Globale Biomassenutzung Summe Welt: ca. 520 EJ (2009) 26% Öl Gas 21% Kohle 5% Kernenergie Wasserkraft Biomasse 6% 32% 10% Bioenergie ist ein wesentlicher Teil unseres globalen Energiesystems, der bei wachsender Weltbevölkerung und tendenziell steigenden Energiepreisen an Bedeutung gewinnen wird. Politisches Ziel muss es daher sein, diese zunehmende Nutzung möglichst nachhaltig zu gestalten. Technische Universität Hamburg-Harburg Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft Zukunft des Bioenergiemarktes in Deutschland Martin Kaltschmitt Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft, Technische Universität Hamburg-Harburg, Eissendorfer Str. 40, D-21073 Hamburg, www.tuhh.de/iue Inhalt Einleitung Wärme und/oder Strom Biogene Festbrennstoffe Biogas Kraftstoffe Biodiesel & Bioethanol Zukünftige Kraftstoffe Schlussfolgerungen Rahmenbedingungen Die längerfristige Nutzung des regenerativen Energieangebots ist durch eine Vielzahl mehr oder weniger verbindlicher politischer Langfristziele auf EU-Ebene festgelegt, die auch von der Bundesregierung übernommen und z.T. noch ambitionierter gestaltet wurden. Die Bioenergiemärkte werden durch eine Vielzahl unterschiedlichster Gesetze und Verordnungen (mit-)bestimmt. Prominente Beispiele sind: • Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) • Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (EEWG) • Biokraftstoffquotengesetz • KWK-Gesetz Hinzu kommen viele weitere Mechanismen und Maßnahmen, mit denen die weitere Marktentwicklung gelenkt werden soll wie z.B. • Marktanreizprogramm (MAP) • F&E im Bereich der regenerativen Energien • Bundesimmissions-Schutzverordnung • Nachhaltigkeitsverordnung Besonderheiten Biomasse Biomasse ist ein begrenzt verfügbarer Rohstoff, der als Nahrungs- und Futtermittel, als Industrierohstoff und als Energieträger eingesetzt wird; alle diese Märkte wachsen derzeit deutlich. Potenzielle bzw. tatsächliche Konkurrenzen sind damit a priori nicht zu vermeiden. Biomasse soll – so der politische Anspruch – nachhaltig produziert werden und Bioenergie weitgehend zum Klimaschutz beitragen. Beides ist grundsätzlich miteinander kombinierbar und kann auch praktisch umgesetzt werden; dieses Ziel ist aber selbst in Europa oft erst ansatzweise erreicht. Die Schließung der Stoff- und Nährstoffkreisläufe ist erklärtes politisches Ziel. Nicht alle Bioenergieoptionen ermöglichen dies systembedingt. Infolge regionaler Ungleichgewichte zwischen Biomasseproduktion und -nachfrage wird der globale Handel mit Bioenergieträgern zukünftig weiter zunehmen. Dies wird der Verbraucher auf Dauer aber nur dann akzeptieren, wenn bestimmte Nachhaltigkeits(mindest)standards eingehalten werden. Politisch wird eine Nutzung von organischen Rückständen, Nebenprodukten und insbesondere Abfällen (d.h. Kaskadennutzung) bevorzugt. Diese Potenziale sind aber mengenmäßig begrenzt und z.T. technisch aufwändig nutzbar zu machen. Energiepflanzen werden zwingend benötigt. Wärme aus Biomasse Gesamt: 110,1 TWh biogene Festbrennstoffe (Haushalte): 52,7 % Im Wärmemarkt dominieren biogene Festbrennstoffe sowohl bei den Haushalten als auch bei der Industrie. Aber auch die KWK gewinnt zunehmend an Bedeutung. Diese Entwicklung wird sich insbesondere bei den Haushalten fortsetzen, da hier der Wunsch nach einer gefühlt hohen Versorgungssicherheit die ggf. gegebenen Mehrkosten ausgleicht. biogener Anteil des Abfalls: 9,9 % Deponiegas: 0,4 % biogene Festbrennstoffe (Industrie): 20,4 % Biogas: 5,9 % Klärgas: 1,0 % biogene flüssige Brennstoffe: 4,2 % biogene Festbrennstoffe (Heizkraft- und Heizwerke): 5,7 % Quelle: BMU-KI III 1 nach Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat); Abweichungen in den Summen durch Rundungen; Stand: Dezember 2010; Angaben vorläufig Pelletmarkt 3.200 4.800 012 030 0 05 0 07 09 0120 03 01 05 07 0920 03 02 05 07 092 010 0 03 3 05 07 0920 01 04 03 05 072 090 0 01 5 03 052 070 0 08 6 05 07 0820 01 07 03 05 072 080 0 05 8 07 08 0320 05 09 07 09 0120 03 10 05 07 09 05 07 08 03 Pelletproduktion, -kapazität und -absatz 05 in Mio. t/a 07 09 Anzahl Pelletfeuerungen in 1000 Pellets haben in den letzten Jahren im Kleinanlagenbereich4 zur 160 Wärmeerzeugung deutlich an Bedeutung gewonnen. Diese 140 Jährlicher Anlagenzubau Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren – und das nicht Gesamtzahl 3 120 nur in Deutschland – fortsetzen und sich in deutlich höheren Marktanteilen – auch bei Neukunden – bemerkbar machen. Produktionskapazität 100 Produktion Holzpellets in 1.000 t/a 80 2.800 2.400 Kapazität in 1.000 t/a 2 Produktion in 1.000 t/a inländischer Gesamtverbrauch in 1.000 t/a Kleinverbrauchermarkt in 1.000 t/a Inlandsverbrauch 60 2.000 1 40 1.600 1.200 20 800 400 0 0 0 DE AT IT SE DK FI BE NL GB PL CA RU US KW und HKW für biogene Festbrennstoffe Die Verstromung biogener Festbrennstoffe wird weiter zunehmen; dies gilt insbesondere für KWK-Anlagen mit Leistungen, wo die anfallende Wärme weitgehend genutzt werden kann. Wesentlich 300 dass lokal genügend Brennstoff kostengünstig verfügbar 1250 ist, ist. 250 1000 200 0,5 bis 5 MW 750 < 0,5 MW Leistung 150 500 100 250 50 0 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Leistung in MW Anlagenanzahl > 5 MW Biogasanlagen 1000 2 000 500 1 000 0 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010* Leistung in MW Anlagenanzahl 000 2500 Die6landwirtschaftliche Biogaserzeugung wird kontrovers diskutiert (u.a. Vermaisung, steigende Pachtpreise, Geruchsbelastungen), > 500 kW obwohl 5 000 sie sehr effizient und flexibel ist. Deshalb wird die Vergä70 bis 500 kW 2000 < 70 kW rung von Rückständen, Nebenprodukten und insbesondere AbLeistung fällen weiter an Bedeutung gewinnen. Die potenzielle Marktent4 000 wicklung bei Energiepflanzen wird jedoch wesentlich a) von 1500der EEG-Novellierung, b) der Ökologisierung der Pflanzenproduktion 3 000 und c) einem potenziellen Gaseinspeisegesetz bestimmt. Biodiesel 3 Jährlich installierte Kapazität Gesamte installierte Kapazität 4 2,5 Biodieselabsatz 2 3 1,5 2 1 1 0,5 0 0 Absatz in Mio. t/a 5 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 20 04 20 05 20 06 20 07 20 08 20 09 20 10 Produktionskapazität in Mio. t Der Biodieselabsatz wird festgelegt durch die gesetzlichen Vorgaben. Wird das Biokraftstoffquotengesetz nicht geändert, 6 3,5 ist damit die weitere Marktentwicklung definiert. Bioethanol Bioethanol spielt bisher nur eine eingeschränkte Rolle im Verkehrssektor. In Abhängigkeit der nach wie vor laufenden E10Diskussion wird dieser Anteil entsprechend der gesetzlichen Vorgaben (Biokraftstoffquotengesetz) sukzessive zunehmen. Kraftstoffe der nächsten Generation Biomass (e.g. solid biofuels) Die Marktentwicklung bei Kraftstoffen der nächsten Generation Vergasung wird durch die Verfügbarkeit Gasification der Biomasse, die Fortschritte bei der Entwicklung der Konversionsprozesse und die Wirtschaftlichkeit bestimmt (d.h. Effizienz des Gesamtprozesses). Optionen zur Gasreinigung Gas cleaning Bereitstellung gasförmiger Kraftstoffe sind hier deutlich Gaskonditionierung Gas conditioning vielversprechender; bisher fehlt aber die entspr. Fahrzeugflotte. Synthesegas Synthesis gas (m CO + n H2 + o CO2) FischerTropsch Synthese FT-Diesel Flüssig Liquid Methanol Synthese MeOH Dimethylether Synthese Methanisierung CO-shift Konversion DME SNG H2 Gasförmig Gaseous Schlussfolgerungen Die Bioenergiemärkte werden zukünftig weiter wachsen; das Ausmaß dieses Wachstums wird durch den energiepolitischen Rahmen (mit)bestimmt. • Deutlich ansteigen wird die Wärmeerzeugung aus fester Biomasse; dies gilt primär für Stückholz und Pellets. Mittelfristig könnte die limitierte Verfügbarkeit von kostengünstigem Holz den Markt begrenzen. • Der Zuwachs im Bereich "Strom" wird durch das EEG bestimmt. Es ist zu erwarten, dass es auch nach der EEG-Novellierung zu einem weiteren (moderaten) Zuwachs kommen wird. • Auch dürften mehr Biokraftstoffe genutzt werden – wenn die mangelnde Akzeptanz der Verbraucher dies nicht verhindert (E10-Diskussion). Entscheidend für Höhe und Schnelligkeit der Marktausweitung der Bioenergie ist die Lösung der Nachhaltigkeitsfrage. Ohne den nachvollziehbaren Nachweis einer nachhaltigen Primärproduktion ist die politische Akzeptanz kaum zu halten und dadurch kein weiteres deutliches Wachstum möglich. Perspektivisch wird auch die potenzielle Konkurrenz um die begrenzt vorhandene Biomasse die Marktentwicklung (mit-)bestimmen. Deshalb müssen Maßnahmen zur Ausweitung der Ressourcenbasis entwickelt und implementiert werden; dies ist möglich und sinnvoll. Zukunft des Bioenergiemarktes in Deutschland Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE), Technische Universität Hamburg-Harburg Eissendorfer Str. 40; D-21073 Hamburg Tel. / Fax: 040 – 42878 – 3008 / 2315 Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt
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