Leib und Seele 35 Sonntagsblatt Ruhepol Kirche (3): Stillsein vor Gott HILFREICH »Setze dich nur hin und erlaube dir ein Nichttun« Mut zum Aufbruch gehalten werden und ist behutsam einzuüben. Die Einübung des Ruhegebets etwa, eine Gebetsweise des Mönchsvaters Johannes Cassian, kann eine große Hilfe im Alltag sein, die Gegenwart Gottes heilsam zu erfahren (vgl. auch »Hilfreich«, www.ruhegebet.com). In religiöser Hinsicht bedeutet still sein, die Sinne ganz auf Gott zu richten. »Lausche, mein Sohn«, so beginnt der heilige Benedikt seine Ordensregel. Das Herz soll gleichsam offene Ohren bekommen, damit es Gott wahrnehmen kann, der in der Stille des Herzens wohnt. Es ist also keine Totenstille, der sich der Mensch im Schweigen aussetzt, sondern eine Chance, mit Gott in lebendigen Dialog zu treten. Dabei geht es mehr um das kurze Anrufen Gottes und das Hinhören auf ihn als um das eigene Reden, Bitten und Wünschen. »Das Wort Ruhe ist sehr vielschichtig«, gibt Bruder Paulus Terwitte zu bedenken und verweist auf das bekannte Wort des heiligen Augustinus: »Unruhig ist unser Herz bis es ruht in dir.« Viele Menschen sind mit der Ruhe überfordert und brauchen einen sinnlichen Ruhepol, etwa indem sie Gott in der Monstranz anschauen dürfen. »Jede Form bei Christus zu ruhen, ihm im Gebet zu Füßen zu sitzen wie Maria und all diese kontemplativen Elemente sind wichtig«, versichert der Frankfurter Kapuziner. In jeder Beziehung bedarf es solcher »inniger Zeiten des Beieinanderseins. Das Schweigen, weil man sich so gut ist und keine Worte dafür hat, gehört dazu«. Die stille Anbetung des Allerheiligsten als Gottesdienstform ist in den Pfarreien eher im Schwinden. Dabei genügten einige wenige Gemeindemitglieder, die diesen Wunsch äußern, um ein solches Angebot neu zu beleben, meint Bruder Paulus. »Ich tue gern die Hostie in zerbrochener Form in die Monstranz. So ist das Zerbrechen des Herrn für uns alle in der eucharistischen Anbetung festgehalten. In diesem Moment seiner Hingabe an mich darf ich mich neu bergen.« Wir brauchen immer wieder Zeiten und Orte, die für das Loslassen vor Gott und das Sich-Zuwenden zu ihm geeignet sind. Niemand sollte sich jedoch bei der Anbetung oder einer Meditationsform unter Erwartungsdruck setzen. Es bleibt nicht aus, dass alle möglichen Gedanken, Vorstellungen, Bilder, Ideen in die Stille einströmen. Der heilige Franz von Sales rät zur Gelassenheit: »Wenn dein Herz wandert oder leidet, bring’ es behutsam an seinen Platz zurück und versetze es sanft in die Gegenwart deines Gottes. Und selbst, wenn du nichts getan hast in deinem ganzen Leben außer dein Herz zurückzubringen und wieder in die Gegenwart unseres Gottes zu versetzen, obwohl es jedes Mal wieder fortlief, nachdem du es zurückgeholt hattest, dann hast du dein Leben wohl erfüllt.« In der Stille und Zurückgezogenheit des Winters tut sich doch etwas. Es ist keine tote Zeit. Tief in der Erde reift ein Keim, der aufbrechen und ans Licht kommen will, um uns zu nähren. Wer sich immer wieder »in Ruhe lässt« und darin Gott anvertraut, gibt der Seele Nahrung und lässt sie aufatmen. Beate-Maria Link Lesen Sie nächste Woche: Sonntag – der Ruhetag LESETIPP Peter Dyckhoff: Bete ruhig, Hinführung zum Ruhegebet, Media Maria Verlag, Illertissen 2016, 14,95 Euro. Barmherzigkeitsabend Ein Barmherzigkeitsabend findet am 12. März um 19 Uhr in St. Joseph, Sindelfingen (Liebenzeller Str. 44) statt. Nach dem Vorabendgottesdienst um 18 Uhr besteht die Möglichkeit zur persönlichen Beichte, zur eucharistischen Anbe- Foto: KNA N och liegt winterliche Stille über dem Land, und es tut sich scheinbar nicht viel. Das lädt geradezu ein, in dieser Zeit auf Ostern hin statt nach außen noch einmal nach innen zu gehen. Wer zuhause zu viel Unruhe und Ablenkung erlebt, ist gut beraten, die Ruhe einer Kirche aufzusuchen, um in sich hineinzuhören und seinen inneren Seelenraum zu betreten. Hier wohnt die Sehnsucht und hier öffnet sich ein Raum, in dem wir nichts tun müssen, sondern empfangen dürfen. In der Stille geschieht Entscheidendes. Hätte etwa der Engel bei Maria eintreten und sie ansprechen können (Lk 1,26– 38), wenn sie sich in einer heute üblichen Geschäftigkeit verloren hätte? Als Orte der Ruhe, wo eine Begegnung mit uns selbst und mit Gott stattfinden kann, stehen unsere Kirchen zur Verfügung. Die Anwesenheit des Herrn im Tabernakel garantiert, dass wir uns hier nicht selbst ausgeliefert sind oder etwa einer inneren Leere. Wir finden hier nicht nur ein Gegenüber, sondern auch ein »Gott in uns«. »Setze dich nur hin, schweige und erlaube dir ein Nichttun, sodass deine Seele ihren eigenen Ursprung finden und berühren kann. Das liebende Entgegenkommen Gottes wird in deiner Seele neue Lebenskraft wecken und ihr Frieden schenken. Doch dazu musst du ihm Raum und Zeit gewähren: Er möchte deine Seele schweigend und befreit von allen Hindernissen finden«, so der Rat des spanischen Mystikers Miguel de Molinos (Peter Dyckhoff: Finde den Weg). Stille ist gerade für uns heutige Menschen eine Herausforderung, sind wir es doch gewohnt, ständig von außen berieselt zu werden und uns selbst mit medialen Angeboten zuzuschütten. Daher kann absolute Ruhe nur zeitweise aus- »Mut zum Aufbruch – Die eigene Lebensmitte gestalten« ist das Thema eines Besinnungswochenendes für Frauen und Männer zwischen 35 und 55, das vom 18. bis 20. März im Kloster Schöntal stattfindet. Impulse, Einzelbesinnung und der Austausch in der Gruppe können dabei helfen, die jetzige Lebensphase bewusst zu gestalten – auch spirituell. Mit Dr. theol. Gunther Bös, Personalleiter, und Jens Göltenboth, Priester. Kath. Erwachsenenbildung Hohenlohe, Tel. (0 79 43) 8 94-335, [email protected] tung, zur Einzelsegnung oder zum Mitsingen und Mitbeten. Es stehen mehrere Priester zur Verfügung. Der Abend wird musikalisch von verschiedenen Gruppen gestaltet. Ruhegebet einüben Das Ruhegebet geht auf den Mönchsvater Johannes Cassian zurück und ist eine einfache, frühchristliche Gebetsweise, die die tiefe Sehnsucht des Menschen nach Frieden und göttlicher Nähe stillt. Gleichzeitig kann sie zu Veränderungen führen. Ein Kurs zur Einführung in das Ruhegebet findet vom 22. bis 24. Juli in Hinterzarten statt. Leitung: Marie Christine Hartlieb, TAU-Apostolat der Franziskus-Schwestern Krefeld, Lehrende des Ruhegebetes. Marie Christine Hartlieb, Tel. (01 51) 20 44 05 28, [email protected] 9/2016
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