FRÜHLING 2016 - 7 FRANKEN O B S E S S I O N E N OBSESSIONEN UHREN FRÜHLING 2016 - 7 FRANKEN Die besten Geschäfte 2016 Die extremstem Kreationen UNTERWEGS Die Pampa Argentiniens JAZZ Die Pariser Szene swingt ARCHITEKTUR Mario Botta: gebautes Erinnern KUNST Teherans Aufbruch Die Dada-Bombe <wm>10CFXLIQ4DMQxE0RM5mhnHcbaG1bJVQbU8ZFXc-6OqZQWfvX8cFQ2_7vvj3J9FsHfzLdxVFLJFDFVu3hIsiFPguNFjSiP5d1jvIwVfX2OQcS66RVpghWZ7X68PgvxgvnQAAAA=</wm> <wm>10CAsNsjY0MDQx0TW2NDU2NgIAiIBEQw8AAAA=</wm> <wm>10CFXLIQ4DMQxE0RM5mhnHcbaG1bJVQbU8ZFXc-6OqZQWfvX8cFQ2_7vvj3J9FsHfzLdxVFLJFDFVu3hIsiFPguNFjSiP5d1jvIwVfX2OQcS66RVpghWZ7X68PgvxgvnQAAAA=</wm> BLACK BAY BRONZE SATINIERTES GEHÄUSE IN BRONZE DURCHMESSER VON 43 MM WASSERDICHT BIS 200 METER MANUFAKTURWERK Gehäuse aus einer AluminiumBronze-Legierung. Dieses Metall nimmt ästhetischen Schiffe Bezug auf historische Schiff e und Taucherausrüstungen und gewährleistet die Entstehung einer dezenten und einzigartigen Patina, die die Gewohnheiten des Trägers der Uhr widerspiegelt. Manufakturwerk TUDOR MT5601. Das Uhrwerk verfügt über eine Gangreserve von circa 70 Stunden, wird von einem Oszillator mit variabler Trägheit mit einer Siliziumfeder reguliert und wurde vom Schweizer Prüfinstitut Prüfinstitut Contrôle Officiel Officiel Suisse des Chronomètres (COSC) offiziell offiziell zertifiziert. zertifiziert. #TUDORWATCH TUDORWATCH.COM <wm>10CAsNsjY0MDQx0TW2NLE0NQIAvcU1oA8AAAA=</wm> <wm>10CFWLrQ7DMAwGn8jR5784nuEUVhVU5SHT8N4frR0bOOnA3baVN_x4zv2cRzHYjDQtXapDW0SOirwEGAWFCLg_GM6iKfl3kFkPga67IShBFoMsyW358PZ5vb_8vTK4dAAAAA==</wm> Magazin zur Ausgabe der «Finanz und Wirtschaft» vom 16. März 2016. LUXE ist eine gemeinsame Publikation von «Bilan» und «Finanz und Wirtschaft» und erscheint vier Mal jährlich. VERLAG Finanz und Wirtschaft AG Werdstrasse 21, Postfach, 8021 Zürich Telefon 044 248 58 00, Fax 044 248 58 15 www.fuw.ch, [email protected] VERLEGER Pietro Supino VERLAGSLEITER Walter Vontobel CHEFREDAKTOR Mark Dittli REDAKTION Hans Uli von Erlach ANZEIGENVERKAUF Tamedia Publications romandes Werbemarkt Werdstrasse 21 - 8021 Zürich Tel. 044 251 35 75 [email protected] ART DIRECTOR Enzed, Mélanie & Nicolas Zentner, Mathieu Moret BILDREDAKTION David Huc MITWIRKENDE Dino Aucielo, Sylvie Bernaudon, Dominik Büttner, Emilie Cailleux, Vincent Calmel, Jean-Cosme Delaloye, Etienne Dumont, Fabrice Eschmann, Daniel Eskenazi, Jorge Guerreiro, Serge Guertchakoff, David Huc, Sarah JollienFardel, Michael Lang, Olivia Lee, Michele Limina, Patricia Lunghi, Quentin Mouron, Marc Ninghetto, Sylvie Roche, François Wavre ÜBERSETZUNG Béatrice Aklin, Sabine Dröschel, Gian Pozzy, BILAN LUXE VERLEGER Tamedia Publications SA CHEFREDAKTOR Myret Zaki REDAKTIONELLE LEITUNG Cristina d’Agostino MARKETING Dahlia Al-Khudri, [email protected] David Olifson, [email protected] FOTOLITHO Images3 Lausanne DRUCK Stämpfli AG Auflage 57 000 ISSN 1664-0152 EDITORIAL 7 Wir sind alle smart s gibt Wörter, die sind plötzlich da. Smart ist ein solches Wort. Seit ich es zum ersten Mal wahrgenommen habe, als Nicolas G. Hayek Mitte der Achtzigerjahre das kleine Stadtauto zu vermarkten begann (das – smart eben! – sogar quer in eine Parklücke passte), wird die moderne Gesellschaft von einer wahren Smart-Lawine überrollt. Von Smart Drugs und Smart Work über Smart Grid bis zum Schnäppchenjäger, der heute Smartshopper heisst, und zur Smartcard, deren Chip Spuren unserer intimsten Daten hinterlässt. Sogar Zigaretten, Coiffeursalons und Dunstabzüge findet, wer nach „smart“ googelt. Und natürlich das Smartphone, das viel mehr kann, als wir je begreifen werden, und ohne das sich heute jeder völlig un-smart vorkäme. L Auf Seite 28 dieser Ausgabe berichtet Emilie Cailleux vom rasanten Vormarsch der Smartwatches, die immer ausgeklügelter werden und im letzten Quartal 2015 mit weltweit 8,1 Mio. verkauften Einheiten erstmals den Absatz von mechanischen Schweizer Uhren (im selben Zeitraum 7,9 Mio. Stück) übertroffen haben. Beinahe im Stundentakt bringt der digitale Uhrenmarkt Neuheiten, die naturgemäss viel mehr bieten als blosse Zeitansage und damit wohl auch ein anderes Publikum ansprechen. Oder doch nicht? Jedenfalls haben längst einige der namhaftesten Schweizer Uhrenmanufakturen die digitalen Zeichen der Zeit erkannt und verblüffen mit Chips statt mechanischer Komplikation, mit Screen statt Zifferblatt, mit Datenübertragung statt Tourbillon und Vernetzung statt Gangreserve. Und es sind womöglich dieselben Sammler und Liebhaber, die jetzt fasziniert und entzückt sind von den unendlichen Möglichkeiten der digitalen Intelligenz. Es ist das gleiche Staunen wie über die technischen Wunderwerke aus hunderten von Zahnrädchen. Die neue, alte Uhrenindustrie hat erkannt, dass nicht ein bisheriger, erfolgreicher Markt abbricht, sondern dass ein neuer sich parallel dazu auftut. Gleichzeitig haben die von Erfinder- und Innovationsgeist besessenen Player der traditionellen Haute Horlogerie das mechanische Uhrwerk nochmals übertrumpft und ausgereizt, haben es mit immer komplexeren Mechanismen weiterentwickelt, mit Scharfsinn und Handwerkskunst bisher Unvorstellbares möglich gemacht, wie Kollegin Cristina d‘ Agostino ab Seite 25 aufzeigt. Die Obsession: Nur das Gute kann den Durchschnitt überflügeln. Und nur das Bessere kann selbst das Gute überbieten. Eigentlich eine typisch schweizerische Philosophie: das Neue vorantreiben und das Bewährte optimieren. Beides auf höchstem Niveau. Denn stehen bleiben wäre, besonders bei einer Uhr, fatal. Und gar nicht smart! Hans Uli von Erlach Redaktion «Luxe» 8 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Inhalt Titelbild: Foto: Vincent Calmel Outfit: Hackett London 10 REFLEX Maxime Guyon / 12 AGENDA 14 MUST HAVE / 16 AUSBLICKE Zwischenhalt / 17 GEWUSST Alexander Girard 18 CULTURE CLUB Annabel’s / 20 DIREKT AUS... / 21 TECHNOSOPHIE 14 50 KULTUR Kunstfrühling in Teheran 78 55 KUNST 22 Dada, die Bombe von Zürich 58 BOUDOIR Anne Walser 62 ARCHITEKTUR Labyrinth aus Bambus 22 UHREN Mario Botta Die Zeit der Obsessionen 68 MUSIK Smarte Welt Unwiderstehlich Jazz Uhrmacherkunst von morgen HYT und Greubel Forsey 72 MODE Detailverliebt 32 INTERVIEWS Schweizer Sportswear Ricardo Guadalupe vis-a-vis Flavio Manzoni 78 REISEN Im Herzen der Pampa 83 ABENTEUER Zirkuskünste in der Sonne Jean-Paul Girardin vis-a-vis Markus Binkert 84 DUFTNOTIZEN 85 BEAUTY 36 BEST BOUTIQUE AWARD 87 SAVOIR-FAIRE 42 DESIGN Die neue Nase von Hermès Obsession der Form 44 SHOOTING 64 88 AUTO Allräder der Luxusklasse Uhren-Trends 92 DIGITAL 44 88 62 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 9 10 Reflex «Luxe» erteilt der jungen Generation der frisch diplomierten ECAL-Fotografen in jeder Ausgabe Carte blanche. Sie sollen einen kreativen Blick auf Luxus mit Bezug zum Thema des Magazins werfen. In Zusammenarbeit mit der ECAL wird für jede Ausgabe ein neuer Künstler ausgewählt. LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT «Ich wollte die Ästhetik der Uhrenkomplikationen mit den hochkommerziellen Codes der Haute Horlogerie kombinieren. Die hyperrealistischen Abbildungen haben mir dabei als Leitmotiv gedient.» Maxime Guyon Maxime Guyon (1990 in Frankreich geboren) hat die Fotoklasse der Lausanner Kunstschule ECAL im Jahr 2015 mit Auszeichnung abgeschlossen. Seine Arbeit bewegt sich zwischen der ständigen Weiterentwicklung technischer Funktionen in der heutigen Gesellschaft und der Rolle des Fotografen in der Post-Internet-Ära. www.maximeguyon.com/technological_exaptation – www.ecal.ch LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT V O L L E N D E T, UM DAS BESTE AUS IHRER ZEIT ZU MACHEN. THE FORD MOTOR COMPANY PRESENTS ford.ch 11 12 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT NEWS AGENDA Etienne Dumont International «ICH BIN HIER. VON REMBRANDT ZUM SELFIE» Musée des Beaux-Arts Lyon Ein Selbstporträt ist eine Selbstwahrnehmung: Jeder Künstler und jeder Amateurfotograf stellt sich so dar, wie er gerne gesehen würde. Die in einem Gemeinschaftsprojekt von drei Museen in Karlsruhe, Lyon und Edinburgh entstandene Ausstellung aus 130 Werken setzt sich mit dem Thema auseinander und regt zum Nachdenken an. Neben einem Robert Mapplethorpe kann ein Rembrandt einen ganz anderen Sinn erhalten. Die nächste Station ist Lyon (25. März bis 26. Juni), danach folgt Edinburgh. www.bba-lyon.fr «HENRI ‘LE DOUANIER’ ROUSSEAU. DIE ARCHAISCHE UNSCHULD» Musée d’Orsay Paris Henri Rousseau (1844–1910) wurde von Apollinaire und Picasso nicht immer ganz frei von schrägen Zwischentönen gefeiert. Retrospektiven seiner Werke sind aufgrund der fragilen Gemälde selten. Dennoch haben das Musée d’Orsay und die Orangerie die ihren für eine Ausstellung zusammengelegt. Sie wurde letzten Sommer in Venedig gezeigt und kommt jetzt als erweiterte Werkschau nach Paris (22. März bis 17. Juli). Darin wird «Le Douanier» in seinen zeitlichen Kontext gesetzt, sodass die Zusammenhänge mit seinen Vorgängern und seinen Erben ersichtlich werden. www.musee-orsay.fr «HIERONYMUS BOSCH. VISIONEN EINES GENIES» Noordbrabants Museum ‘s-Hertogenbosch und Prado Madrid. Der holländische Maler starb 1516. Seine Geburtsstadt ‘s-Hertogenbosch besitzt kein einziges seiner Werke, hat für diese Ausstellung aber über zwanzig der rund dreissig bekannten Gemälde als Leihgabe erhalten. Zu sehen sind etwa «Das Narrenschiff» aus dem Louvre und «Der Hausierer» aus Rotterdam. «Der Garten der Lüste» (im Bild) hingegen fehlt. Dieses Bild bleibt in Spanien, der zweiten Station der Retrospektive, die so schnell wohl keine Neuauflage erleben wird. In ’s-Hertogenbosch vom 13. Februar bis 8. Mai, www.bosch500.nl, in Madrid vom 31. Mai bis 11. September, www.museodelprado.es «BOTTICELLI REIMAGINED» Victoria & Albert Museum London Der 1510 verstorbene und bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts in Vergessenheit geratene Sandro Botticelli hat genügend ikonische Gemälde geschaffen, um nachgeahmt und den unverfrorenen Ikonoklasten zum Frass vorgeworfen zu werden. Nach Berlin sind die Neuinterpretationen seines Schaffens vom 5. März bis 3. Juli auch in London zu sehen. Neben den Aneignungen durch englische Prä-Raffaeliten der 1880er-Jahre, durch Andy Warhol und David LaChappelle umfasst die Ausstellung echte Botticellis aus Florenz und anderen Schaffensorten. www.vam.ac.uk 13 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Schweiz «FRANCIS PICABIA. EINE RETROSPEKTIVE» Kunsthaus Zürich Erich Lessing Das Privatmuseum in Riehen hat die Werke von Alexander Calder bereits mehrfach ausgestellt. Der Amerikaner hatte dort eine Zeitlang sogar eine eigene Galerie. Diesmal verbindet die Fondation Beyeler Calder mit dem Künstlerduo Peter Fischli und David Weiss († 2012), die auch als Regisseure des Films «Der Lauf der Dinge» in Erinnerung geblieben sind. Im Fokus der spielerischen Skulpturenausstellung vom 29. Mai bis 4. September steht der Moment des fragilen Gleichgewichts. www.fondationbeyeler.ch Der Franzose war bereits 1984/1985 Gast des Museums. Jetzt kommt er aus Anlass des 100-Jahre-Jubiläums der Dada-Bewegung zurück nach Zürich. Picabia (1879–1953) war das Bindeglied zwischen der Schweizer Metropole und Paris, wohin die Dadaisten nach 1918 übersiedelten. Vom 3. Juni bis 25. September werden über 150 seiner Werke gezeigt – von seinen Anfängen als impressionistischer Maler über seine Dada-Phase bis zu den Kitsch-Gemälden der Vierzigerjahre. Der Provokateur wollte dem guten Geschmack immer den Garaus machen. www.kunsthaus.ch NEUES KUNSTMUSEUM BASEL juliansalinas.ch «ALEXANDER CALDER/ FISCHLI-WEISS» Fondation Beyeler «PIPILOTTI RIST» Kunsthaus Zürich. Alex Delfanne NEWS AGENDA Etienne Dumont Anlässlich der offiziellen Eröffnung des erweiterten Kunstmuseums am 17. und 18. April startet auch die grosse Sonderausstellung «Sculpture on the Move». Sie präsentiert das künstlerische Medium der Skulptur im Spannungsfeld der Bewegung. Das Panorama reicht von 1946 bis heute und von Alexander Calder bis Matthew Barney. Der ingeniöse Neubau von Christ & Gantenbein wurde termingerecht und ohne allzu viele Mehrkosten fertiggestellt. Auch während der Bauarbeiten waren einige der Kollektionen zugänglich. Eine durch und durch gelungene Sache! www.kunstmuseumbasel.ch Sie war die blauhaarige Fee der «Expo1», zu der es nie kam. Seither hat die mittlerweile 54-jährige St. Gallerin mehrere künstlerische Höhen und Tiefen erlebt. Für Zürich realisiert sie auf tausend Quadratmetern eine raumgreifende Installation. Die Ausstellung ist eine Art Rückblick auf das bisherige Schaffen der schillernden Videokünstlerin, bezieht aber auch neue Werke mit ein, darunter «Worry Will Vanish Horizon» (im Bild), das in der Londoner Galerie Hauser & Wirth seine Premiere feierte. 26. Februar bis 8. Mai, www.kunsthaus.ch 14 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT NEWS MUST HAVE Mit den schrillen Farben und den schrägen Formen, den fröhlichen Motiven und Punk-Akzenten feiert das Design der Memphis-Gruppe, 1989 von Ettore Sottsass in Mailand gegründet, eine Renaissance und inspiriert wie eh und je. Patricia Lunghi PILASTRO Kartell ehrt Memphis und Sottsass mit der Neuedition einer vom Meister konzipierten originellen Kollektion, darunter den Hocker Pilastro in knalligen Farben. Memphis MURMANSK Diese riesige Fruchtschale aus Silber (30 cm hoch) war eines der ersten Stücke, die Sottsass 1982 für Memphis kreierte. Dreissig Jahre später wird sie weiterhin aufgelegt. Preis : 4978 € Preis: 304 Fr. SHOGUN Die Leuchte Shogun von Mario Botta reflektiert seine Architektur und ist ein Symbol für postmodernes Design. Sie wird weiterhin im Katalog von Artemide aufgeführt. Preis: 740 Fr. DRUNKEN SIDE TABLE Der talentierte, junge Designer Lee Broom aus England signiert diesen Beistelltisch aus Corian. Eine klare Referenz an die Postmoderne der Achtzigerjahre. Preis: 6825 € BIG SUR Asymmetrisches, farbenfrohes Sofa aus lackiertem Holz und Wolle. Eine Kreation des amerikanischen Designers Peter Shire für Editions Memphis Milano aus dem Jahr 1986. Preis: 12 908 € LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT BOUTIQUES GENEVE • GSTAAD • LUZERN ZURICH • ZERMATT 15 Classic Fusion Aeromoon King Gold. Gehäuse aus der einzigartigen RotgoldLegierung King Gold. Zifferblatt aus Saphir ermöglicht Einblicke in das Uhrwerk und zeigt Mondphasen, Kalender, Tag und Monat an. 16 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Von Dinard über Paris, Dubai nach St-Légier – eine Auswahl attraktiver Adressen, die man diesen Frühling testen sollte. Cristina d’Agostino NEWS AUSBLICKE M.A.D. GALLERY. DUBAÏ Nach Genf und Taipeh gibt es nun auch eine M.A.D. Gallery in Dubai, im Herzen der AlSerkal Avenue. Im angesagten Quartier werden seit 2007 diverseste Kunstformen gepflegt. Zahlreiche renommierte internationale Kunstgalerien haben hier ihre Zelte aufgeschlagen, einige sind an der Art Dubai äusserst aktiv. Maximilian Büsser, schweizerisch-indischer Gründer der M.A.D. Gallery, sorgte zusammen mit dem japanischen Künstler Chicara Nagata und den drei unvergleichlichen «Road Machines» für einen aufsehenerregenden Start. Zwischenhalt Gilles Trillard www.castelbrac.com Avenue George-V 17 35800 Dinard, France +33 2 99 80 30 00 Alserkal Avenue Street 8 Al Quoz 1 Dubai, U. A. E. +971 04 330 7366 LE ROCH HOTEL & SPA. PARIS Für Liebhaber des 1. Arrondissement in Paris und Fans der Innenarchitektin Sarah Lavoine ist das Le Roch Hôtel eine neue Anlaufstelle. Pool und Spa, Innengarten und Sonnenterasse, Carrara-Marmor, massives Nussholzparkett und von der Designerin auf Mass kreierte Möbel machen das Hotel zur eleganten Adresse im Herzen von Paris. Nach langen Jahren wird am 17. April im Manoir de Ban, Wohnsitz der Familie, das Musée Chaplin eröffnet. Über 3000 m2 Entdeckungen, Erfahrungen und Emotionen erwarten die Besucher, ein szenografisches, cinematografisches, multimediales und virtuelles Gesamtwerk. «Le Studio», ein moderner Betonbau mit Kinosaal und diversen Rekonstruktionen aus Chaplin-Filmen, präsentiert das Werk des Künstlers, während im Manoir de Ban das Leben Chaplins nachgezeichnet wird. www.moderntimeshotel.ch Chemin du Genévrier 20 1806 Saint-Légier-La Chiésaz/ Vevey +41 21 925 22 22 Bubbles Incorporated SA MODERN TIMES HOTEL. ST-LÉGIER www.chaplinsworld.com Route de Fenil 2 1804 Corsier-sur-Vevey In St-Légier oberhalb von Vevey und in der Nähe des brandneuen Musée Chaplin’s World by Grévin hat das neue Viersternehaus Modern Times Hotel seine Tore eröffnet. Die 138 mit modernstem Komfort ausgestatteten Zimmer und Junior-Suiten haben einen den Blick auf die Pléiades oder den mediterranen Park. Im Restaurant Le Times Grill geniesst man Grilladen mit provenzalisch inspirierten Beilagen. www.emo-photo.com MUSÉE CHAPLIN’S WORLD BY GRÉVIN. CORSIER-SUR-VEVEY www.leroch-hotel.com Rue Saint-Roch 28 75001 Paris. France Pierre André HÔTEL CASTELBRAC. DINARD Das Haus aus dem 19. Jahrhundert beherbergt neu ein Hotel mit 25 Zimmern. Die Villa Bric à Brac war 1874 Wohnsitz des berühmten englischen Colonel Robert Hamilton, 1934 des Meeresbiologen Professor Gruvel. Auf Anregung des Polarforschers Capitaine Charcot entstand hier vor dem Zweiten Weltkrieg eine maritime Forschungsanstalt mit Aquarium. Das Fünfsternehaus in der Bretagne ist ganz im Jugendstil gebaut. Besonders sehenswert ist die im einstigen Aquarium untergebrachte Bar, wo das sanfte Halbdunkel unterbrochen wird vom durch die originalen Luken einfallenden Licht. Der Blick auf Atlantik und Smaragdküste ist ebenso entspannend wie atemberaubend. 17 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT ie Geschichte verhilft Alexander Girard endlich zur verdienten Ehre. Während sein Name nur Eingeweihten ein Begriff war, wurden seine Zeitgenossen und Freunde Charles und Ray Eames, George Nelson und Eero Saarinen zu Weltstars. Eine flagrante Ungerechtigkeit, denn Girard war ein Pionier des postindustriellen Designs, der Gegensätzliches miteinander zu verbinden wusste – Handwerk und Industrie, schlichtes Design und bunte Pop Art. Von 1920 bis 1970 beschäftigte er sich mit Innenarchitektur, Textildesign, Corporate Identity, Typografie und natürlich mit dem Design von Möbeln. Drei Jahre nach seinem Tod im Jahr 1993 ging der Privatnachlass des Italo-Amerikaners an das Haus Vitra über, zehn Jahre später erhält nun das Publikum erstmals Gelegenheit, 5000 Zeichnungen, Fotografien, Motivskizzen für Textilien, Accessoires, Möbel und Folk-Art-Objekte – die wichtigste Inspirationsquelle des Künstlers – zu bewundern. Das Vitra Design Museum in Weil am Rhein zeigt die spektakuläre Retrospektive vom 12. März 2016 bis 29. Januar 2017 (www.vitra.com). Charles Eames D NEWS GEWUSST Jorge S.B. Guerreiro Alexander Girard Designer der Farben Colour Wheel Ottoman, 1967 Ein Souvenir der besonderen Art ist die Colour-Wheel-Ottomane aus dem Jahr 1967, eine Reedition von Vitra mit 91 cm Durchmesser, in zwei Versionen und diversen Farben. Das Möbelstück repräsentiert das einmalige grafische Oeuvre von Alexander Girard, der endlich im Pantheon des Designs Aufnahme findet (1372 Fr.). 18 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT NEWS CULTURE CLUB Cristina d’Agostino Annabel’s Intakter Mythos ady Diana tanzte hier barfuss, Queen Mum vergnügte sich einen Abend lang, die Beatles waren die Einzigen, die krawattenlos Zugang hatten. Annabel’s ist wie eh und je angesagter Treffpunkt der Londoner High Society. Dem Club im Herzen von Mayfair – zwischen Oxford Street, Piccadilly, Hyde Park und Regent Street – ist es gelungen, den Mythos seiner Soirees zu bewahren. Laptop und Handy gibt man am Eingang ab, denn absolute Diskretion ist garantiert. Seit 1963 wird hier gefeiert, chic, ausgelassen, zügellos. Schweizer sind willkommen, so sie Mitglied des sehr exklusiven, privaten Zürcher Club Baur au Lac sind. www.annabels.co.uk 44 Berkley Square, London W1J 5QB, UK Chris Tubbs L LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Your access to emerging markets opportunities. 19 20 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT TOKIO Daniel Eskenazi Journalist Skandinavisches Design hat in Japan Hochkonjunktur NEWS WELTWEIT Skandinavien ist in Japan voll im Trend. Die Zeitschriften im Land der aufgehenden Sonne sind voll von dänischem und schwedischem Design. Sie berichten Woche für Woche begeistert über Möbel, Geschirr und Deko aus dem europäischen Norden. In der Megapole Tokio bieten Dutzende Läden skandinavisches Design an. Und in Meguro, das für seine vie- len Möbelgeschäfte bekannt ist, fehlen natürlich auch die prominenten skandinavischen Designer wie Hans J. Wegner, Arne Jacobsen und Nanna Ditzel nicht. «In Japan sind skandinavische und vor allem dänische Designer aus der Mitte des letzten Jahrhunderts sehr gefragt», sagt Rei Noguchi, der als Einkäufer für die japanische Gruppe Actus arbeitet. Im Uhrensektor, in dem Schweizer Marken grosse Beliebtheit geniessen, ist der Trend weniger ausgeprägt. Trotzdem spielen skandinavische Produkte auch hier eine zunehmend wichtige Rolle. Die schwedische Marke Daniel Wellington, die in Japan seit rund zwei Jahren vertreten ist, soll laut einer Managerin enorme Erfolge in der Uhrenszene feiern. «Die Verkaufszahlen wachsen um rund 200% pro Jahr, die Nachfrage nach schwedischen und dänischen Uhren ist in Japan generell hoch», betont sie. Eine Direkt aus... Illustration: Nicolas Zentner HONGKONG Olivia Lee Mitgründerin von The Closeteur Asiatische Uhrenliebhaber: Klassik-Knowhow statt Label-Glanz Das Digitalzeitalter bedeutet schnelle Informationen und sofortige Erfüllung von Wünschen. Jetzt betreiben Uhrensammler und -liebhaber in Hongkong jedoch eine neue Art, kunsthandwerkliches Erbe und Know-how zu begreifen. Parallel zur Verlangsamung des Konsums von Luxus sind nicht mehr nur Extravaganz oder das auf Anhieb erkennbare Label Indikatoren für Reichtum und Status. So möchten asiatische Konsumenten von den Marken, die sie tragen, mit einbezogen werden und Markenloyalität bezeugen, weg von rein ästhetischen Aspekten ihre Vorstellung von kulturellem Erbe mit anderen Menschen teilen. Auch auf dem Gebiet wertvoller Uhren. Um Beziehungen aufzubauen, reicht exzessive Produktwerbung nicht, Uhrenmarken müssen Geschichten erzählen, Story Telling ist angesagt. Van Cleef & Arpels weist den Weg: Die Marke lädt Stammund Neukunden zu Ateliers, wo sie andere Aficionados kennenlernen, sich Kenntnisse in Uhrentechnik aneignen, Gelegenheit haben zum Austausch mit Spezialisten. Angesichts steigender Beliebtheit der Ecole Van Cleef & Arpels (hk.lecolevancleefarpels.com) führt das Schmuck- und Uhrenhaus an der PMQ, der Hongkonger Drehscheibe für Kunst und Design, zum dritten Mal seine Ateliers durch. Das zunehmende Interesse und die Wertschätzung für ein grosses Vermächtnis sind ein Schritt zurück zum Wesentlichen: Besonnene Vertiefung statt digitale Unmittelbarkeit. Erklärung für die Vorliebe der Japaner für skandinavische Erzeugnisse könnten die Gemeinsamkeiten mit dem Design aus dem eigenen Land sein. «Japaner mögen Einfaches und Minimalistisches», erklärt Rei Noguchi. NEW YORK Jean-Cosme Delaloye Journalist Im Schatten von Fitbit und Apple Die Fitbit-Werbung am diesjährigen Super Bowl, am Finale der American-Football-Profiliga, ist nicht unbemerkt geblieben. Das amerikanische Unternehmen für Fitness-Uhren hat mehrere Millionen Dollar in den Launch seiner Smartwatch Blaze investiert. Mit einem Preis von weniger als 200 $ ist die Fitbit Blaze genauso wenig ein Luxuserzeugnis wie das Konkurrenzprodukt Apple Watch. Und doch hat die Apfelmarke 2015 insgesamt 12 Mio. Uhren verkauft und damit den US-Markt neu definiert: Sie hat eine technologische Alternative zur feinen Mechanik der Luxusuhren geschaffen. Laut Milton Pedraza, dem Leiter des Luxury Institute in New York, sind Luxusuhren in der heutigen Zeit, in der Wallstreet durch Volatilität glänzt, jedoch noch immer eine beliebte Anlage. «Die Amerikaner suchen derzeit nach einzigartigen Erlebnissen und Erfahrungen», erklärt er, «und Luxusuhren stehen da in Konkurrenz zu den grossen Reisen.» Der Experte nennt noch einen weiteren Trend: Amerikanische Konsumenten informieren sich immer genauer über das begehrte Produkt, und sie sind den Luxus-Uhrenlabels weniger treu. Als Folge der besseren Produktkenntnis wächst das Potenzial des Online-Handels. Gemäss einer von McKinsey Ende 2015 veröffentlichen Studie werden im Jahr 2025 geschätzte 18% der LuxusuhrenIndustrie online verkauft. «Die Industrie will diese Wende nicht verpassen», sagt Milton Pedraza. «Auch wenn der E-Commerce den Verkauf im Laden nicht ersetzen wird, so ist er doch eine unverzichtbare Alternative.» 21 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT NEWS TECHNOSOPHIE Eine neue, ausgetüftelte Digitaltechnologie holt die berühmtesten Pianisten ins traute Heim. Nein, nicht auf einem üblichen Tonträger – CD war gestern. Sondern live an Ihren Steinway in der guten Stube. Hans Uli von Erlach ie haben eine Party und möchten einen Jazz-Pianisten swingen lassen? Vielleicht Duke Ellington? Und das in person? Oder vielleicht gönnen Sie sich einen gediegenen Chopin-Abend? Dann laden Sie doch gleich einen Starpianisten ein. Etwa Lang Lang. Oder Arthur Rubinstein. Live, versteht sich. Zwar bleibt der Stuhl vor Ihrem Instrument leer, aber wie von Geisterhand bewegen sich dessen Tasten und schlagen die Hämmerchen die Saiten an. Selbst die Pedale sind präzise im Einsatz. Und Sie hören es: unverkennbar der Maestro. Zwischen zwei Nocturnes können Sie ihm gerne auch zuprosten: Cin cin, Mr. Rubinstein. S Cin cin, Mr. Rubinstein In der Schweiz ist Musik Hug Partner von Steinway & Sons. www.musikhug.ch Möglich macht die virtuelle Live-Performance Spirio, ein Meistwerk der Technik, das im New Yorker Stammhaus des Piano- und Flügelherstellers Steinway & Sons entwickelt wurde. Dabei gibt ein Modul Impulse mit fein reguliertem Luftdruck an die Mechanik des Instruments weiter. Und das so detailliert, dass Stil, Sensibilität und Ausdruck des Pianisten unverfälscht erklingen: weiche Triller oder donnernde Fortissimi, seine typischen Tempi und sein nuancenreicher Anschlag. Im New Yorker Tonstudio haben bereits viele der grössten Steinway-Künstlerinnen und -Künstler eigens ein Repertoire für das System Spirio eingespielt. Eine spezielle Software misst die Hammergeschwindigkeit in bis zu 1020 Dynamikstufen bei bis zu 800 Signalen pro Sekunde und 256 verschiedenen Pedalstellungen. Der Katalog umfasst schon weit über hundert Stunden Musik aus Jazz und Klassik. Jetzt ist es sogar gelungen, die Aufnahmen von längst verstorbenen Tastenstars auf diese Weise digital zu erfassen und hörbar zu machen. Auf dem mitgelieferten iPad können sämtliche Aufnahmen angetippt werden, und gleich beginnt der gewünschte Musiker live zu spielen. Über eine App wird die stetig wachsende Bibliothek laufend automatisch erweitert. Das revolutionäre Selbstspielsystem wird absolut unsichtbar in zwei übliche Flügelgrössen von Steinway & Sons eingebaut. Die Instrumente allein kosten zwischen 87‘000 und 104‘000 Fr. und können natürlich auch ohne Spirio ganz normal gespielt werden. Doch wer will das schon, wenn man für die «Gage» von rund 21 000 Fr. (Aufpreis für Spirio) Rubinstein, Lang Lang und Ellington und vier Dutzend weitere Stars live zu Hause haben kann. 22 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 23 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT UHREN Theorie der Extreme Während die Smartwatch der Welt auf beiden Seiten des Atlantiks den Kopf verdreht, sind die Schweizer Uhrmacher noch immer besessen von mechanischen Komplikationen. Cristina d’Agostino 24 ls brillante Antwort auf die unendlichen technischen Möglichkeiten von Computersoftware schöpfen die Uhrmacher das mechanische Räderwerk immer weiter aus – man könnte fast meinen, sie hätten mit den Erfindern der besten Tools aus Cupertino eine Wette abgeschlossen. Im Laufe der Jahrhunderte, der Entdeckungen und der Siege des Menschen über das unendlich Kleine hat die mechanische Komplexität immer wieder neuen Schwung erhalten. Heute ist die Intelligenz des Handwerks zu einem Aushängeschild geworden. Die Uhrmacher schreiben sie auf ihre Fahne, in der Hoffnung, Besseres, Schöneres und Grösseres zustande zu bringen als die künstliche Intelligenz. Das Handwerk will seinen Rang behalten. Der Drang nach mechanischer Perfektion ist intakt. Thierry Stern, Präsident von Patek Philippe: «Das Streben nach komplexen Mechanismen geht auf unsere Firmenphilosophie zurück, die von den Gründern der Marke definiert wurde und seit 1839 unverändert geblie- A LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Das Streben nach mechanischer Perfektion ist intakt. ben ist: Wir wollen die besten Uhren der Welt entwerfen, entwickeln und herstellen. Diese Philosophie prägt unsere tägliche Arbeit und wird bei jeder neuen Kreation umgesetzt. Unsere Kundschaft schätzt Uhren mit technischem Mehrwert, Tendenz steigend. Einige unserer Neukunden leisten sich gleich bei ihrem ersten Kauf eine Uhr mit Komplikationen wie die Quantième Annuel. Vor zehn Jahren stieg man meist mit einer klassischen Uhr wie der Calatrava in die Marke ein. Es geht nicht darum, Komplikationen der Komplikation wegen zu entwickeln. Wichtig ist in unseren Augen, dass die Uhren über nützliche und verlässliche Funktionen verfügen. In der Haute Horlogerie sind die an schönen Uhren interessierten Kun- den der neuen Generation fasziniert von der komplexen Mechanik, deren Herstellung nur dank kombiniertem Fachwissen aus traditioneller Handwerkskunst und Spitzentechnologie möglich ist und die wenig mit der virtuellen Welt zu tun hat.» Die jüngsten Kollektionen der renommierten Uhrenmarken sind ein deutlicher Beweis für diesen Trend. Eine Realisation jedoch überragt sie alle: Vacheron Constantin hat Ende 2015 zur Feier ihres 260-jährigen Bestehens die komplizierteste Taschenuhr der Welt herausgebracht. Das schlicht mit Referenz 57260 betitelte Meisterstück mit doppeltem Zifferblatt schlägt alle Rekorde der hohen Uhrmacherkunst. Es enthält 57 Komplikationen, darunter g Die Reverso Tribute Gyrotourbillon von Jaeger-LeCoultre 25 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT verschiedene Neuheiten. Ein paar Beispiele: zwei ewige Kalender (ein gregorianischer und ein hebräischer), ein astronomischer Kalender, ein Mond- und ein Religionskalender, ein zweifach retrograder Schleppzeigerchronograph, ein Wecker, ein Westminster-Glockenspiel und eine Armillarsphäre. In Zahlen ergibt das vier Uhrwerkplatten, 2800 Einzelteile, 242 Rubine, 75 Komplikationen, acht Jahre Forschungs- und Entwicklungsarbeit und einen Rekord. Mit der Referenz 57260 ist es Vacheron Constantin gelungen, die während 26 Jahren unangefochtene Patek Philippe 89 zu entthronen. Die mit 33 Komplikationen bislang komplizierteste Uhr der Welt ist und bleibt aber ein technisches Meisterwerk, denn sie wurde ohne jegliche Computerunterstützung gebaut. CAD gab es damals noch nicht. Dieser lobenswerte Drang nach Perfektion bringt das Mantra des Uhrmachers im Land der Kompromisse bestens auf den Punkt: keine Kompromisse eingehen, um Vorzüglichkeit zu erreichen. Die komplizierteste Uhr der Welt von Vacheron Constantin 57 Komplikationen, davon diverse Neuheiten 4 Uhrwerk-Ebenen 2800 Einzelteile 242 Rubine 8 Jahre Forschung und Entwicklung TAG Heuer Carrera Heuer-02T Tourbillon, die günstigste unter den mechanischen Uhren mit Komplikationen 26 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Die Meister der Komplikationen inszenieren die Zeit, machen Funktion zur Allegorie, und Extreme zu Poesie. Die Erzfeinde des mechanischen Uhrwerks und der gleichförmigen Schwingungen rauben den Uhrmachern den Schlaf. Besessen suchen sie nach Lösungen, wie sie die Unruh und die Spiralfeder in ein perfektes Gleichgewicht bringen und wie sie die Reibung, die Fliehkraft und die Magnetfelder austricksen können. Um möglichst nahe an die Taktfrequenz eines Mikroprozessors heranzukommen, die bei einer Smartwatch 1,3 GHz, bei einer mechanischen Uhr hingegen rund 5 GHz beträgt, übertreffen sich die Uhrmacher gegenseitig an Erfindungsreichtum. Ständig werden neue amagnetische und reibungsfreie Materialien entworfen. Ein Meilenstein, der alle bisherigen Konventionen über den Haufen wirft, ist das Uhrwerk Senfine von Parmigiani Fleurier. Es wurde zur Feier des 20-Jahre-Jubiläums der von Michel Parmigiani gegründeten Marke der Öffentlichkeit präsentiert. Senfine ist ein Schritt in Richtung des Perpetuum mobile, einer Uhr, die dank einer Gangreserve, wie sie auch mit der ausgeklügeltsten Batterie unmöglich erreicht werden kann, nie stillsteht. Die Forschungsarbeiten für diese Erfindung wurden 2004 von Pierre Genequand, einem Genfer Ingenieur und ehemaligen Mitarbeiter des Schweizer Forschungszentrums für Elektronik und Mikrotechnologie (CSEM), aufgenommen. Der Wissenschaftler hatte sich auf reibungslose elastische Gelenke in der Raumfahrttechnik spezialisiert und war überzeugt, dass diese Technologie ein grosses Potenzial für die Uhrmacherei birgt. Das CSEM und die Vaucher Manufacture Fleurier, das Kompetenzzentrum für Uhrmacherei von Parmigiani Fleurier, sorgten anschliessend mit einem Proto- Eine Neuheit aus der Manufaktur Cartier, die Rotonde Astromystérieux laziz hamani ______Isochronismus als Obsession 27 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT ______Hohe Uhrmachkunst zu erschwinglichen Preisen? typ für die praktische Umsetzung. Das Uhrwerk verfügt über eine herkömmliche Energiequelle, zeichnet sich aber durch ein Regulierorgan mit einer noch nie dagewesenen Autonomie aus. Seine Form und seine Materialien spielen dabei eine wichtige Rolle. Ohne die mit aller Kraft vorangetriebene technologische Forschung wäre Senfine aber nicht zustande gekommen. Sie bildet den Kern der modernen Uhrmacherei. Mechanische Fortschritte sind heute nur noch mit Unterstützung bahnbrechender Technologien aus der Raumfahrt, der Luftfahrt und der Automobilindustrie denkbar. Die Haute Horlogerie hat nicht mehr viel mit der Uhrmacherkunst aus Grossvaters Zeiten gemein. Dank der monolithischen Bauweise aus Silizium, dank der Unruh, Spiralfeder und Anker aus einem einzigen Stück gefertigt sind, erübrigen sich die Drehzapfen und -achsen eines herkömmlichen Gangreglers. Das Resultat: weniger Reibung und eine Gangreserve von 45 Tagen. Glaubt man Michel Parmigiani, ist das Potenzial des Gangreglers aber noch lange nicht ausgeschöpft. Der Konkurrenzkampf der Smartwatches und der hochtechnologischen, mechanischen Uhren um die Vormachtstellung auf dem Gebiet der Avantgarde ist in vollem Gang. Montblanc 4810 Exotourbillon Slim ______Komplexe Schönheit Mechanische Komplexität ist es aber nicht alles. Ebenso wichtig ist die Ästhetik des Uhrwerks. Die Meister der Komplikationen wollen die Zeit inszenieren, die Funktion zur Allegorie machen und eine Poesie der Extreme schaffen. Die schwingende Spiralfeder soll ein Blickfang sein, der Käfig des fliegenden Tourbillons den Betrachter in seinen Bann ziehen und der regelmässige Glanz auf der Rückseite des Meisterwerks beeindrucken. Eine Uhr soll mehr sein als technische Perfektion. Die mechanische Schönheit, eine Obsession jedes Uhrmachers, soll die Zeit paradoxerweise zum Stillstand bringen. Ob sie nun geheimnisvoll ist wie die Astromystérieux von Cartier, bei der das Uhrwerk zu schweben scheint, oder hypnotisierend wie die Reverso Tribute Gyrotourbillon, einem Zweiachs-Tourbillon mit minimalistisch ausgelegten Käfigen und unterschiedlicher Drehgeschwindigkeit, der einen faszinierender Einblick in die Architektur freigibt – die Ästhetik ist immer Dreh- und Angelpunkt. Das Werk Senfine hergestellt in der Manufaktur Parmigiani Fleurier Eine Uhr, die einfach nur die Zeit angibt, will heute niemand mehr, das ist spätestens seit der Smartwatch allen klar. Aber auch die mechanische Uhrmacherei muss die passenden Antworten auf die neuen Anforderungen finden. Schon seit einigen Jahren werden die Uhren immer komplexer, ästhetisch ausgefeilter und vereinen immer mehr Kunsthandwerk in sich. Seit diesem Jahr zeichnet sich aber noch ein neuer, riskanterer Trend ab: Uhrmacherische Komplikationen sollen bezahlbar werden. Diese Idee stammt von den beiden Prestigemarken Montblanc und Tag Heuer und wurde auch bereits umgesetzt. Bei Montblanc mit einem fliegenden Tourbillon, bei Tag Heuer mit einem fliegenden Tourbillonchronographen. Ersterer ist dreimal, Letzterer sogar zehnmal günstiger als vergleichbare Produkte. Jean-Claude Biver, Chef des Pôle Ho rl oge r vo n LV M H u n d Ta g Heuer: «Wir bringen einen COSCTourbillonchronographen heraus, weil wir dank unserer integrierten und vertikalisierten Manufaktur (Zifferblatt, Gehäuse, Uhrwerk) dazu imstande sind. Die Fabrikationstechniken haben sich weiterentwickelt, und die Herstellungskosten sind dank neuer Verfahren und Methoden gesunken. Das Vorhaben ist uns deshalb gelungen, weil unser Ziel von Anfang an feststand. Alle mussten mitziehen, wir haben niemandem die Wahl gelassen. Ich glaube fest an bezahlbaren Luxus bei Tag Heuer. Das bedeutet aber auch, dass die Marke Tag Heuer in allen Preissegmenten, sowohl bei Uhren für 1’000 Fr. als auch für 50’000 oder 100’000 Fr., stets einen Wert darstellen muss, der in der Wahrnehmung der Kunden drei- bis fünfmal über dem Verkaufspreis liegt. Erschwinglicher Luxus ist aber kein neuer Trend, es gibt ihn schon lange. Ihm verdankt Tag Heuer sogar den Erfolg der letzten Jahre. Der Kunde achtet aber heute vermehrt auf den Preis und wird sich eher für bezahlbaren Luxus entscheiden als früher. Dieses Phänomen ist nicht nur bei den Uhren, sondern bei allen Produkten zu beobachten.» Die Theorie der Extreme als Obsession für Mechanik und Schönheit steht noch ganz am Anfang. 28 LUXE BILAN DOSSIER VERNETZT Uhren, Wohnungen, Autos - intelligente Objekte spielen in unserem Alltag eine immer grössere Rolle. Bleibt die Frage: verbunden oder nicht verbunden. Emilie Cailleux Smarte Welt 1981 «In tödlicher Mission» kommt ins Kino. Roger Moore trägt darin eine Seiko-Uhr, mit der er schriftliche Geheimnachrichten vom MI6 empfangen kann – eine kleine Aufmerksamkeit des erfinderischen Q. Die Fantastereien der James-Bond-Filme aus den Achtzigern wurden im letzten Jahrzehnt von den Telekommunikationsriesen 3.0 wahrgemacht. Und jetzt? ______Immer und überall online Auch in der Schweizer Uhrenindustrie wurde dieses technologische Wunder vollbracht. In La Chaux-de-Fonds hat Tag Heuer vor ein paar Monaten die in Zusammenarbeit mit Google und Intel entworfene Carrera Connected vorgestellt. Sie misst nicht nur die körperliche Aktivität des Trägers, sondern zeigt auch Anrufe und Nachrichten an. Das Ganze ist in das Gehäuse eines echten Chronometers verpackt. «Äusserlich soll die Smartwatch nicht von einer Luxusuhr zu unterscheiden sein», lässt sich Jean-Claude Biver, der CEO der Marke, seit der Präsentation im vergangenen November immer wieder zitieren. Dieser Trend ist auch beim Franzosen Withings festzustellen. Seine Zeigeruhr übernimmt die Massstäbe der traditionellen Uhrmacherei, wie das extraflache Gehäuse, der Sekundenzeiger und die analoge Anzeige deutlich machen. Immer und überall online zu sein, ist schon längst nicht mehr Geeks vorbehalten. Smart-Objekte sind zum Massenphänomen geworden. Die Zeit der «Ultrakonnektivität» ist eingeläutet. Obwohl es diese Wortschöpfung noch nicht einmal in die deutschen Wörterbücher geschafft hat, geht sie uns alle an. Wir alle stecken bereits mitten drin in der ständigen digitalen Vernetzung. Der Begriff selbst umfasst ein buntes Sammelsurium an Objekten wie Kühlschränken, Brillen und Uhren – sogenannte Smart-Geräte – und Telefone der jüngsten Generation, ohne die wir uns ein Leben nicht mehr vorstellen können. «Es gibt keine eigentliche Definition der Konnektivität», bestätigt Michel Deriaz, Dozent am Centre Universitaire Informatique in Genf. «Wir ordnen dem Begriff Smartphones, Smarthomes, Smartcars und Wearables, das heisst mit Chips ausgestattete, am Körper getragene Gegenstände, zu. Konnektivität kommt dann zustande, wenn diese Objekte miteinander vernetzt sind.» Im modernen Alltag ist es selbstverständlich geworden, dass wir sozusagen überall und jederzeit uneingeschränkten Zugriff auf Kommunikationsplattformen und unerschöpfliche Informationsquellen haben. Die smarte Welt der Konnektivität verfolgt uns bis in die eigenen vier Wände. Das zeigt unter anderem das internationale Forschungsprojekt SmartHeat, an dem Michel Deriaz zusammen mit dem Labor TaM arbeitet. Mit dem System soll jedes Zimmer ganz nach den Gewohnheiten und Vorlieben der Bewohner einzeln beheizt werden. Und sie macht nicht einmal vor unseren Tellern halt. Ein Beispiel: Das französische Start-up-Unternehmen DietSensor hat im Januar an der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas einen via Bluetooth verbundenen, molekularen Chip vorgestellt, der die chemische Zusammensetzung der Mahlzeit erkennt. Doch wer glaubt, mehr geht nicht, täuscht sich. Denn die Konnektivität dringt sogar in unseren Körper ein: Von der Pentagon-Forschungsagentur Darpa entwickelte elektronische Chips wurden in das Gehirn von zwölf Personen implantiert, um ihr Gedächtnis zu analysieren und zu stimulieren. Heute geht nichts mehr verloren, alles wird gemessen und ausgewertet. Wir sind zu Datenträgern geworden. Das Phänomen des «Quantify self» greift immer weiter um sich. Sogar die Luxusunternehmen erliegen dem Trend. Der Kosmetikriese L’Oréal hat an der diesjährigen CES den ersten elektronischen UV-Sensor, My UV Patch, präsentiert. Er wird auf die Haut geklebt und berechnet in Echtzeit die Sonneneinstrahlung. ______Elektronik, die unter die Haut geht «Stark verändert hat sich in den letzten Jahren die Art, wie wir mit dem Smart-Geräten interagieren. Elektronik wird immer mehr zu einer Erweiterung des Menschen», sagt Michel Deriaz. 29 LUXE BILAN Elektronik wird immer mehr zu einer Erweiterung des Menschen Er hat bei seinen Arbeiten festgestellt, dass das Smartphone als Verlängerung des Menschen wahrgenommen wird. Wir entsperren es noch im Halbschlaf unter der Bettdecke und verwenden es bis zum Schlafengehen. Glaubt man dem Wissenschaftler, wird sich diese Entwicklung fortsetzen. «Momentan befinden sich die Smart-Objekte noch ausserhalb des Körpers, auch wenn sie immer häufiger direkt auf der Haut getragen werden. In zehn Jahren dürfte die Forschung so weit sein, Chips unter die Haut einzupflanzen.» Die Smart-Geräte von morgen werden immer präzisere Informationen über unseren Gesundheitszustand liefern und so die Art, wie wir mit unserem Körper umgehen und ihm Sorge tragen, radikal ändern. «Dank dieser Datenlieferanten lernen wir unseren eigenen Körper besser kennen», ist sich Christian Lovis, Professor und Lehrbeauftragter im Genfer Unispital, sicher. In diese Richtung geht auch der vom Zürcher Start-up-Unternehmen Dacadoo entwickelte Gesundheitsindex. Er zeichnet die via Smartphone, digitale Waage, Blutdruckmessgerät, Herzfrequenzmessband und Aktivitätentracker übermittelten Daten auf und berechnet daraus den Health Score, der uns hilft, gesund und aktiv zu leben. Seit 2015 wird kein neues Smart-Gerät mehr angeboten, das nicht auch noch die Körperaktivitäten misst. Es ist unmöglich geworden, dieser serienmässig installierten Komponente zu entkommen. Versucht man, sie zu umgehen, meldet sich garantiert Siri und mahnt uns, dass wir uns heute noch nicht genug bewegt haben. Prävention heisst die Devise. Mit den Geräten wird eine Laien-Wissenschaft entwickelt, die es uns allen erlaubt, wissenschaftliche Daten zu messen. Das wird auch für das Gesundheitswesen nicht ohne Folgen bleiben. Die Diagnosestellung wird beschleunigt, ambulante Behandlungen Das Zifferblatt der TAG Heuer Carrera Connected ist ein Screen, der nicht nur die Zeit anzeigt. nehmen zu, und sogar Fernbehandlungen werden möglich. «Trotzdem sind wir noch weit davon entfernt, zu biologisch vernetzten Menschen zu werden», präzisiert der Arzt. In Grossbritannien bestätigt eine Ausnahme die Regel. Kevin Warwick, ein britischer Professor für Kybernetik an der Universität Reading, hat sich einen Chip in den Arm einpflanzen lassen, der sein Nervensystem direkt mit Computern verbindet und es ihm ermöglicht, seinen Computer und andere Geräte mit seinen Gedanken zu steuern. Sein oberstes Ziel ist der direkte Gedankenaustausch von Hirn zu Hirn. Was früher noch Science Fiction war, wird immer mehr zur Realität. Ende Dezember hat das Creative Lab des koreanischen Konzerns Samsung eine neue Generation Uhren vorgestellt, dank denen man lediglich den Finger ans Ohr halten muss, um ein Gespräch zu führen. Tip Talk läutet in der Anthropologie der Techniken zweifelsohne ein Wende ein. Während Smart-Geräte bislang als Verlängerung unserer Körper dienten, haben wir es immer häufiger mit einer umgekehrten Entwicklung zu tun: Die neuen Projekte machen unseren Körper zur Verlängerung der Technik und zeigen, dass die programmierten Smart-Geräte von heute bereits veraltet sind. Doch keine Angst: Das Zeitalter der Cyborgs und der Aufstand der Maschinen gegen die Menschen sind noch immer Science Fiction. 30 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Für die junge Marke HYT, berühmt geworden als Erfinderin der flüssigen Stundenanzeige im mechanischen Uhrwerk, ist die Haute Horlogerie eine Plattform, um die Umsetzung ihrer Technologie auf günstigere Uhrensegmente und diverse andere Bereiche wie Schmuckkreation oder Medizintechnik zu prüfen. Cristina d’Agostino UHREN DOSSIER Die Uhrmacherkunst von morgen? Technologisches Sprungbrett Auf der H4 Metropolis von HYT wird die Zeit durch Flüssigkeit in einem Glasröhrchen angezeigt. s war kein Zufall, dass wir für die Anwendung unserer Systeme für Flüssigkeitsinjektion und Energieproduktion die Haute Horlogerie gewählt haben.» Für Unternehmer Patrick Berdoz, mit Lucien Vouillamoz und Emmanuel Savioz Gründer der jungen, von Vincent Parriard (CEO und Partner) geführten Haute-Horlogerie-Marke HYT, war die Wahl eine taktische. Auf dem Zifferblatt des jüngsten, 2015 lancierten Modells H4 wird die intuitive Zeit durch eine in ein Glasröhrchen gepumpte Flüssigkeit angezeigt, das dank Energiezufuhr (via Dynamo) farbig leuchtet. Die Erfindung basiert auf dreissig vom Mutterhaus deponierten Patenten und ist die Entwicklungsplattform des Unternehmens Preciflex. Patrick Berdoz, der acht vorwiegend im Bereich neue Technologien, Medizinaltechnik und Biotechnologie aktive Unternehmen führt, sagt, dass die Möglichkeiten für die Anwendungen zwar riesig, aber komplex und zeitlich aufwendig sind. «Hätten wir das Konzept für den Medizinbereich entwickelt, hätte dies wegen der strengen Reglementierungen fünf Jahre länger gedauert und 50 Mio. Fr. mehr gekostet.» E ____________Vier Jahre nach der Gründung des Unternehmens für technologische Entwicklungen und zweieinhalb Jahre nach der Kommerzialisierung der Marke HYT ist die Bilanz positiv. «Unsere Zahlen sind ausgeglichen, der Umsatz liegt bei 16 Mio. Fr., das Wachstum ist im zweistelligen Bereich, der Ebitda positiv. Wir stecken sämtliche Mittel in Forschung und Entwicklung. Seit Beginn haben wir rund 30 Mio. Fr. investiert, jetzt planen wir weitere 20 Mio. für künftige Entwicklungen. Aus diesem Grund haben wir den Anlegerkreis vergrössert. Mit den Modellen H haben wir ein mechanisches Haute-Horlogerie-Werk entwickelt, einen Rolls-Royce, der Energie und Licht produziert und ab 50‘000 Fr. auf den Markt kommt. Dieses winzige Nischensegment ermöglicht, die Technologie in einem überschaubaren Universum und ohne zu grosses industrielles Risiko zu testen. Wir wollen in unserem eigenen Marktsegment relevant sein, gleichzeitig aber die Technologie in günstigeren Segmenten anwenden.» So können dank Rationalisierung bei der Produktion eines eigenen Werks kleinere Modelle kreiert und demnächst eine Kollektion in der Preislage von 25’000 bis 30’000 Fr. lanciert werden. Das ultimative Ziel von Patrick Berdoz und seinen Partnern aber ist eine Modellreihe im tiefpreisigen Bereich. «Wir werden günstigere Uhren offerieren und so die Basis unserer Produktpyramide mit Uhren besetzen, die für das breite Publikum interessant sind. Allerdings werden wir sie nicht unter dem Label HYT kommerzialisieren, denn das wäre der Tod der Marke.» Das Unternehmen Preciflex wird eine einfachere Technologie für den geschlossenen Flüssigkeitskreislauf und die quarzfreie Energieproduktion entwickeln. Patrick Berdoz: «Wir haben etwas völlig Neues kreiert, ein Derivat von Technologien, die auch in der Luftfahrt verwendet werden. Es sind diese Universen, die die hohe Uhrmacherkunst befruchten. Eine bestimmte Anzahl von Etappen haben wir bereits geprüft, wodurch wir in der Lage sein werden, eine Uhr mit Smart-Funktionen für 300 Fr. auf den Markt zu bringen.» Wobei die Uhrenbranche nicht das einzige Tätigkeitsfeld von Preciflex darstellt. Fluidanimation kann auch in der Schmuckkreation angewendet werden. «Stellen Sie sich ein Schmuckstück mit beleuchteten Edelsteinen vor», sagt Patrick Berdoz. «Die Möglichkeiten für Entwicklungen und Kreativität sind gewaltig.» Partick Berdoz, Unternehmer und Mitbegründer der jungen Haute Horlogerie-Marke HYT. 50 000 Franken kostet der Einstieg in die Kollektion der Modelle H. 31 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Greubel Foresey, 2004 in La Chaux-de-Fonds gegründet, hat technische Erfindungen zur Spezialität des Hauses gemacht. Ein höchst ehrgeiziger Ansatz, denn die beiden Uhrmacher wollen ihre Kunst vor allem beim Tourbillon auf die Spitze treiben. Und zwar ohne technologischen Firlefanz. Fabrice Eschmann UHREN DOSSIER Die Uhrmacherkunst von morgen? Fundamentale Innovation rt of Invention» ist Teil des Logos der jungen Marke und gleichzeitig Einstieg ins Gespräch. «Innovation ist eine massgebliche Säule für Greubel Forsey», sagt Stephen Forsey. «Wir reden nicht gerne von Marke oder Uhren, sondern lieber von Kreationen.» Auch sucht man vergeblich nach exotischen Materialien oder Hightech-Verfahren. 2004 aus der Zusammenarbeit der beiden Uhrmacher Robert Greubel und Stephen Forsey hervorgegangen, hat die in La Chaux-de-Fonds ansässige Manufaktur technische Erfindungen zu ihrer Spezialität gemacht. So wurden in zwölf Jahren in den Ateliers sieben wegweisende Innovationen entwickelt: Double Tourbillon 30°, Quadruple Tourbillon, Tourbillon 24 Secondes, Balancier Spiral Binôme, Différentiel d’égalité, Double Balancier sowie der Computeur Mécanique du QP à Equation. A Stephen Forsey, Mitgründer der Uhrenmarke Greubel Forsey. ______Jedes Mal eine Herausforderung Diese rein mechanischen Erfindungen sind Teil langfristiger Überlegungen. Man hat hier die feste Absicht, die Uhrmacherkunst immer weiter voranzutreiben. «Wir sind keineswegs der Meinung, dass schon alles erfunden ist», betont Stephen Forsey. «Es ist unser kreativer Geist, der uns vorwärtsbringt. Das Gegenteil also von Marketinglogik. Am Anfang sind immer ein weisses Blatt und die Herausforderung, eine Idee zur Vollendung zu bringen.» Die Uhren von Greubel Forsey sind vielfach asymmetrisch, sehr architektonisch – selbst für Kenner verblüffend. Und die technischen Entwicklungen sind bis ins letzte Detail dermassen ausgeklügelt, dass es unmöglich ist, ihre Brillanz ohne solide Kenntnisse einzuschätzen. Das Modell Quantième Perpétuel à Équation ist darin geradezu beispielhaft. Der für das 21. Jahrhun- Die QP à Equation von Greubel Forsey 570 Teile 65 Rubine dert entwickelte «mechanische Computer» basiert auf einem beweglichen Codierer mit «Fingern», die für die Anzeigen verantwortlich sind: Dauer des Monats, Schaltjahr, Jahreszeiten, Sonnenwende, Tagundnachtgleiche, Zeitgleichung. All diese Angaben werden mit der sich in beide Richtungen drehenden Krone reguliert und synchronisiert. ______Erfindung contra Neuheit «Vielleicht sollten wir bei einer künftigen Überarbeitung eine Aktualisierung vornehmen, um den Wechsel ins 22. Jahrtausend zu markieren», witzelt Stephen Forsey. «Diese Uhr ist so etwas wie unsere Smartwatch!» Eine betreffend Mechanik völlig verrückte Kreation, deren Entwicklung acht Jahre gedauert hat und die selbstverständlich nicht für die Massenproduktion gedacht ist. Die Manufaktur, die dem Finish grösste Aufmerksamkeit schenkt, produziert von diesem Meisterwerk nur etwa hundert Exemplare zum Durchschnittspreis von 400’000 Fr. «Wir werden nicht günstiger produzieren, um möglichst viel Gewinn zu machen. Das ist nicht unser Businessmodell.» Dieser Philosophie entsprechend wird auch nie ein Modell durch ein neues abgelöst. Das Konzept der Neuheiten, wie es in der Uhrenindustrie üblich ist und oft auch Modediktaten folgt, ist bei Greubel Forsey kein Thema. Seit 2006 zu 20% im Besitz der Richemont-Gruppe, verweigert sich das Haus jedoch keineswegs dem technologischen Fortschritt. So betreibt es auch die Forschungsplattform EWT (Experimental Watch Technology), wo beispielsweise die physischen Charakteristiken von künstlichen Diamanten getestet und bewertet wurden. Die Ergebnisse mündeten 2007 in die Entwicklung der Binom-Unruh-Spiralfeder aus Diamantchrom, das antimagnetisch und temperaturunanfällig ist. Solche Erkenntnisse führen immer wieder zu neuen Arbeiten. «Heute ist beispielsweise häufig von Graphen, einer Modifikation des Kohlenstoffs, die Rede. Möglicherweise wird das Material eines Tages Silicium ersetzen, das vor allem im Servicebereich keine Universallösung ist. Wobei wir solche Recherchen nicht als unsere Hauptaufgabe betrachten. Es sind einfach unsere Werkzeuge.» 32 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Zwei Uhrenfabrikanten diskutieren mit zwei Vertretern der Aeronautik und der Automobilindustrie über die Bedeutung von Luxus. Cristina d’Agostino Markus Binkert Chief Commercial Officer der Swiss « Die Gesichter auf dem Flugzeug entsprechen den Berufen und Funktionen unserer Mitarbeiter. » Markus Binkert Symbolisieren die auf der neuen Boeing 777 abgebildeten Gesichter von Swiss-Mitarbeitern die Personalsuche für die neue Flugzeuggeneration? Um wie viele Stellen geht es konkret? Markus Binkert. Swiss will sich als wichtiger Arbeitgeber positionieren. Beim Kauf eines neuen Flugzeugs sind viele Berufszweige beteiligt, das Projekt ist so komplex wie der Aufbau einer Fabrik. Um die Maschine herum gibt es unzählige Bereiche wie Technik, Engineering, Unterhalt, Betrieb. Die Gesichter auf dem Flugzeug entsprechen den verschiedenen Berufen und Funktionen unserer Mitarbeiter. Wir werden dieses Jahr 800 Arbeitsplätze schaffen, mit dieser Imagekampagne vermitteln wir diese Botschaft. Sie ist aber auch eine Hommage an unsere Angestellten. Denn die Akquisition und die Inbetriebnahme eines neuen Flugzeugs vom Typ B777 sind in erster Linie eine gewaltige Teamarbeit. Könnte Breitling eine solche Idee als Hommage an die Mitarbeitenden gefallen? Jean-Paul Girardin. Das ist eine Idee, die uns nicht nur gefällt, sie hat bei Breitling sogar Priorität. Wir verfügen über Produktionsstätten und Unternehmen. Wir können weiterhin investieren, indem wir Fabriken und Maschinen kaufen. Aber der wahre Wert sind unsere Mitarbeiter, die diese Maschinen betätigen. In La Chaux-de-Fonds arbeiten zweihundert Personen, die nicht durch Maschinen ersetzt werden könnten. Sie sind die Stärke der Schweizer Uhrenindustrie. Wir müssen das Savoir-faire in der Schweiz behalten, indem wir in der Schweiz produzieren. Der von unserem Personal geschaffene Mehrwert Jean-Paul Girardin Vizepräsident von Breitling ist unser Kapital. Wir planen natürlich weitere industrielle Investitionen. Nach der Entwicklung des eigenen mechanischen Werks, des Chrono, des Werks mit drei Zeigern, des mit Digitaltechnologie verbundenen Quarzwerks im Jahr 2014 und der 2015 lancierten Connected Watch werden wir unsere Pläne in dieser Richtung weiterverfolgen. Wird Breitling 2016 neue Arbeitsplätze schaffen? J-P. G. Die aktuelle Lage ist ungewiss. Wir bleiben vorsichtig, denn bei Breitling war das Wachstum stets moderat, aber konsolidiert. Wir rechnen dieses Jahr mit einer leichten Zunahme. Anders als bei der übrigen Industrie befinden sich unsere Hauptmärkte in Europa und in den USA. Wir sind stark in Asien und Japan, in China haben wir noch viel zu tun. Die Chinesen denken schnell um; während langer Zeit bevorzugten sie einfache Uhren, mit nur gerade drei Zeigern auf dem Zifferblatt. Die Verlangsamung dieses Marktes hat uns wenig geschadet, 2015 war ein gutes bis sehr gutes Jahr. Planen Sie die Eröffnung neuer Geschäfte? J-P.G. Unser Ladennetz wird grösser. Heute betreiben wir rund fünfzig Geschäfte, es werden aber nicht mehr viele dazukommen. Wir brauchen einfach Schlüsselstandorte in der ganzen Welt, um unseren Kunden die Möglichkeit zu geben, das Universum Breitling zu besuchen. Deshalb werden wir in New York einen neuen Flagship Store eröffnen. Unsere eigentliche Priorität ist aber unser grosses Netz mit 2000 unabhängigen Detailhändlern. Sie sind wichtig, denn sie kennen den Markt und ihre lokalen Kunden am besten. Die Fluggesellschaft Swiss und die Uhrenmarke Breitling sind eine Partnerschaft eingegangen, indem Uhren nur an Bord gekauft werden können – eine Premiere. Wie kam es zu dieser Idee? M.B. Unsere beiden Unternehmen näherten sich anlässlich der Taufe einer unserer Maschinen an. Die Partnerschaft mit dem Haus Breitling, das seit jeher eng mit der Luftfahrt verbunden ist, ist eine gute Sache. Der Verkauf einer teuren Uhr – 7077 Fr. – auf einem Langstreckenflug, also nicht in einem Geschäft, ist wenig üblich. Wie sind Ihre Prognosen? J-P.G. Breitling beschränkt sich nicht darauf, von Luftfahrt zu reden, sondern ist ein aktives Mitglied dieses Sektors. Es ist eine kleine Welt, wir pflegen seit jeher intensive Kontakte mit den diversen Akteuren. Auch war es schon immer unser Ziel, mit einer Fluggesellschaft eine Partnerschaft einzugehen, wobei es sich nur um ein schweizerisches Unternehmen handeln konnte. Wissen Sie, bei Breitling machen wir alles ein bisschen anders, daher auch die Idee, eine solche Uhr im Flugzeug zu verkaufen. Wir glauben, dass es funktionieren wird: Der Interessent sieht die Uhr, denkt darüber nach, holt sich Informationen ein und kauft sie schliesslich an Bord. Die regelmässigen Swiss-Kunden und -Senatoren erhalten via Swiss-News eine entsprechende Information. Sie bestellen die Uhr, informieren über ihren nächsten Flug, wo sie dann das Modell geliefert bekommen. Es ist aber auch nicht nötig, die Uhr im Voraus zu bestellen. Eine kleine Zeremonie und das vom Kapitän signierte Zertifikat 33 Swiss International Air Lines LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT begleiten den Kauf. Das speziell konzipierte Modell Navitimer B777 wird in einer limitierten Edition von 777 Exemplaren angeboten und dürfte schnell zum Sammlerstück werden. neun B777 (durchschnittlicher Stückpreis 300 Mio. Fr.) und CS100 Bombardier reserviert sind. Wir werden damit über eine der modernsten Flotten Europas verfügen. M.B. Unsere Frequent-Flyers-Kunden, die ihr halbes Leben im Flugzeug verbringen, sind sehr Swissness Minded, was auch die Uhren einschliesst. Die Navitimer Swiss Boeing 777 Llimited Edition ist in den Boeing B777 sowie auf einigen Langstreckenflügen erhältlich. In der Uhrenbranche stellt man einen Trend zu erschwinglichem Luxus fest. Was denken Sie? Eine gute oder eine schlechte Entwicklung? Swiss hat am 1. Februar im Flughafen Zürich eine Firstclass-Lounge eröffnet – ein Novum. Waren damit grosse Investitionen verbunden? M.B. Wir betreiben seit etwa zehn Jahren das Konzept für Firstclass-Lounges. Es handelt sich also nicht um eine Revolution, sondern um eine Evolution. Neu ist, dass nun Materialien verwendet werden, die Swissness symbolisieren. So werden nun für sämtliche Lounges weltweit Schweizer Holz und Stein aus dem Jura verwendet. Diese Lounges sind Teil unserer globalen Investitionen von 5 Mrd. Fr., die grösstenteils für die Flugzeuge, darunter den Kauf von J-P.G. Worauf es vor allem ankommt, ist, dass der Preis dem Wert des Produkts entspricht. So ist es beispielsweise nicht normal, dass die Parkgebühren teurer sind als das Flugticket. Bei Breitling haben wir uns immer bemüht, einen soliden Kundenstamm aufzubauen und weniger die Verkäufe um jeden Preis zu pushen. Deshalb bieten wir Produkte an, deren Preis ihrem Wert entspricht. Wir haben also nicht die Absicht, Preise zu reduzieren, das Sortiment nach unten zu korrigieren oder die Durchschnittspreise zu senken. Wir stehen für Swiss Made, Uhren mit Chronometerzertifikat und die eigene Manufaktur. Diese Kosten stehen im Verhältnis zum Verkaufspreis. Und wir wollen Preise, die stimmen. 2015 haben wir es vorgezogen, etwas weniger zu verkaufen, als die Margen zu reduzieren. Wir machen kein opportunistisches Marketing. Erschwinglicher Luxus – eine Priorität bei Swiss? Können Sie dank den neuen B777 mit den Preisen manövrieren? M.B. Meine Meinung zu diesem Thema ist klar. Heute sind die Preise schon extrem tief und sind bei allen Gesellschaften dramatisch gefallen. Wir haben nicht die Absicht, diesen Trend weiter mitzumachen. Swiss will den Kunden ein gutes Produkt zu stabilisiertem Preis und mit einem echten Mehrwert anbieten. Bezüglich Destinationen wird die Anzahl Flüge identisch bleiben. Die B777 hat natürlich eine viel grössere Kapazität als der A340, das heisst hundert zusätzliche Plätze in der Economy Class und mehr Sitze in der Business Class. Es ist eine mathematische Übung, optimale Konditionen zu berechnen. Die heutige Konjunktur ist schwierig, die geopolitische Situation, der starke Franken… Wir hoffen, dass diese neuen Investitionen Wirkung haben werden. Wir müssen flexibel und schnell sein. Bei Swiss ist es ähnlich wie bei Breitling: Dank unserer Grösse können wir sehr schnell reagieren. « Der wahre Wert sind unsere Mitarbeiter, die diese Maschinen betätigen. » Jean-Paul Girardin 34 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Der Wettkempf der Innovationen. Kennt diese Maxime der Uhren-und Automobilindustrie keine Limiten? Cristina d’Agostino Ricardo Guadalupe « Heute reicht ein Zifferblatt mit drei Zeigern nicht mehr. Man muss die Seele der Uhr zeigen. » Ricardo Guadalupe CEO von Hublot Es heisst, der europäischen Autoindustrie fehle es an Mut. Weshalb? Flavio Manzoni. Seit etwa zehn Jahren tendiert die Autoindustrie Richtung Homogenisierung des Geschmacks. Das entspricht auch dem Wunsch der Kunden. Es ist durchaus legitim, die Kohärenz eines Hauses zu schätzen, das nur kleine innovative Schritte tut. Auf diese Weise entsteht eine Komfortzone, in der sich sowohl Kunden als auch Autobauer wohl und sicher fühlen. Ich garantiere Ihnen, eine solche gibt es bei Ferrari nicht. Bei uns herrscht ein kontinuierliches Streben nach Innovation, das Engagement, aber auch Opfer verlangt. Wenn dies nämlich höchstes Niveau bedeutet, muss es auch im Design erkennbar sein. Ich glaube nicht, dass die Arbeit aufgrund einiger stilistischer Codes besonders mutig ist. Im Gegenteil, ich liebe es, jedes Mal eine einmalige Lösung zu finden. Die grössten Pioniere der Automobilgeschichte, von Enzo Ferrari bis Vincenzo Lancia, waren extrem mutige Menschen, die trotz grosser Konkurrenz kein Wagnis scheuten. Die Homogenisierung des Geschmacks ist der Menschen, die kreieren, erfinden und innovieren möchten, unwürdig. Gibt es heute auch in der Uhrenindustrie diesen Mangel an Mut? Ricardo Guadalupe. Bei den traditionellen Marken trifft dies zu. Hublot ist ein junges Unternehmen und kann sich viel mehr erlauben. Wir blicken nicht auf eine 200-jährige Geschichte zurück und können deshalb ohne Einschränkungen kreieren und Traditionen ignorieren. Bestes Zeugnis davon ist die Flavio Manzoni Designchef von Ferrari Uhr LaFerrari, die von den Kunden mit Begeisterung aufgenommen wird. Es ist nicht eine ultraklassische Grande Complication, die unsere Kunden erwarten. Sie wollen Innovation, Ästhetik und Technologie, Uhren mit viel Mehrwert, aber ausgefallen. In unsicheren Zeiten schreckt die Uhrenindustrie davor zurück, Kunden und ihre Einkaufsgewohnheiten durcheinanderzubringen. Eine Falle? R.G. Ja, das ist so. Man muss sich dauernd mit Innovation, Forschung und Neuinterpretation der mechanischen Werke, mit Materialien und Ästhetik beschäftigen und laufend in Forschung und Entwicklung investieren. Es geht darum, Dinge zu bewegen, einem Produkt Wert zu verleihen. Eine Uhr ist ein Kunstobjekt, das man mit viel Mechanik und Technik ausstatten muss. Heute reicht ein Zifferblatt mit drei Zeigern nicht mehr. Man muss die Seele der Uhr zeigen. Welches waren die Herausforderungen der FerrariHublot-Partnerschaft, die zum Umdenken geführt haben? F.M. Es handelt sich um einen in der Uhrenbranche völlig neuen Ausdruck und einen neuen Approach. Wir haben versucht, einen gemeinsamen Nenner unserer auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen ästhetischen Philosophie zu finden. Ferrari steht für die reine, einfache Linie; bei Hublot geht es andererseits um reduzierte Komplexität, da sie ja fester Teil des Designs ist. Die extrem klare Form des Objekts, der Motor am Handgelenk, die diversen Elemente am Gehäuse erinnern eindeutig an LaFerrari. R.G. Wir wollten eine Uhr kreieren, die dem Geist des Supersportwagens LaFerrari entspricht, eines Spitzenprodukts der Technologie. Die Idee, die dieses Konzept am besten umsetzt, war die Konstruktion eines Motors fürs Handgelenk. So symbolisiert die Gangautonomie von fünfzig Tagen, in der Uhrenindustrie ein Rekord, die PS-Leistung des Fahrzeugs. Das Saphirgehäuse kam erst später und ist wie der FXXK eine Weiterentwicklung. Wir konkretisieren diesen technologischen Fortschritt mit der Verwendung von Saphir, einem äusserst kompliziert zu bearbeitenden Mineral. Wofür braucht es besonderen Mut? F.M. Die originelle Neuinterpretation des Ferrari-Image für jedes Modell, indem wir in die Zukunft schauen, ohne die Vergangenheit zu vergessen. Ich erlebte intensive Momente, wenn ich mich gegen die Lancierung eines Produkts stellte, das zu konventionell war. Ich bin fest überzeugt, dass innovatives Design nicht im Gegensatz zum Geist von Ferrari steht. Welches waren die grossen Risiken bei Hublot? R.G. Zum Beispiel eine Uhr mit Saphirgehäuse zu konzipieren. Dieses Material setzt eine bestimmte Technologie voraus und verlangt nach einem sehr eigenständigen Design. Das war ein Risiko. Wie die Ferrari-Uhr überhaupt. Als wir sie lancierten, dachte ich, dass wir schon etwas verrückt sind und die Gren- 35 Ranieri D Fred Merz LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT zen des Möglichen sehr weit ausloten. Wir haben zwanzig Exemplare produziert und bereits Bestellungen für die doppelte Anzahl erhalten. Immer wieder zu überraschen: ein schwierig einzuhaltender Vorsatz? R.G. Sicher. Es geht ja nicht darum, einen 500 000 Fr. teuren Zeitmesser wie LaFerrari zu produzieren, sondern Uhren im Bereich von 10 000 Fr. anzubieten. In der Uhrenbranche ist es nicht das Gleiche, eine Edition von zehn oder 500 Exemplaren zu produzieren, die Komplexität ist sehr unterschiedlich. Die industrielle Produktion eines Saphirgehäuses setzt massive Investitionen voraus, da es sich um völlig neue Verfahren handelt. Für Ausstattung und Einrichtung wurden mehrere Millionen Franken bereitgestellt. Aber Innovationen sind nie gratis. Sie verlangen die entsprechenden Mittel. Wir haben entdeckt, dass diese Kunden viel jünger sind als die des 612 Scalietti. Das Auto wird Familien gefallen. Die heutigen Ferrari-Kunden ziehen geteilte Fahrfreude dem individuellen Spass vor. R.G. Der Kunde wünscht ein eigenständiges, identifizierbares Produkt in limitierter Edition. Er möchte einer sehr kleinen Gruppe von Uhrenbesitzern angehören. Es gibt eine neue, vermögende Kundschaft, die jung ist und gern konsumiert. Wir hoffen, dass sie uns auch in Zukunft begleiten wird. Ist es schwierig, diese Kunden zu bewahren? R.G. Ja, deshalb ist Innovation so wichtig. Unsere Kunden kaufen manchmal bis fünfzehn Hublot-Uhren pro Jahr. Man muss ihre Lust aufs Produkt lebendig erhalten. Das ist die Bedingung und Teil der Geschichte unserer Marke. Wer sind die heutigen Kunden? Immer mehr Innovation – ist das kompatibel mit der Rarität, die mit Luxus verbunden ist? F.M. Wir haben ganz unterschiedliche Kunden. Der neue GTC4 Lusso wendet sich an Käufer, die Leistung gekoppelt mit Komfort für vier Personen suchen. R.G. Es geht um die richtige Quantität. Hublot produziert immer weniger, als verlangt wird. Wir betreiben ein raffiniertes Sell-out. Im obersten Segment produ- zieren wir jährlich 50 000 Stück, von Rarität spricht man bei 30 000 bis 50 000 Uhren. Aber alles ist relativ. 2016 ist erschwinglicher Luxus Trend. Ihre Meinung dazu ? R.G. Gewöhnlich spricht man ab einem Ladenpreis von 4000 Fr. von einer Luxusuhr. Bei Hublot bewegen sich die Preise zwischen 15 000 und 20 000 Fr. Wir sprechen also eine Kundschaft an, die schon alles hat und sich etwas Neues wünscht. Der wahrgenommene Wert muss hoch sein, definiert durch Technik oder Ästhetik. Bei Hublot geht es darum, die Durchschnittspreise nicht zu reduzieren, sondern sie im Gegenteil zu erhöhen. Passt ein 100%-Elektroauto zu der gewissen Virilität, die typisch ist für das FerrariImage? F.M. Der Fahrer eines 100%-Elektroautos ist nicht wirklich eingebunden, es fehlt die enge physische Verbindung. Der körperliche Kontakt, die Vibrationen, das dynamische Verhalten des Fahrzeugs sind grundlegende Faktoren. Wie bei der Uhr am Handgelenk, die man spüren muss. «Die grössten Pioniere der Automobilgeschichte waren mutige Menschen, die trotz grosser Konkurrenz kein Wagnis scheuten. » Flavio Manzoni 36 Zürich 1. ____ 4.94 ____ 2. ____ 4.87 ____ 3. ____ 4.79 ____ 4. ____ 4.63 ____ 5. ____ 4.58 ____ 6. ____ 4.57 ____ 7. ____ 4.51 ____ 8. ____ 4.28 ____ 9. ____ 4.28 ____ 10. ___ 4.02 ____ 11. ___ 4.01 ____ 12. ___ 3.86 ____ 13. ___ 3.57 ____ 14. ___ 3.54 ____ 15. ___ 3.37 ____ 16. ___ 2.03 ____ Patek Philippe Cartier Bulgari Rolex Breguet Van Cleef & Arpels Blancpain Omega Hublot Chopard Tiffany Jaeger-LeCoultre Piaget Audemars Piguet Montblanc IWC MONOMARKEN RANKING LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT BEST BOUTIQUE AWA R D 2016 Bereits zum neunten Mal veröffentlicht «Luxe» eine eigene Rangliste der besten Uhren- und Schmuckgeschäfte an der Zürcher Bahnhofstrasse und der Genfer Rue du Rhône. Dieses Jahr weist Zürich die grösseren Qualitätsunterschiede auf. Cristina d’Agostino – Koordination : Sylvie Bernaudon – Fotos GE: François Wavre, Fotos ZH: Michele Limina n den letzten Jahren punktete Zürich mit deutlich konstanteren Bewertungen als die Uhren- und Schmuckgeschäfte an der Genfer Rue du Rhône. Dieses Jahr schneidet die teuerste Luxusmeile der Schweiz aber deutlich durchwachsener ab. Die zwanzig Testkäufer, deren Aufgabe darin bestand, das gesamte Verkaufsprotokoll in den namhaften Uhren- und Schmuckgeschäften an der Bahnhofstrasse zu testen, äusserten sich überrascht über das markante Gefälle. Zwar wurden teilweise deutlich höhere Noten erzielt als 2015 (Durchschnitt 2016: 4,94; 2015: 4,62). Aber auch die tiefen Bewertungen fielen massiv schlechter aus (2016: 2,03; 215: 3,35). Die beste Note, sowohl der Monomarken- als auch der Multimarken-Boutiquen beider Städte, konnte Patek Philippe in Zürich verbuchen. Noch nie wurde beim Best Boutique Award ein Geschäft so hoch bewertet. Letztes Jahr belegte die von Eric Ritter geleitete Boutique noch den zweiten Platz; da ihr Personal 2016 aber deutlich besser über die ereignisreiche Geschichte der Marke berichtete, erhielt sie die absolute Bestnote. «Wir haben gemerkt, dass beim Story Telling noch Verbesserungspotenzial bestand», erklärte der Geschäftsführer die Anstrengungen. «Die Kunden müssen I METHODIK «Luxe» hat die Kundenfreundlichkeit, die Produktpräsentation und die Qualität des Kundendiensts bei 58 Uhren- und Schmuckgeschäften an zwei renommierten Einkaufsmeilen, der Zürcher Bahnhofstrasse und der Genfer Rue du Rhône, unter die Lupe genommen. Zwanzig Mystery Shoppers unterschiedlichen Alters und Profils haben die Boutiquen anhand von fünfzig Kriterien beurteilt. Jedes Geschäft wurde im Abstand von mindestens zwei Wochen zwei bis drei Mal besucht, sodass mehrere Mitarbeiter getestet werden konnten. Es wurden vier Ranglisten erstellt, je eine für Mono- und für Multimarkengeschäfte in Zürich und Genf. LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Eric Ritter, Direktor der Boutique Patek Philippe Zürich 37 38 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT ___________ Mehr Technik und Kundennähe als Reaktion auf den starken Franken Mehrere Geschäfte nutzen die Nähe der Uhrenmanufakturen, um ihre Kenntnisse zu vertiefen und dann im Verkauf gewinnbringend anzuwenden. Obschon die Preise nach unten angepasst wurden, um den negativen Auswirkungen des Wechselkurses zu begegnen, konnten einige Marken die Kun- RANKING mitleben, wenn ihnen die Markengeschichte geschildert wird, und sich als BOUTIQUE Teil davon fühlen. Die Erzählung darf AWA R D nicht heruntergeleiert werden, sondern 2016 soll lebendig und emotional sein. Das wiederhole ich meinem Team jeden Tag. Der Kunde muss sich als Mitglied der Patek-Welt fühlen. Jeder Mitarbeitende erzählt die Geschichte mit seinen eigenen Worten, er muss sie aber perfekt kennen. Obwohl das Geschäft von Beyer geführt wird, sind die Verkäuferinnen und Verkäufer der Patek-Boutique ausschliesslich für diese Marke zuständig. Es sollte ihnen also leichter fallen, ihr Wissen jeden Tag zu verbessern. Ihre Kollegen von Multimarkengeschäften haben es da viel schwerer, weil sie eine Vielzahl verschiedener Marken beherrschen müssen, was viel komplizierter ist.» Einig waren sich die Testkäufer auch über die herausragende Qualität: «Bei Patek Philippe war die Produktkenntnis bis in die kleinsten Details spürbar. Es war spannend, dem Verkäufer zuzuhören, und verblüffend, wie schnell er die passenden Modelle anbot. Er wusste auf Anhieb, was gefallen könnte», lobte ein Mystery Shopper stellvertretend. Glamour und Story Telling wurden dieses Jahr sowohl in Zürich als auch in Genf als zentrale Punkte hervorgehoben. Im Jahr 2016 wollen die Kunden Emotionen, Wärme und nachvollziehbare Aussagen. Jaeger-LeCoultre in Genf hat diesen Trend erkannt und gehandelt. Die Boutique hat im Ranking einen spektakulären Sprung nach vorne gemacht und ist vom 25. auf den 1. Platz geklettert. Dahinter stecken umfassende Massnahmen. Die Boutique wurde vergrössert und komplett neu gestaltet. Gleichzeitig wurde das Beraterteam umorganisiert und verstärkt, und es wurde an der Verkaufstechnik gefeilt. «Wir setzen vom ersten Augenblick an, schon wenn der Kunde das Geschäft betritt, auf Story Telling», erklärt der Vizedirektor von Jaeger-LeCoultre Genf. «Natürlich passen wir uns dabei dem Kunden an. Wir versuchen, rasch seine Persönlichkeit und seinen Stil zu erkennen. Dann führen wir ihn durch die Boutique, damit er in das Markenuniversum eintauchen kann, und beraten ihn anschliessend kompetent unter Berücksichtigung seiner Wünsche und Anforderungen. Um unsere Erläuterungen spannend zu gestalten, bilden wir uns technisch ständig weiter und setzen das Gelernte ein. Kunden, die sich einfach nur umschauen möchten, werden genau gleich behandelt. So sorgen wir dafür, dass sie uns erneut besuchen und sich bei uns wohl fühlen. Wir beurteilen sie nicht nach ihrem Äussern und setzen sie auch nicht unter Druck.» Der Kunde nimmt diese Vorgehensweise sehr positiv wahr, wie ein Testkäufer direkt nach dem Verlassen des Geschäfts bestätigt hat: «Den Kunden erwartet ein echtes optisches Erlebnis. Die Boutique ist hell und elegant, und der Kunde wird sehr zuvorkommend bedient. Ausserdem hat der Verkäufer meine Bedürfnisse genau erkannt, auch wenn er etwas spät auf den Preis zu sprechen kam. Er war sehr überzeugend mit der richtigen Dosis Glamour.» MONOMARKEN BEST 1. ____ 4.83 ____ 2. ____ 4.78 ____ 3. ____ 4.73 ____ 4. ____ 4.71_____ 5. ____ 4.48 ____ 6. ____ 4.47 ____ 7. ____ 4.42 ____ 8. ____ 4.42 ____ 9. ____ 4.38 ____ 10. ___ 4.35 ____ 11. ___ 4.29 ____ 12. ___ 4.26 ____ 13. ___ 4.04 ____ 14. ___ 4.00 ____ 15. ___ 4.00 ____ 16. ___ 3.94 ____ 17. ___ 3.88 ____ 18. ___ 3.82 ____ 19. ___ 3.58 ____ 20. ___ 3.58 ____ 21. ___ 3.58 ____ 22. ___ 3.57 ____ 23. ___ 3.45 ____ 24. ___ 3.39 ____ 25. ___ 3.32 ____ 26. ___ 3.29 ____ 27. ___ 3.27 ____ 28. ___ 3.06 ____ 29. ___ 2.18 ____ Genf Jaeger-LeCoultre Piaget Bulgari Van Cleef & Arpels Patek Philippe Montblanc Vacheron Constantin Audemars Piguet Van Der Bauwede Jaquet Droz Panerai Cartier Rolex Harry Winston Richard Mille Roger Dubuis Chopard Zenith IWC Omega Breguet Corum De Grisogono FP Journe Hublot TAG Heuer Boucheron Graff Blancpain 39 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Marie-Audrey Buguet, Direktorin der Boutique Jaeger-LeCoultre Genf 40 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT ___________ In Zürich schneiden Multimarken schlechter ab Während die Multimarkengeschäfte in Genf Jahr für Jahr stabil bleiben, fallen die Bewertungen in Zürich heuer extrem unterschiedlich aus. Negative Gründe waren die mangelnde Beratung, das lückenhafte Wissen und die unzulängliche Berücksichtigung der Kundenwünsche. Bei den Geschäften an der Bahnhofstrasse haben alle Mystery Shoppers Ähnliches bemängelt. Sie kritisieren die wenig einladende Atmosphäre der Geschäfte, die Distanziertheit der Verkäufer und die fehlende Proaktivität. Aber auch in Genf wurden Mängel festgestellt. Die Boutiquen ergriffen zu selten die Initiative, stellten zu wenige Fragen und konzentrierten sich auf eine einzige Marke oder ein einziges Produkt, wo doch die Vielfalt ein Vorteil sein sollte. Wobei festzustellen ist, das hochlöbliche Ausnahmen den allgemeinen Eindruck relativieren. Bei Multimarken-Boutiquen hängt viel mehr von Persönlichkeit und Engagement der einzelnen Berater ab als bei den Monomarken-Läden, die allein schon mit der Markenaura punkten können. Ihnen ist es trotz Frankenstärke und der geopolitisch schwierigen Lage im Jahr 2015 und Anfang 2016 gelungen, ihre Attraktivität zu steigern. RANKING den in erster Linie aufgrund ihrer umfassenden Kenntnisse und technischen BOUTIQUE Kompetenzen in der Schweiz halten. AWA R D Cartier in Zürich hat sich mit einer Ge2016 samtnote von 4,87 vom 6. auf den 2. Platz verbessert. Ein Mystery Shopper erzählt: «Die technischen Erläuterungen des Beraters von Cartier übertrafen meine Erwartungen. Endlich wurde mir überzeugend und verständlich erklärt, wie die Tourbillon-Komplikation funktioniert. Es war das erste Mal, dass ich sie begriffen habe. Der Verkäufer verdeutlichte seine Ausführungen mit einer Skizze. Sein Vorgehen hat sich ausgezahlt, denn dadurch konnte er eine gewisse Nähe aufbauen. Er brachte sich sehr persönlich ins Gespräch ein, und trotzdem standen die technischen Aspekte im Vordergrund.» Das persönliche Engagement der Verkäufer und die Individualisierung der Beratung fielen dieses Jahr generell auf. Van der Bauwede in Genf ging bei der Personalisierung sogar noch einen Schritt weiter als die Konkurrenz, wie ein Mystery Shopper lobend erwähnt: «Als der Verkäufer mir die diamantenbesetzte Uhr zeigte, bot er mir an, den offiziellen Designer der Marke zu bitten, einen Fingerring zu entwerfen, der zur Diamantenfassung der Uhr passt.» Er halte das für eine exzellente Art, die Kundenbindung zu festigen, so der Testkäufer weiter. «Drei Tage später erhielt ich ein E-Mail mit der Skizze des Schmuckstücks.» Der Preis, oder wie damit umgegangen wird, spielte ebenfalls eine zentrale Rolle. Bei einigen Geschäften wirkte sich die Handhabung dieses Aspekts negativ auf die Bewertung aus, so auch bei Roger Dubuis, 16. der Rangliste in Genf. Dort wurde es bewusst vermieden, Zahlen zu nennen. «Der Preis wurde nie angesprochen, obwohl ich ganz klar danach gefragt habe», bedauert ein Testkäufer, «ansonsten wurde ich aber sehr zuvorkommend bedient, erhielt ein Glas Champagner und konnte viele hochkarätige Uhren anprobieren.» Die gleiche Feststellung gilt auch für Piaget in Genf (2. Platz) und für Omega (20. Platz). Trotz des starken Frankens wird es allgemein geschätzt, wenn die Preisfrage gleich zu Beginn geklärt wird. MULTIMARKEN BEST Zürich 1. ___ 3.48 ___Kurz 2. ___ 3.41 ___Gübelin 3. ___ 3.18 ___Bucherer 4. ___ 3.11 ___Beyer 5. ___ 2.81 ___Türler 6. ___ 2.75 ___Les Ambassadeurs 7. ___ 2.10 ___Meister Uhren Kurt Corpataux, Direktor der Boutique Kurz Schmuck und Uhren in Zürich 41 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 10 RANKING MULTIMARKEN Ignaz Steg, Direktor der Boutique Les Ambassadeurs Genf Genf 1. ___ 4.08___Les Ambassadeurs 2. ___ 4.02___Benoit de Gorski 3. ___ 3.43 ___Bucherer 4. ___ 3.40___Gübelin 5. ___ 3.08___Kurz 6. ___ 2.96 ___Kunz positiv erwähnte Verkaufstechniken negativ erwähnte Verkaufstechniken Den Kunden auch Uhren der Haute Horlogerie anprobieren lassen, um ihm eine Freude zu machen. Den Kunden länger als zehn Minuten warten lassen. Glamour bieten, Geschichten erzählen und einen Besuch im Museum oder in der Manufaktur der Marke anbieten. Einschüchternder Portier. Für ein persönliches Verkaufserlebnis sorgen, z.B. indem der Verkäufer die Uhr anprobiert, um ihre Wirkung am Handgelenk zu demonstrieren. Zu grosse Distanz und Zurückhaltung des Verkäufers. Die Preisfrage zu Beginn des Verkaufsgesprächs klären. Dem Kunden keine Sitzgelegenheit anbieten. Dafür sorgen, dass sich der Kunde wohl und verstanden fühlt, das heisst, seinen Geschmack und Stil erfassen. Den Verkauf durch einen Verkäuferwechsel oder die Bedienung eines anderen, später eingetroffenen Kunden unterbrechen. Nicht warten, bis der Kunde Fragen stellt, sondern ihnen vorgreifen. Fehlende Produkt- und Markenkenntnis. Den Kunden unabhängig von seinem Äusseren ernst nehmen. Das Gefühl vermitteln, Auswendiggelerntes herunterzuleiern. Humor beweisen, um mit dem Kunden ins Gespräch zu kommen. Den Kunden Fotos mit seinem Smartphone aufnehmen lassen, statt ihm einen Katalog anzubieten. Ein Buch über die Marke oder einen VIP-Pass für einen Cocktail schenken. Getränke und Gebäck anbieten. Unsaubere Verkaufstheke. Mehr als zwei Uhren gleichzeitig präsentieren, ohne ihre Unterschiede zu erklären. 42 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT DESIGN DOSSIER Mythische Objekte inspirieren seit Jahrzehnten Mode, Design und Architektur. Zum Beispiel das Symbol der Schlange und des Polygons. Emilie Cailleux In der Serpenti von Bulgari tickt die Uhr im Rachen der Schlange. Obsession der Form 1. Stilvolles Reptil vor der Linse des Fotografen Marc Laita. 2. Beim Ring Cobra von Céline d’Aoust windet sich die Schlange um den Finger. 3. Die SerpentiKunstinstallation der Architektin Zaha Hadid ist eine Hommage an die gleichnamige Uhr. 5 1 4. Die Tokyo Bench des Architekturbüros Frank Gehry Partners. 2 5. Der Herrenschuh Basquette von Balenciaga hat sich gehäutet. 6. 1962 trug die Schauspielerin Elizabeth Taylor diesen Schmuck beim Dreh von «Kleopatra». Seither hat er Kultstatus. 3 7.W-echse-lspiel: Hemd von Lanvin mit Reptilienmotiven. 8. Das White Snake House des Architekten Pierre Minassian. 4 enn die verstreichende Zeit Gift ist, dann wird es von diesem wertvollen Reptil versprüht, das seit den Vierzigerjahren in das Handgelenk der eleganten Damen beisst. Serpenti, der Name dieser ikonischen Schmuckuhr von Bulgari, wird nicht laut ausgesprochen, sondern leise geflüstert. Der italienische Juwelier interpretiert sein Lieblingstier geradezu meisterhaft immer wieder neu: mit Diamanten und Smaragden besetzt am Arm von Elizabeth Taylor in ihrer Paraderolle als Kleopatra, oder aus rosafarbenem und weissem Email am Hals von Diana Vreeland, der schillernden Chefredaktorin von «Vogue». Wie eine Schlange häutet sich das Schmuckstück von Zeit zu Zeit und erscheint in einem neuen Gewand. Als Symbol der Weisheit und der Erbsünde ist die Schlange eine schleichende Obsession, die Design, Mode und Kunst Jahr für Jahr in ihren Bann zieht. W 7 8 6 43 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 1. Leuchtende Ideen: Das Haus Jean Perzel stellt seit den Zwanzigern Artdéco-Lampen her. Hommage: Die Reverso Tribute Calender feiert den 85. Geburtstag ihrer illustren Vorgängerin. 2. Duftende Hommage an das Genie des Glaskünstlers René Lalique: «Hommage à l’homme». 3. Interieur des Designers Kelly Wearstler in Washington. 4. Grafisches Spiel mit Linien im 1929 eröffneten MolitorSchwimmbad in Paris. 5. Tapete mit geometrischen Motiven von Pierre Frey. 6. Geometrisch streng: die Bronzemöbel von Delisle. 7. Aufschlussreicher Schmöker: Dieser Bildband von Alastair Duncan widmet sich auf 500 Seiten der Ästhetik von Art déco. 8. Art déco trifft auf modern: Im Palais de Tokyo wird zeitgenössische Kunst gezeigt, seine Architektur aber stammt unverkennbar aus den Dreissigerjahren. 2 1 3 4 hr geometrisches Gehäuse und die Godronierung machen die Reverso zum einem Manifest des Art déco. Mit diesem Modell sorgt Jaeger-LeCoultre seit den Dreissigerjahren für eine verkehrte Welt an der richtigen Stelle. Schon beim ersten Erscheinen erregte die Reverso mit ihrem Wendegehäuse enormes Aufsehen. Ein genialer Schachzug der Manufaktur, mit dem sie den Anforderungen der in Indien stationierten britischen Armeeoffiziere entsprach. Diese brauchten eine Uhr, die den harten Stössen beim Polospiel standhielt. In ihrer Version Tribute Calendar überrascht die Reverso mit einer faszinierenden Mondphasenanzeige und der grosszügigen Tag-Nacht-Indikation auf der Rückseite. Dieses Jahr feiert diese grosse, noch immer zeitgemässe Dame der Uhrenkunst ihren 85. Geburtstag. Wie Design oder Architektur aus der Zwischenkriegszeit verdreht auch sie noch immer vielen Menschen den Kopf. I 5 6 7 8 44 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT DOSSIER SHOOTING Text: Cristina d’Agostino Fotograf: Marc Ninghetto Koordination: Sylvie Bernaudon Nahezu alle Marken haben ihre symbolträchtigen Kollektionen dieses Jahr neu interpretiert. Überarbeitet wurde vor allem die Optik. Das Design, markant oder klassisch rund, wird zur Ikone. Eine Art, aus dem Wesentlichen zu schöpfen, ohne Konventionen über Bord zu werfen? Eine durchaus plausible Erklärung, zumal der Begriff Volatilität an den Uhrenmessen 2016 in aller Munde ist. Mit zu viel Neuem Verwirrung zu stiften, gehört ganz offensichtlich nicht zu den diesjährigen Prioritäten der Marken. Die grossen Trends liegen anderswo: Ikonische Modelle, egal, ob mit einfachem oder kompliziertem Uhrwerk, werden durch die Einführung von Edelstahluhren erschwinglicher, was die Verkäufe ankurbeln soll. Die Gehäuse präsentieren sich in bescheidenerer Grösse, damit auch Kunden auf der Suche nach „vernünftigen“ Massen fündig werden. Der vermögende Sammler dagegen wird mit komplexen Unikaten bei Laune gehalten. Auch stilistisch sind zwei Trends auszumachen: Blau und Saphirglas geben den Ton an. Bis zur Besessenheit huldigen die Manufakturen dem Zeitgeist, haben die Zifferblätter auf Blau getrimmt und die Gehäuse transparent gestaltet. Wir geben einen Überblick. 45 OBSESSION BLAU VACHERON CONSTANTIN, Overseas Chrono, mechanisches Werk mit Handaufzug, Stunden, Minuten und kleine Sekunde, Stahl, 30 700 Fr. IWC, Fliegeruhr MARK XVIII Edition Le Petit Prince, mechanisches Werk mit Automatikaufzug, Stunden, Minute und Sekunde, Stahl, 4 400 Fr. BLANCPAIN, Fifty Fathoms Bathyscaphe, Gangreserve fünf Tage, Datum und Sekunde, Keramik grau, Automatik, Preis auf Anfrage MONTBLANC, Minerva 1858 Chronograph Tachymeter Blue, limitierte Edition von 100 Exemplaren, MonopusherChronograph mit Handaufzug, Stahl, 25 500 Fr. 46 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT OBSESSION DIAMANTEN CHOPARD, Happy Diamond, Quarzwerk, Weissgold 18 Karat, diamantenbesetzt und fliegende Diamanten, weisses Perlmutt mit Perlen, 48 500 Fr. BULGARI, Serpenti Incantati, Quarzwerk, Roségold 18 Karat mit Diamanten und Rubelliten, 39 000 Fr. VAN CLEEF & ARPELS, Sweet Charms Pavée, Quarzwerk, Weissgold mit Diamanten, 54 200 Fr. 47 OBSESSION DER FORM RICHARD MILLE, RM 67-01 Automatique Extra Plate, Skelettwerk mit Automatikaufzug, Stunden, Minuten, Datum und Funktionenanzeige, Titan, 89 000 €. AUDEMARS PIGUET, Royal Oak Quantième Perpétuel, Automatikaufzug, Gelbgold 18 Karat, Stunden, Minuten, 82 500 Fr. CARTIER, Driver, mechanisches Manufakturwerk mit Automatikaufzug, Roségold, limitierte Edition, 18 400 Fr. JAEGERLECOULTRE, Reverso Coordonnet, Quarzwerk, Stunden, Minuten, Roségold und Stahl, 7 650 Fr. 48 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT OBSESSION KOMPLIKATION TUDOR, Heritage Advisor, mechanisches Werk mit zusätzlichem Modul, Stunden und Minuten, Titan, 5 600 Fr. TAG HEUER, Carrera Heuer02T, Version Black Phantom, limitierte Edition von 250 Exemplaren, Automatikchronograph mit fliegendem Tourbillon, COSCzertifiziert. Titan, 19 000 Fr. PANERAI, Lo Scienziato Luminor 1950 Tourbillon GMT Titanio, 47mm, mechanisches Werk mit Handaufzug, Stunden, Minuten, kleine Sekunde, Titan satiniert, 135 000 Fr. PARMIGIANI, Tonda Chronor Anniversaire, limitierte Edition von 25 Exemplaren, integriertes Chronographenwerk, Handaufzug, Stunden, Minuten, kleine Sekunde, Roségold, 135 000 Fr. 49 OBSESSION EXPERIMENT HUBLOT, MP-05 LaFerrari Sapphire, limitierte Edition von 20 Exemplaren, vertikal aufgehängtes Tourbillon, Handaufzug, Stunden und Minuten, Saphir poliert, 500 000 Fr. MB&F, Horological Machine N°6 SV, limitierte Edition von 10 Exemplaren, fliegendes Tourbillon mit einziehbarem Schild, Automatikaufzug, Stunden und Minuten, Saphirglas, Roségold, 378 000 Fr. 50 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT KULTUR 51 Kunst-Frühling in Teheran Die postrevolutionäre islamische Generation experimentiert ungehemmt mit Malerei, Fotografie und neuen Medien. Die Kunstgalerien bieten diesem überschäumenden Drang nach künstlerischem Ausdruck ein Schaufenster. Ein lohnender Besuch in einer anderen Welt. Dino Auciello 52 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Der Künstler Siamak Filizadeh inspiriert sich an persischen Traditionen ie Kronjuwelen und der Golestan-Palast sind die beliebtesten Sehenswürdigkeiten Teherans. An ihnen kommt kein Besucher vorbei. Ebenso interessant und aufschlussreich ist aber ein Abstecher in die Galerien zeitgenössischer Kunst. 1973 zählte man in der iranischen Hauptstadt 13 solcher Lokale, 2008 waren es bereits 145. Mittlerweile hat sich diese Zahl auf weit über 200 erhöht, obwohl das Regime seit der islamischen Revolution im Jahr 1979 den Kampf gegen westliche Einflüsse verschärft hat und sowohl Filme als auch Musik, Literatur und Kunst schonungslos zensiert. Eben einer der typisch iranischem Widersprüche. «Einen Fuss nach Teheran zu setzen, bedeutet, über Stereotypen hinwegzusehen und sich mit der Komplexität der Stadt auseinanderzusetzen», sagt die iranische Künstlerin und Kulturjournalistin Yasaman Alipour. Die junge Frau ist vor fünf Jahren aus der iranischen Hauptstadt nach New York gezogen und widmet ihre Kunst heute der Fotografie und konzeptuellen Installationen. Für sie sind Galerien eine D Art Vergrösserungsglas, das die Entwicklung des Landes, das Achterbahn fährt im Spannungsfeld zwischen Reformern und Extremisten, fokussiert wiedergibt. «Die international kaum beachtete iranische Gegenwartskunst entwickelt sich rasant. Mit der Öffnung des Landes und der Rückkehr der Vertriebenen hat sich eine neue Gemeinschaft aus begeisterten Sammlern und Kuratoren gebildet, was jungen Künstlern neue Chancen eröffnet», beschreibt sie die Entwicklung. ______Freitag ist Galerientag Jeweils am Freitagnachmittag machen sich eingeweihte Kunstliebhaber zur Tour durch die Galerien auf. Obligatorischer Stopp ist die Assar Gallery in einem wichtigen Kulturviertel mitten im Stadtzentrum. Sie wurde 1999 eröffnet und ist über die Grenzen Irans hinaus bekannt. Zwölf aufstrebende oder etablierte bildende Künstler werden hier ausgestellt. Iman Afsarian, einer der berühmtesten lebenden Künstler des Landes, gehört dazu, aber auch der Bildhauer Mohammad Hossein Emad und Samira Alikhanzadeh, deren Werke aus Familienfotos aus den Vierzigerund Fünfzigerjahren bestehen. «In den letzten Jahren ist die Zahl der Schulen und Privatkurse, in denen sich die junge Generation Kunstschaffender ausund weiterbildet, stark gestiegen», meint Maryam Majd, die Co-Direktorin der Galerie, und betont: «Aufgrund des kulturellen iranischen Erbes und der intensiven sozio-politischen Umstände hat der künstlerische Ausdruck hier eine eigene Sprache, die mit keinem anderen Land der Region vergleichbar ist.» Wenige Strassen weiter liegt die Galerie Ab/Anbar. Das ganz in der Nähe der Hauptverkehrsachse Enghelab gelegene traditionelle Gebäude wurde 2014 in eine experimentelle Galerie umgewandelt. Gleichzeitig dient es in- und ausländischen Künstlern als Austauschplattform. ______Aufkommen neuer Kunstformen Ausstellungen in Teheran sind mehr als eine künstlerische Erfahrung. Sie treten an die Stelle traditioneller Treffpunkte und können sogar eine soziale Kraft entwickeln. «Da Bars und Clubs im Iran verboten sind, treffen sich die jungen Generationen häufig in Kunstgalerien», erklärt Yasaman Alipour. 53 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Ausserdem begegnen die Kuratoren den Touristen und möglichen ausländischen Käufern mit mehr Offenheit. Sie denken internationaler und verfassen zum Beispiel Erklärungen und Kataloge auf Englisch.» Eine weitere Station ist die Aaran Gallery im Norden der Stadt. Der 2008 eröffnete Kulturraum konzentriert sich auf die Kunst von Kindern der Revolution, das heisst Künstlern, die gerade vor oder nach der Gründung der islamischen Republik geboren wurden. «Wir wollen zeigen, wie sich die von Gewalt, Krieg und Unsicherheit geprägten Jahre in den Werken der jungen Künstler niederschlagen», erklärt die Galeriebesitzerin Nazila Noebashari ihr Konzept. Sie hat in ihren vier Wänden schon die Pop-Kreationen von Siamak Filizadeh und die Videoinstallationen von Barbad Golshiri, dem Sohn eines berühmten iranischen Schriftstellers, ausgestellt, aber auch die Bilder des jungen Malers Shahryar Hatami und des Fotografen Dadbeh Bassir. Sie verkörpern alle eine neue Künstlergarde, die ihre Werke teilweise sogar international ausstellt und auch in Privatsammlungen vertreten ist. Nazila Noebashari kümmert sich auch um das Aaran Project, das sie uns engagiert ans Herz legt. Es ist seit dem 14. Juli 2015 in einem Gebäude aus den Zwanzigerjahren ganz in der Nähe der italienischen Botschaft untergebracht und wurde am Tag des historischen iranischen Atomabkommens eröffnet, wie Noebashari betont. Die schnelle Entwicklung der zeitgenössischen Malerei, Bildhauerei und Fotografie ist nichts im Vergleich zum rasanten Aufwärtstrend der Videokunst und der damit verbundenen Performances. Aaran Gallery organisiert zwei Mal im Jahr ein dieser Kunstform gewidmetes Festival, das immer breitere Zustimmung findet. «Wir spüren ein grosses, weltweites Interesse für diese höchst aktive Szene», so Nazila Noebashari. Dennoch: Die Zensurbehörde überwacht die lebhafte Kunstszene in Teheran voller Misstrauen und schreckt auch nicht davor zurück, als subversiv eingestufte Werke schlicht und einfach zu verbieten oder gar zu verstümmeln. «Einen Fuss nach Teheran zu setzen, bedeutet, über Stereotypen hinwegzusehen und sich mit der Komplexität der Stadt auseinanderzusetzen» Yasaman Alipour Ein Werk von Samira Alikhanzadeh, die sich mit Themen wie Identität beschäftigt. In den vornehmen, etwas weniger verschmutzten, aber auch weniger am Puls der Zeit gelegenen Vierteln im Norden J.R.S ______Im Norden und im Süden der Hauptstadt 54 Die Malerin Elahe Heidari findet viele ihrer Motive auf der Strasse «Callidrawing» ein Werk von Reza Abedini bei der Galerie Ab/Anbar courtesy Ab/Anbar von Teheran drängt sich ein Besuch im Dastan’s Basement auf. Die Galerie präsentiert fast nur junge, vielsprechende Künstler und vor allem Werke auf Papier. Kennzeichnend ist diese Zeichnung von Googoosh, einer iranischen Sängerin und Schauspielerin, die in ihrer Heimat seit 1979 nicht mehr auftreten darf. «Dastan möchte in der Geschichte des Landes eine Verständigungsbasis finden, in der die bildende Gegenwartskunst ihren Platz hat. Was vor fünfzig Jahren die geometrische Abstraktion und die Kalligraphie waren – nämlich die aktuelle Antwort auf dieses Anliegen –, sind heute die Illustrationen», beurteilt Yasaman Alipour die Situation. Auch die Silk Road Gallery in unmittelbarer Nähe des Niavaran-Palasts sollte man auf keinen Fall verpassen. Sie ist der erste der zeitgenössischen Fotografie gewidmete Ausstellungsort in Teheran und eine Art Brutstätte für neue Ide- LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT en. Am Fuss des Berges liegt die Etemad Gallery. Sie ist aus der Kunstszene Teherans nicht mehr wegzudenken, agiert sie doch als Sprachrohr zahlreicher Künstler in ihrem Kampf gegen die Stereotypen des traditionellen Iran. Die unaufhaltsame Expansion der Kunstszene erstaunt sogar Yasaman Alipour: «Es ist erstaunlich, wie sich die Gegenwartskunst in der Stadt verbreitet hat. Sie hat sich lange auf das Stadtzentrum beschränkt, sich dann aber bis ins bürgerliche Quartier im Norden ausgebreitet, wo sie heute fest verankert ist. Aber auch in den Arbeitervierteln im Süden mehren sich Räume, in denen sich die Künstler ausleben können.» Ein ansteckender, vielverheissender Trend, der durch die Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran weiter an Dynamik gewinnen wird. 55 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Lautgedicht von Hugo Ball, vorgetragen am 23. Juni 1916 in Zürich « jolifanto bambla o falli bambla / großiga m’pfa habla horem / egiga goramen / higo bloiko russula huju / hollaka hollala / anlogo bung / blago bung blago bung bosso fataka / ü üü ü / schampa wulla wussa olobo / hej tatta gorem / eschige zunbada / wulubu ssubudu uluwu ssubudu / tumba ba-umf / kusa gauma / ba – umf » KUNST PANORAMA Hans Uli von Erlach Die Bombe von Zürich an muss sich das mal vorstellen! Mitten im Ersten Weltkrieg. Mitten in einem gutbürgerlichen Zürcher Winter, im ersten Stock einer Altstadtkneipe, versammeln sich Emigranten aus halb Europa, singen Protestlieder, versuchen sich in hirnverbrannten Kunstformen, tragen politisch unkorrekte Gedichte vor, lallen sinnlose Laute in verrückten Rhythmen, stampfen, singen, verkleiden sich in kubistische Kostüme, ziehen sich Masken über, die aussehen wie von Kindern gebastelt, und vollführen darin wirre Tänze. «Ein undefinierbarer Rausch hat sich aller M Johannes Baargeld: Venus beim Spiel der Könige, Collage 1920 bemächtigt. Das kleine Kabarett droht aus den Fugen zu gehen und wird zum Tummelplatz verrückter Emotionen», notiert ein gewisser Hugo Ball danach. «Ein Haufen wirklich Irrer», wird Sigmund Freud später abschätzig urteilen. Doch die, die sich da so völlig danebenbenahmen, waren nicht einer Anstalt entwichen. Es war nicht weniger als ein Teil der jungen, vielversprechenden, europäischen Intelligenzija, die sich Luft verschaffte. Ein paar Tage später fanden sie auch einen Namen für sich: Dada. «Feuerpolizeilich keine Bedenken» sah der damalige Besitzer der Liegenschaft Spiegelgasse 1 in Zürichs Altstadt, um im ersten Stock der Kneipe «Meierei» ei- nen Veranstaltungsort namens Cabaret Voltaire zu bewilligen. «Und er behielt recht», sagt Stefan Zweifel, Co-Kurator der Ausstellung Dada Universal im Landesmuseum Zürich, heute. «Dafür explodierte am Eröffnungsabend des 5. Februar 1916 in Zürich eine veritable Brandbombe! Mit einer Zündschnur, die quer durch Europa und sogar in New York immer wieder zu Explosionen führen sollte.» Gastgeber an jenem Eröffnungsanlass des neuen Künstler- und Intellektuellentreffpunkts (nicht zufällig benannt nach dem französischen Aufklärer Voltaire) waren die zwei jungen deutschen Emigranten Hugo Ball und seine «Ein undefinierbarer Rausch hat sich aller bemächtigt. Das kleine Kabarett droht aus den Fugen zu gehen und wird zum Tummelplatz verrückter Emotionen» Hugo Ball Kunsthaus Zürich Deutscher Schriftsteller und Dada-Mitgründer Freundin Emmy Hennings. Um sie scharte sich die ganze Hautevolee der europäischen Künstler-, Dichter- und Theaterszene, alles geistige Revoluzzer, kaum dreissigjährig. Darunter die Schweizer Hans Arp und Sophie Taeuber, der rumänische Architekt Marcel Janco und sein Landsmann und Dichter Tristan Tzara, der deutsche Lyriker Richard Huelsenbeck oder der Schriftsteller Walter Serner aus Böhmen. Die 56 ______«Der Hauptbeitrag von Dada war die Auf lösung der Grenzen zwischen den künstlerischen Sparten», analysiert Peter K. Wehrli: «Dichtkunst war auch Musik, Schriftkunst war auch Bild, Klang war auch Fotografie, Tanz konnte man auch sprechen.» Es sind diese errungenen Freiheiten, die die Kulturszene europa-, ja weltweit infizier- Collagen sind ein Medium der DadaKünstler: Chinesische Nachtigall, 1920. Collage von Max Ernst Musée de Grenoble, © 2015 ProLitteris, Zürich Schweiz, Zürich im Besonderen, war der Schmelztiegel der europäischen Kulturflüchtlinge. Fern vom Artilleriedonner versammelte man sich zum Protest. Nicht nur gegen den Krieg, sondern gegen die etablierte Kunst des bourgeoisen Establishments, gegen das einengende Bildungsbürgertum insgesamt, das diesen Krieg hervorgebracht hatte. War Dada also Protest? Oder Urschrei einer Gruppe von Gesellschaftskritikern? Oder einfach eine neue Art von Kunst? «Alles ist Dada», soll Dada-Ikone Tristan Tzara einmal sibyllinisch geantwortet haben. Überhaupt ist die Entstehung des Wortes umrankt von Legenden. Eine besagt, dass Hugo Ball (oder doch Tzara?) mit einem Messer in ein deutsch-französisches Wörterbuch stach und das Wort «dada» traf. Eine andere, ganz prosaisch, dass das damals populäre Haarwaschmittel Dada als Namenspate diente. Gut möglich, denn die Dadaisten (die sich selbst nie so nannten) suchten bewusst mit vermeintlichen Banalitäten ihre Verneinung aller geltenden Ideale und Normen zu demonstrieren. Heute erinnert sich der Zürcher Schriftsteller und Journalist Peter K. Wehrli: «Die beste Definition nannte mir später der deutsch-amerikanische Filmkünstler Hans Richter, selbst ein Dadaist der ersten Stunde: ‹Dada kämpfte gegen die Überschätzung jener Vernunft, die Krieg und Zerstörung als logische Begleiterscheinung des menschlichen Lebens zu legitimieren versucht.›» Wehrli lernte in den Sechzigerjahren mehrere Dada-Gründer und -Kollaborateure kennen und lancierte mit ihnen im legendären Zürcher Café Odeon 1966 eine Fete zum 50. Jahrestag des Dadaismus. Später schuf er mehrere Fernsehfilme über einzelne Protagonisten von damals. LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT « Der Hauptbeitrag von Dada war die Auflösung der Grenzen zwischen den künstlerischen Sparten » Peter K. Wehrli ten und bis heute beeinflussen. Denn schon kurz nach dem denkwürdigen Februar 1916 schwärmten die Gründer aus und gründeten neue Dada-Gruppen. Neben den Metropolen Paris, Berlin, New York gab es weitere wichtige Dadaisten in Köln, Hannover und Weimar, in Barcelona und Madrid, in Amsterdam, Zagreb oder Bukarest, in Genf und auf dem Monte Verità im Tessin. Der DadaGedanke der Provokation wurde lokal und regional weitergesponnen, in an- dere Philosophien und Kunstrichtungen abgewandelt. Neue Generationen von Performern, bildenden Künstlern, Filmern und Dichtern entstanden, die sich in direkter Linie als Kinder, Enkel und Urenkel der Dada-Väter identifizieren lassen. Surrealisten wie Max Ernst und Kurt Schwitters, Leute wie Konzeptkünstler Marcel Duchamp, Dichter André Breton oder Fotokünstler Man Ray bezogen sich auf Dada. Surrealisten, Konstruktivisten, Existenzialisten und 57 die Fluxus-Gruppe waren die direkten Erben, später Pop Art, Punk und Graffiti. Heute hoch gehandelte Künstler wie Keith Haring und Andy Warhol, Performerin Marina Abramović, Videokünstlerin Pipilotti Rist, Installationsaktivist Thomas Hirschhorn oder das Künstlerduo Fischli Weiss wären ohne Dada vielleicht undenkbaren. Womöglich lassen sich auch Musiker wie Lady Gaga und Konzeptkünstler Dieter Meyer dazu zählen. Und manche Videoclips auf MTV spielen avantgardistisch mit dem Stil der Dada-Collagen, bloss in einem heutigen, digitalen Medium. ______«Dada hat nie aufgehört!», ruft denn auch Cynthia Odier enthusiastisch aus. Die in Ägypten geborene Griechin, einst selbst Tänzerin, hat vor vierzehn Jahren in Genf die Fondation Fluxum gegründet, die seit 2013 auch den Zürcher Ableger Flux Laboratory hat. «Das Multidisziplinäre der Dadaisten hat dieselbe DNA, die unsere Performances schon immer prägte», sagt sie. Es gehe um das Sich-Verstehen in anderer Sprache, um die veränderte Sicht auf Werte. «Es ist derselbe Anspruch, den die Dadaisten hatten, jetzt zu heutigen Themen.» How to put a Price on Values ist das Leitmotiv, unter dem Flux in Zusammenarbeit mit dem Verein Dada 100 Zürich acht Produktionen aus aller Welt präsentiert. Ab dem 7. April werden sie auch vom Flux Laboratory in Genf gezeigt, das Cynthia Odier zum Dada-Hauptquartier der französischen Schweiz macht. «Ideen sollen reisen!», sagt die engagierte Mäzenin. Ganz gemäss dem originalen Dada-Konzept. So feiert nun die weltweite Kunstszene die Dadaisten. Mit Ausstellungen in just jenen etablierten Kunsttempeln, die die Kulturrebellen damals bekämpften. Die einst als widerspenstiges Labor für höheren Unsinn gedachte Bewegung von Kultur-Bewegten ist längst salonfähig geworden. Ein Widerspruch, von den Gründern aber durchaus gewollt. Die Dada-Bühne des Cabaret Voltaire schloss schon nach vier Monaten, hatte aber ihre zündende Wirkung bereits getan (seit dem Jahr 2004 gibt es das Cabaret Voltaire wieder, quasi als Gedächtnis-Institution; Anm. der Red.). Schon im Januar 1917 übernahmen Ball und Tzara eine Galerie an der renommierten Zürcher Bahnhofstrasse, stellten Dada-Künstler aus und führten die Best of Cabaret Voltaire auf. Dada-Kenner Peter Hugo Ball im kubistischen Kostüm, 1916 in Zürich. Kunsthalle Hamburg © 2015 ProLitteris, Zürich LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT K. Wehrli: «Es war Tzara und Co. durchaus klar: Nur wenn Dada sich in der Kulturszene etablieren konnte, war eine weiterführende Wirkung möglich. Das grosse ‹Anti› brauchte ein Echo.» Jetzt, 2016, wird dieses Echo wieder gehört. Wir beobachten es mit gemischten Gefühlen. Der Kunstkenner in uns bewundert die befreiende Kreativitätslawine, die von Dada losgetreten wurde. Und der Humanist in uns stellt etwas resigniert fest: Weder die Gründergeneration noch ihre Enkel und Urenkel haben das ursprüngliche Ziel erreicht. Wirtschaftsfatalismus und Kriege prägen unsere Welt nach wie vor, mehr noch als vor hundert Jahren. Immerhin kann man sich diesen Satz von Hugo Ball verinnerlichen: «Gerade in dieser haltlosen Zeit ist es wichtig, Haltung zu bewahren.» Raoul Hausmann, P, um 1920-1921, Collage Alle Informationen über die vielen Ausstellungen und Veranstaltungen in aller Welt unter www.dada100zuerich2016.ch BOUDOIR PANORAMA 58 Anne Walser «Luxe» hat die weltgewandte, zielstrebige, vielseitig kreative und charmante Filmfachfrau zum Gespräch getroffen. Frau Walser, für unser Gespräch haben Sie den Sitzungsraum Ihrer Firma C-Films gewählt. Von Glamour keine Spur. Entspricht das Ihrem Wesen? Weniger. Privat ist privat, Geschäft ist Geschäft. Der Raum spiegelt den Esprit unserer Firma. Wir sind ein Team, das durch gemeinsame Kämpfe freundschaftlich zusammengewachsen ist. Wir schleichen nicht dauernd über rote Teppiche. Showbusiness, Chichi und Glamour gibt es anderswo. Immerhin arbeiten Sie zuweilen an mondänen Orten. Etwa im Hotel Waldhaus im bündnerischen Flims, wo Teile Ihres Erfolgsfilms „Youth“ gedreht wurden. Wir suchen für jeden Film die beste Bühne. Wenn es sich dabei um ein tolles Hotel handelt, umso besser für alle. Da ist die Logistik optimal, das Ambiente fantastisch. Man kann sich beim Arbeiten quasi austoben. Das Publikum ist primär an Stars interessiert. Produzenten sind, mindestens hierzulande, meistens eine unbekannte Grösse. Was ist ihre Bedeutung? Sie sind das Herzstück, ohne Produzenten gibt es keine Filme. In einem Filmteam wollen alle bezahlt und umsorgt sein, wie eine Art Herde. Vielleicht eignen sich Frauen deshalb ganz gut für diesen Beruf. Ich habe einmal scherzhaft gesagt, dass ich mir zuweilen wie eine Mama vorkomme. « LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Die in Paris geborene Anne Walser ist zurzeit die international erfolgreichste Schweizer Filmproduzentin. Ihre italienischschweizerische Koproduktion „Youth“, mit Stars wie Harvey Keitel, Michael Caine und Jane Fonda, wurde unlängst mit drei European Film Awards ausgezeichnet sowie für zwei Golden Globes und den Oscar für den besten Originalsong nominiert. Michael Lang - Foto: Dominik Büttner Wir schleichen nicht dauernd über rote Teppiche.» schauen. Meine Mutter hat dann die fehlenden Szenen für mich stenografiert und sie mir beim Frühstück vorgelesen. Welche Filme haben Sie damals besonders berührt? «Irma La Douce» von Billy Wilder, wobei mich vor allem die grünen Strümpfe von Shirley MacLaine faszinierten. Und Alfred Hitchcock. Besonders geprägt von ihm hat mich «Rear Window» («Fenster zum Hof»). Weil alles simpel wirkt, in einem einzigen Raum spielt und die eigene Fantasie weit über das hinaus mitläuft, was im Film effektiv gezeigt wird. Ihr Job ist ein Spagat zwischen Kunst und Kommerz, auch in der Schweiz sind Millionenbeträge im Spiel. Was gilt es da zu beachten? Welche Eigenschaften sind für Sie beruflich unverzichtbar? Neugierde und Toleranz. Als Filmproduzentin muss man zulassen können, dass der eigene Kopf nicht das Mass aller Dinge ist. Zuhören können und Offenheit aufbringen für die Ideen anderer sind die Schlüssel, um nicht an Mustern festzuhängen. War Filmproduzentin Ihr Berufsziel? Nein. Ich wollte als Fotografin Geschichten mit einem einzigen Bild erzählen. Nun tue ich das mit vielen Bildern. Ich habe das Glück, in einer Branche gelandet zu sein, wo das möglich ist. Wann haben Sie die Magie des Films entdeckt? Ich war ein Bücherwurm, und mein Vater hat mir Kinoklassiker nahegebracht. Gewisse Filme durfte ich als Kind im Fernsehen allerdings nie bis zum Ende Ich muss von meiner Idee voll überzeugt sein. Und ich muss einkalkulieren, dass ich jahrelang mit dem Projekt befasst bin. Ohne den Glauben ans Gelingen geht nichts. Filme von Ihrem Qualitätsanspruch sind in der Schweiz nur mit Fördergeldern realisierbar… …ja, denn im kleinen Filmland Schweiz sind die Finanzierungsmöglichkeiten limitiert. Wir sind auf Beiträge des Bundesamtes für Kultur, des Schweizer Fernsehens SRF und – als Zürcher Firma – von der Zürcher Filmstiftung angewiesen. Im Ausland ist es wegen der dort grösseren Anzahl der Fernsehsender teilweise einfacher. Allerdings ist dort die Konkurrenz grösser. In jedem Fall muss man in der Schweiz den Heimmarkt mit den zuständigen Leuten sehr gut kennen. LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 59 60 Gianni Fiorito LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Glamour auf dem Set: Jane Fonda im Film «Youth», einer Koproduktion von Anne Walser. Sie gehören zu einer Produzentengeneration, die gegenüber dem Fernsehen keine Berührungsängste hat? in unseren Alpen schöner und besser sind, und so wurde die Geschichte auf die Schweiz umgeschrieben. Ja, obwohl es natürlich Unterschiede gibt. Der Fernsehzuschauer will schnell erobert sein, Fernsehen ist aus Konkurrenzgründen ein knallhartes Medium. Im Kino kann man sich narrativ mehr Zeit lassen. Ich finde es gut, dass das Schweizer Fernsehen SRF eine Filmreihe produziert, die sich auf Schweizer Themen konzentriert. Dank ihr können auch neue Filmemacher ausgebildet und begleitet werden. Wie finden Sie Ihre Projekte? Was wird von den Geldgebern als Hauptkriterium gefordert? Ein klarer Schweizer Bezug. Bei «Grounding» war es das Ende der nationalen Fluggesellschaft Swissair, in «Die Akte Grüninger» die Geschichte eines humanitär agierenden Schweizer Beamten am Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Die Verbindung kann sich aber auch über Schweizer Bestseller-Autoren wie Pascal Mercier («Nachtzug nach Lissabon») oder Martin Suter («Der Koch») ergeben. Im Fall von «Youth» wollten die italienischen Partner ursprünglich in den Dolomiten drehen. Wir haben sie überzeugt, dass die Schauplätze und die Hotels Autoren melden sich oft direkt bei uns. Oder wir selbst haben Ideen im Team. Momentan beschäftigt uns beispielsweise ein Stoff über den Zürcher Reformator Huldrych Zwingli, der mich seit der Lektüre einer Biografie fesselt. Eigentlich könnte ich über jedes Thema einen Film produzieren. Aber man darf nie nur die eigenen Steckenpferde reiten. Man muss hellhörig sein, wenn sich im Markt ein Publikum für bestimmte Themen abzeichnet. Im Kino lasse ich mich auch von anderen Filmen inspirieren. Ich mag etwa die Werke des Mexikaners Alejandro González Iñárritu und generell Episodenfilme. Ihre Filme gefallen unter anderem wegen ihrer sorgfältigen Erzählstrukturen. Auf die grossen formalen Gebärden wird verzichtet. Aus Budgetgründen? Wir verfügen tatsächlich nicht über die Mittel für bombastische Ausstattungen und Szenerien. Wir machen die Not zur Tugend und konzentrieren uns auf das Entscheidende: eine emotionale Story mit überzeugenden Darstellern. Haben Sie eine Affinität zum kreativen Rollenspiel? Durchaus. Ich betreue ja mehrere Projekte gleichzeitig, in allen Bereichen. Mich interessiert alles. Die etwas nüchterne Seite des Budgetierens und Rechnens ebenso wie das Kreative, das Schreiben. Natürlich muss ich es auch aushalten, wenn etwas nicht klappt, und entsprechend handeln. Wann zum Beispiel? Falls ein Drehbuch nach Jahren immer noch zu wenig gut ist, muss man brutal entscheiden, dass sich die Weiterfinanzierung nicht mehr lohnt. Mein Geschäftspartner Peter Reichenbach und ich schauen einander diesbezüglich genau auf die Finger. Wer ein Unternehmen führt, kommt nie zur Ruhe, und auf Lorbeeren auszuruhen, ist keine Option. Das ist die Crux – und die Lust auf Neues ist die Triebfeder. Filme zu produzieren, ist Herzblutsache. Was ist es für ein Gefühl, wenn das erste Publikum eines Werks im Saal sitzt? 61 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT «Filmproduktion ist ein 100%-Job, der kein Jonglieren mit weiteren Tätigkeiten zulässt. Ich bewundere Frauen, die sich daneben noch um eine Familie kümmern.» Ich schätze die spannenden Momente, wenn wir die Reaktion eines Testpublikums eruieren, um allenfalls Änderungen an einem Film vornehmen zu können. Es darf nie darum gehen, das eigene Ego zu befriedigen. Reizt es Sie zuweilen, auf dem Set Einfluss zu nehmen? Der Reiz ist da, klar. Ich bin ja nicht nur für das Budget zuständig, sondern von der Drehbuchentwicklung bis zur Technik- und Regiebesetzung involviert. Wenn der Regisseur feststeht, suche ich mit ihm die Schauspieler aus und kommuniziere in der Planungsphase eng mit ihm. Filmen hat viel mit Vertrauen zu tun, darum lasse ich die Leute arbeiten. Aber selbstverständlich beobachte ich, was und wie es auf dem Dreh läuft. Unter den jüngeren Filmschaffenden, mit denen ich zu tun habe, sind etliche starke Frauen. Ich selbst hatte den Vorteil, stets von intelligenten Leuten umgeben zu sein, egal, ob Mann oder Frau. Was zählte, war das Resultat. Natürlich ist Filmproduktion ein 100%-Job, der kein Jonglieren mit weiteren Tätigkeiten zulässt. Ich bewundere Frauen, die sich daneben noch um eine Familie kümmern. Wie halten Sie es mit dem Luxus? Mischen Sie sich auch mal ein? Ich bin ein absoluter Genussmensch. Ich liebe es, in der Natur zu sein, zu essen, zu wellnessen. Leider habe ich immer zu wenig Zeit, und bei den schönen Dingen des Lebens vergeht sie ja besonders schnell. Beruflich empfinde ich es als Luxus, mit Menschen lustvoll etwas zu kreieren und nicht irgendwelche Auftragsarbeiten erledigen zu müssen. Selten. Aber wenn der Zeitplan kollabiert, werde ich nervös. Haben Sie eine spirituelle Ader? Zumindest eine sensitive Ader, die ich regelmässig im Yoga auslebe. Und als ehemalige Balletttänzerin liebe ich klassische Musik. Mein Kater ist übrigens Chopin-Fan. Also hören wir oft zusammen, das beruhigt. Sie sind in Paris geboren und teilweise dort aufgewachsen. Was verbindet Sie mit dem französischsprachigen Raum? Paris zieht mich immer wieder an, ich fühle mich dort wie zu Hause. Beruflich habe ich den Eindruck, dass sich die französische Kultur nach aussen eher weniger öffnet. Darum ist es noch nie zu einer Koproduktion mit uns gekommen. Aber ich habe mir in den Kopf gesetzt, das zu ändern. Anne Walser, was ist für Sie Glück? Ambitioniert sein zu dürfen und gleichzeitig zu schätzen, was man hat. Erfüllung und Zufriedenheit, das ist Glück. Gibt es etwas, was Sie besonders freut? Wenn ein Plan aufgeht, wie kürzlich im Fernsehfilm „Lina“, wo wir der erst 18-jährigen Schauspielerin Rabea Egg die Hauptrolle anvertraut haben. Sie hat ihren Job super gemacht und sogar den Schweizer Fernsehfilmpreis gewonnen. Ich finde, die junge Frau hat Starpotenzial. Das macht Freude. Drehtage können schon mal sechzehn Stunden und länger dauern. Wie schafft man das? Filmen ist eine Stresssituation, physisch und psychisch. Nur wer sich wohlfühlt, kann seine Rolle ausfüllen. Ich bin oft auf dem Set und versuche, meinen Beitrag für eine gelöste Stimmung zu leisten. In der Aussenwahrnehmung haftet dem Filmgeschäft immer noch etwas Männerlastiges an. Ist dem so? Anne Walser ist seit 1999 für die Filmproduktion C-Films mit Sitz in Zürich und Hamburg tätig. Seit 2007 ist sie mit dem Produzenten Peter Reichenbach auch Inhaberin des Unternehmens. C-Films bringt regelmässig künstlerisch hochwertige, publikumswirksame Fernseh- und Kinofilme heraus. Auf Koproduktionsbasis etwa den international besetzten Welterfolg «Nachtzug nach Lissabon» (Regie Oscar-Preisträger Bille August, mit Jeremy Irons, Charlotte Rampling, Christopher Lee und Bruno Ganz) und «Youth», mit Stars wie Michael Caine und Jane Fonda. Als Eigenproduktionen u. a. den aktuellen Box-Office-Hit «Schellen-Ursli» (Regie: Oscar-Preisträger Xavier Koller), «Der Goalie bin ig» nach dem Kultroman von Pedro Lenz und «Grounding» über den Niedergang der Swissair. Zudem hat Anne Walser «Die Akte Grüninger» über die humanitäre Zivilcourage eines Schweizer Beamten produziert. 62 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT ohe, dichte grüne Wände dämpfen die Stimmen der auf den ganz nahen und dennoch unsichtbaren Alleen wandelnden Menschen. Man taucht ein in ein total grünes Universum. Geschützt von den wuchtigen Kronen der bis zu sechs Meter hohen Bambusse hat man grösste Mühe, die Orientierung zu behalten. Es ist eine echte Herausforderung, aus diesem acht Hektar grossen Bambusgarten bei Fontanellato in der Nähe von Parma herauszufinden. H Monument aus lauter Bambus ______Das drei Kilometer umfassende Wegenetz ist ausschliesslich mit Bambus bepflanzt. Insgesamt 200’000 Pflanzen in fünfzehn verschiedenen Arten erwarten den entdeckungsfreudigen « Labyrinthe und Gärten gehören zu den ältesten Erfindungen der Menschheit » italienischer Verleger, Kunstsammler und besessener Gartengestalter Labirinto della Masone, www.labirintodifrancomariaricci.it 200 000 Pflanzen verschiedener Bambusarten säumen die drei Kilometer langen Irrwege des Labirinto della Masone Besucher. «Labyrinthe haben mich seit jeher fasziniert. Sie und Gärten sind die ältesten Erfindungen der Menschen.» Der Irrgarten mit den schnurgeraden Wegen wurde vom Gründer der renommierten Kunstzeitschrift FMR konzipiert und ist seit diesem Frühling auch Sitz seiner Stiftung. ______Die Idee des eigenen Labyrinths stammt aus der Zeit seiner Spaziergänge mit seinem langjährigen Freund, dem argentinischen Schriftsteller Jorge Louis Borges, der ebenfalls von dieser Allegorie der Reise ins Innere des Menschen fasziniert war. Hinzu kommt, dass Franco Maria Ricci schon immer eine grosse Passion für den eleganten und schnell wachsenden Bambus hegte. Wie zur Belohnung stösst der Besucher im Herzen der Anlage auf die kostbare Kollektion mit Gemälden, Skulpturen und modernen Kunstobjekten, die der Sammler Ricci im Laufe der Jahre zusammengetragen hat. Zu bewundern sind auch sämtliche Bücher, die der Verleger Ricci herausgegeben hat. Es ist ein origineller, ambitionierter Ort, ganz nach dem Credo des Hausherrn: «Entweder man macht grosse Dinge oder gar nichts.» Carlo Vannini Franco Maria Ricci Marco Campanini PANORAMA ARCHITEKTUR In Sachen Besessenheit besitzt der italienische Verleger und Kunstsammler Franco Maria Ricci eine seltene Ausdauer. Die Idee eines eigenen Labyrinths beschäftigt ihn seit mindestens zwanzig Jahren. Eintauchen in ein grünes Paradies und in den weltweit grössten Irrgarten in Grün. Sébastien Ladermann LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Citations 63 64 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT PANORAMA ACHITEKTUR Der weltweit gefragte grosse Schweizer Architekt ist aktiver denn je. Patricia Lunghi Mario Botta über Architektur und Erinnerung r hat unter anderem das Tinguely-Museum in Basel gebaut, das Centre Dürrenmatt in Neuenburg, das Modern Art Museum in San Francisco, das Campari-Haus in Mailand und die Kathedrale von Évry. Und gerade hat er verschiedene Projekte in Arbeit. In der Schweiz, aber auch in China. Entgegen unserer schnelllebigen Zeit hat Mario Botta den Wunsch, der Nachwelt Bleibendes zu hinterlassen. Mario Botta, haben Sie als über 70-Jähriger nicht gelegentlich den Wunsch, eine etwas langsamere Gangart einzuschalten? Im Gegenteil. Ich begann als 15-Jähriger zu arbeiten, ich arbeite seit 55 Jahren und möchte es bis 100 oder 120 tun. Architekten leben lang. Zwar sind sie sich dessen nicht bewusst, aber sie möchten ewig leben. Ich habe immer sehr viel gearbeitet. Arbeiten ist meine grosse Passion. Bin ich krank, gehe ich ins Büro und bin wieder in Form. Probleme zu lösen, Ideen zu finden – das ist für mich das Nirwana. Die meisten Projekte habe ich jedoch im Bett entwickelt. Ich liebe den Schlaf, schlafe täglich zehn Stunden und finde so oft meine Inspiration. Formen und Materialien machen Ihren Stil unverkennbar. Haben Sie eine bestimmte Obsession? Wie die Wissenschaftler ihr ganz spezifisches Terrain besetzen, liebe ich es, Sprachen zu kultivieren, zu denen ich ganz spezifische Affinitäten habe. Ich würde nicht von Obsessionen reden, sondern von Sprachen. Man spricht von musikalischer oder piktoraler Sprache, etwa bei Klee oder Picasso. Ob er die «Demoiselles d’Avignon» oder erotische Zeichnungen kreierte, es war immer der gleiche Strich, auch wenn Picasso verschiedene Dinge zeichnete. Man kann dem nicht entgehen, diese Sprache befindet sich eher im Stift als im Kopf. Analog zu einem Instrument im Dienste einer Geschichte. Manchmal Enrico Cano Beat Pfändler E versuche ich, etwas anderes zu machen, aber ich finde nur dann meinen Frieden, wenn ich zu meiner eigenen Signatur zurückkehre. Man darf aber Zeichen nicht überwerten, denn mit dem gleichen Zeichen kann man Gutes, aber auch Schlechtes kreieren. Zeichen, oder eben Sprachen, sind keine Werte, sondern ein Instrument. Konkret bedeutet dies, dass ich viel lieber mit natürlichen Materialien arbeite. Glas, Backstein, Naturstein haben für mich eine viel stärkere Präsenz und Ausdruckskraft als Aluminium oder industriell fabrizierte Elemente. Um die Reaktion der Materialien besser zu verstehen, muss man sie einander gegenüberstellen, sie miteinander konfrontieren. Bei den natürlichen Materialien liebe ich geometrische Hauptsitz Campari in Sesto San Giovanni in Italien (2007 und 2009) 65 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT « Man muss seine eigene Sprache kultivieren, um Dinge immer wieder auf eine neue Art zu sagen. » Formen, bei undefinierten Elementen die Präzision. Es geht um das Spiel der Ausgewogenheit von Formen, Massen, Linien, von Leere und Fülle. Um auf die Obsessionen zurückzukommen: Jeder Mensch besitzt sein eigenes Vokabular. Es zu vertiefen, bedeutet, es besser zu verstehen. Es auszuloten, ist unendlich und kann oft zu überra- schenden Resultaten führen. Man muss seine eigene Sprache kultivieren, um Dinge immer wieder auf eine neue Art zu sagen. Ökologie ist Ihnen ein Anliegen. Wie kann man heute in der Architektur ethisch und ökologisch sein? Ich mag diese Allerweltswörter nicht sehr. Es ist zwar wichtig, von Ethik und Ökologie zu sprechen, aber diese Begriffe sind zu Passepartouts geworden, eine Form, um einen Konsens zu erlangen. Für mich bedeutet Architektur, ein Haus für Menschen zu bauen. Oder wie Walter Benjamin sagte: «Der ethische Wert eines Wandbildes ist sein piktoraler Wert, und der ethische Wert eines architektonisches Werkes ist sein architektonischer Wert.» Wenn jeder seine Arbeit gut macht, ist dies die beste Art, ethisch zu sein. Davon bin ich überzeugt. Man kann die Probleme der Welt nicht mit Architektur lösen. Man glaubte dies in den Sechzigerjahren, auch ich dachte damals so. Heute weiss 66 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT ich, dass man mit Architektur nur die Architektur ändern kann; jeder von uns in dem Bereich, den er beherrscht. Erinnerung ist für Sie ein wichtiges Element. Was bedeutet sie? Der Mensch existiert, weil er sich erinnert, das Gedächtnis ist eine Form der Gegenwart. Ich will die Vergangenheit nicht vergessen, denn sie ist Teil meiner Kultur und meines Lebens. Wir leben in einer Welt der extremen Komplexität und Schnelligkeit. Beide Aspekte sind Wie denken Sie über die zeitgenössische Architektur? Ich bin sehr kritisch, denn ich finde, Architektur darf nie selbstbezogen sein. Die Arbeit des Architekten besteht darin, einen natürlichen Ort in einen künstlichen zu verwanden. Die Natur zu verändern, birgt eine Verantwortung, die über die Aktion hinausgeht. Architektur schafft nicht nur ein Objekt, sondern einen räumlichen Bezug zwischen Objekt, Mensch und Kontext. Die heutige Architektur legt den Hauptakzent auf das Objekt, dabei geht es um das Bebauen « Bauten von heute leben ein halbes Jahrhundert, während die Pyramiden seit Ewigkeiten bestehen!» Urs Homberger TschuggenBad «Bergoase» in Arosa direkt proportional zum Vergessen: Je schneller man vorwärtsgeht, desto mehr braucht man ein Gedächtnis, denn alles gerät schnell in Vergessenheit. Das ist schlimm. Architektur hingegen überdauert die Lebenszeit des Menschen. Meine Arbeit wird für künftige Generationen Zeugnis unserer heutigen Bauweise sein. So, wie wir die Zeugen der Vergangenheit geerbt haben. Für mich ist unser Metier überaus verpflichtend und ethisch, es besitzt den Wert eines Zeugnisses, denn jede Form von Architektur ist ein Spiegel der Gesellschaft. 67 von öffentlichem Grund. Darin liegt die grosse Verantwortung der Architekten. Wie ist Ihre Beziehung zur Schweiz? Pino Musi Ich hatte nie viele Projekte in der Schweiz, arbeitete hier vor allem für Private. Man beobachtet mich hier mit Misstrauen. Aber das ist nicht weiter erstaunlich. Als ich 1965 Giacometti traf, hatte die offizielle Schweiz noch kein einziges Werk von ihm erworben, nicht mal eine Lithografie. Zurzeit bin ich mit dem Thermalbad von Baden und dem Restaurant auf dem Monte Generoso beschäftigt, das wie eine Steinblume aus dem Berg herausragen wird. Es ist ein seltsames Metier, denn es ist nicht der Architekt, der ein Projekt auswählt, sondern er wird von jemandem ausgewählt. Ähnlich wie bei den Schauspielern. Und es ist immer wieder ein Wunder, weshalb die Wahl auf einen fällt. Museum of Modern Art San Fransisco (1992-1995) Wie arbeiten Sie? GEO, Bottas Kristallarchitektur für Lalique Karine Faby Wir sind im Moment 24 Personen, ohne die Administration. Ich habe keinen eigenen Arbeitsplatz, sondern verfolge alle Projekte, gehe von morgens bis abends von einem Posten zum andern. Da korrigiere ich mit dem Stift. Ich arbeite nicht am Computer, dies tun meine Mitarbeiter. Ich zeichne alles von Hand. Feuer und Sand sind die Basiselemente dieser Kristallvase. Mario Botta, fasziniert von der handwerklichen Glasherstellung von Lalique im elsässischen Wingen-sur-Moder, hat eine wie ein Diamant facettierte Skulptur gestaltet. Er wandte dafür das uralte Modellausschmelz-Verfahren an, bei dem reines Kristall in eine Form gegossen wird. Geo «terre» gibt es in zwei Grössen und drei Farben, in limitierter Edition. Was wird die Architektur kommenden Generationen hinterlassen? Enrico Cano Kellerei Château Faugères (2009) Philippe Caumes Die zeitgenössische Kultur ist prekär, die heutigen Bauten werden nicht dauern. Was hinterlassen wir also der Nachwelt? Vielleicht einige Museen, Kirchen, öffentliche Gebäude, so sie gut gebaut sind. Die heutigen Materialien und die schnelle Bauweise sind überaus fragil, der Urbanismus der Zukunft wird das Demolieren und das Rekonstruieren sein, genau das Gegenteil von dem also, was wir bis heute gemacht haben. Wenn Sie sich umschauen, entdecken Sie lauter schnell gebaute Objekte, die in vierzig bis fünfzig Jahren abbruchreif sind. Wer sich heute ausserhalb dieser Konsumlogik bewegt, macht sich verdächtig. Für eines meiner grossen, gegenwärtigen Projekte in China musste ich eine Klausel unterschreiben, die garantiert, dass meine Bauten eine Lebensdauer von fünfzig Jahren haben. Es ist frustrierend zu denken, dass in einem halben Jahrhundert diese Gebäude abgebrochen werden, während die Pyramiden seit Ewigkeiten bestehen. Kirche Santo Volto, Turin (2001-2006) 68 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Unwiderstehlich Jazz a, tata,tata, boum, bang, pow, wizz... Die Pariser Jazzszene ist quicklebendig wie eh und je, animiert die Nächte entlang der Seine, sorgt für den ganz speziellen Swing, manchmal happy, manchmal slow. Es ist keine erstarrte Musik, sie war es nicht in den Fünfzigerjahren und ist es auch heute nicht in den Kellern von Saint-Germaindes-Prés. «Diese Musik ist frei», sagt die 25-jährige Agathe Iracema, Frontfrau ihres Quartetts. Swing, Soul, Gypsy Music – Jazz ist offen für andere Stile, nimmt sie auf und emanzipiert sich von ihnen. Jazz ist unwiderstehlich und immer neu. Eine aufregende Nacht in Paris. T ______18.30 Uhr. Rue des Petites Écuries, Paris 10e. Schnell eine Zigarette vor der mit Programmzetteln überklebten Tür. Das Schild New Morning leuchtet am frühen Abend noch nicht wirklich hell, aber hinter der Stahltür sind bereits Laurent Monlau MUSIK ERLEBEN Der Pariser Jazz ist nicht tot, er hat bloss das Ufer gewechselt. Dies erleben wir mit Agathe Iracema, dem aufsteigenden Stern am zeitgenössischen Jazz-Himmel. Die Tour führt vom nächtlichen Saint-Germain-des-Prés bis zum Sonnenaufgang im Châtelet. Souverän führt die preisgekrönte Künstlerin ihr Agathe Jazz Quartet. Und uns durch die Pariser Jazzclubszene. Die Metropole ist seit den Fifties Destination der berühmtesten Sidemen Amerikas. Emilie Cailleux 69 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT «Ich liebe es auch, in noblen Sälen, Opernhäusern und Theatern aufzutreten.» Jazzklänge von Omar, dem Soulpropheten aus England, und seinen fünf Musikern zu hören. «Je mehr Bässe, desto kleiner der Nachhall.» Im rot gestrichenen Club, dessen erster Ableger in Genf in den Siebzigerjahren eröffnet wurde, nehmen die Schwingungen Besitz von der grazilen Gestalt unserer Begleiterin. Die Sängerin ist hier zu Hause. «Hier präsentierte ich letzten März mein erstes Album Feeling Alive», erzählt sie unter dem Porträt von Elvin Jones. Keith Anderson, Barry Harris, Lou Donaldson, Miles Davis… der Ruhm des «New», wie Eingeweihte das Lokal nennen, gründet auf seiner Offenheit, auch neue Talente auf der Bühne auftreten zu lassen, auf der schon die Grossen der Jazzmusik gespielt haben, Fred Wesley, Nina Attal und Agathe, die das New Morning seit ihrer frühesten Kindheit kennt. «Mein Vater war Musiker, als Kleinkind schlief ich oft in den Clubs.» Seither ist das für seine Akustik und das vielseiti- Agathe Iracema ge Programm renommierte Haus eine Art zweite Heimat geworden. Für die Künstlerin mit französisch-brasilianischen Wurzeln ist Jazz eine sich stets verändernde Musik. Und sie weiss, wo sie gespielt wird. ______Unsere Nacht in Paris steht ganz im Zeichen des Jazz. Schon das Fastfood-Lokal, wo wir einen Burger essen, ist mit zwar wenig passenden Porträts von Billie Holiday und Miles Davis geschmückt. Die Sängerin spricht von ihrer Bühnenerfahrung mit dem Agathe Le Trianon, boulevard de Rochechouart 80, Paris XVIIIe, letrianon.fr Jazz Quartet. «Ich liebe es, in grossen Sälen, Opernhäusern und Theatern aufzutreten. Auch sehr noble Orte eigenen sich für den Auftritt.» Zum Beweis führt sie uns ins ehrwürdige Théâtre Trianon, wo jazzig dröhnende Bässe, Schlagzeug und die vibrierende Stimme des Crooner Hugh Coltman zu hören sind. Das Haus organisiert regelmässig Jazzkonzerte. Es ist 21.30 Uhr, das Publikum im prunkvoll vergoldeten Saal sitzt auf karminroten Sesseln und applaudiert dem Musiker im schwarzen Anzug mit der dunklen Krawatte noch eher verhal- 70 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Le Trianon «Swing, Soul, Gypsy Music – Jazz nimmt andere Stile auf und emanzipiert sich wieder von ihnen.» Agathe Iracema fon, Gitarre, Schlagzeug… Immer mehr Musiker kommen auf die Bühne, das Publikum ist immer zahlreicher. Ganz in der Nähe befinden sich das Quartier Saint-Germain-des-Prés, die Universitäten, man denkt an Sartre, Beauvoir, Vian und Modigliani, an die Zeit, als Existentialismus Humanismus bedeutete. «Die Nostalgie der Fünfzigerjahre ist ein bisschen Schaumschlägerei. Natürlich waren dies die goldenen Jahre des Pariser Jazz. Aber Jazz war damals prägend, weil die Musik eng mit den intellektuellen und kulturellen Strömun- gen verbunden war», erklärt die Künstlerin. Heute ist die Adresse Teil des Paris Jazz Club, einem Verein, der diese Musik im Raum Paris fördern und demokratisieren will. An der Rue des Lombards, wo wir weniger in die Keller, sondern in die oberen Etagen steigen, reihen sich die Jazzclubs Tür an Tür. Midnight in Paris, das Ambiente ist elektrisch. Im Baiser Salé, Hausnummer 58, hat Agathe ihr erstes Konzert gegeben. Hier treten viele junge Künstler auf, die anschliessend weiterziehen zum benachbarten Sunset/ Laurent Monlaü ten. Die Akustik ist hervorragend, der Kontakt zwischen Sänger und Publikum natürlich nicht wie in einem kleinen Jazzlokal. Coltmans Vortrag strebt dem Höhepunkt zu, ein Schlüsselmoment seiner Stimme, seiner Musiker und des Publikums. Noch während des Stücks wird heftig geklatscht. Jazz ist eben doch nicht Oper. Wechsel des Arrondissement, Wechsel der Ambiance. Jazz gibt es im Caveau des Oubliettes, 52, rue Galande. Der Keller ist seit den Achtzigerjahren ein veritables Labor für berühmte Sidemen und unbekannte Talente. Um diese Höhle der Musik zu betreten, gilt es den Kopf einzuziehen und die Ellbogen zu aktivieren. «Jazz ist nicht intellektuell, er spricht den Kopf an und die Gefühle», meint Agathe. Was man in diesem kleinen Lokal (Gratiseintritt!) besonders intensiv spürt. In den Tiefen von Saint-Michel bewegt man sich Körper an Körper zum Jam-Rhythmus. Orgel, Saxo- 71 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Le Caveau-desOubliettes, rue Galande 52, Paris Ve, lecaveaudesoubliettes.wordpress. com «Feeling Alive», das erste Album des Agathe Jazz Quartet, erschien 2015 beim Label Neuklang. Duc-des-Lombards, rue des Lombards 42, Paris I, ducdeslombards.com Sunside oder zum renommierten Duc des Lombards, Nummer 42. Das in den Achtzigerjahren eröffnete Lokal ist chic und Treffpunkt eines etwas älteren Publikums. «Wer im Duc spielt, ist schon eine gewisse Célébrité», erklärt Insiderin Agathe. Zwischen den Tischen jonglieren die makellos in weisses Hemd mit schwarzem Gilet gekleideten Serveurs, mit einem Glas in der Hand plaudert man über Ibrahim Maalouf, man kennt sich, Küsschen hier und Küsschen dort. Auf der Bühne präsentiert sich der Trompeter Nicolas Folmer, der an Agathes Album Feeling Alive mitgewirkt hat. Musiker mit ihrem Instrument unter dem Arm treffen ein, hören zu, animieren sich gegenseitig zur Teilnahme an der Duc’s session. Spät in der Nacht wird auch Agathe zum Mikrophon greifen. Mit ihrer weichen, leicht rauchigen Stimme lässt sie unter der kalten, weissen Beleuchtung des Duc ihre Blue Notes swingen. JAZZIG IN DER SCHWEIZ UNTERWEGS The Birds Eye Jazz Club Le Baiser-Salé, rue des Lombards 58, Paris I, lebaisersale.com Kohlenberg 20, Basel Für Kenner ist dies einer der besten Jazzclubs Europas. Musiker und Publikum schätzen die hervorragende Akustik, die Intimität des Lokals und das erstklassige Programm, das sowohl renommierte Künstler als auch junge, lokale Musiker ins Rampenlicht stellt. Marians Jazzroom Sunset/Sunside, rue des Lombards 60, Paris Ier, sunset-sunside.com New Morning, rue des PetitesEcuries, Paris Xe, newmorning.com Engestrasse 54, Bern Blue Notes und Ohrenschmaus – Marians Jazzroom empfängt Stars von Jazz und Blues von Dienstag bis Samstag und ist fester Bestandteil des Internationalen Jazzfestivals Bern (12. März bis 21. Mai). Chorus avenue Mon-Repos 3, Lausanne Jazz im intimen Keller. Oft überaus attraktives Programm. Bee-Flat Zähringerstrasse 28, Bern Das spannende Programm favorisiert zeitgenössischen Jazz. Elektronischer Rhythmus und Klänge, Musik aus aller Welt, avantgardistische Elemente – Jazz, den man normalerweise so nicht zu hören bekommt. Widder Bar Widdergasse 6, Zürich Lederfauteuils, cosy Ambiente, gedämpftes Licht. In der wunderschönen Bar im Herzen der Altstadt treten renommierte Jazzmusiker auf. Le Sud des Alpes 10 rue des Alpes, Genève Der Verein zur Förderung der Musique improvisée (AMR) und das Musikzentrum laden zu Konzerten und Jamsessions. Kenner sind begeistert. 72 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT MODE ERLEBEN Mode interessiert die Männer oft nicht gross. Sie wollen nichts Überflüssiges und keinen Firlefanz. Diese Saison könnten sie sich aber sogar für modische Finessen begeistern lassen. Kleine Details machen den grossen Unterschied. Sarah Jollien-Fardel Detailverliebt ännermode kommt gerne bequem daher, ist selten von Trends abhängig und nicht bereits nach einer Saison out. Modische Eintagsfliegen findet man in der Herrenbekleidung nur selten, denn Männer wollen in sichere Werte investieren. Die Materialien sollen schön und hochwertig sein, die Proportionen passen und der Schnitt perfekt sitzen. Die Kehrseite der Medaille? Der Look wirkt etwas langweilig, wenn nicht gar wie ein Déjà-vu. Natürlich ist das immer noch besser als Pullover in grellen Farben und mit zweifelhaften Logos verzierte Sweatshirts oder Hemden. Aber wie kann man etwas Spannung in einen schon fast asketisch wirkenden Kleiderstil bringen und ein klares und elegantes, aber doch etwas alltägliches Outfit aufpeppen? Indem man mit subtilen Details arbeitet, die für das ungeübte Auge praktisch unsichtbar, für den Modekenner aber ein unübersehbares Statement sind. Es lohnt sich, den Versuch zu wagen, denn plötzlich kann man nicht mehr ohne. Dior – Foto: Sylvie Roche M LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 73 74 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Ein Foulard Officine Generale Ein Mann mit einem Foulard um den Hals sieht fantastisch aus. Und mit Foulard ist nicht ein mehrfach um den Hals gewickelter Baumwollschal gemeint, sondern ein quadratisches Tuch oder ein kleiner Seidenschal von Hermès. Foulards waren erst populär, dann chic und schliesslich trendy. Kurz und gut, sie haben schon tausend Leben gelebt und werden immer wieder neu interpretiert. Diesen Frühling (und auch für die nächste, die übernächste und wahrscheinlich die darauffolgende Saison) darf es praktisch mit allem getragen werden: Auf die typisch englische Art mit einem T-Shirt oder einem Hemd wie bei Margaret Howell. Ein um den Hals geknöpftes Stück Seide (sie darf nicht glänzen!) oder hochwertiger Baumwolle lässt sich mit jedem Outfit und zu jedem Anlass tragen. Ist das Foulard vielleicht sogar die neue Krawatte? Nein, denn eine Krawatte ist zweckmässig. Ein Foulard ist eine Entscheidung. Die Entscheidung, nicht aussehen zu wollen wie jedermann. Officine Generale Subtilität Ein Farbtupfer, der auffällt, ohne grell zu wirken. Auf dem Aufschlag eines Blazers oder als Futter einer dunklen Jacke. Eine orangefarbene Borte an einem blauen Poloshirt. Babyblaue Socken. Ein Parkafutter in Camouflagemuster. Eine Farbschattierung, ein Knopf, ein Gürtel, Slipper anstelle von Sandalen. Es sind diese subtilen Details, die einem Outfit Pfiff und Charme verleihen. Männer, die verstehen, dass es für das perfekte Resultat das gewisse Etwas braucht, sind am interessantesten. Wie es scheint, nicht nur im Kleidungsstil. Karos Fotos : Sylvie Roche Dior Dior Officine Generale Verschiedene miteinander kombinierte Karomuster können tatsächlich gut aussehen. Aber nur unter gewissen Umständen. Ein Beispiel, wie man es auf keinen Fall machen sollte? Wir erinnern uns noch allzu gut, als Bill Murray 2012 in Cannes einen Anzug und ein Hemd mit verschiedenen Karomustern trug. Für Avantgardisten und Modekenner war das zwar mutig, aber ausserhalb der Künstlerszene wohl kaum tragbar. Wir sprechen hier von feinen, weissen Linien auf einem Kurzmantel oder einem marineblauen Blazer, wie zum Beispiel bei Dior Homme. Oder von einem Rautenmuster auf einem Pullunder oder auf einer Hose. Klingt etwas flippig, sieht aber umwerfend aus. 75 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT MODE ERLEBEN Wie kann man im bereits gesättigten Sportswear-Sektor überhaupt noch Fuss fassen? Neue Schweizer Marken scheinen die Antwort gefunden zu haben und zielen auf den Luxusmarkt. Jorge S.B. Guerreiro 100% Baumwolle Gabardine oder 100% Merino Wolle: noble Materialien für extreme Bedingungen Schweizer Sportswear setzt auf faire Technologien wei Marken wollen sich von der Masse abheben, indem sie auf innovative Technologien setzen. Paradoxerweise ist dabei der erste Schritt die Suche nach natürlichen Rohstoffen in herausragender Qualität. Da die Bekleidung nicht nur bei sportlichen Aktivitäten tragbar sein soll, bedarf es aber auch eleganter Schnitte und schlichter Farben. Z Die Marke Mover stammt ursprünglich aus Schweden und wurde auch von der königlichen Familie gerne getragen. Nach der Übernahme durch Nicolas Rochat fand sie in Lausanne eine neue Heimat und hat, dank neuer Forschungserkenntnisse und technischer Entwicklungen, die Outdoor-Bekleidung revolutioniert. Der ethische Aspekt wurde dabei aber nie aus den Augen verloren, und nach wie vor werden lokale Ressourcen bevorzugt. Erst kürzlich hat Mover den ISPO Award erhalten, der von einer internationalen Jury aus Fachleuten für die innovativsten Neuheiten der Sportbranche verliehen wird. Ausgezeichnet wurde der Cotton-Wool-Anorak, eine Übergangsjacke aus zwei praktisch vollständig biologisch abbaubaren Lagen. Für das Aussenmaterial aus 100% Baumwollgabardine hat der Zürcher Lieferant von Mover eine hochverdichtet gewebte Baumwolle, die während des Zweiten Weltkriegs in England für die Piloten der Royal Air Force entwickelt wurde, neu produziert. Auch das Haus Burberry verwendet diese Webtechnik heute wieder. Die Aussennähte der Jacke sind vollständig verschweisst, das Futter besteht zu 100% aus Merinowolle, sodass sie nicht nur leicht und atmungsaktiv ist, sondern 76 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT auch technische Eigenschaften garantiert, die nicht mit denen von Produkten aus synthetischen Materialien vergleichbar sind. Als Wärmeisolation hat Mover eine wattierte Zwischenschicht aus der Wolle von Alpakas entwickelt, die in den Schweizer Alpen gezüchtet werden. Das Know-how von Mover hat die Luxusmarke Ermenegildo Zegna derart überzeugt, dass sie sich für ihre Winterkollektion TechMerino beraten liess. Im Gegenzug haben die Schweizer Zugang zu den Kunden und den eleganten Schnitten der Schneider des italienischen Modehauses und können so den ästhetischen Aspekt ihrer Produkte verbessern. Die Jacken von Mover bestechen nicht von ungefähr durch ihren sportlich-urbanen Schick. ______«Running couture» als neuer Modetrend? Darauf setzt die Marke Emyun, die 2015 von Rodolphe Huynh und Salvatore Mandra gegründet wurde. Inspiriert wurde Salvatore während einer Geschäftsreise im Ausland. Auf dem Weg vom hoteleigenen Fitnessraum in sein Zimmer fand er sich schwitzend und in einem unförmigen Trainingsoutfit neben vier Geschäftsleuten im Die Superfine Merino C ompAct3 bietet 15% mehr Widerstandsfähigkeit 30% zusätzliche Elastizität 20% mehr Geschmeidigkeit Der Cotton Wool-Anorak von Mover aus zwei vollständig aubbaubaren, biologischen Geweben perfekt sitzenden Anzug im Lift wieder. Diese unangenehme Situation machte ihm bewusst, dass es den grossen Sportmarken an Eleganz mangelt. Daraufhin entschloss er sich, diese Lücke zusammen mit seinem Geschäftspartner zu füllen. Ziel war die Produktion stilvoller Sportbekleidung, die nicht nur bequem und wärmeregulierend, sondern auch modisch ist. Auf der Suche nach einem Lieferanten für das von ihnen gewünschte Material stiessen die zwei Geschäftspartner schliesslich auf Superfine Merino CompAct3 des 77 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Ziel war die Produktion stilvoller Sportbekleidung, die nicht nur bequem und wärmeregulierend, sondern auch modisch ist. Merinospezialisten Reda. Er deckt von der eigenen Schafzucht bis zum Atelier die gesamte Produktionskette ab. Das Geheimnis der in Italien hergestellten Merinowolle liegt in der innovativen Webtechnik, die auf der Rotation der Fäden beim Webvorgang basiert. Für die Ausarbeitung der Schnitte hat Emyun eine etablierte Stilistin angestellt und setzt auf bewährte Details wie verstärkte Schulterpartien für eine bessere Passform und Zwickel unter der Achsel für mehr Bewegungsfreiheit. Um ihren Vorsprung auf die Konkurrenz i Die Gründer der Marke Emyum, Rodolphe Huynh und Salvatore Mandra nicht zu verlieren und die ungewöhnliche Positionierung von Sportbekleidung im Luxussegment zu festigen, hat Emyun das Emyun Ideas Lab ins Leben gerufen. Dank dieses Systems können Kunden und Wiederverkäufer ihre Erfahrungen weitergeben. Zu starkes Schwitzen nach einem 20-Kilometer-Lauf oder eine störende Naht an der Schulter: Diese und andere Reaktionen werden von Emyun im Hinblick auf die kontinuierliche Verbesserung der Produkte gesammelt und ausgewertet. Ein neuer Dresscode ist geboren! 78 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT REISEN Im Herzen der Pampa Das Geheimnis dieses Ortes liegt im ständigen und harmonischen Wechselspiel zwischen Natur und Zivilisation, unübertroffener Raffinesse und grandiosen Elementen, zwischen Ochsenblutrot und Himmelblau, zwischen energiegeladenen Pferden und einheimischer Kultur. Quentin Mouron LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 79 80 enf–Buenos Aires steht auf der Boarding Card der Air France. Ich denke unwillkürlich an Jorge Luis Borges, der lange Zeit vor mir die gleiche Reise absolviert hat, nur eben in die andere Richtung. Das Argentinien des in Buenos Aires geborenen und in der Calvinstadt gestorbenen berühmten Schriftstellers hat mit unseren Bildern des Landes wenig gemeinsam. Einsam gelegene Kapellen, in Dämmerlicht getauchte Krankenzimmer, komplizierte Probleme, die das menschliche Bewusstsein herausfordern. Dennoch – im realsten, ländlichsten Argentinien ist seine Person immer wieder präsent, wie ein Leitmotiv. Und oft auch in Verbindung mit Genf. G ______Vom Flughafen Buenos Aires führt die holprige Autobahn weg in eine monotone Landschaft. Diese und die unglaubliche Hitze entfalten eine mehr einschläfernde als belebende Wirkung. Würde diese Unendlichkeit nicht hie und da von Pferden unterbrochen, der Reisende wäre längst glücklich eingeschlummert. Aber, so denke ich, würde Reisen lediglich bedeuten, von einem angenehmen Zustand zum nächsten zu wechseln, ginge der Sinn verloren, und es wäre völlig überflüssig, sein komfortables Zuhause zu verlassen. Zwei Stunden später ist der Staub omnipräsent, die grenzenlose Landschaft wirkt hart und fast feindlich, die Strasse ruppig. Mit einer gewissen Erleichterung lese ich auf dem Wegweiser, dass es nicht mehr weit ist bis zu «La Bamba de Areco». 1830 erbaut, hat diese Estancia eine wechselvolle Geschichte. Seit 2010 könnte man das Landgut ohne Weiteres die Verkörperung des Paradieses Argentinien bezeichnen. Schon die Aussenanlagen sind von unglaublicher Schönheit. Eine imposante Platanenallee, minutiös unterhaltene Pferdestallungen, Polofeld, ochsenblutrot gestrichene Gebäude im Kolonialstil. Alles atmet Grösse und Weite, nicht die der tristen Autobahnen, sondern diejenige, die Gänsehaut verursacht. Selbstverständlich entsprechen auch die Räumlichkeiten ganz diesem Standing. Luxuriöse Aufenthaltsräu- LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT me im Hauptgebäude, eine im Turm versteckte Bibliothek, elf Gästezimmer, die Pulperia, eine Art Schenke, mit dem grossen Kamin, massive Möbel. Mit anderen Worten – hier lässt es sich sein, hier lässt es sich träumen. Ich schliesse Bekanntschaft mit meinen Gastgebern Lucila und Guillermo. Mit Maria, die mehr tut als nur das Verwalterpaar zu unterstützen, mit Gaston, die Pubertät knapp hinter sich, und seinem ansteckenden, komplizenhaften Lachen. Und schliesslich mit Küchenchef Federico, der Fleisch, frisches Gemüse und Patisserien zubereitet. Noch ein bisschen wackelig von der Reise, freue ich mich über ein Glas Weisswein, die fleischgefüllten Empenadas und über mein Reitpferd. Der auf der Estancia arbeitende Gaucho begleitet mich in die Pampa. Die Müdigkeit ist schnell verflogen, die dreizehn Stunden, die ich in der fliegenden Blechkiste verbracht habe, sind schon fast vergessen. Unsere Pferde gehen Seite an Seite, und ich entdecke Das Grundstück umfasst auch zwei Polo-Felder und viel Gelände für Ausflüge zu Pferd. Die Estancia und ihre elf Zimmer und Suiten im Herzen der Pampa. 81 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT die atemberaubende Umgebung. Wir fallen in leichten Trab, überqueren ein Bächlein, um uns herum nichts als Gras, über uns der blaue Himmel. Der Horizont erinnert an die Monochrome, die trotz ihrer Monotonie die Sensibilität viel stärker ansprechen, als jeder Renaissancemaler, Expressionist oder zornige Vertreter des Fauvismus es tun könnte. Argentinien, ich meine das Argentinien der Pampa, bezieht seine Kraft aus der Wucht dieser spektakulären Eintönigkeit. Beim Überqueren eines Gatters wechseln wir ein paar Worte, dann herrscht wieder Schweigen. Wie Das Argentinien der Pampa bezieht seine Kraft aus der Wucht dieser spektakulären Eintönigkeit wäre es jetzt mit einem Galopp? Mein Begleiter und Führer hat recht, wenn er in mir die Anfängerin erkennt. Er sorgt sich um sein Pferd – und zweifellos auch um mich. Langsam geht die Sonne unter, der Himmel färbt sich glühend rot, die Schatten werden scharf und lang. Sie sorgen für eine neue, träumerische, intensivere Dimension. Wir passieren das grosse Portal der Estancia, in der Ferne winken Maria, Gaston und Federico. Aus dem Steinofen steigen Rauchschwaden. Das zweite Willkommensglas Wein wird serviert. Das Geheimnis dieses Ortes 82 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT liegt im ständigen und harmonischen Wechselspiel zwischen Natur und Zivilisation, unübertroffener Raffinesse und grandiosen Elementen, zwischen Ochsenblutrot und Himmelblau, zwischen energiegeladenen Pferden und einheimischer Kultur. ______Am Tag danach werde ich ins Zentrum der argentinischen Kultur katapultiert. Im Städtchen San Antonio de Areco findet die Fiesta de la Tradicion statt, ein jährlich durchgeführter Event, an dem Tausende Gauchos teilnehmen. Ein Sonntag im Zeichen des Feierns, des Jubels und des nationalen Stolzes. Man erinnert sich an einen Text, den der französische Romancier Maurice Barrès über Toledo geschrieben hat: «Weniger eine mit Lärm und den Bequemlichkeiten des Alltags gefüllte Stadt, sondern vielmehr ein bedeutsamer Ort für die Seele.» Alles hat seinen Sinn. Strenge Rituale, üppige Festkostü- s La Pulperia war im XVIII. Jahrhundert ein Pferdestall Neubeginn Argentinien Am 22. November vergangenen Jahres haben sich die Argentinier vom Kirchnerismus verabschiedet und statt Daniel Scioli den Konservativen Mauricio Macri gewählt. Aber die Bevölkerung schwankt zwischen Hoffnung und Angst. Sie sind hoffnungsvoll, denn Macri steht für das Neue, für Dynamik, Unternehmertum, den Ausweg aus der Sackgasse der Ära Kirchner. Sie sind aber auch beunruhigt, denn der frühere Stadtpräsident von Buenos Aires hinterlässt einen Nachgeschmack von Opportunismus und sozialer Ungerechtigkeit. Oder wie es ein Taxichauffeur auf den Punkt brachte: «Ich mag weder den einen noch den andern… Aber ich ziehe Macri vor, denn er wird die Dinge bewegen.» Hoffentlich in die gute Richtung. me, prachtvoll gekleidete Frauen, Männer mit Silbermesser im Gürtel, ängstlich lächelnde Kinder auf ihren Pferden. Hände werden geschüttelt, ohne vom Pferd abzusteigen. Ich sitze auf einer Terrasse gleich neben dem Laden des Messerschmieds Gustavo Stagnaro, eines der berühmtesten der Stadt, und beobachte den Umzug. Ich bin in Gesellschaft von Einheimischen, auch einige wenige Engländer und Deutsche sind dabei. Das verschlafene Städtchen, das wenig erfolgreich gegen den Staub und das Vergessen ankämpft, ist heute voller Leben, unglaublich lärmig, pulsierend. Auf dem grossen Platz, in der Kirche, in den Boutiquen und den Cafés herrscht ein unablässiges Kommen und Gehen. Zwei Tage später, spätabends in Buenos Aires, werde ich dieses gleiche elektrische Ambiente erleben. Heute aber sind es etwa 3000 Caballeros und Señoritas, die vorbeiziehen, Pferdehufe, die auf den Pflastersteinen einen ohrenbetäubenden Lärm verursachen, der fast die Mauern zum Zittern bringt. Man paradiert und promeniert, man misst sich in Reit- und Rodeowettbewerben, gönnt sich ab und zu auf einer Terrasse eine Pause, geniesst gegrilltes Fleisch, teilt sich ein Bier. Den Mund voller Staub, den Kopf gefüllt mit dem Lärm, den Freudenschreien, dem Applaus, dem von Lautsprechern verstärkten Gebrüll, kehre ich die ruhige Bamba zurück. Wieder geht die Sonne unter, der Himmel färbt sich rot, die Schatten legen sich auf die roten Gebäude. Jasminduft, Vogelgesang. Dies alles wäre Kitsch in Reinformat, wären da nicht die unglaubliche Weite und Grösse, die Anla- ge, wo das Poloteam trainiert, das diskrete Kommen und Gehen von Maria, Veronica, Gaston. Später werde ich die Hauptstadt, die Stadt von Borgès, entdecken, wo das Leben an jeder Strassenecke explodiert, wo der faszinierende Spektakel den Besucher geradezu umwirft. Diese einzigartige Metropole Lateinamerikas wirkt wie ein Fieber- oder Ekstaseschub. Aber noch bin ich hier, geniesse dankbar die Stille und mache zwischen zwei Eichen ein erholsames Nickerchen. ADRESSEN IN SAN ANTONIO DE ARECO La Bamba de Areco 2760 San Antonio de Areco, +54 2326 45-6293 www.labambadeareco.com Gustavo Stagnaro, Silberschmied Gustavo Stagnaro beliefert Gauchos und Touristen mit traditionellem Silberschmuck und Messern. Auf Wunsch kreiert er auch gerne persönliche, weniger konventionelle Stücke. Matheu y Arellano, San Antonio de Areco Zarza, Restaurant Ein altes Gebäude, dicke, rote Backsteinmauern, eine einfache, gepflegte Küche. Das ideale Lokal, um kulinarische Bekanntschaft mit San Antonio zu schliessen. San Martin 361, San Antonio de Areco Ricardo Güiraldes, Museum Das Museum Güiraldes trägt den Namen des berühmten Schriftstellers und Bürgers von San Antonio. Eine veritable Goldmine, um Einblick in das traditionelle Leben der Gauchos und die Geschichte der Estancias zu erhalten. Ricardo Güiraldes, San Antonio de Areco ADRESSEN IN BUENOS AIRES El Million, Bar und Restaurant Die langgestreckte Marmor-Bar ist bekannt für ausgezeichnete Cocktails. Ein Patio im Sommer, das Restaurant im Erdgeschoss. Parana 1048, Buenos Aires La Brigada, Restaurant Hervorragende Parilla, berühmt für das zarte Fleisch und das elegante Ambiente. Estados Unidos 465, Buenos Aires Four Seasons, Hotel Im Herzen von Buenos Aires, mit einzigartigem Service. In der Bar «Pony Line» stehen die besten argentinischen Weine im Rampenlicht, zu denen man köstliche Empanadas geniesst. 1086/88 Posadas, Buenos Aires 83 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Neue Partnerschaft zwischen dem Club Med und dem Cirque du Soleil: In Punta Cana können sich die Gäste in den akrobatischen Disziplinen des weltweit führenden Entertainment-Unternehmens aus Montréal versuchen. Serge Guertchakoff kulturell vielseitig und auf der ganzen Welt vertreten. Alle unsere Gentils Circassiens träumen davon, später im Cirque du Soleil zu arbeiten.» Die involvierten Mitarbeiter wurden am Hauptsitz des Cirque du Soleil in Montréal ausgebildet. ERLEBEN ABENTEUER ______«Für Creative haben wir enorm Zirkuskünste in der Sonne ie echten Fans möchten mit unseren Künstlern auf Tuchfühlung gehen. Bisher war das nicht möglich. Jetzt erhalten sie die Möglichkeit, das, was sie in den Aufführungen des Cirque du Soleil gesehen haben, selbst zu erleben, ohne mehr dafür zu bezahlen», erklärt Yasmine Khalil begeistert. Sie ist Präsidentin von 45 Degrees, der früheren Event-Abteilung des Cirque du Soleil. Im Juni 2015 hat der Club Med in Punta Cana den für die Zirkusaktivitäten vorgesehenen Bereich umgebaut. Seither prangt dort das farbenfrohe Logo Creative. Inzwischen ist Creative eine eingetragene Marke, die aus der Partnerschaft zwischen dem D weltweit führenden Entertainment-Anbieter und dem Pionier der All-Inclusive-Ferien entstanden ist. Yasmine Khalil: «Es handelt sich um ein Pilotprojekt. Wir wollen das Konzept testen und es dann anhand der Erkenntnisse und der Rückmeldungen optimieren. Wir planen, es auch anderen Orten umzusetzen und den jeweiligen Rahmenbedingungen anzupassen.» «Es war uns ein echtes Bedürfnis, das fliegende Trapez neu zu erfinden», sagt Sabrina Cendral, Leiterin Marketing and Digital North America im Club Med. «Das Ganze ist aus einer Intuition heraus entstanden. Der Cirque du Soleil und der Club Med haben viele Gemeinsamkeiten: Beide sind kreativ, künstlerisch tätig, Kopfüber ins Abenteuer: Im Club Med von Punta Cana kann man Cirque du Soleil spielen. viel Zeit mit der Ausarbeitung von Trainingsprogrammen für unsere Feriengäste verbracht. Wir wollen keine Profis aus ihnen machen, sondern dafür sorgen, dass sie eine unvergessliche Erfahrung machen.» Der Zirkusbereich ist in fünf Zonen gegliedert: ein Acroplex für Vertikaltuch, Reifen, Wandtanz, Bungeeakrobatik, eine Piste für das Einradfahren, das Stelzenlaufen und für Rhönräder, ein Zelt für Devilsticks, Diabolo und Jonglieren, ein Atelier für Trampolin, Percussion, Theater und Clownschule und schliesslich ein grosses Trapez. Wenn da keine neuen Zirkustalente entdeckt werden! Der Plan scheint jedenfalls aufzugehen. «Die Zahlen sind eindeutig: Unsere G.M. führen immer mehr Gäste in die Zirkuskünste ein, und die Nachfrage steigt stark», bestätigt Sabrina Cendral. Yasmine Khalil weist zudem darauf hin, dass zu Demozwecken jeweils am Samstagabend eine rund vierzigminütige Show stattfindet. «Sie ist eine Art Inszenierung von allem, was bei Creative möglich ist, und wird von Musik des Cirque du Soleil untermalt. Wir bieten hier etwas, was es sonst nirgends gibt», so die Marketingchefin. 84 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT ERLEBEN DUFTNOTIZEN Sarah Jollien-Fardel Diskret, schick und geistreich EIN FILM EIN BUCH Shame von Steve McQueen Beautiful People von Alicia Drake Hätte Chypre 21 eine Farbe, wäre sie Blau-Grau und von hypnotisierender Schönheit, wie ein Grossteil dieses ergreifenden Films. Regisseur Steve McQueen ist ein bildender Künstler der Moderne. Sein Lieblingsdarsteller Michael Fassbender verkörpert den Mann, der seinen quälenden Schmerz so gut wie möglich zu verbergen sucht, so überzeugend, als wäre es seine eigene Geschichte. Man leidet förmlich mit dem sexsüchtigen Brandon. Der Film könnte angesichts des Themas anrüchig und lüstern sein. Aber er ist anspruchsvoll und überwältigend. Die Journalistin Alicia Drake legt mit diesem Buch ein sorgfältig und minutiös recherchiertes Zeugnis über Yves Saint Laurent und Karl Lagerfeld ab. Sie schildert die beiden Modepäpste in vielen Anekdoten und bestimmt etwas ausgeschmückten Fakten. Im Vordergrund steht jedoch nicht die Fashion-Welt, sondernd die Verwegenheit und die Irrungen und Wirrungen einer Epoche. Das Buch ist kein Roman, liest sich aber wie einer. EIN ORT EIN OBJEKT Das Val d’Anniviers Geschirr Astier de Villatte Auf keinen Fall ein Palasthotel oder ein Ort, an dem es um «sehen und gesehen werden» geht. Nichts Überkandideltes. Ein Ort ohne Bombast, an dem man einfach nur sein kann. Ein einfaches Hotel zum Beispiel, eine Wohnung oder ein Chalet mit der genau richtigen Dosis Komfort. Das schliesst natürliche Eleganz jedoch nicht aus. Eine Adresse? Alpes et Caetera in Vercorin, acht «Mazots» mit authentischem Walliser Charme. Perfekt, um eine Auszeit zu nehmen. www.alpesetc.ch ames Heeley bleibt sich treu. Seine jüngste Schöpfung erweist sich als wie gewohnt schick, elegant, unisex und unkonventionell. Sich auf die Düfte des Engländers einzulassen, bedeutet, sich in eine Welt abseits der kommerziellen Parfümerie vorzuwagen. Seine Kreationen sind wie er selbst: zart und geistreich. James Heeley ist ein Quereinsteiger in der Parfümerie, die er meisterhaft beherrscht und auch respektiert. Er hat in London Philosophie und Ästhetik studiert. Wahrscheinlich sind deshalb jede Note und jeder Inhaltsstoff genauestens abgewogen, bestens durchdacht und wunderbar subtil. Man muss sich die Zeit nehmen, die Aromen auf sich wirken zu lassen, denn sie überfallen einen nicht, sondern verbinden sich in einer be- und verstörenden Intimität mit der Haut. Auch Chypre 21 (21 für das 21. Jahrhundert) gibt seinen Charakter nicht auf Anhieb preis, sondern entfaltet je nach Träger ein anderes Duftbild. Alban Mathieu J Irgendwie wirkt das Pariser Haus anachronistisch, wie aus einem anderen Jahrhundert. In Wahrheit ist es erst zwanzig Jahre jung. Seine Gründer Ivan Pericoli und Benoît Astier de Villatte sind keine ausgefuchsten Marketingprofis, sondern geistreiche Visionäre. Ihre winzige Boutique an der Rue Saint-Honoré gleicht einem entstaubten Sammelsurium aus alten französischen Zeiten. Die ideale Höhle zum Stöbern mit dem typischen Hauch Pariser Flair, passend zum Duft des Briten. 85 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT David Huc Die innovative Kosmetikmarke aus Japan ist jetzt auch in der Schweiz erhältlich. Die Hyalogy-Linie enthält eine niedrigmolekulare Hyaluronsäure, die tiefer in die Haut eindringen kann. Der Peptidkomplex Hyalogy B vermindert die Spannung der Gesichtsmuskeln und stärkt die Kollagenfasern. Das Resultat nach 57 Tagen Anwendung (ein paar Tropfen genügen) ist ein bis um 96% erhöhter Feuchtigkeitsgehalt. Zusätzlich werden die Mimikfalten um 40% geglättet. Hyalogy B, 30 g, 200 Fr., exklusiv bei Bon Génie Grieder. BEAUTY W Wenn die Haut Stress ausgesetzt ist, reagiert sie empfindlich. Trockenheit, Talg oder Mitesser können die Folge sein und den Teint verunreinigen. 2016 besinnen wir uns auf das Wesentliche: Wir versorgen die Haut mit Feuchtigkeit. Cristina d’Agostino ERLEBEN eil die Haut mit der Zeit immer weniger Feuchtigkeit speichern kann, liegt es im Trend, unterstützend Wasser zu trinken. Ob Mann oder Frau, unsere urbane Lebensweise lässt uns nur wenig Zeit, uns um die natürlichen Bedürfnisse der Haut zu kümmern. Ernährung, Sauerstoff, Wasser und Ruhe kommen oft zu kurz. Wie können wir sie mit einem Frischekick versorgen? Indem wir morgens und abends zu einem Tiegel greifen. Hier präsentieren wir Ihnen vier innovative Lösungen. VALMONT Durstige Haut Die Schweizer Marke wurde vor zwanzig Jahren vom Unternehmer Didier Guillon gekauft. Sie verwendete als Erste das patentierte Dreifach-DNS-System. Dieser Inhaltsstoff speichert das bis zu 10’000-Fache seines Gewichts an Feuchtigkeit. 2016 legt Valmont ihre Feuchtigkeitsprodukte neu auf und ergänzt die Palette mit der Moisturizing Serumulsion, einem Kombiprodukt aus Serum und Fluid für Frauen und Männer. Es kann allein verwendet werden, spendet der Haut Feuchtigkeit und sorgt für ein angenehmes Hautgefühl. Moisturizing Serumulsion, 30 ml, 153 Fr. FORLLE’D SHISEIDO Die renommierte japanische Kosmetikgruppe will 2016 auf globalen Expansionskurs gehen. Mit dem Hydro Master Gel lanciert sie speziell für Männer ein feuchtigkeitsspendendes Produkt. In Kombination mit dem exklusiven Damage Defense Complex von Shiseido Men verhilft die neue Hydro-Master-Technologie der Haut dazu, ihre Feuchtigkeit zu regulieren. Dieses nicht fettende Gel mit aromatischen Essenzen hält die Poren frei und versorgt die Haut mit Feuchtigkeit. LANCÔME Schädliche Umwelteinflüsse (UV-Strahlen, Luftverschmutzung, Zigarettenrauch), Stress, und Müdigkeit begünstigen entzündliche Reaktionen, die den Hauterneuerungsprozess beeinträchtigen. Als Gegenmittel hat Lancôme ein kaltes Rosenextrakt entwickelt, das intensiv regenerierend wirkt und die Zeichen von Hautalterung mildert. Es kommt erstmals in der Absolue Precious Cells Crème Soyeuse zu Anwendung und entfaltet seine Wirkung in einer feinen, seidig weichen Textur für ein sofortiges Wohlgefühl. Absolue Precious Cells Crème Soyeuse, 50 ml, 273 Fr. 86 lucie & michèle LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT LU C I E M Ö C H T E E I N B U C H S C H R E I B E N U N D M I C H È L E I M N ÄC H ST E N L E B E N EIN MANN SEIN. LESEN ANNABELLE. D I E F R AU E N Z E I T S C H R I F T D E R S C H W E IZ. A M K I O S K. I M A B O N N E M E N T U N D O N L I N E: A N N A B E L L E .C H 87 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT NEWS SAVOIR-FAIRE Die Italo-Schweizerin Christine Nagel tritt die Nachfolge des Meisterparfümeurs Jean-Claude Ellena an. Bei Parfums Hermès tut sich damit ein neues Kapitel auf. Sarah Jollien-Fardel L Die neue Nase von Hermès Christine Nagel, erdverbunden, sensibel, kartesianisch ausgebildet, vifer Geist, die Nase im Wind. Eine spannende Persönlichkeit, der Hermès und JeanClaude Ellena die Düfte unbesorgt anvertrauen können. Benoit Teillet uxushandwerk, grenzenlose Virtuosität. Hermès produziert zwar schon seit 1951 Parfum, beschäftigt aber erst seit 2004 einen eigenen Parfümeur. Jean-Claude Ellena, Schöpfer der Hermès-Düfte, hatte die Challenge nur unter bestimmten Bedingungen akzeptiert, nämlich keine Konsumententests, keine Briefings. Mit anderen Worten: Die Kreation eines Duftes kommt vor dem Marketing, Savoir-faire vor kommerziellen Vorgaben. Ein Luxus. Jetzt, zwölf Jahre später übergibt der Meister das Zepter an Christine Nagel. Über den Dächern von Paris, zwei Schritte vom Palais Royal entfernt, lädt sie zum Gespräch. Die neue Nase von Hermès ist unkompliziert, italienisch-herzlich, schweizerisch-direkt (die Mutter ist Italienerin, der Vater Schweizer). Ebenfalls anwesend Jean-Claude Ellena, der mit seinem unnachahmlichen Lachen Fröhlichkeit verbreitet. Präsent, aber nicht dominierend, wird er dem Haus als Berater erhalten bleiben. Er stellt uns seinen letzten Duft vor, den er, wie er augenzwinkernd sagt, für sich selbst gemacht hat. Christine Nagel präsentiert ihr erstes Hermès-Cologne, Eau de Rhubarbe Ecarlate. Die Genferin ist eine starke Persönlichkeit, die die Einfachheit liebt. Wie die des Rhabarbers, den sie als anregend empfindet. «Man findet ihn in allen Gärten der Welt, jedermann mag ihn. Ich mag, wie er sich ständig erneuert, immer wieder nachwächst.» Wie fühlt man sich, wenn man Nachfolgerin eines kompromisslosen Puristen wird? «Ein riesiges Geschenk, denn Hermès ist eine Schule», so die Parfümeuse. «Eine Schule mit einmaligen Handwerksberufen, einem einzigartigen Know-how. Das Haus beschäftigt sogar einen „Kosmetiker“ für Taschen.» Sie ist sich bewusst, dass sie ein kostbares Erbe antritt, da ihrer Arbeit keine Grenzen gesetzt sind. «Mein Auftrag lautet kurz und bündig: Wagen Sie etwas!» Ihre solide Ausbildung befähigt sie, Wünsche und Ambitionen auszuleben und in aller Freiheit schöpferisch zu sein. Nach dem wissenschaftlichen Studium war sie neun Jahre für Firmenich und elf Jahre für Créations Aromatiques aktiv. 1998 verliess sie die Schweiz, um in Paris bei Quest zu arbeiten. Hier kreierte sie für kleine Kreise bestimmte Düfte, aber auch Publikumsrenner – Eau von Cartier, Si von Giorgio Armani, For Her von Narcisso Rodriguez. Un certain été à Livadia von Baccarat wurde 1999 als bester Duft ausgezeichnet. Hermès Eau de Rhubarbe Ecarlate von Christine Nagel 88 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT AUTO ERLEBEN 16 ist das Ergebnis von 4x4. Und die einzige Multiplikation, die dieses Jahr die Autokonstrukteure interessiert. Jorge S.B. Guerreiro Allräder der Luxusklasse Der Bentayga von Bentley: sportliche Eigenschaften trotz seiner XXL Grösse 12 Zylinder im W12 Motor 608 Pferdestärken 900 Nm Beschleunigung 301 Km/h auf dem Zähler ie Zahl der angebotenen SUV (Sport Utility Vehicles) wird sich 2016 vervielfachen, und zwar auch im hochpreisigen Segment. Bis in die Neunzigerjahre lagen die Dinge ziemlich einfach. Im 4×4-Luxusbereich war der Range-Rover König, später stiessen Mercedes, BMW, Audi usw. dazu. Das Publikum war begeistert, für einige Marken bedeutete dies eine Renaissance. So konnte Porsche dank dem Cayenne die Produktion verdoppeln. Gleichzeitig veränderte sich das Image dieser Kategorie total. Es waren nun nicht mehr Grossgrundbesitzer, die im Geländewagen D über Wiesen und Felder kurvten. Heute lenkt man vom Hochsitz aus das Auto mit Allradantrieb durch die Stadt oder zum Wintersportort; Grösse, Preis und Markenlogo zeigen an, welchen sozialen Status der Lenker geniesst. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis Autohersteller, die auf diesem Terrain noch inaktiv waren, sich ein Stück vom lukrativen Kuchen abschneiden wollten. Schlag auf Schlag präsentieren jetzt drei Marken, die bisher in dieser Kategorie nicht von sich reden gemacht hatten, ihre allradangetriebenen Meisterwerke: Jaguar, Maserati und Bentley. Beginnen wir mit dem «erschwinglichsten» Modell der drei Newcomer, 4,1 Sekunden von 0 auf 100 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT 89 Die 12 ZollLeichtmetallFelgen des Jaguar F-Pace sind ein stilvoller Hingucker. 90 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Das Interieur des Jaguar F-Pace dem Jaguar F-Pace. Das Einstiegsmodell verfügt über einen 180 PS starken Zweiliter-Dieselmotor und wird zu einem aggressiv günstigen Basispreis von unter 50‘000 Fr. angeboten. Das Topmodell gibt es mit Dreiliter-Benzinmotor mit 380 PS, und es ist mit seinen 12-Zoll-Leichtmetallfelgen ein wahrer Hingucker. Auch beim Interieur richtet Jaguar mit der grossen Kelle an: Ein 12,4-Zoll-Instrumentendisplay ersetzt die herkömmlichen Anzeigen auf dem Armaturenbrett, auf der Mittelkonsole thront ein 10,2-Zoll-Touchscreen. Der Jaguar F-Pace kann seine Abstammung nicht verleugnen, denn die Front übernimmt das mittlerweile bekannte Design der Limousine, während die Heckleuchten denen des wunderschönen Coupé F-Type nachempfunden sind. Man spürt, dass Jaguar keine Risiken eingehen wollte und einen Look wählte, der Stammkunden nicht vertreibt. Man hofft auf ein beträchtliches Ver- kaufsvolumen. Dabei ist das Zielpublikum klar definiert, Jaguar nennt denn auch als direkten Konkurrenten den Porsche Macan. Der grosse Chef Sergio Marchionne war kategorisch: einen Ferrari-Geländewagen gibt es nicht. Also war es an Maserati, die Interessen der Fiat-Gruppe in diesem Segment zu verteidigen. So geschehen am Genfer Autosalon mit der Präsentation des Levante. Damit hat das Haus mit dem Dreizack endlich ein Projekt zum Abschluss gebracht, das 2011 mit dem Prototyp Kubang begonnen hatte, wobei sich das Design des Neuen etwas unterscheidet. Ausser dem Einstiegsmodell, einem Dreiliter-Turbodiesel, gibt es einen von Ferrari entwickelten Dreiliter-Twinturbo-Benziner mit 430 PS. Im Basispreis von 85‘000 Fr. ist eine sehr 91 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT ansprechende Grundausstattung enthalten. Wer es noch exklusiver mag, wird im umfangreichen Individualisierungsprogramm fündig. Wie Jaguar hat auch Maserati einen klaren Konkurrenten im Visier, in diesem Fall den Porsche Cayenne. ______In jeder Beziehung nach oben Der Maserati Levante: Italienische Eleganz, aufgepeppt mit angriffigem Design dank veredelten Scheinwerfern und drei seitlichen Belüftungskiemen. strebt der Bentley Bentaiga. Der 2015 präsentierte Luxusgeländewagen positioniert sich klar hoch über seiner Konkurrenz und nimmt für sich den Titel des schnellsten SUV der Welt in Anspruch. Schnell ist er in der Tat. Der W12-Motor mit Zwölfzylinderkraft und Twinturbos produziert 608 PS und 900 Nm. Das Kraftpaket mit Achtstufenautomatik ist in 4,1 Sekunden von null auf hundert und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 301 km/h. Entsprechend natürlich auch der Benzinverbrauch von 12,8 l auf 100 km (falls man vernünftig fährt) bei CO2-Emis- sionen von 292g. Die Innenausstattung ist selbstverständlich Bentley-like aristokratisch: kostbares Holz, handgestepptes, gepolstertes Leder, Chrom, dicke Teppiche, Bildschirme auch für die Passagiere im Fond, Internetverbindung, individuelle, heizbare, belüftete Massagesitze und als Option ein exklusives Picknick-Set mit ChampagnerKristallgläsern, Silbergeschirr, kleinem Kühlschrank und einem gepolstertes Sitzbänkchen. Damit man auf dem Weg nach St. Moritz unbesorgt einen Etappenhalt einschalten kann. Zurzeit ist dieses Gefährt von Bentley absolut ohne Konkurrenz. Wenn auch nicht für lange Zeit, denn schon hat Lamborghini die Lancierung eines SUV angekündigt (mit dem monströsen LM002 ist die Marke mit dem Stier in den Achtzigerjahren unvergesslich geblieben). Und die Gerüchte verdichten sich, dass auch Rolls-Royce den Einzug in die 4×4-Klasse plant. 92 LUXE FINANZ UND WIRTSCHAFT Jorge S.B. Guerreiro Kamera Nikon KeyMission 360 Digital Streng genommen verlassen wir die digitale Welt, denn hier handelt es sich um eine Kamera. Mit der Nikon KeyMisson 340 lassen sich aber aussergewöhnliche Inhalte für Smartphones und Applikationen erstellen. Die Actionkamera zeichnet 360-Grad-Bilder und Videos in 4k-Auflösung mit zwei Objektiven auf. Sie ist zudem auch ohne Schutzgehäuse bis zu einer Tiefe von 30 m wasserdicht und übersteht Stürze aus bis zu 2 m Höhe und Temperaturen bis zu -10 °C. Die KeyMission 360 ist mit WLAN, NFC und Bluetooth ausgerüstet. Tauchen Sie ein in intensive Videoerlebnisse und virtuelle Realitäten! www.nikon.ch Ulo, die kauzige Überwachungskamera Ulo ist eine vom französischen Designer Vivien Muller konzipierte Überwachungskamera, die aussieht wie eine kleine Eule. Dank WLAN kann man über Blicke und Berührungen fast wie mit einem Haustier kommunizieren. Ulo schaltet die Heizung und das Licht ein, wenn sie Bewegung im Raum erkennt, und stellt während Ihrer Abwesenheit den Alarm ein. Bei verdächtigen Bewegungen im Haus schickt Ulo Ihnen über Dropbox ein Video auf Ihr Smartphone. Wird Ulo ausgeschaltet, schliesst sie ihre Augen. Ein komischer, aber nützlicher Kauz! www.mu-design.lu Vivino, der Wein-Scanner Vivino versteht sich als Shazam für Weine. Fotografieren Sie mit Ihrem Smartphone die Etikette der Weinflasche, und Vivino findet heraus, um welchen Wein es sich handelt. Mit der intuitiven App können Sie Ihre Neuentdeckungen auflisten, klassifizieren, festhalten, wo Sie den Wein gesehen oder degustiert haben (Bar, Restaurant, Supermarkt …) und sogar herausfinden, wo er erhältlich ist. Falls die Etikette nicht erkannt wird, sucht ein Team rund um die Uhr manuell nach dem Wein und findet ihn normalerweise in weniger als fünf Minuten. Es gibt also keinen Grund mehr, sich darüber zu ärgern, dass man sich während der letzten Ferien den Namen des edlen Safts nicht notiert hat. www.vivino.com Neue Louis Vuitton City Guide APP Seit ihrer Lancierung im Jahr 1998 erfreuen sich die Louis Vuitton City Guides mit ihren stilvollen und originellen Adressen grosser Beliebtheit. Einige dieser Reisebegleiter gibt es seit einiger Zeit dank einer speziellen Smartphone-App auch in digitaler Form. Mit der neuen Version der App kann nun mit der Umgebung interagiert werden. Es besteht zudem die Möglichkeit, personalisierte Reiseführer zu erstellen. Die Kollektion umfasst bereits 25 Städte, darunter Paris, London, New York, Venedig, Bangkok und Rom. Die App gibt es in Englisch und Französisch. www.louisvuitton.com Virtuelle Umkleidekabine von Ralph Lauren In seiner New Yorker Boutique an der Fifth Avenue hat Ralph Lauren fünf virtuelle Umkleidekabinen eingerichtet. Die vom Start-up Oak Labs entworfenen Oak Fitting Rooms sollen die Kabinen der Zukunft werden. Sie sind mit interaktiven Spiegeln ausgestattet, in denen sich der Kunde zwar immer auch noch betrachten kann, die es ihm aber mithilfe eines Touchscreens auch erlauben, den Verkäufer um Hilfe zu bitten oder nach dem gleichen Kleidungsstück in einer anderen Grösse zu verlangen. Ausserdem werden dem Kunden automatisch verschiedene passende Teile vorgeschlagen. Klarer Vorteil: Man muss sich nicht mehr in die unangenehme Situation begeben und in Socken die Kabine verlassen, um im Laden das gleiche Kleidungsstück in anderer Grösse oder Farbe zu suchen. Auch die restlichen Boutiquen von Ralph Lauren sollen allmählich mit den interaktiven Kabinen ausgestattet werden. www.ralphlauren.com
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