Interview mit Stephanie Tromly zum - Vgo

»Digby ist so attraktiv, weil er ein Überlebenstyp ist«
Interview mit Autorin Stephanie Tromly
Nachdem Sie bereits als Drehbuchautorin tätig waren, haben Sie mit »Digby« Ihren
ersten Roman geschrieben. Wie kamen Sie auf die Idee, einen Roman statt eines
Drehbuchs zu schreiben?
Ich war inmitten meiner Dissertation in Englischer Literatur, als ich damit begann, »Digby« zu
schreiben – und es fühlte sich einfach nicht richtig an, die Geschichte im knappen
Drehbuchstil zu Papier zu bringen. Drehbuchschreiber werden häufig dafür kritisiert, zu
ausführlich zu schreiben und bekommen zu hören »Führe nicht Regie, schreib einfach nur«.
Ich wollte jedoch auf die Motivation und das Innenleben meiner Figuren eingehen, also
musste ich die Geschichte in eine andere Form bringen.
»Digby« ist sehr stark von Ihren Erfahrungen als Drehbuchautorin beeinflusst. Der
Text ist gespickt mit zahlreichen sehr lustigen und auf den Punkt gebrachten
Dialogen. Worin lag der Unterschied, die Geschichte dennoch als Roman zu erzählen?
Wo lagen möglicherweise die Schwierigkeiten?
Ich habe die Form des Romans gewählt, weil mir diese sehr viel Raum und Flexibilität
gewährte. Ich dachte, dass es großartig wäre, von der traditionellen Drei-Akt-Form eines
Drehbuchs wegzukommen. Und das war es wirklich! Allerdings stellte ich beim Schreiben
fest, dass hier auch einige Schwierigkeiten lagen. Mit all dem Raum und der Flexibilität war
die Gefahr groß, sich komplett in der Geschichte zu verlieren. Ich habe dann auf ein paar
Regeln zurückgegriffen, die ich beim Drehbuchschreiben erlernt hatte, um die Geschichte
wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Es fällt mir sehr schwer, nicht alle Ideen, die ich für
gut befinde, zu verwenden.
Digby ist ein ziemlich spezieller Charakter – schlau, witzig, dabei aber auch etwas
seltsam und nerdig. Wie kamen Sie auf die Idee zu diesem Charakter? Gab es für ihn
reale Vorbilder?
Die Vorlage für Digby sind einige sehr interessante und intelligente Menschen in meinem
Umfeld, die die traurigsten Dinge erlebt haben, die man sich nur vorstellen kann.
Was an Digby macht ihn – nicht nur für Zoe, sondern auch für die Leser – so
unwiderstehlich?
Zu Beginn werden die meisten Leser denken, dass das Beste an Digby ist, dass er Witze
reißt und Dinge tut, von denen andere nur zu träumen wagen. Schlussendlich glaube ich
jedoch, dass er so attraktiv wirkt, weil er ein Überlebenstyp ist. Er muss so viel Traurigkeit
und soziale Ausgrenzung aushalten, denen er jedoch mit Humor begegnet. Diesen
moralischen Mut in Aktion zu erleben ist sehr aufregend.
Pressekontakt:
Verlag Friedrich Oetinger GmbH • Judith Kaiser • Tel.: +49(0)40/607909-765 • E-Mail: j. [email protected]
Verlagsgruppe Oetinger • Max-Brauer-Allee 34, 22765 Hamburg • Internet: www.oetinger.de
Zoe und Digby sind eine Art Gegenentwurf des beliebten Durchschnittsteenagers (die
im Buch wiederum von den Figuren Henry und Sloane verkörpert werden). Wieso
haben Sie für Ihre Geschichte Außenseiter als Protagonisten ausgewählt?
Ich habe zwei Außenseiter gewählt, weil ich mich selbst noch immer als Außenseiterin fühle
und das Leben zweier Kids ausloten wollte, die mit diesem Status sehr viel besser umgehen
als ich das jemals konnte. Ich habe in meiner Jugend sehr viel Zeit damit verbracht, mir
darüber Gedanken zu machen, warum ich nirgendwo reinpasste. Ich hatte immer das
Gefühl, mich verstellen zu müssen, wenn ich mit anderen Leuten zusammen war. Jetzt sehe
ich natürlich, dass das ein großer Fehler war. Ich wünschte, ich hätte damals einen Digby
gehabt, der mir das gesagt hätte.
Sie sind in Manila geboren, in Hong Kong aufgewachsen, lebten eine Zeit lang in Los
Angeles und inzwischen in Winnipeg. Gibt es einen Ort, den Sie als Heimat
bezeichnen würden?
Mein Mann und ich reisen sehr viel, da wir keine Familie in Winnipeg haben und scherzen
immer darüber, dass der Flughafen unser Zuhause ist. Wir lachen darüber, aber eigentlich ist
es die Wahrheit.
Werden Sie auch weiterhin Drehbücher schreiben, oder konzentrieren Sie sich jetzt
auf das Schreiben von Romanen?
Im Moment genieße ich es, Romane zu schreiben. Alle Ideen, an denen derzeit arbeite, sind
grobe Entwürfe für neue Romane. Wenn jedoch eine Idee kommt, die visueller und filmischer
ist und die anderen Ideen verdrängt, könnte sein, dass auch wieder ein Drehbuch
dazwischen kommt! Ehrlich gesagt bin ich froh, wenn ich eine Idee habe, die ich dann auch
bis zum Ende verfolge.
»Digby« wird fortgesetzt – nach dem Ende des ersten Teils möchte man unbedingt
wissen, wie es weitergeht. Können Sie schon Details verraten, wie es mit »Digby«
weitergehen wird?
Der Titel des nächsten Buches wird »Trouble makes a Comeback« (zu Deutsch: »Die
Schwierigkeiten kehren wieder«) sein. Digby kommt nach fünf Monaten Abwesenheit zurück
nach River Heights, und Zoe wird Schwierigkeiten haben, ihn in ihr neues Leben zu
integrieren.
Können Sie schon sagen, wie viele Bände wir von »Digby« erwarten können?
Bislang habe ich eine Trilogie geplant.
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Als Drehbuchautorin liegt diese Frage an Sie auf der Hand: Wird »Digby« verfilmt
werden? Und falls ja, werden Sie das Drehbuch dann selbst schreiben?
Es könnte sein, dass es einen Digby-Film geben wird. In diesem Fall würde ich das
Drehbuch aber nicht selbst schreiben.
Was sagen Sie dazu, dass »Digby« so kurz nach Veröffentlichung in den USA auch in
Deutschland erscheint?
Ich bin so aufgeregt! Wir haben kürzlich einen Monat in Berlin verbracht, haben auch
Dresden und das Bauhaus in Dessau besucht – und wir LIEBEN Deutschland! Tatsächlich
habe ich sogar Teile von »Digby« im Mauerpark in Berlin geschrieben – ich kann es kaum
glauben, dass das Buch jetzt auch in Deutschland veröffentlicht wird.
Das Interview führte Judith Kaiser
©Oetinger Verlag
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