufdeckung von verdeckter Ar-
Insbesondere in der inzwischen
betriebsräten wie Martin Simon
beitnehmerüberlassung einfach
zunehmend regulierten Arbeitneh-
Schwärzel von Asklepios werden
eine vorsorglich eingeholte Ge-
merüberlassung sind einige posi-
zitiert. Die Wahrnehmung unserer
nehmigung zu selbiger aus der
tive Änderungen vorgenommen
Branche als von Werkverträgen
Tasche gezückt wird, wird Rech-
worden. Der Bereich der Werkver-
besonders übel betroffen, ist ein
nung getragen. Dem schiebt der
träge bleibt aber auch weiterhin
erster Erfolg.
Referentenentwurf einen Riegel
weitgehend unreguliert.
vor.
Mindestens bei der Stärkung der
Doch dabei darf es nicht stehen
bleiben. Bis zum Sommer hin ist es
Mitbestimmung in diesem Bereich
auch weiterhin wichtig, dass Be-
der in Gerichtsverfahren divergie-
hätte man sich vom BMAS etwas
triebsräte den direkten Kontakt
rende Rechtsprechung bei der Be-
mehr erwarten können. Der Refe-
zu ihren Bundestagsabgeordneten
stimmung, was illegale Leiharbeit
rentenentwurf hält sich jedoch
suchen und uns mit Informationen
ist. Was dem einen Arbeitsgericht
strikt an die Vorgaben des Koali-
dazu und zu konkreten Aus-
als Beleg für illegale Arbeitnehmer-
tionsvertrages. Der Entwurf liegt
wirkungen von Werkvertrags-
überlassung gilt, hält das andere
nun im Kanzleramt. Die CSU hat
missbrauch versorgen.*
Arbeitsgericht noch lange nicht
verkündet, ihn rundweg abzuleh-
Gemeinsam wollen wir als
für stichhaltig. Der neue Referen-
nen – egal wie er aussieht. Bei der
Branche dafür kämpfen, dass
tenentwurf sieht hier mit der Ein-
DGB-Klausur wurde der Bundes-
hier ein entscheidender Schritt
führung eine § 611a schärfere
kanzlerin hier noch einmal die
getan wird. Regeln vor. Anhand von acht
Notwendigkeit einer Regulierung
Überprüfungskriterien soll zukünf-
der Werkverträge dargelegt. Für
tig ermöglicht werden zu über-
die nächsten Schritte seitens der
prüfen, ob es in Wirklichkeit um
Regierung müssen wir daher wei-
illegale Leiharbeit geht und des-
ter Druck aufbauen.
Daneben erleben wir immer wie-
Uwe Ostendorff, ver.di-Bundesverwaltung
* Infos bitte an mich:
[email protected]
Weitere Infos unter http://www.hundertprozentich.de/ oder beim DGB
Der DGB zeigt in der Broschüre »Werkverträge – Missbrauch stoppen« (August 2015), wie Arbeitgeber in
verschiedenen Branchen Werkverträge einsetzen, um Belegschaften zu spalten und Lohndumping zu betreiben. Außerdem hat der DGB Lösungsvorschläge entwickelt, wie der Missbrauch von Werkverträgen endlich
unterbunden werden kann. www.dgb.de/werkvertrag
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
43
Deutschland
Widerstand gegen PEPP und die Abschaf fung
der Psych-PV: Der Druck wirkt
Die Proteste gegen die Einführung des »Pauschalier enden
Entgeltsystems für Psychiatrie und Psychosomatik« (PEPP)
sowie die Abschaffung der Psychiatrie-Personalverordnung
(Psych-PV) zeigen Wirkung. Nach Linken und Grünen hat sich
nun auch die SPD-Bundestagsfraktion gegen den geplanten
Systemwechsel ausgesprochen.
Und die Fachgesellschaften haben ein Alter nativkonzept zu
PEPP vorgelegt, über das im Rahmen eines »strukturierten
Dialogs« im Februar mit dem Bundesgesundheitsministerium
diskutiert wird.
Jetzt gilt es, den Druck zu verstärken, damit die finanziellen
Bedingungen für eine humane Psychiatrie erhalten und erweitert
werden.
neten der SPD den Warnungen
Die Psych-PV müsse daher beste-
bung von PEPP habe »gezeigt,
von Fachverbänden und Gewerk-
hen bleiben und zu 100 Prozent
dass dieses System keine bedarfs-
schaft angeschlossen haben. »Nun
verbindlich umgesetzt werden.
gerechte Versorgung psychisch
gilt es, noch die CDU/CSU-Frak-
Zugleich soll die Verordnung auf
kranker Menschen sicherstellt und
tion und Bundesgesundheitsminis-
Grundlage wissenschaftlicher
vielmehr ökonomische Belange
ter Gröhe zu überzeugen, dass
Erkenntnisse und gesicherter klini-
(…) in den Mittelpunkt rückt«,
PEPP der absolut falsche Weg ist.«
scher Erfahrungen evaluiert und
Die seit 2013 laufende Erpro-
weiterentwickelt werden.
heißt es in einem Anfang Januar
gefällten Beschluss der SPD-Frak-
ver.di kämpft nicht nur
Die Frage der Personal-
tion. Die sozialdemokratischen
gegen die pauschalierte Finan-
Parlamentarier kritisieren unter
zierung der Psychiatrien, die den
anderem, dass PEPP eine »Rosinen-
individuellen Verläufen psychischer
pickerei zu Lasten Schwerkranker«
Krankheiten überhaupt nicht
punkt von ver.di am Alternativkon-
befördern und die Häuser dazu
gerecht werden können. Die Ge-
zept der Fachverbände. Die ver.di-
verleiten könnte, »Patientinnen
werkschaft setzt sich auch ent-
Bundesfachkommission Psychiatri-
und Patienten aus ökonomischen
schieden für den Erhalt der Psych-
sche Einrichtungen begrüßt in
Gründen möglichst schwere
PV ein.
einem Positionspapier zwar aus-
Diagnosen zuzuordnen«. Zudem
Deren für Ende 2018 geplante
bemessung
ist auch der entscheidende Kritik-
drücklich, dass das Konzept
werde durch das neue Abrech-
Abschaffung werde zu einem wei-
vom Bedarf der Patientinnen und
nungssystem noch mehr Zeit für
teren Stellenabbau führen, warnte
Patienten ausgeht und die Fest-
Dokumentationen verschwendet.
Bühler. »Dabei brauchen wir
legung sowie Finanzierung des
für eine bedarfsorientierte zeit-
Personalbedarfs mit einbezogen
Sylvia Bühler zeigte sich erfreut,
gemäße psychiatrische Therapie
wurde. Sie sieht hier jedoch Aus-
dass sich die Bundestagsabgeord-
und Versorgung mehr Personal.«
gestaltungsbedarf – denn eine
R E N AT E S T I E B I T Z (4)
ver.di-Bundesvorstandsmitglied
Impressionen vom 27. November 2015 aus Berlin
44
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Deutschland
konkrete Aussage zur Psych-PV,
Bundesfachkommission. Die Ge-
sive der Tarifsteigerungen, dauer-
den Kriterien der Personalbemes-
werkschafter/innen fordern, dass
haft und vollständig finanziert
sung und verbindlichen Personal-
die ohnehin unzureichenden Vor-
werden sollen.
schlüsseln sucht man im Alter-
gaben der bisherigen Personalver-
nativkonzept vergeblich.
ordnung keinesfalls unterschritten
von ver.di jedoch eine Zweck-
Unabdingbar ist nach Ansicht
werden und neue Standards durch
bindung, damit das Geld auch
Personalbedarfs solle »evidenz-
den Gesetzgeber und nicht durch
tatsächlich für das erforderliche
basiert« durch den Gemeinsamen
den GBA festgelegt werden.
Personal verwendet wird. Bei
Es heißt dort, die Festlegung des
Bundesausschuss (GBA) erfolgen.
Positiv am Alternativkonzept der
Unterschreitung des ermittelten
»Es besteht die Gefahr, hinter die
Verbände ist, dass die tatsächlich
Personalbedarfs müssten Sank-
Psych-PV zurückzufallen«, so die
anfallenden Personalkosten, inklu-
tionen folgen. PEPP-Links
Auf den ver.di-Internetseiten gibt es einen Themenschwerpunkt unter
http://gesundheit-soziales.verdi.de/branchen/psychiatrische-einrichtungen
Das Positionspapier von ver.di, attac und weiteren Bündnispartnern »Kostenpauschalen in der
Psychiatrie (PEPP) führen zu Verschlechterungen für Patientinnen und Patienten« vom 1. September 2015
findet ihr unter dem Kurzlink http://tinyURL.com/verdiPEPP-1-Sept-2015
Das Ende September 2015 von 16 wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Verbänden aus Medizin,
Pflege und Ökonomie vorgestellte gemeinsame Konzeptpapier »Budgetbasiertes Entgeltsystem« findet
ihr zum Download als PDF (17 Seiten) unter http://tinyURL.com/budgetbasiert
Das Positionspapier der ver.di-Fachkommission Psychiatrische Einrichtungen hierzu gibt es unter
http://tinyURL.com/verdi-budgetbasiert
Die Veröffentlichung »40 Jahre Psychiatrie-Enquête – ein Rückblick mit Ausblick« (ver.di-Fachkommission
Psychiatrische Einrichtungen, Dez. 2015, 6 Seiten) gibt es unter http://tinyURL.com/Psychiatrie-Enquete
Den Beschluss der SPD-Bundestagsfraktion vom 8.1.2016 »PEPP muss endgültig weg:
Für eine bedarfsgerechte Versorgung psychisch kranker Menschen!« findet ihr unter
http://www.spdfraktion.de/sites/default/files/beschluss_pepp.pdf
Beiträge der Fachtagung Psychiatrie (11. und 12. Februar 2016) findet ihr unter dem Menüpunkt
»Rückblick 2016« unter http://www.fachtagung-psychiatrie.org/
http://mensch-statt-pauschale.de/
http://www.pepp-stoppen.de/
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
45
Deutschland
Trotz dieser kritischen
damit verbringen muss, genau
Noch besteht die Chance, eine
Anmerkungen:
darüber akribisch Buch zu füh-
solche Entwicklung zu verhindern.
Mit der SPD-Entscheidung
ren?« Die Psychiatrie drohe »von
und der Vorlage des Alternativ-
einer sprechenden Medizin zur
Das geht durch öffentlichen
konzepts werden die Regierungs-
schreibenden und rechnenden Ver-
Druck und Überzeugungsarbeit
beschlüsse noch einmal grundsätz-
wahrpsychiatrie degradiert zu wer-
lich in Frage gestellt. Das ist ein
den«, so die Gewerkschafterin.
Erfolg der vielen Aktionen, die
Das fürchtet auch Peter Weckes-
Am 18. Februar hat das Bündnis
»PEPP stoppen«, an dem ver.di
beteiligt ist, erneut eine Demon-
ver.di gemeinsam mit anderen auf
ser, Personalratsvorsitzender im
stration in Berlin organisiert. Vor
die Beine gestellt hat.
Psychiatrischen Zentrum Nord-
Ort sollten Vertrauensleute und
baden. Mittlerweile wende eine
betriebliche Interessenvertreter
Ende November mehr als 1.000
examinierte Pflegekraft bis zu
so bald wie möglich Bundestags-
Psychiatrie-Beschäftigte vor dem
40 Prozent ihrer Arbeitszeit für
abgeordnete ihres Wahlkreises
Bundesgesundheitsministerium in
Dokumentationen auf. »40 Pro-
besuchen oder sie ins Haus ein-
Berlin. Mit dabei waren etliche
zent, die fehlen für Gespräche mit
laden. Es empfiehlt sich insbeson-
Kolleginnen und Kollegen aus
den Patienten, für gemeinsame
dere, die Parlamentarier der
Baden-Württemberg, darunter die
Aktionen mit den Bewohnern und
Unionsfraktion mit den guten
Krankenschwester Lili Kilian aus
für den Austausch mit Institutio-
Argumenten gegen PEPP und für
Weinsberg. Sie kritisierte, die Ein-
nen und Angehörigen.« Ursache
den Erhalt der Psych-PV zu kon-
führung von PEPP habe zu einer
sei die Ausrichtung der Kranken-
frontieren.
»regelrechten Dokumentations-
versorgung an ökonomischen Kri-
wut« geführt. »Was ist wichtiger:
terien, die mit PEPP einen weite-
diese verrückte Entscheidung der
Das Gespräch mit dem Patienten
ren Schub erhalte. Krankenhäuser
schwarz-gelben Koalition von
oder die Dokumentation von Leis-
müssten aber Teil der Daseinsfür-
2009 zurückzunehmen. tungen, die ich eigentlich nicht
sorge sein, »nicht eine Gelddruck-
mehr erbringen kann, weil ich
maschine für Aktionäre und Kon-
einen Großteil meiner Arbeitszeit
zerne«.
Denn sie haben es in der Hand,
Daniel Behruzi
R E N AT E S T I E B I T Z (4)
So demonstrierten beispielsweise
46
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
ver.di-Belastungsbarometer Psychiatrie in Bayer n
Deutschland
Die Ergebnisse machen deutlich, dass die Beschäftigten ber eits heute an ihre gesundheitlichen
Grenzen gehen – nicht selten darüber hinaus.
ver.di-Aktive hatten sich Ende 2015 in 22 ausge-
ihren Ansprüchen an gute Arbeit am Patienten ge-
wählten bayerischen Einrichtungen der Psychiatrie
recht werden. Für 15 Prozent gilt gar: »Das geht gar
und Psychosomatik ein aktuelles Bild der Arbeits-
nicht mehr«. Dies ist für die Behandlung psychisch
situation verschafft. Sie befragten über drei Schich-
erkrankter Menschen gravierend.
ten hinweg über 1.000 Beschäftigte.
Die Auswertung der Ergebnisse ergab, dass bereits
Insbesondere die erforderliche Beziehungsarbeit
fällt nach unserer Auffassung der Überlastung zum
heute 65 Prozent der Beschäftigten in der Arbeits-
Opfer. Auch die Einbindung von Angehörigen bleibt
verdichtung der letzten Jahre ein Problem sehen. Die
hierbei auf der Strecke. 53 Prozent der Befragten
Arbeitsbelastung hat zudem mit dem häufigen außer-
geben an, nicht genügend Zeit für Angehörigen-
planmäßigen Einspringen, dem »Holen aus dem Frei«,
gespräche aufbringen zu können. Zur Sicherung psy-
nicht genommenen Pausen und fehlenden Erholungs-
chiatrischer Behandlungserfolge ist deren Einbindung
phasen zu tun. 38 Prozent der Befragten bemängeln
aber unentbehrlich. daher die Verlässlichkeit ihrer Dienstpläne.
Robert Hinke, ver.di Bayern
Als zentrale Ursache darf der Personalmangel gelten. »Das ist ein Teufelskreis«, so Bruno Lehmeier,
Sprecher der bayerischen ver.di-Fachkommission
Psychiatrie in Bayern
Psychiatrie und Personalrat an der medbo* in Re-
wiederum durch Engagement auszugleichen versuchen und damit das Rad der Überlastung doch nur
beschleunigen.«
59 Prozent der befragten Beschäftigten in psychiatrischen Einrichtungen erklären, dass sie kaum mehr
99 77 – 1033.
Robert Hinke, Tel. 089 / 5
München. Verantwortlich:
i.de, Schwanthalerstr. 64, 80336
lung erhöht den Krankenstand, den die Beschäftigten
eure Belastung ssituaauftreten . Ihr könnt
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en.
ver.di-Be lastungs baromet
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1991 die PsychPV.
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Politik und Arbeitmedizinis chen Erfordern
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ver.di-Landesbezirks Bayern,
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Befragte Stationen
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Mehr dazu unter dem Kurzlink http://tinyURL.com/BayPsychBarometer
Antwort
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oder Dein
sona lrat/B
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Viele n Dank
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Bitte wähle
* medbo steht für
»Medizinische
Einrichtungen des
Bezirks Oberpfalz«.
Das Bezirksklinikum
Regensburg ist der
größte Standort der
medbo.
eine der folgen
den Antwo
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26 bis 35
Jahre
36 bis
45 Jahre
46 bis
55 Jahre
56 Jahr
e und älter
Keine
Antwort
BMG + RKI: Gesundheit in Deutschland 2015
Der Anfang Dezember 2015 vom Bundesgesundheitsministerium und dem Robert-Koch-Institut vorgestellte Bericht zu Gesundheitszustand, Gesundheitsverhalten und Gesundheitsversorgung gibt in
elf Kapiteln einen umfassenden Überblick über den
aktuellen Stand und die Entwicklung der Gesundheit
in der Bevölkerung. Es ist der dritte Bericht dieser Art
in der Gesundheitsberichterstattung des Bundes
(nach 1998 und 2006).
Im Fokus der Publikation stehen das Krankheitsgeschehen und das Gesundheits- und Risikoverhalten. Darüber hinaus enthält der Bericht Beiträge zu
Angebot und Inanspruchnahme der Gesundheits-
Download als Gesamt-PDF (516 Seiten) oder kapitel-
versorgung und Prävention sowie zu den Kosten des
weise auf den RKI-Seiten unter dem Kurzlink
Gesundheitswesens. http://tinyURL.com/gesundheit-2015
Aus der BMG-Pressemitteilung vom 3.12.2015
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
47
KADE LORCH
DANIEL WREDE
KRISTOFFER BORRMANN
Deutschland
Medizinische Versorgungszentren (MVZ):
Rückblick und Perspektiven
MVZ wurden 2004 als Einrichtun-
Genossenschaft, einer Gesellschaft
Limbach-Gruppe SE 7 , die Curagita
gen der ambulanten medizinischen
mit beschränkter Haftung oder in
Holding AG 8 sowie die RNR AG
Versorgung eingeführt (GKV-Mo-
öffentlich-rechtlicher Rechtsform
(seit 2016 Med 360° AG) 9 das
dernisierungsgesetz). Grundlage
möglich.
Problem durch Kauf eines Träger-
Letzteres heißt vor allem, dass
ist § 95 SGB V.
Seit 2004 ist die Anzahl der
Aktiengesellschaften seit 2012
dürfen. 5
MVZ (auch durch die Übernahme
keine MVZ mehr gründen
ganzer Krankenhausabteilungen,
Daraufhin wurde z.B. die Patiodoc
z.B. Dialyse, Labor,
Radiologie 1,
oder Umwandlung geschlossener
AG in eine GmbH
umgewandelt 6 ,
wohingegen beispielsweise die
krankenhauses lösten, um auch
weiterhin ihre Expansionspläne
verfolgen zu können.
Wie die Kommunen ihre neue
Möglichkeit nutzen werden10 und
ob sie überhaupt in der Lage sind,
Krankenhausstandorte) stetig gestiegen (von 341 (2005) auf 2.073
(2014)). Etwa 41% der MVZ befindet sich in Trägerschaft von
Vertragsärzten, etwa 38% in Trägerschaft von Krankenhäusern
und etwa 21% bei sog. dritten
Trägern. Beschäftigt waren dort
insgesamt 13.465 ÄrztInnen, davon 12.119 angestellt. 2, 3 Die
durchschnittliche Größe betrug
6,5 Arztsitze. 2, 4
Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) wurde zum
1. Januar 2012 der Kreis möglicher MVZ-Gründer deutlich eingeschränkt, andererseits mit dem
am 23. Juli 2015 in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) um Kommunen
erweitert:
MVZ können von zugelassenen
Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen oder
von gemeinnützigen Trägern, die
aufgrund von Zulassung oder
Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen,
oder von Kommunen gegründet
werden. Die Gründung ist nur in
der Rechtsform einer Personengesellschaft, einer eingetragenen
48
1 zuletzt z.B. die Übernahme der radiologischen Abteilung der St. Lukas Klinik in Solingen (Kplus-Gruppe) durch die Radprax Gesellschaft für Medizinische Versorgungszentren mbH zum 1.1.2016, siehe die Radprax-Pressemitteilung vom 21.12.2015 unter
www.radprax.de. Die ISG Intermed Holding (u.a. 14 LADR-Labor-MVZ) schreibt: »Die
bisherige Wachstumsstrategie beinhaltet sowohl organisches Wachstum als auch
Firmenzukäufe. Die Laborunternehmen der Gruppe sind bestrebt, die Labore von
Krankenhäusern zu übernehmen und zu betreiben« (Konzernabschluss 2013, bundesanzeiger.de), siehe auch http://www.ladr.de/. Zu Dialyse-MVZ siehe Infodienst 71, S. 28.
2 Kassenärztliche Bundesvereinigung: www.kbv.de/html/mvz.php (Zahlen aus 2015 lagen
noch nicht vor). Insgesamt ist die veröffentlichte Datenlage lückenhaft. Beispielsweise
gibt es keine Liste aller MVZ (z.B. analog des DKG-Krankenhausverzeichnisses unter
http://dkg.promato.de/). Auch die Anzahl nicht-ärztlicher Beschäftigter in MVZ wird
nicht separat ausgewiesen, sondern ist in Gesamtangaben für Arztpraxen bzw.
Medizinische Labore enthalten (gbe-bund.de: Beschäftigte im Gesundheitswesen nach
Einrichtungen). Eine sehr grobe Schätzung ergibt bei Annahme von durchschnittlich
3 bis 5 nicht-ärztlichen Beschäftigten pro MVZ-ÄrztIn: 40.000 bis 67.000.
3 Im Vergleich zu 121.641 niedergelassenen ÄrztInnen bzw. 186.329 KrankenhausärztInnen ist dies aber weiterhin eine geringe Anzahl, vgl. Ärztestatistik 2014:
http://www.bundesaerztekammer.de/ueber-uns/aerztestatistik/aerztestatistik-2014/
4 Der Bundesverband Medizinische Versorgungszentren – Gesundheitszentren – Integrierte
Versorgung e.V. stellt fest, dass »gleichzeitig die bestehenden MVZ immer größer
werden«, siehe http://www.bmvz.de/presse/mvz-organisation/mvz-statistik-rueckblick/.
Beispielsweise verfügt das MVZ an der Uniklinik Dresden über 21 Arztsitze und
beschäftigt insgesamt mehr als 90 MitarbeiterInnen, siehe Pressemeldung vom
27.10.2015 unter www.uniklinikum-dresden.de. Ähnlich die 4 MVZ in Berlin
und Leipzig der zum 1.1.2015 von Palamon Capital Partners an Sana verkauften
Polikum Holding GmbH: zusammen mehr als 100 Fach-/Zahnärzte, mehr als
350 MitarbeiterInnen, siehe http://www.polikum.de/unternehmen/, siehe auch
http://www.palamon.com/investment-portfolio/detail/polikum.
5 Dazu titelte die Ärzte Zeitung am 26.12.2011 »Neue MVZ-Regeln – Schutz vor
Kapitalisten« und meint damit folgende Begründung zum GKV-VStG-Gesetzentwurf
der Bundesregierung: »Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass MVZ
besonders in den kapitalintensiven Bereichen wie der Labormedizin oder der
operierenden Augenheilkunde immer häufiger von Investoren gegründet werden, die
keinen fachlichen Bezug zur medizinischen Versorgung haben, sondern allein
Kapitalinteressen verfolgen« (Bundestagsdrucksache 17/6906, S. 70). Interessant
hierzu auch »Von der Einzelpraxis zum MVZ-Konzern«, siehe http://argemedizinrecht.de/downloads/20111104-Gummert.pdf.
Zahlreiche MVZ befinden sich weiterhin im Portfolio verschiedener Private-EquityUnternehmen, z.B.: Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
KRISTOFFER BORRMANN
Palamon Capital Partners (GB): seit Mai 2011 Ober-Scharrer-Gruppe
(Schwerpunkt Augen-Chirurgie), siehe http://www.palamon.com/investmentportfolio/detail/oberscharrer (u.a. 21 MVZ in Bayern und BaWü sowie die 2014
von Rhön übernommenen 4 MVZ Augenärztliche Diagnostik- und Therapiecentren
(ADTC) in NRW, siehe auch www.ober-scharrer.de).
Deutschland
Antin Infrastructure Partners (F): Übernahme des Labor- und Diagnostikdienstleisters
Amedes Holding AG (u.a. 34 MVZ) von General Atlantic im Juli 2015, siehe
http://www.antin-ip.com/media/our-news/antin-infrastructure-partners-acquire-amedes-group
bzw. die Pressemitteilung vom 9. Juli 2015 unter www.amedes-group.com.
zur gewollten Verbesserung der
Situation in unterversorgten oder
strukturschwachen Gebieten
beizutragen, bleibt abzuwarten.
2014 waren erst 291 der 2.073
MVZ (14%) in ländlichen Gemeinden angesiedelt. 2
Zusammenfassend: Auch wenn
MVZ zurzeit eine eher untergeordnete Rolle in der gesamten
Gesundheitsversorgung spielen,
wird ihre Bedeutung zunehmen –
ebenso ihre Anzahl und durchschnittliche Größe.
Der Konzentrationsprozess wird
sich fortsetzen, da sowohl die
Krankenhauskonzerne 11 als auch
MVZ-Konzerne sowie internationale Gesundheitskonzerne 12
unverändert MVZ gründen oder
übernehmen.
Ebenso ist zu erwarten, dass
MVZ-Konzerne weitere Krankenhäuser kaufen werden.13
Für eine fundierte Einschätzung
wäre allerdings eine bessere Datengrundlage nötig. Eine Statistik,
Cinven (GB): nach Übernahme der französischen Laborgruppe Labco S.A. im August 2015 Übernahme der
Synlab Holding Deutschland GmbH (u.a. 26 MVZ) von BC Partners im Oktober 2015 mit anschließender
Verschmelzung, siehe http://www.cinven.com/sectorfocus/healthcarecurrentinvestments.aspx?investmentid=145
bzw. http://www.synlab.com/index.php?id=6445. Zur »alten« Synlab siehe www.synlab.de.
6 http://www.patiodoc.de/artikel/details/patiodoc-ag-in-gmbh-umgewandelt/ (5.10.2015)
7 Übernahme der Augenklinik Dardenne Bonn (20 Betten) zum 1.1.2013 (Trägerklinik für 44 MVZ), siehe
Konzernabschluss 2014 unter bundesanzeiger.de. Siehe auch www.limbachgruppe.com. Die Übernahme der
MDI Laboratorien GmbH - MVZ ist geplant (siehe bundeskartellamt.de 26.1.2016 B3-30/16), siehe auch
http://www.mdi-labor.de/u_ueberuns.html.
8 Übernahme der Klinik Klosterstraße (ehemalige Klinik Dr. Scholtz, 11 Betten) in Neumünster (SchleswigHolstein) im September 2014, siehe die Jahresabschlüsse Curagita Holding AG und Curagita AG 2014 unter
bundesanzeiger.de. Siehe auch www.curagita.com sowie Deutsche Radiologienetz AG, Bayerische Radiologienetz AG, Radiologienetz Rhein-Neckar-Pfalz GmbH, MVZ Radiologienetz GmbH Hamburg, Radiologischnuklearmedizinisches Diagnostikzentrum München GmbH.
In diesem Zusammenhang siehe auch das ehemalige Krankenhaus Salzhausen (Niedersachsen):
31.1.2014: http://www.kreiszeitung-wochenblatt.de/buchholz/politik/was-will-die-curagita-holding-ag-ausheidelberg-mit-dem-krankenhaus-salzhausen-wem-nuetzt-dieser-schritt-d31125.html,
22.7.2014: http://www.abendblatt.de/hamburg/harburg/article130411086/Salzhausen-Curagita-laesstKlinikplaene-fallen.html.
9 Übernahme des ehemaligen Themistocles-Gluck-Hospitals (145 Betten), jetzt Fachklinik 360° Ratingen (NRW)
im Juli 2015 (Trägerklinik für 27 MVZ), siehe http://de.clinic.de/2015/07/01/rnr-uebernimmt-themistoclesgluck-hospital/ bzw. https://www.rnr-net.de/newsdetails/1169.html, siehe zukünftig auch www.med360grad.de.
10 Beispiele: Die Verbandsgemeinde Katzenelnbogen (Rheinland-Pfalz) hat im Dezember 2015 die Satzung
für ihr zu gründendes MVZ »Gesundheitszentrum im Einrich AöR« beschlossen, siehe http://www.vgkatzenelnbogen.de/files/pdf/94/879.pdf.
Die Stadt Frankenberg (Sachsen) hat im Dezember 2015 das Gebäude des ehemaligen Krankenhauses der Landkreis Mittweida Krankenhaus gGmbH gekauft, um dort ein MVZ zu errichten,
nachdem der Landkreis das Krankenhaus Ende 2013 geschlossen hatte, siehe
http://www.freiepresse.de/lokales/mittelsachsen/mittweida/frankenberg-kauft-ehemaliges-krankenhausartikel9390210.php.
Bad Teinach-Zavelstein (Baden-Württemberg): http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.bad-teinachzavelstein-versorgungszentrum-gegen-aerztenotstand.e6e380f1-c386-43c7-992e-0be544324469.html
die beispielsweise ein MVZ in
11 zurzeit: Helios 52 MVZ, Sana 26, Asklepios 25, Agaplesion 22, Rhön 8
Trägerschaft eines Krankenhauses,
12 Beispielsweise schreibt die Sonic Healthcare Ltd. (Australien) im Annual Report 2015: »In Germany, four
small synergistic acquisitions were also completed in fiscal 2015. […] These acquisitions have added substantial scale to Sonic in Europe – Sonic is now proudly the largest laboratory company in each of Germany,
the UK and Switzerland«, siehe auch www.sonichealthcare.com/practice-locator/germany/.
das einer Ärzte-AG gehört, als
»in Trägerschaft eines Krankenhauses« zählt, 2 könnte bei
manchen Fragestellungen zu Fehlurteilen führen.
Am wichtigsten ist und bleibt
aber die Forderung, dass dieses
erweiterte »Krankenhaus- und
MVZ-Monopoly« nicht (wieder einmal) zu Lasten der Beschäftigten
gespielt wird. J A N -C O R D F U H R M A N N
Rainer Bobsin
Die Medicover Holding SA (Luxemburg), deren Synevo-Tochter IMD GmbH bereits Labor-MVZ betreibt,
hat im Januar 2016 in Berlin und Hannover MVZ eröffnet (Schwerpunkte Allgemein- und Innere Medizin)
und weitere MVZ-Gründungen angekündigt, siehe http://www.medicover.com/626,our-company.htm,
http://www.synevo.com/, http://www.imd-berlin.de/labor.html, http://www.medicover.de/%C3%BCberuns.html.
13 Die zu Medicover gehörende Nordmed Healthcare GmbH hat im März 2015 u.a. eine Änderung des
Unternehmensgegenstandes im Handelsregister eintragen lassen: »das Betreiben von […] Krankenhäusern
[…]« (Rostock HRB 2218).
Die Radprax Gesellschaft für Medizinische Versorgungszentren mbH schreibt »Schließlich bietet der angestrebte Erwerb eines Krankenhauses […] ganz neue Chancen und Möglichkeiten […] auch gegenüber Krankenkassen und Ministerien sowie einen neuen Zugang zum Kapitalmarkt. […] Zum Zeitpunkt der Abfassung
dieses Lageberichtes [Mai 2014] befindet sich die radprax MVZ GmbH in vertraulichen Verhandlungen mit
einer Krankenhausgruppe und einem Einzelkrankenhaus zum Erwerb eines Krankenhauses« (Jahresabschluss
2013, bundesanzeiger.de).
Auch die gleichzeitige Übernahme des Kaiserin-Auguste-Victoria-Krankenhauses (89 Betten) in Ehringshausen (Hessen) und der Zahnärztlichen Tagesklinik Dr. Eichenseer MVZ GmbH (5 MVZ in Bayern) durch eine
Quadriga Capital zugeschriebene Beteiligungsgesellschaft lässt vermuten, dass eine solche Trägerkonstruktion geplant ist, siehe bundeskartellamt.de, 27.11.2015, B3-192/15 und B3-193/15, Freigabe 10.12.2015
sowie http://www.mittelhessen.de/lokales/region-wetzlar_artikel,-Quadriga-Capital-ist-neuer-Kliniktraeger_arid,599851.html
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
49
Vor Ort
Delmenhorst (Nds.): Provinzpolitik verabschiedet
sich aus der Krankenhausverantwortung
Klinikum Delmenhorst geht auf
Die Höhe des Eigenanteils zur
in der Holding JHD – Josef
Realisierung dieses Bauvorhabens
Hospital Delmenhorst gGmbH
– ebenfalls in Millionenhöhe –
Am 30. Dezember 2015 erfolgte
wird vorerst nicht thematisiert.
Siehe auch Info-
die Einbringung des Klinikums in
Die naive Hoffnung der Provinz-
dienst 69, S. 54
die Holding. Damit endete nach
politiker ist, dass dieses Geld
und 64, S. 48
etwas mehr als 10 Jahren die Ära
durch die Holding erwirtschaftet
der Klinikum Delmenhorst gGmbH.
wird. Bestärkt wird diese Meinung
Der neue Krankenhausverbund be-
durch Zitate des Geschäftsführers:
steht aus dem ehemaligen Sankt
»Der gemeinsame Ausbau von
Josef Stift, jetzt Josef Hospital Del-
Stärken, die Nutzung von Syn-
ligung in Höhe von 2,4 Millionen
menhorst-Mitte gGmbH, und dem
ergien, die Steigerung der Wett-
Euro gekoppelt wurden. Schon
Klinikum Delmenhorst, jetzt Josef
bewerbsfähigkeit und die Etablie-
damals hatten wir uns nicht ge-
Hospital Deichhorst gGmbH.
rung eines medizinischen Kompe-
scheut, in diesem Zusammenhang
tenzzentrums an einem Standort
das Wort Erpressung zu benutzen
Verantwortlichen der Stadt Del-
unter dem Dach der Holding ist
– und an dieser Wortwahl hat sich
menhorst nicht nur ihres Kranken-
Ziel dieser zukunftsweisenden Ent-
nichts geändert.
hauses entledigt, sondern sich
scheidung«.
Damit haben sich die politisch
Im zweiten Halbjahr 2015 wurde
von Seiten der Stadt, Politik und
auch aus ihrer Verantwortung
für die Krankenhausversorgung
Zuvor wurden aber noch
Geschäftsführer pausenlos ein po-
»ihrer« Bürger gestohlen. Mit
einmal die Mitarbeiter des
sitives Votum der Beschäftigten zu
einem Gesellschafteranteil von nur
Klinikums zur Kasse gebeten
einer weiteren Anwendungsverein-
10% in der neuen Holding wird es
Ganz oben auf der Liste der For-
barung (AWV) entsprechend des
nicht mehr möglich sein, eigene
dernden stand dabei der Ober-
Tarifvertrags zur Zukunftssiche-
kommunalpolitische Ziele bei der
bürgermeister. Schon im Juni 2015
rung der Krankenhäuser (TV ZuSi
Krankenhausversorgung zu ver-
hatte er ver.di und Marburger
vom 1. Februar 2011) auch für die
wirklichen.
Bund zum »Gespräch eingeladen«
Jahre 2016 und 2017 gefordert.
und überraschend unverhohlen
Ohne einen Entgeltverzicht wäre
dungsgremien von mehr als
»seinen Wunsch« (Zitat OB) nach
die Einbringung des Klinikums in
60 Millionen Euro, die das Land
erneuter finanzieller Mitarbeiter-
die neue Holding grundsätzlich
Niedersachsen als Fördermittel für
beteiligung auf den Tisch gelegt.
gefährdet und als Konsequenz
den Anbau/Neubau an die beste-
Natürlich wieder einmal zur Siche-
gäbe es nur die Insolvenz des Kli-
hende Bausubstanz des katholi-
rung der eigenen Arbeitsplätze.
nikums. Begleitet wurde diese Be-
Bekräftigt wurde das Ganze
drohung durch Horrorbotschaften
Geblendet wurden die Entschei-
schen Krankenhauses in der Stadt-
dann durch einen Ratsbeschluss
aus den monatlichen Infoveran-
soll in den nächsten Jahren im
Ende Juli 2015, wo weitere finan-
staltungen des Geschäftsführers,
Sinne der »Einhäusigkeit«, das
zielle Mittel aus dem Stadthaus-
dass die Gehaltszahlungen an den
neue und einzige Krankenhaus in
halt für das Klinikum ausdrücklich
Monatsenden immer am seidenen
Delmenhorst entstehen.
an eine erneute Mitarbeiterbetei-
Faden hingen.
T H O M A S L A N G R E D E R (2)
mitte zugesagt haben soll. Hier
Ehemaliges Klinikum Delmenhorst
50
Ehemaliges St. Josef Stift
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Vor Ort
Das Damoklesschwert der
Insolenz hing tief über uns
Neue Anwendungsvereinbarung
Bei positiven Betriebsergebnis-
Am 24.11.2015 konnten dann in
sen werden 30% der Jahresüber-
der ver.di-Mitgliederversammlung
schüsse in den Folgejahren an die
lungen« und »finanzielle Vor-
als Verhandlungsergebnis die Eck-
Beschäftigten rückvergütet. Zu-
leistungen« der Stadt sowie
punkte einer neuen AWV vorge-
dem konnten zwei Zusatzvereinba-
»Buchungsverschiebungen« wur-
stellt werden. Der Entgeltverzicht
rungen getroffen werden: eine
den die Entgeltzahlungen von
wird in den Jahren 2016 und 2017
»Geld-zurück-Garantie« und eine
Monat zu Monat sichergestellt.
erfolgen durch:
Mitgliedervorteilsregelung.
Nur durch »Überbrückungszah-
Diese Drohungen blieben nicht
a) kein Anspruch auf Leistungs-
Die »Geld-zurück-Garantie« mit
ohne Wirkung bei unseren Be-
entgelt nach § 18 TVöD-K für
der Stadt Delmenhorst verpflichtet
schäftigten. Die Unsicherheit, die
die Jahre 2016 und 2017. Ausge-
die Stadt im Insolvenzfall vor dem
Angst um den Arbeitsplatz, wuchs
schlossen sind eventuelle Erhöhun-
31.12.2019, den Beschäftigten
von Monat zu Monat.
gen des Gesamtvolumens für das
nicht ausgezahlte Entgeltbestand-
Leistungsentgelt durch Tarifver-
teile zu erstatten, soweit diese An-
tragsänderungen,
sprüche nicht von anderer Seite
Aufnahme von Verhandlungen
Im Oktober 2015 stimmte dar-
b) die Jahressonderzahlung
befriedigt werden.
aufhin die ver.di-Mitgliederver-
gemäß § 20 TVöD-K wird in den
Dass eine ver.di-Mitgliedschaft
sammlung für die Aufnahme von
Jahren 2016 und 2017 um 48%
sich lohnt, wird bei der Vorteils-
Verhandlungen mit der Geschäfts-
eines Monatsentgeltes mit Stand
regelung deutlich. Diese unbefris-
führung und Stadtvertretern (OB).
31.12.2015 reduziert.
tet vereinbarte Regelung besagt,
In getrennten Verhandlungen
Zur Beschäftigungssicherung
dass jedem Gewerkschaftsmitglied
enthalten waren die Fixpunkte:
auf Antrag pro Halbjahr ein zu-
von ver.di und Marburger Bund
a) keine Neu-, Um- oder Aus-
sätzlicher Tag Arbeitsbefreiung
im Spätherbst 2015 ihre Arbeit
gründungen außerhalb von TVöD
aufgenommen. Die von der Ge-
und KAV,
haben dann die Tarifkommissionen
entsprechend § 29 TVöD-K zusteht.
Als Fazit unserer Verhandlungen
b) der Ausschluss betriebs-
kann festgestellt werden, dass
stellten wirtschaftlichen Zahlen
bedingter Kündigungen bis zur
die drei verhandelten Papiere,
einer Mittelfristplanung wurden in
Herstellung der räumlichen Ein-
insbesondere die »Geld-zurück-
einem externen Gutachten noch
häusigkeit im Rahmen der Holding
Garantie« und die Mitglieder-
einmal unter die Lupe genommen.
JHD, mindestens jedoch bis zum
vorteilsregelung, ein tragfähiges
31.12.2017.
Ergebnis bedeuten.
schäftsführung zur Verfügung ge-
In dem »Gutachten zur wirt-
Es kann allerdings nicht verleug-
schaftlichen Situation und Per-
Selbstverständlich hatte die
spektive des Klinikums Delmen-
Gegenseite auf die Anwendung
net werden, dass der psychische
horst und des Sankt Josef Stifts«
von § 118 BetrVG* zu verzichten.
Druck durch das »Spiel mit der
kam deutlich zum Ausdruck, dass
Die Mitgliedschaft in KAV und VBL
Angst um die Arbeitsplätze« von
ein Entgeltverzicht der Beschäftig-
muss beibehalten werden, und
Seiten der Geschäftsführung und
ten allein nicht das wirtschaftliche
»die kirchlichen Verhaltensgrund-
Politik die Zustimmung unserer
Überleben der jungen Holding si-
sätze im Arbeitsverhältnis« finden
Mitglieder erzwungen hat.
chert. Ausdrücklich wird auf eine
auf TVöD-Beschäftigte keine An-
notwendige langfristige Verbesse-
wendung.
Wir Beschäftigte des (ehemaligen) Klinikums Delmenhorst haben
rung der Kapital- und Liquiditäts-
unseren Beitrag geleistet. Jetzt
ausstattung verwiesen.
sind andere gefordert, die Rahmenbedingungen für die neue
* § 118 Betriebsverfassungsgesetz (Auszug)
Geltung für Tendenzbetriebe und Religionsgemeinschaften: Auf Unternehmen
Holding zu erfüllen. Gert Prahm, Betriebsrat
und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend politischen, koalitionspolitischen,
JHD Deichhorst gGmbH, Betriebs-
konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstle-
gruppensprecher
rischen Bestimmungen dienen, finden die Vorschriften dieses Gesetzes keine
Anwendung, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegensteht. Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
51
Vor Ort
Klinikum Wilhelmshaven (Nds.): Endlich ein
Tarifvertrag für fast alle Beschäftigten
In Wilhelmshaven gibt es nur
Für ca. 450 Beschäftigte, die
trag mit folgenden Abweichungen:
Keine dynamische Anwendung
noch ein Krankenhaus: Im Februar
bei der Reinhard-Nieter-Klinikum
2015 fusionierte das städtische
gGmbH eingestellt wurden, galten
Siehe auch Info-
Reinhard-Nieter-Krankenhaus mit
Arbeitsvertragsbedingungen (AVB),
dienst 67, S. 53
dem katholischen St. Willehad-
die über eine Betriebsvereinba-
Hospital zur Klinikum Wilhelms-
rung (!) von August 2004 geregelt
haven gGmbH. Das katholische
wurden. Die AVB lagen im Niveau
trag: 31.8.2016, analog zum TV
St. Willehad wurde geschlossen.
20% unter dem TVöD-K.
mit dem Marburger Bund. Der MB
Das besondere: Die kommunale
Für 120 Auszubildende galten
Trägerschaft bleibt erhalten. Das
die Regularien der AVB, mit Aus-
Klinikum Wilhelmshaven ist nun
nahme der Ausbildungsvergütung.
ein kommunales Klinikum mit
Sie entsprach dem TVAöD.
der Entgeltsteigerungen des öD.
Laufzeit für den Azubi TV:
29.2.2016.
Laufzeit für den Haustarifver-
vereinbarte einen Anerkennungstarifvertrag TV Ärzte/VKA.
Über die betriebliche Altersversorgung werden ver.di und MB
Weder das »alte« Klinikum
gesondert verhandeln. Die erste
(St. Willehad e.V.) als Minderheits-
Wilhelmshaven noch das neue
Verhandlung im Dezember 2015
gesellschafter – mit nur noch
sind Mitglied im KAV Niedersach-
verlief ergebnislos. Die Verhand-
einem Standort. Insgesamt arbei-
sen. Eine Entscheidung der Politi-
lungen werden fortgesetzt.
ten in der Klinikum Wilhelmshaven
ker der Stadt.
einem gemeinnützigen Verein
gGmbH mehr als 1.400 Beschäftigte.
2013 wurden Tarifverhandlun-
Fazit
gen aufgenommen. Ziel von ver.di
Es gibt endlich ein Tarifniveau
war die Anwendung des TVöD für
im Klinikum Wilhelmshaven. Aber
unterschiedliche kollektive Rege-
alle Beschäftigten des Kranken-
Tariferhöhungen des TVöD müssen
lungen:
hauses. Im Herbst 2014 wurden
gesondert verhandelt werden,
die Tarifverhandlungen von ver.di
Regelungen zur betrieblichen
gangs finden für die ca. 250 ehe-
unterbrochen. Trotz vieler Ver-
Altersversorgung werden vom
maligen Beschäftigten des St. Wil-
handlungen bestand auch weiter-
Geschäftsführer mit Hinweis auf
lehad-Hospitals weiterhin die AVR
hin eine erhebliche Differenz
das finanzelle Defizit abgelehnt
Caritas dynamisch Anwendung.
zwischen dem Angebot der Arbeit-
und die Eingruppierung von Be-
geberseite für die nach AVB Be-
schäftigten, für die vorher die AVB
schäftigten und dem TVöD.
galten, waren und sind noch
Für die Beschäftigten gelten
Im Rahmen des Betriebsüber-
Die Beschäftigten des Reinhard-Nieter-Krankenhaus-Eigenbetriebes sind mit Rechtsform-
Mit dem neuen Geschäftsführer
schwierig. Die Geschäftsführung
wechsel des Krankenhauses in die
wurden im Februar 2015 erneut
droht mit Ausgliederung bei Ein-
Reinhard-Nieter-Krankenhaus
Tarifverhandlungen aufgenommen
gruppierung von Kolleginnen des
Städtische Kliniken gGmbH seit
und erfolgreich beendet.
Reinigungsdienstes in die EG 2.
Das Ergebnis
rifvertrag – TVöD für alle, ist fast
Unser Ziel: ein Betrieb – ein Ta-
2003 gestellt worden. Ihr Arbeitgeber bleibt weiterhin die Stadt
Wilhelmshaven. Für sie gelten die
Ab 1. Juli 2015 erfolgte die Überleitung der AVB-Beschäftigten und
Dienstes. Dies betrifft ca. 700 Be-
Auszubildenden in den TVöD/
schäftigte.
TVAöD per Anwendungstarifver-
erreicht. Für den Rest müssen wir
noch kämpfen. Elke Nobel, ver.di NiedersachsenBremen
T H O M A S L A N G R E D E R (2)
Tarifverträge des öffentlichen
52
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
ver.di Hannover/Leine-Weser: Workshop
»Indirekt gesteuert – direkt ausgebeutet«
Vor Ort
Wie moderne Unternehmens-
immer mehr aus uns rausholen
für Interessenvertretungen, gemein-
führung Beschäftigte unter
will«. Sie verdeutlichte darin zu-
sam mit Dr. Eva Bockenheimer dis-
Druck setzt
nächst, was indirekte Steuerung
kutiert. Kollektives Vorgehen statt
Zum Begriff
bedeutet, wie sie wirkt und wessen
Konkurrenzkampf untereinander
»Indirekte Steue-
der Bezirksfachbereichsvorstand 03
Interessen damit verfolgt werden:
benötigt zunächst Sensibilisierung
rung« siehe Info-
Hannover/Leine-Weser für gewerk-
Mittels indirekter Steuerung schaf-
zum Thema in den Betrieben, damit
dienst 70, S. 38f.
schaftlich Aktive aus Krankenhäu-
fen Unternehmen bewusst Umwel-
es überhaupt möglich wird aktiv
sern, Rettungsdiensten, Altenpflege,
ten, in denen die Beschäftigten sich
gegenzusteuern.
Behindertenhilfe und anderen So-
gemeinsam erarbeiten, was zu tun
zial- und Gesundheitsdiensten im
ist, dabei selbst Unternehmerfunk-
wurden gesammelt. Abschlie-
November einen Workshop angebo-
tionen übernehmen und im Team
ßend gab es den Wunsch der Teil-
ten. Ca. 40 Teilnehmerinnen und
gemeinsam Druck auf Einzelne aus-
nehmenden, basierend auf dieser
Teilnehmer folgten der Einladung.
üben.
Grundlage in einem nächsten
Unter diesem Schwerpunkt hatte
Inhaltlich stimmte das MAV-
Am Nachmittag gab es Praxis-
Erste Ansätze und Aktionsideen
Workshop mit dem Fokus auf
Theaterteam des Stephansstiftes
foren zum Erfahrungsaustausch.
»Weiterentwicklung der ver.di-
mit einer szenischen Darstellung
Dabei diskutierten Kolleginnen und
Arbeit im Betrieb« weiter zu dis-
ein, dann folgte ein Vortrag
Kollegen aus gleichen Arbeitsberei-
kutieren. der Kölner Philosophin Dr. Eva
chen über ihre persönlichen Erfah-
Bockenheimer (Initiative »Meine
rungen mit indirekter Steuerung.
Zeit ist mein Leben«) mit dem Titel
In einem gemeinsamen Plenum
»Arbeiten bis zum Umfallen?
wurden danach Ideen zu kollektiven
Wie man mit indirekter Steuerung
Handlungsansätzen, insbesondere
Elke Kasten-Heitmann,
Bezirksfachbereichsvorstand 03
Hannover/Leine-Weser
Uniklinik Freiburg: Einigung zur Überleitung von
250 Beschäftigten der Klinik für Tumorbiologie
Die Verhandlungen zur Personalüberleitung von
rund 250 Beschäftigten der insolventen ehemaligen
Klinik für Tumorbiologie (KTB) in die Uniklinik Freiburg bzw. in die Reha GmbH der Uniklinik Freiburg
konnten Ende Dezember 2015 erfolgreich abgeschlossen werden. ver.di bewertet dieses Verhandlungsergebnis positiv:
1. Durch den Kauf der Klinik für Tumorbiologie
fanden keine Entlassungen statt.
2. Die Überleitung in den Akutbereich findet unter
ordentlichen Bedingungen in den Tarifvertrag der
Unikliniken Baden-Württemberg (TV UK) statt, z.B.
Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten.
3. Durch eine paritätische Clearingstelle besteht die
Möglichkeit einer Klärung von Streitfragen.
Mit dem chinesischen Investor, ChinaEquity in Europe, der die
Forschungsabteilung der ehemaligen KTB gekauft hat, gab es bis
Infodienst-Redaktionsschluss keine Einigung über die tarifliche
Zukunft der etwa 50 Beschäftigten.
4. Für Beschäftigte im Rehabereich konnten bessere
Regelungen als im bisherigen Haustarifvertrag der
KTB vereinbart werden.
5. Eine zeitversetzte Anbindung an die Entgelterhöhungen des TV UK konnte erreicht werden.
6. Ein besonderer Kündigungsschutz gilt bis
31.12.2017 für die Beschäftigten im Reha-bereich.
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
7. Ein Übergangsmandat des Betriebsrats wurde
bis 31.5.2016 vereinbart, um den Beschäftigten die
Neuwahl einer Vertretung zu ermöglichen.
8. Die Absicherung der zusätzlichen Altersversorgung ist erfolgt. Reiner Geis, ver.di Südbaden
53
Die Konstanzer Maultasche
ist ein Preis, den niemand will – und den
nach dem Abendessen im Altersheim ein
ver.di-Bezirk Schwarzwald-Bodensee
doch viele Unternehmen verdient haben.
paar Maultaschen auf die Seite gelegt
das Maultaschenkomitee, das seither
Denn mit ihm prämiert ein unabhängiges
hatte, die ohnehin in den Müll gewandert
in unregelmäßigen Abständen den
Komitee engagierter BürgerInnen beson-
wären. Die Geschichte machte auch
Konstanzer Maultaschenpreis verleiht.
ders beschäftigtenfeindliches Verhalten im
deswegen Schlagzeilen, weil sie nur eine
Landkreis Konstanz (Baden-Württemberg).
unter vielen war: In dieser Zeit kam es
Preisträger 2015
immer wieder zu so genannten Bagatell-
Warum der 3. Preis an die Schmieder-
Die Vorgeschichte
kündigungen, die die Gerichte beschäf-
Kliniken ging, erfahrt ihr unter
Im Jahr 2009 sorgte die fristlose Kündi-
tigten ...
http://www.konstanzer-
gung einer langgedienten Altenpflegerin
In Erinnerung an die skandalösen
maultasche.de/preistraeger2015/
bundesweit für Aufsehen: Die Spital-
Umstände dieser Geschichte entstand im
stiftung Konstanz, eine städtische Einrich-
Frühjahr 2010 auf Anregung der Deut-
oder tung, hatte die Frau entlassen, weil sie
schen JournalistInnen Union (dju) im
http://schwabo.verdi.de/
Städtisches Klinikum München:
ver.di zu Gesprächen bereit
Die Süddeutsche Zeitung beschrieb das Städtische Klinikum München
Ende Juli 2015 so: »Ein Unternehmen, das seit Jahren ständig kurz vor
der Insolvenz steht, das seinen Arbeitnehmern weniger bezahlt als viele
Mitbewerber, das nun eine Sanierung angekündigt hat, bei der auch Arbeitsplätze wegfallen werden, und dessen Zukunft trotz aller blumigen
Verlautbarungen in erster Linie eines ist: ungewiss.«
Zu den nun beginnenden Sanierungsverhandlungen findet ihr im
Folgenden die ver.di-Bayern-Pressemitteilung vom 19. Januar 2016. Zur Sanierung werden
Zeche für eine verfehlte Kranken-
»schwierigste Verhandlungen«
hausfinanzierung und Manage-
erwartet
mentfehler in der Vergangenheit
Nach den Beschlüssen im Stadtrat und der Erarbeitung des Feinkonzepts zur Sanierung des Städti-
zahlen werden«, stellte Norbert
Flach klar.
Wer sein Heil ausschließlich in
schen Klinikums München hatte
der Einsparung von Personalkosten
die Geschäftsführung ver.di im
suche, gefährde die Qualität der
Dezember 2015 zur Aufnahme von
Versorgung. »Die Streichung von
Tarifverhandlungen aufgefordert.
Einkommensbestandteilen, der
»Die zuständige Tarifkommission
Angriff auf die spätere Alters-
von ver.di hat nach Abwägung
versorgung und andere Einschnitte
nun der Aufnahme von Tarif-
sehen wir damit eindeutig nicht
gesprächen grundsätzlich zuge-
als tragfähiges Konzept für die Zu-
stimmt«, erklärte Norbert Flach,
kunft«, so Flach.
stv. Landesbezirksleiter von ver.di
Bayern.
Die Sanierung solle nicht an feh-
Norbert Flach, der auch gleichzeitig für ver.di der Verhandlungsführer sein wird, erwartet daher
lender Verhandlungsbereitschaft
»schwierigste Verhandlungen«,
scheitern, erklärte Flach. »Aber es
deren Ausgang er als »völlig
muss klar sein, dass die Beschäf-
offen« bezeichnete. tigten bei der StKM nicht die
54
FREESTYLE
Vor Ort
Stichworte StKM
Alleinige GmbH-Gesellschafterin ist
die Landeshauptstadt München,
fünf Klinikstandorte, zusammen etwa
3.600 Betten, Medizet (Apotheke,
Sterilgutversorgung, Pathologie,
Klinische Chemie und Mikrobiologie),
Akademie und Blutspendedienst
(Verkauf an das Bayerische Rote Kr euz
geplant: 27.11.2015 Bundeskartellamt B3-191/15), zusammen etwa
6.500 Beschäftigte (VK). Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
St. Rochus Krankenhaus Dieburg (Hessen):
Systematisches Zerlegen eines kleinen Krankenhauses
und seines engagierten und ihm lange Zeit loyalen Personals
Vor Ort
verbliebene, »unerwünschte«
Küchenpersonal wurde mit sofor-
Seit ca. 2003 ist bekannt, dass
das katholische St. Rochus Krankenhaus in Dieburg in Schieflage
durch Anhäufung riesiger Überstundenberge.
Desweiteren forderten die Ver-
tiger Wirkung freigestellt.
Im Oktober 2015 folgte der
Insolvenzantrag, zum 1. Januar
ist. Eine erste Entlassungswelle
treter des Bistums, das Personal
2016 wurde die »Insolvenz in
war damals die Folge.
müsse Gehaltskürzungen zur
Eigenregie« eröffnet. Dadurch
Sanierung des Hauses in Kauf neh-
kann sich der Gesellschafter von
Haus mit ca. 87 Betten für Frauen-
men. Es wurde erklärt, dass es nur
der beschlossenen Notlagenrege-
klinik, Geburtshilfe, Urologie,
mit Verzicht auf Weihnachtsgeld,
lung, vor allem dem Kündigungs-
Chirurgie, Orthopädie, Innere
Verzicht auf Tariferhöhungen und
schutz, trennen. Das tat man dann
Medizin und seit 2008 auch einer
unentgeltliche Stundenerhöhung
auch mit dem gesamten Reini-
Intensivstation.
möglich sei, das Haus eigenstän-
gungs- und Rest-Küchenpersonal.
Das St. Rochus ist ein kleines
Mehrere Kooperationsgespräche
dig zu sanieren.
Diese Bereiche wurden von den
konzerneigenen Servicegesell-
mit dem Kreiskrankenhaus Groß-
Dieser Gehaltsverzicht wurde
Umstadt schlugen fehl. Mehrere
den MitarbeiterInnen durch den
schaften übernommen. Das Perso-
Geschäftsführerwechsel fanden
Beschluss der Kirchlichen Arbeits-
nal dieser Servicegesellschaften
statt, untermauert von einer
rechtlichen Unterkommission
muss weit unter den Tarifen TVöD
negativen Presse-Berichterstat-
im Oktober 2014 aufgedrückt.
bzw. den kirchlichen AVR arbeiten.
tung.
Parallel zur Dauer der Gehaltskür-
Parallel wurde den KollegInnen
zung trat ein Kündigungsschutz
eine zeitlich befristete Beschäfti-
führung und alle Sanierer einig
in Kraft. Er war Bestandteil dieser
gung in einer Transfergesellschaft
waren, dass das Krankenhaus
»Notlagenregelung«.
angeboten.
Obwohl sich jede Geschäfts-
Potenzial hat, mit einer sehr guten
Das Bistum ließ durch den da-
Für die MitarbeiterInnen (einige
Lage für den Patientenfluss, eska-
maligen Aufsichtsrat verlauten,
schon über 20 Jahre im Betrieb)
lierte die Situation, als sich Ge-
man würde sich trotz allem nach
ein harter Schlag, weil gerade sie
schäftsführung und der damalige
Kooperationspartnern umsehen.
in der vergangenen Zeit mit wenig
Chefarzt der Intensivstation zer-
Im Frühjahr 2015 wurde dem
Personal »den Laden am Laufen
stritten. Im Januar 2011 begann
überraschten Personal dann mit-
hielten« und immense Überstun-
die Intensivstation »auszubluten«,
geteilt, dass sie nun Teil des Kon-
den aufgelaufen waren. Unsicher
als die gesamte Führungsriege
zerns Klinikum Darmstadt GmbH
ist, inwieweit diese Ansprüche
sowie einige Intensivschwestern
seien. Bei einer Mitarbeiterver-
ausgeglichen werden können. Der
und -pfleger das Haus verließen.
sammlung wurde formuliert, man
bisherige Gehaltsverzicht war –
Die verbliebenen MitarbeiterInnen
wolle »sanft« umstrukturieren
zumindest für diese KollegInnen –
versuchten so gut es ihnen mög-
und von Kündigungen weitgehend
vergeblich!
lich war, das Haus zu stützen.
absehen.
Mitte 2013 übernahm das
Bereits im Juni 2015 fand ein
Auch beim übrigen Personal
herrscht große Unsicherheit, was
Bistum Mainz wieder vollständig
Versuch dieser »sanften« Sanie-
letztlich im Insolvenzverfahren
die Führung, indem die Entschei-
rung gegenüber dem Küchen-
herauskommt und was vom Stand-
dungskompetenzen vor Ort stark
personal mit Auflösungs- und
ort St. Rochus noch übrig bleibt. eingeschränkt wurden.
Änderungsverträgen statt (kün-
Im März 2014 fand die zweite
Massenentlassung statt. Den MitarbeiterInnen wurde mitgeteilt,
digen konnte man aufgrund der
Notlagenregelung nicht).
Durch enormen psychischen
dass das der erste Schritt zur Ret-
Druck auf die Küchenmitarbeite-
tung des Hauses sei.
rInnen wurde das »erwünschte«
Durch die vorherigen Entlassun-
Fachpersonal mit »geänderten«
gen und fehlende Strukturierungs-
Vertragsbedingungen Anfang Juli
maßnahmen bewältigte das ver-
2015 in eine Servicegesellschaft
bleibende Personal die Arbeit nur
des Klinikums eingegliedert. Das
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
ver.di-KollegInnen im St. Rochus
Stichworte
Die städtische Klinikum Darmstadt GmbH (797 Betten)
hatte gleichzeitig jeweils 90% der Gesellschafteranteile
des St. Rochus Krankenhauses Dieburg und des Marienhospitals Darmstadt (115 Betten) über nommen. Beide
Häuser verblieben als eigenständige Unter nehmen in
den katholischen Strukturen (MAV bleibt im Amt, AVRAnwendung). Den Minderheitsgesellschaftern wurde ein
Vetorecht in »wichtigen kirchlichen Fragen« (z.B. Abtreibungsverbot) eingeräumt. 55
Am 19. Januar 2016 haben die
Beschäftigten des Kreiskrankenhauses Demmin erstmals in ihrer
Geschichte die Arbeit für einen
Tag niedergelegt. Das Kreiskrankenhaus Demmin wurde 2013 in
eine GmbH umgewandelt und
wurde Mitglied im kommunalen
Arbeitgeberverband MecklenburgVorpommern – ohne Bindung an
den TVöD.
In den Verhandlungen zu einem
Haustarifvertrag spielt der Arbeitgeber auf Zeit, Mantel- und Entgelttarifverträge sollen erst ab
Stündliche Ablösung der Streikposten war geboten
2017 gelten. Im November 2015
hatte die ver.di-Tarifkommission
Intensive Verhandlungen über
Ein in der dritten Verhandlungs-
beschlossen, die Verzögerungs-
eine Notdienstvereinbarung
runde vorgelegtes Angebot der
strategie des Arbeitgebers mit
blieben aufgrund einer starren
Klinikleitung über eine Einmal-
einer Entgeltforderung von 6%,
Haltung der Geschäftsführung
zahlung für 2016 wurde von der
mindestens aber 120 Euro, zu
ergebnislos, einseitig durch
Tarifkommission noch am selben
durchbrechen.
den Arbeitgeber ausgegebene
Tag als völlig unzureichend bewer-
»Verpflichtungen zum Not-
tet und abgelehnt. Dem Arbeit-
Dezember 2015 unterstrichen die
dienst« verfehlten gänzlich ihre
geber wurde mit aller Deutlichkeit
Forderung der Beschäftigten, die
Wirkung.
signalisiert, dass mit weiteren
Zwei aktive Mittagspausen im
zu über 50% beim nichtärztlichen
Personal in ver.di organisiert sind.
Bereits mit Beginn des Früh-
Warnstreiks zu rechnen ist, wenn
dienstes um sechs Uhr am Morgen
es in der vierten Runde am
So »eiskalt« wie die Außentem-
folgten rund 35 Kolleginnen und
16. Februar kein Angebot einer
peratur am Morgen des 1. Warn-
Kollegen dem Aufruf zur Arbeits-
deutlichen monatlichen Entgelt-
streiks ist auch die Haltung des
niederlegung. Über den gesamten
steigerung gibt. Arbeitgebers: keine Entgelterhö-
Tag waren rund 90 Kolleginnen
hung vor 2017 für das nichtärzt-
und Kollegen im Arbeitskampf.
Wolfgang Hooke, ver.di Nord
liche Personal.
REINHARD GRIEGER /
PIXELIO.DE
Vor Ort
Kreiskrankenhaus Demmin: Arbeitgeber zwingt
die Beschäftigten bei minus 7 Grad vor die Klinik!
Zum Pressefoto einmal raus in die Kälte
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Stichworte
Das Kreiskrankenhaus Demmin und das
Klinikum Südstadt Rostock sind die
einzigen kommunalen Krankenhäuser
in Mecklenburg-Vorpommern.
Das Kreiskrankenhaus Demmin (203
Betten) hat derzeit etwa 340 Beschäftigte, hiervon sind 50 als Ärztin oder
Arzt tätig, die unter einen Tarifvertrag
mit dem Marburger Bund fallen. Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Landesbezirksfachbereiche 3
Nord
(Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern)
Hüxstr. 1, 23552 Lübeck
Fax 0451 / 8100 - 888
Steffen Kühhirt Tel. 0451 / 8100 - 801
Wolfgang Hooke Tel. 0451 / 8100 - 805
Sabine Daß Tel. 0451 / 8100 - 716
Katrin Hirschlein Tel. 0451 / 8100 - 703
Angelika Grabazius Tel. 0451 / 8100 - 714
Vanessa Meyer Tel. 0451 / 8100 - 709
Dr.-Külz-Straße 18, 19053 Schwerin
Fax 0385 / 59190 - 77
Diana Markiwitz Tel. 0385 / 59190 - 60
Hamburg
Besenbinderhof 60, 20097 Hamburg
Tel. 040 / 2858 - 4030, Fax 040 / 2858 - 4049
Hilke Stein Tel. 040 / 2858 - 4038
Michael Stock Tel. 040 / 2858 - 4039
Dr. Arnold Rekittke Tel. 040 / 2858 - 4147
Sönke Rabisch Tel. 040 / 2858 - 4031
Sigrid Ebel Tel. 040 / 2858 - 4033
Norbert Proske Tel. 040 / 2858 - 4037
Karin Frey Tel. 040 / 2858 - 4034
Daniela Hein Tel. 040 / 2858 - 4032
Heidi Kunz Tel. 040 / 2858 - 4036
Dagmar Otto Tel. 040 / 2858 - 4144
Niedersachsen-Bremen
Goseriede 10, 30159 Hannover
Fax 0511 / 12 400 - 151
Joachim Lüddecke Tel. 0511 / 12 400 - 250
Aysun Tutkunkardes Tel. 0511 / 12 400 - 251
Elke Nobel Tel. 0511 / 12 400 - 253
Silvia Ganza Tel. 0511 / 12 400 - 254
Annette Klausing Tel. 0511 / 12 400 - 256
Christina Ölscher Tel. 0511 / 12 400 - 261
Bahnhofsplatz 22-28, 28195 Bremen
Fax 0421 / 3301 - 392
Ralf Krüger Tel. 0421 / 3301 - 330
Diana Sternagel Tel. 0421 / 3301 - 331
Hessen
Wilhelm-Leuschner-Str. 69-77, 60329 Frankfurt/M.
Fax 069 / 2569 - 1329
Georg Schulze-Ziehaus Tel. 069 / 2569 - 1322
Stefan Röhrhoff Tel. 069 / 2569 - 1320
Jens Ahäuser Tel. 069 / 2569 - 1220
Petra Wegener Tel. 069 / 2569 - 1321
Saskia Jensch Tel. 06151 / 3908 - 33
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Wir in ver.di
Alle ver.dianerInnen
Nordrhein-Westfalen
sind unter
Karlstraße 123-127, 40210 Düsseldorf
[email protected]
Fax 0211 / 61824 - 463
zu erreichen.
Wolfgang Cremer Tel. 0211 / 61824 - 290
Jan von Hagen Tel. 0211 / 61824 - 295
Susanne Hille Tel. 0211 / 61824 - 292
Maria Tschaut Tel. 0211 / 61824 - 164
Martina Kordon Tel. 0211 / 61824 - 296
Niko Köbbe Tel. 0211 / 61824 - 297
Antje Deeg Tel. 0211 / 61824 - 291
Katharina Schwabedissen Tel. 0211 / 61824 - 168
Berlin-Brandenburg
Köpenicker Str. 30, 10179 Berlin
Fax 030 / 8866 - 5925
Meike Jäger Tel. 030 / 8866 - 5250
Heike Spies Tel. 030 / 8866 - 5260
Heike Modrow Tel. 030 / 8866 - 5251
SAT (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen)
Karl-Liebknecht-Str. 30-32, 04107 Leipzig
Fax 0341 / 52901 - 630
Bernd Becker Tel. 0341 / 52901 - 230
Thomas Mühlenberg,
Tarifkoordinator Tel. 0341 / 52901 - 111
Viola Doktor-Wolf Tel. 0341 / 52901 - 232
Ingrid Besser Tel. 0341 / 52901 - 233
Cornelia Herwig Tel. 0341 / 52901 - 234
Annett Steinbach Tel. 0371 / 69034 - 32
Rheinland-Pfalz-Saarland
Münsterplatz 2-6, 55116 Mainz
Fax 06131 / 9726 - 288
Frank Hutmacher Tel. 06131 / 9726 - 130
Stephanie Unger-Maar Tel. 06131 / 9726 - 131
Bayern
Schwanthalerstr. 64, 80336 München
Fax 089 / 59977 - 1039
Robert Hinke Tel. 089 / 59977 - 1030
Lorenz Ganterer Tel. 089 / 59977 - 1031
Kathrin Weidenfelder Tel. 089 / 59977 - 1033
Nico Wickleder Tel. 0931 / 3 21 06 - 28
Erika Kärgel Tel. 089 / 59977 - 1035
Michael Kreusen Tel. 089 / 59977 - 1036
Baden-Württemberg
Theodor-Heuss-Str. 2 / tHeo 1, 70174 Stuttgart
Irene Gölz Tel. 0711 / 88788 - 0330
Jürgen Lippl Tel. 0711 / 88788 - 0310
Silke Hansen Tel. 0711 / 88788 - 0320
Kathrin Biro Tel. 0711 / 88788 - 0340
Barbara Lohse Tel. 0711 / 88788 - 0301
Cornelia Ullrich Tel. 0711 / 88788 - 0302
Sabrina Kubitschko Tel. 0711 / 88788 - 0303
57
Wir in ver.di
ver.di-Bundesverwaltung
Tel. 030 / 6956 -
BesucherInnenanschrift
ver.di-Bundesverwaltung, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
Postanschrift
ver.di-Bundesverwaltung, Fachbereich 3 (bzw. 4), 10112 Berlin
Tel. 030 / 6956 Ressortleitung FB 3 /
Koordination / Kommunikation
Sylvia Bühler, Bundesvorstandsmitglied,
Bundesfachbereichsleiterin
Doris Skirka, Mitarbeiterin
Michael Peters, Bereichsleitung
Koordination, Planung, Controlling
Beatrice Campe, Mitarbeiterin
Ute Preuninger, Kommunikation
und Öffentlichkeitsarbeit
Astrid Sauermann, Kommunikation
und Öffentlichkeitsarbeit
Kirsten Grünberg, Mitarbeiterin
Gesundheitspolitik
Grit Genster, Bereichsleiterin
Dr. Margret Steffen
Dietmar Erdmeier
Nadine Garcon, Mitarbeiterin
Tarifpolitik FB 3
Heike von Gradolewski-Ballin,
Bereichsleiterin
Angelika Spautz
Sven Bergelin
Axel Weinsberg
Katrin Wegener, Mitarbeiterin
Katrin Bergmann, Mitarbeiterin
Fax
- 1800
- 1801
- 3250
- 3250
- 1806
- 1807
- 3250
- 3250
- 1804
- 3250
- 1814
- 1803
- 3250
- 3250
-
-
-
1810
1811
1815
1833
1821
1831
1870
1823
1860
1822
-
3420
3420
3420
3420
3410
3410
3410
3410
3410
3410
Berufspolitik FB 3
Melanie Wehrheim, Bereichsleiterin
Delphine Pommier, Berufspolitik
Mario Gembus, Jugendarbeit im FB 3
Sandra Koziar, Mitarbeiterin
Betriebs- und Branchenpolitik FB 3
Niko Stumpfögger, Konzernbetreuung,
Bereichsleiter
Michael Dehmlow, Konzernbetreuung
Uwe Ostendorff, Konzernbetreuung
Cordula Kiank, Krankenhäuser,
Unikliniken und Psychiatrie
Gisela Neunhöffer, Servicebetriebe,
Psychiatrie
Berno Schuckart-Witsch, Kirchen,
Diakonie und Caritas
Catrin Przewozny, Kirchen,
Reha, Behindertenhilfe
Marion Leonhardt, Wohlfahrtsverbände,
Rettungsdienste
Judith Lauer, Altenpflege, Sozial- und
Erziehungsdienst
Kerstin Motz, Mitarbeiterin
Sabrina Stein, Mitarbeiterin
-
1830
2736
1049
1852
Fax
-
3420
3420
3420
3420
- 1808
- 1841
- 1849
- 3430
- 3430
- 3430
- 1840
- 3430
- 1842
- 3430
- 1885
- 3430
- 1805
- 3430
- 1871
- 3430
- 1832
- 1813
- 1872
- 3420
- 3430
- 3430
FB 4 (Sozialversicherung),
Bundesfachgruppe Rentenversicherung
Rolf Behrens, Rehakliniken der
Deutschen Rentenversicherung
- 1950
- 3456
Fachbereich 3 im Internet
http://gesundheit-soziales.verdi.de
Bundesfachgruppe Rentenversicherung im Internet
http://sozialversicherung.verdi.de/fachgruppen/rentenversicherung
R E N AT E S T I E B I T Z
Alle ver.dianerInnen sind unter [email protected] zu erreichen.
Am 27. November 2015 in Berlin
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Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Jetzt schnell anmelden! Anmeldeschluss 18. März
Bildungsangebote,
Seminare, Tagungen
Fachtagung für betriebliche Interessenvertretungen in der Diakonie:
Handlungsfelder zur Gestaltung von Guter Arbeit
28. und 29. April 2016 | Kassel
Mehr Infos unter www.streikrecht-ist-grundrecht.de.
Direkter Download des Infoflyers unter dem Kurzlink http://tinyURL.com/Diakonie-28-april-2016
Frauenpolitische ver.di-Seminare 2016
»Macht macht Spaß«
15.04. – 17.04.2016
BE 03 160415 09
Frauen sind engagiert und kompetent –
auf der Arbeit, zu Hause, in Gremien und
im Ehrenamt. Doch in den »Führungspositionen« sind sie nur spärlich vertreten.
Damit bleiben wichtige Entscheidungen
den Männern überlassen. Das kann sich
ändern! »Zeit zum Leben, Zeit zum Arbeiten
– wie wollen wir leben?«
BE 03 160610 08
10.06. – 12.06.2016
Arbeitsverdichtung, Leistungsdruck und
familiäre Verpflichtungen … Die »moderne
Frau« muss alles unter einen Hut kriegen
– und kann sich mitunter schon einmal
fühlen wie ein Hamster im Hamsterrad.
Doch muss das sein? »Jung, modern, gleichberechtigt?
Chancengleichheit im Praxischeck«
BE 03 161209 05
09.12. – 11.12.2016
Den jungen Frauen heute stehen alle Türen
offen; alles ist möglich: eine gute (Aus-)
Bildung, Erfolg im Beruf, eine Familie,
Hobbies … oder nicht? Ist es tatsächlich
nur eine Frage des eigenen Willens und
Könnens, ob Frauen heute selbstbestimmt
und unabhängig von traditionellen Rollenbildern ihr Leben meistern können? Die Seminare finden in Berlin-Wannsee statt und sind offen für interessierte Kolleginnen, ver.di-Aktive und Interessenvertretungen.
Fragen zu den Seminaren könnt ihr an [email protected] richten. Online-Anmeldung unter www.bbz.verdi.de.
Allgemeine Anregungen sowie Fragen zu Frauenpolitik oder Gleichstellung könnt ihr an [email protected] senden.
Weitere interessante Infos rund um die ver.di-Frauen- und Gleichstellungspolitik gibt es unter www.frauen.verdi.de.
Literatur- und Internettipps
Literatur- und
Internettipps
Wolfgang Hien
Aus dem Inhalt
Kranke Arbeitswelt.
Zur Geschichte der Arbeits- und
Ethische und sozialkulturelle
Perspektiven
Sozialmedizin
Asbestkatastrophe – die töd-
192 Seiten, 16,80 Euro, ISBN 978-
lichen Folgen der kapitalisti-
3-89965-703-6, vorbestellbar,
schen Fortschrittslogik
erscheint voraussichtlich Frühjahr
2016, www.vsa-verlag.de
Allenthalben ist von einem
neuen Typus von Arbeit (»Arbeit
4.0«) die Rede. Wolfgang Hien
hinterfragt diese Etiketten.
Neoliberale Arbeitsverhältnisse
und Konturen neuer Widerstandspotenziale
Krankenhausarbeit unter
Ökonomisierungsdruck
Über die Arbeit hinaus: gegen
Er untersucht, wie krank die
entfremdete Körperlichkeit – für
Arbeitsgesellschaft wirklich ist
eine Kultur der Leiblichkeit und
und wie eine andere Arbeitskultur
Solidarität
geschaffen werden kann.
Wolfgang Hien ist Leiter des Forschungsbüros für Arbeit, Gesundheit und Biographie Bremen und Lehrbeauftragter
der Universität Bremen.
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
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Literatur- und
Internettipps
Literatur- und Internettipps
Zu lang, zu oft, zu viel.
Ursachen, Folgen und Mitbestimmung der Überstunden
Die Dokumentation zum Fachtag Krankenhäuser NRW (Oktober 2015)
findet ihr als PDF (76 Seiten) zum Download unter
http://www.schichtplanfibel.de/zu-lang-zu-oft-zu-viel
Timo Blenk, Nora Knötig, Thomas Wüstrich
Die Rolle des Wettbewerbs im Gesundheitswesen. Erfahrungen
aus Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz
Friedrich-Ebert-Stiftung, WISO-Diskurs, 31 Seiten, Januar 2016
http://library.fes.de/pdf-files/wiso/12172.pdf
Lena Hipp, Nadiya Kelle
Nur Luft und Liebe? Die Entlohnung sozialer
Dienstleistungsarbeit im Länder- und
Berufsvergleich
Friedrich-Ebert-Stiftung, Expertise des Forums
Politik und Gesellschaft, 63 Seiten, Januar 2016
http://library.fes.de/pdffiles/dialog/12168.pdf
Die Neuerscheinungen der digitalen Bibliothek
der Friedrich-Ebert-Stiftung findet ihr immer
unter http://library.fes.de/library/fr-volldigbibnew.html
Auf dem Laufenden bleiben
Aktuelles aus der Rechtsprechung findet ihr immer unter
www.dgbrechtsschutz.de/aktuelles/urteile
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Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Literatur- und
Internettipps
Deutsches Krankenhausinstitut (DKI)
Unter http://www.dki.de/unsere-leistungen/forschung/projekte
gibt es unter anderem zum Download (ziemlich weit runterscrollen):
– Krankenhaus Barometer 2015 (92 Seiten, November 2015)
– Investitionsfähigkeit der deutschen Krankenhäuser
(36 Seiten, November 2015)
– Qualität als Entscheidungskriterium in der Krankenhausplanung
(110 Seiten, September 2015)
BGW-Broschüre M612
Risiko Nadelstich – Infektionen
wirksam vorbeugen
Nadelstichverletzungen bergen
ein hohes Infektionsrisiko und kom-
Infektionsgefahren durch Stich- und Schnittverletzungen im
men weit häufiger vor als gedacht:
Praxis-, Stations- und Einrichtungsalltag bestehen und mit
Fast 50 Prozent aller gemeldeten
welchen Maßnahmen sie im beruflichen Alltag wirkungsvoll
Versicherungsfälle im Gesundheits-
vermieden werden können. dienst sind darauf zurückzuführen.
www.bgw-online.de
Hinter jedem dieser – vermeidbaren
– Unfälle steckt ein persönliches Schicksal: eine Erkrankung,
Download als PDF von den Seiten der Berufsgenossenschaft
die möglicherweise nicht heilbar ist.
für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege unter dem
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber im Gesundheitswesen
Kurzlink http://tinyURL.com/BGW-M612
haben die Pflicht, das Risiko von Stich- und Schnittverletzungen
minimal zu halten. In dieser Broschüre erfahren Sie, welche
Neues Angebot der BGW : »Strategietag Rücken«
Mehr dazu unter
http://tinyURL.com/BGW-stategietag
Mehr Infos zum Thema »Gesunder Rücken«
unter http://tinyURL.com/BGW-Ruecken
Inifes-Studie 2015:
Branchenanalyse Gesundheits- und Sozialwesen
Herausgegeben von der INIFES gGmbH (Internationales Institut für Empirische
Sozialökonomie), gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung und vom ver.diFachbereich 3, 181 Seiten, November 2015. Download als PDF unter http://tinyURL.com/inifes2015
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
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Literatur- und
Internettipps
Literatur- und Internettipps
Studie: Wer würde unter
welchen Umständen für Tarifkommissionen kandidieren?
Es liegt nahe, dass sich die
geschlechtsspezifische Lohnlücke
unter anderem durch eine stärkere
Beteiligung von Frauen an Tarifkommissionen abbauen ließe.
Deshalb untersucht diese Studie,
wie wahrscheinlich es ist, dass
Beschäftigte unter verschiedenen
Umständen für eine Gehaltsverhandlungskommission kandidieren
würden und welche Einflussmöglichkeiten sie im Fall einer
Wahl für sich sehen würden.
Herbert Deppisch, Robert Jung,
Werner Feldes, Mathilde Niehaus,
Erhard Schleitzer
Ulrich Faber
Economic Research Centers der
Tipps für neu- und
Werkbuch BEM – Betriebliches
Universität Erlangen-Nürnberg und
wiedergewählte Personalrats-
Eingliederungsmanagement
des Instituts für Arbeitsmarkt- und
mitglieder
Strategien und Empfehlungen
Berufsforschung (IAB) der Bundes-
220 Seiten, 16,90 Euro, ISBN 978-
für Interessenvertretungen
agentur für Arbeit, LASER Discus-
3-7663-6456-2, 3. Aufl. 2016,
269 Seiten, 39,90 Euro, ISBN 978-
sion Papers No. 93, 18 Seiten,
www.bund-verlag.de
3-7663-6424-1, 1. Aufl. 2016,
Die Studie des Labor and Socio-
Februar 2016, findet ihr unter
www.bund-verlag.de
http://www.laser.uni-
erlangen.de/papers/paper/278.pdf
Tanja Segmüller (Hrsg.)
Beraten, Informieren und
Schulen in der Pflege
Rückblick auf 20 Jahre Ent-
Dieses Buch setzt dieser Ent-
wicklung
wicklung etwas entgegen: Es stellt
255 Seiten, 39,95 Euro,
Konzepte zur Verbesserung der
ISBN 978-3-86321291-9, 2015
pflegerischen Interaktionsarbeit
vor, die in den letzten Jahren im
Zur Bewältigung einer Erkrankung
Umfeld des Netzwerks Patienten-
sind Austausch und Weitergabe
und Familienedukation in der
von gesundheitsbezogenem Wis-
Pflege e.V. und am Department
sen an PatientInnen und Angehö-
Pflegewissenschaft der Universität
rige essenziell. Pflegende haben
Witten/Herdecke entwickelt wur-
den engsten Kontakt zu den
den. Anhand kurzer Fallbeispiele
Kranken – eine bessere Gesprächs-
wird die gesamte Bandbreite an
kultur würde die Versorgungs-
Problemen in der Folge einer
qualität enorm erhöhen.
Krankheit oder einer Pflegebedürf-
Stattdessen finden Gespräche
zwischen Pflegenden und Patien-
tigkeit veranschaulicht. www.mabuse-verlag.de
tInnen kaum noch statt.
62
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
Fundstücke
Fundstücke
Spanien: Wohin die Schuldenbremse führen kann
Anfang Januar 2016: Hunderte Medienberichte
erscheinen in ganz Europa über den Ort Lepe in der
andalusischen Provinz Huelva.
Was war geschehen? Das für 21 Millionen Euro
errichtete neue Krankenhausgebäude konnte Mitte
Dezember 2015 fertiggestellt werden. Eigentlich
ein Grund zum Feiern, aber die Eröffnung wird noch
länger auf sich warten lassen, denn es gibt weder
eine Zufahrtsstraße noch Strom- und Wasserversorgung. Und nun streiten sich die Beteiligten und
schieben sich gegenseitig die Schuld zu.
Das Gebäude wurde von der Region Andalusien
finanziert (die spanischen Regionen sind vergleichbar
mit den deutschen Bundesländern). Die Finanzierung
der infrastrukturellen Anbindung obliegt aber der
Kommune. Und das ist offenbar ein Problem: Lepes
Bürgermeister argumentiert, dass er aufgrund der
in ganz Spanien verhängten Sparmaßnahmen keine
langfristigen Schulden aufnehmen dürfe und die
Infrastruktur anders nicht zu bezahlen sei. Niederlande: Erdbebensicheres Krankenhaus
»Für 110 Millionen Euro wird in Scheemda ein neues Krankenhaus gebaut,
das die Kliniken in Winschoten und Delfzijl ersetzen soll. Die Bauarbeiten
werden in Kürze beginnen.«
»13 Millionen Euro steuert schließlich die staatliche Ölgesellschaft NAM bei,
um das Gebäude erdbebensicher zu bauen. In der Umgebung hatte es in
Z 22 / W I K I M E D I A / CC BY-SA 3.0
den vergangenen Jahren des öfteren Erdbeben gegeben, verursacht durch die
Erdgasförderung im Groninger Gasfeld, für die die NAM verantwortlich ist.« http://www.oz-online.de/-news/artikel/175538/Neue-Klinik-kostet-110Millionen, 26.1.2016
Und in Deutschland? Siehe z.B. zum Erdgasfeld Hengstlage
http://www.neuepresse.de/Nachrichten/Niedersachsen/Uebersicht/LeichtesErdbeben-im-Kreis-Oldenburg, 14.1.2016
Arbeiten bis zum Umfallen?
Hessische/Niedersächsische
Allgemeine, 6. Januar 2016,
www.HNA.de
Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016
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ULF BIRCH
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Infodienst Krankenhäuser Nr. 72 März 2016