]-.3.F'RDERN RAUS AUS DER RLANCEWEILE! Wer im Job zu wenig zu tun hat, kann krank werden. Experten sprechen vomBOREOUT - dem Gegenstück zum Burnout. TEXT:CHRISTIAN PARTH ürs Nichtstun bezahit werden, den ganzen Tag faulenzen - wer träumt nicht davon? Wer das aber tatsächlich erlebt, kann auf Dauer krank werden: Irgendwann fühlt man sich ausgelaugt, unzufrieden und frustriert. Regina Daasen kann ein Lied davon singen. Jahrelang war sie in ihrem Job eifrig, motiviert und mit der vorbei. Das Unternehmen fusionierte, die Aufgaben, die Daasen sonst alleine zu erledigen hatte, wurden auf mehrere Schultern verteilt. Die heute 51-|ährige hatte kaum noch etwas zu tun. ,,Plötzlich saß ich nur noch da und starrte stundenlang aus dem Fenster", sagt sie. ,,Die Uhr wurde mein größter Feind." Die Unternehmensberater Philippe Rothlin und Peter Werder veröffentlichten 2007 das Buch ,,Diagnobesuchte regelmäßig Fortbildungen. Doch Freude war es eines t*ft l .- Tages Der Verlauf eines Boreouts ist immer ähnlich. Anfangs freuen sie sich noch über die freie Zeit. Die Leute surfen im Internet, schreiben E-Mails, führen private Telefonate. Doch irgendwann schlägt die Stimmung um. ,,Die Menschen merken, dass sie nicht gebraucht werden", erklärt Werder. ,,Sie fangen an, unter der Situation zu leiden, und finden sich plotzlich in einem Teufelskreis aus Lust- und Antriebslosigkeit wieder." Sie entwickeln Symptome wie beim Burnout: Depression, Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychosomatische Beschwerden. Nichts zu tun ist allerdings nicht immer gleich- Die Ursachen sind vielfältig, das Syndrom ist nicht bedeutend mit Boreout. Fast jeder habe im Arbeitsalltag Phasen, in denen er sich ,,geistig durchlüftet", betont Werder. Kaffee holen, mal ein privates Schwätzchen halten, aus dem Fenster schauen, das sei keineswegs bedenklich. Solche Unterbrechungen bezeichne man als ,creative waste', also kreative Verschwendung. Zwei unproduktive Stunden am Tag seien der Durchschnitt. Werder geht davon aus, dass in Deutschland rund 15 Prozent der Arbeitnehmer tatsächlich an einem Boreout leiden. Laut Stressreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin fühlen sich 13 Prozent der abhangig Beschäftigten fachlich und in allen Bereichen 5 Prozent mengenmäßig im Job unterfordert. nur der Burnout, also die ständige Überlastung im Iob, zu einem se Boreout". Sie stellten fest, dass nicht Problem werden kann, sondern auch Unterforderung und Langeweile (englisch ,,boredom"). In ihrem Buch beschreiben sie das andauernde Nichtstun gar als ,,blanken Horror". der Arbeitswelt verbreitet. Bore- )t out tritt vor allem dort auf, wo Menschen am Computer tätig sind und Arbeit vortäuschen. Ein Handwerker zum Beispiel kann das nicht. Auch Selbstständige leiden seltener unter Boreout. Wie im Fall von Regina Daasen ist das Problem oft hausgemacht. ,,Arbeit wird nicht delegiert oder es gibt schlicht zu wenig zu tun frir alle Mitarbeiter. Das ist dann ein Führungsproblem", sagt Werder. Aber es gebe auch den selbstverschuldeten Boreout, weiß der Experte. Manche Menschen haben nicht den richtigen Beruf ergriffen, andere arbeiten am falschen Ort. >>PLÖTZLICH SASS ICH NUR NOCH DA UND STARRTE STUNDENLANC AUS DEM FENSTER. DIE UHR WURDE MEIN CRÖSSTER FEIND.<< REGINE DAASEN vtgolsPEzt^LSl 'FORDERN ril' ;l!li ii+ illll irli i1t t$ + ilir w; ,*f:trr-e" ü1t ,El iBl lBi 52vrgolserzttt 'f&:G:,,,.. >STRE55 I5T SOZIAL ERWÜNSCHT. WER NICHT CESTRESST I5I , IST N IC HT W IC HTIC. < < DR. WOTFGANG MERKTE > Trotz dieser Statistik bekommt der Boreout im Gegensatz Burnout kaum öffentliche Wahrnehmung. ^rrn Das habe vor allem gesellschaftliche Gründe, sagt Werder: ,,Stress ist sozial erwünscht. Wer nicht gestresst ist, ist nicht wichtig." Das führe dazu, dass Betroffene viel Zeit damit verbringen, ihr Problem durch Scheintätigkeiten zu vertuschen, was wiederum Stress verursacht. Gerade in Zeiten von Rationalisierungen sei der Druck groß, die Notwendigkeit des eigenen Arbeitsplatzes unter Beweis zu stellen, weiß Werder. Doch gerade das mache alles nur schlimmer. Das Simulieren erschwere es Kollegen wie auch Vorgesetzten, das Problem zu erkennen. ,,Von außen merkt man es gerade nicht, weil die Person alles daransetzt, beschäftigt zu wirken. Da muss man schon genau hinsehen." Das hat auch Regina Daasen erlebt. Wenn sie ohne Aufgabe über die Fiure ging, achtete sie darauf, irgendeine Akte unterm Arm zu tragen. Um Zeit totzuschlagen, setzte sie sich oftmals zum Plausch in das l i E1l :;i I ** "-1 Büro anderer Kollegen. Wenn der Vorgesetzte dazukam, behauptete sie, über einen wichtigen Vorgang zu beraten. Irgendwann suchte Daasen das Gespräch mit ihrem Chef. Der versprach, über ihre Situation nachzudenken - doch geändert hat sich nichts. ,,Für mich war das entwürdigend. Ich fühlte mich minderwertig und ungebraucht." Es folgten Verzweiflung, unterdrückte Wut und schließlich Resignation. Sie weinte täglich, auch im Büro, fast zwei Jahre lang. Nachts raste das Herz, sie ftihlte sich von einem dunklen Nebel umgeben, der sie zu erdrücken schien. Die Langeweile hatte sie krank gemacht. Laut Werder ist es wichtig, das Problem frühzeitig zu erkennen und an geeigneter Stelle anzusprechen. ,,Bekommt man die Arbeit, für die man eingestellt wurde? Ist es genug Arbeit? Wenn nein, sollte man dies früh und unaufgeregt ansprechen", empfiehlt er. Doch Antriebsstörungen und Müdigkeit.,,Wir versuchen zuerst, die Patienten wieder gesund zu bekommen. In manchen Fällen verabreichen wir dafür auch Medikamente", erklärt Merkle. Der Fokus aber liegt auf analytischen Gesprächs-, Körper- und Kreativpsychotherapien. ,,Viele Betroffene haben sich nach außen völlig abgeschottet. Sie müssen wieder lernen, sich zu öffnen und soziale Beziehungen einzugehen." Das sei oft gar nicht so einfach. Manche hätten sich in ihr Schicksal geradezu festgebissen. ,,Einige Patienten können einfach nicht loslassen, auch weil sie Angst vor Veränderung haben. Sie haben die Vorstellung verloren, dass es auch andere fobs gibt. Man sollte nicht vergessen, dass es eine große Gnade ist, den Beruf auszuüben, der einem Spaß macht. Das sind in Deutschland vielleicht 20Prozenl, also die Minderheit." Merkle und sein Team versuchen wieder Perspektive in das Leben der Patienten zu bringen. Sie erörtern gemeinsam Möglichkeiten zu Fortbildungen oder Umschulungen. Auch Unternehmensberater Werder rät zlrr Umorientierung. Schlimm werde es nämlich dann, wenn Betroffene versuchen, auf dem Rechtsweg Arbeit zu erstreiten, und sich nicht selbst hinterfragen - und dann keine Energie mehr haben. Regina Daasen hat ihren Boreout inzwischen überwunden. ,,Es war eine sehr schwere Zeit, aber jetzt bin ich zurück", sagt sie. Von ihrem alten Arbeitgeber hat sie sich getrennt, im Moment schreibt sie Bewerbungen. ) nicht immer trage ein solches Gespräch auch Früchte. ,,Führungsschwache Vorgesetzte gibt es überall. " Daasen suchte Halt in ihrem privaten Umfeld. Doch selbst Verwandte und Freunde wollten ihre Geschichte irgendwann nicht mehr hören. Sie sprachen von Gejammer. Sie sagten, das sei doch alles übertrieben, so etwas könne es doch gar nicht geben. Und selbst wenn, müsse man sich da nicht so reinsteigern, das Leben fange doch sowieso erst nach Feierabend an. Unverstanden zog sich Daasen immer weiter zurück. ,,Beim Boreout sind die Patienten sehr auf sich zurückgeworfen, auf ihre Schmerzen und ihr Leid", sagt Psychotherapeut Dr. Wolfgang Merkle. ,,Es ist wichtig, sie wieder in ein Verhältnis zur Normalität zu setzen." Merkle ist Chefarzt der Psychosomatischen Klinik am Frankfurter Hospital zum Heiligen Geist. Von den 700 Patienten, die seine Klinik jährlich aufnimmt, klagen rund 50 über Unterforderung im Job. Viele leiden unter Depressionen, Schwindel, Tinnitus, HINTERCRUND WER I5T GEFAHRDET? Unterforderung ist nicht gleich Unterforderung. Und Boreout ist nicht in allen Bereichen der Arbeitswelt verbreitet. Vor allem dort, wo durch Rationalisierungen, Fusionen u nd Softwa re-Entwickl u ngen Aufga ben wegfallen, sind Arbeitnehmer betroffen, insbesondere in derVerwaltung und im Dienstleistungssektor. Selbstverständlich kann sich auch jemand unterfordert fühlen, der am Fließband immer denselben Handgriffausführt. Aber hier sprechen Experten nicht vom Boreout, sondern eher von Langeweile. Zum einen, weil Angestellte In Produktionsjobs keine Arbeit vortäuschen können, zum anderen, weil sie trotzdem etwas Nützliches produzieren. Hinzu kommt, dass jemand, der einen Job am Fließband annimmt, von vorneherein weiß, worauf er sich einlässt. Das Tätigkeitsfeld ist klar umrissen und lässt keinen I nterpretationsspielra u m. vtgo)svtzrrt5T
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