Sepsis - Deutsches Ärzteblatt

MEDIZIN
ORIGINALARBEIT
Fallzahlen und Sterblichkeitsraten von
Sepsis-Patienten im Krankenhaus
Analyse der deutschlandweiten fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik von 2007 bis 2013
Carolin Fleischmann, Daniel O. Thomas–Rueddel, Michael Hartmann, Christiane S. Hartog,
Tobias Welte, Steffen Heublein, Ulf Dennler, Konrad Reinhart
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Sepsis, die schwerste Verlaufsform akuter Infektionen, stellt für
Gesundheitssysteme weltweit eine erhebliche Herausforderung dar. Deutschlandweite Daten zur Sepsisinzidenz und -letalität sind unzureichend.
Methode: Zur Erhebung der in Deutschland im Krankenhaus behandelten Sepsisfälle und der Krankenhausletalität erfolgte eine Auswertung der deutschlandweiten Fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) von
2007 bis 2013. Zur Fallidentifikation wurden klinische und mikrobiologische
ICD-10-Codes für Sepsis verwendet. Die Auswertung wurde alters- und geschlechtsstandardisiert sowie altersgruppenspezifisch vorgenommen.
Ergebnisse: In Deutschland stieg die Fallzahl der Sepsis jährlich um durchschnittlich 5,7 % von 200 535 im Jahr 2007 auf 279 530 Fälle 2013 an, was einer Zunahme der adjustierten Krankenhausrate von 256 auf 335 Sepsisfälle pro
100 000 Einwohner entspricht. Der Anteil von Patienten mit schwerer Sepsis
nahm von 27 % auf 41 % zu. Die Sterblichkeitsrate der Sepsis sank im Beobachtungszeitraum um 2,7 Prozentpunkte auf 24,3 %. 2013 starben damit
67 849 Menschen an oder mit einer Sepsis. Die Fallzahlraten sind in den extremen Altersgruppen am höchsten und die Krankenhausletalität nimmt ab dem
40. Lebensjahr nahezu linear zu.
Schlussfolgerung: Sepsisfallzahlen und die Zahl der durch Sepsis verursachten
Todesfälle sind in Deutschland deutlich höher als bisher angenommen und ansteigend. Die Publikation von Sepsiskennziffern sollte fester Bestandteil der
Gesundheitsberichterstattung des Bundes und Teil der Berichterstattung der
Krankenhäuser werden. Präventionsmaßnahmen und die Implementierung evidenzbasierter Therapiekonzepte sollten flächendeckend umgesetzt werden.
►Zitierweise
Fleischmann C, Thomas–Rueddel DO, Hartmann M, Hartog CS, Welte T,
Heublein S, Dennler U, Reinhart K: Hospital incidence and mortality rates—
an analysis of hospital episode (DRG) statistics in Germany from 2007 to
2013. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 159–66. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0159
Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena und Integriertes
Behandlungs- und Forschungszentrum (IFB) Sepsis und Sepsisfolgen, Universitätsklinikum Jena: Carolin
Fleischmann, PD Dr. med. Hartog, Daniel O. Thomas-Rüddel, Prof. Dr. med. Reinhart
Apotheke und Integriertes Behandlungs- und Forschungszentrum (IFB) Sepsis und Sepsisfolgen,
Universitätsklinikum Jena: Prof. Dr. rer. nat. Hartmann, Steffen Heublein
Klinik für Pneumonologie, Medizinische Hochschule Hannover und Deutsches Zentrum für
Lungenforschung: Prof. Dr. med. Welte
Geschäftsbereich Medizincontrolling, Universitätsklinikum Jena: Dr. med. Dennler
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 10 | 11. März 2016
epsis, die schwerste Verlaufsform akuter Infektionen, kann zum Mehrfachorganversagen führen und endet in 30–50 % der Fälle tödlich (1, 2).
Nach aktuellen Erhebungen des National Center for
Health Statistics stieg die Inzidenz der Sepsis in den
USA jährlich um 7–8 % von 221/100 000 Einwohner
im Jahr 2000 auf 377/100 000 Einwohner im Jahr
2008 an (3). Trotz kontinuierlich sinkender Letalitätsrate (4) verstarben dort 2007 mehr als 200 000 Patienten an einer Sepsis (5). Sepsis ist damit in den USA
deutlich häufiger als Myokardinfarkt, Brust- oder
Kolonkrebs (6, 7). Im Jahr 2011 führte Sepsis mit Gesamtkrankenhauskosten von jährlich 22,2 Milliarden
US-Dollar in den USA die Rangliste der kostenintensivsten Krankheitsbilder an (8). Als Gründe für den
Inzidenzanstieg der dokumentierten Sepsisfälle gelten
der demografische Wandel mit einer Zunahme älterer
polymorbider Patienten und eine Zunahme medikamentöser und invasiver, immunsuppressiver medizinischer und intensivmedizinischer Maßnahmen (9).
Auch vermehrte Sepsiskodierung durch erhöhte Aufmerksamkeit und Vergütungsanreize werden als Ursachen diskutiert (10).
In der Gesundheitsberichterstattung des deutschen Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)
fehlen aggregierte Angaben zur Sepsis (11). Es finden sich lediglich Angaben zur Häufigkeit erregerbasierter Sepsis-Codes, obwohl seit 2005 beziehungsweise 2010 klinisch orientierte Sepsisdefinitionen – R65.0! (Sepsis), R65.1! (schwere Sepsis)
und R57.2 (septischer Schock) – in das Internationale Krankheitsklassifizierungssystem ICD-10 der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgenommen wurden. Diese berücksichtigen, dass es in maximal 30–40 % der Sepsisfälle gelingt, einen Erreger in der Blutbahn nachzuweisen (1). Diese Kriterien sind seit den 1990iger Jahren international
Grundlage für die Durchführung epidemiologischer
Sepsisstudien (2, 12).
Das Fehlen belastbarer Zahlen in Deutschland veranlasste im Jahr 2003 das Kompetenznetzwerk Sepsis
(SEPNET), die Inzidenz der Sepsis in Deutschland
auf Basis dieser Sepsiskriterien in einer Punktprävalenzstudie abzuschätzen (2). Diese Erhebung war je-
S
159
MEDIZIN
TABELLE 1
Fallzahlen, Sterbefälle, Häufigkeits- und Sterblichkeitsraten von Sepsis, schwerer Sepsis und septischem Schock in
Deutschland, 2007–2013*1
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Sepsis inklusiver schwere Sepsis und septischer Schock
Fälle
200 535
201 985
214 615
230 952
240 470
256 918
279 530
Todesfälle
54 169
54 829
56 992
61 068
61 243
63 419
67 849
adjustierte Rate/100 000 Einwohner
256
255
267
283
296
311
335
Krankenhaussterblichkeit (%)
27,0
27,1
26,6
26,4
25,5
24,7
24,3
2
schwere Sepsis inkl. septischer Schock (R65.1!, R57.2* )
Fälle
53 722
62 374
71 642
87 973
96 558
105 130
115 421
Todesfälle
26 606
30 712
34 269
42 084
44 513
46 666
50 349
69
79
89
107
119
127
138
49,5
49,2
47,8
47,8
46,1
44,4
43,6
Fälle
–
–
–
22 326
27 151
30 688
33 815
Todesfälle
–
–
–
13 616
16 143
18 024
19 891
adjustierte Rate/100 000 Einwohner
–
–
–
27
33
37
40
Krankenhaussterblichkeit (%)
–
–
–
61,0
59,5
58,7
58,8
adjustierte Rate/100 000 Einwohner
Krankenhaussterblichkeit (%)
septischer Schock (R57.2)
*1 standardisiert auf die Bevölkerungsstruktur 2010. DRG-Statistik des Statistischen Bundesamtes
*2 Bis 2009 schließt der Code für schwere Sepsis (R65.1!) auch die Fälle von septischem Schock mit ein. Mit der Einführung des Codes für septischen Schock
(R57.2) im Jahr 2010 wurden beide getrennt ausgewiesen.
doch auf die Intensivstationen und Patienten mit
schwerer Sepsis beschränkt, deshalb wurden die Sepsisfälle ohne Organdysfunktion, die meist nicht auf
Intensivstation behandelt werden, lediglich geschätzt.
Mit dieser Einschränkung ergaben sich für das Jahr
2003 jährlich etwa 154 000 Sepsis- und circa 60 000
Todesfälle. Seit Einführung des DRG-Systems in
2004 melden die deutschen Krankenhäuser die Entlassungsdiagnosen als ICD-Kodierungen regelmäßig
an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus
(InEK). Dieselben Daten werden vom Statistischen
Bundesamt als sogenannte Fallpauschalenbezogene
Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) zusammengefasst. Ziel der vorgelegten Untersuchung ist es, basierend auf dieser Statistik, die Entwicklung der Sepsisfallzahlen und -sterblichkeit für die Jahre 2007–2013
darzustellen. Die Nutzung der Krankenhausentlassungsdiagnosen ermöglicht es, deutschlandweit Daten zur Sepsisepidemiologie sowohl für auf der Intensivstation als auch auf der Normalstation behandelte
Patienten zu erfassen. Dies ist nicht nur hinsichtlich
der Repräsentativität für ganz Deutschland wichtig,
sondern berücksichtigt auch die Tatsache, dass vielfach auch auf Normalstationen Patienten mit Sepsis
und schwerer Sepsis behandelt werden.
Methodik
Grundlage dieser Erhebung bildete eine Abfrage
der vom Statistischen Bundesamt nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz (KhEntgG) erhobenen DRG-
160
Statistik, die Daten aller Krankenhäuser, die nach
DRG-Vergütungssystem abrechnen, enthält. Für
die Jahre zwischen 2007 und 2013 wurden Hauptund Nebendiagnosen aller hospitalisierten Patienten ausgewertet. Zur Fallidentifikation wurden 27
ICD-10-Codes für Sepsis verwendet (eKasten 1),
denen eine klinisch oder mikrobiologisch basierte
Sepsisdefinition zugrunde liegt. Mikrobiologisch
basierte ICD-10-Codes klassifizieren Sepsis anhand des verursachenden Erregers. Eine Unterteilung in klinische Schweregrade ist nicht möglich.
Klinisch orientierte ICD-10-Codes für Sepsis
(R65.0!) und schwere Sepsis (R65.1!) wurden in
Deutschland 2007 eingeführt. 2010 wurde ein Code
für den septischen Schock (R57.2) ergänzt; in den
Vorjahren wurde die Diagnose „septischer Schock“
unter „schwerer Sepsis“ subsumiert. R65.0! und
R65.1! können nur als sekundäre Nebendiagnosen
kodiert werden und sind in Anlehnung an die klinische Konsensusdefinition (13, 14) der Sepsis definiert: Sie unterscheiden Sepsis mit mindestens
zwei Zeichen einer systemischen inflammatorischen Reaktion (SIRS) ohne eine Organdysfunktion von schwerer Sepsis, bei der zusätzlich zu einer
Infektion und SIRS-Zeichen Kriterien für Organdysfunktionen vorliegen müssen. Als SIRS-Kriterien gelten Fieber, Leukozytose, Tachykardie oder
Tachypnoe. Der Code R57.2 verschlüsselt den septischen Schock, also eine Hypotension trotz adäquater Volumengabe bei schwerer Sepsis. Nur
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 10 | 11. März 2016
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GRAFIK 1
Fallzahlen/100 000 Einwohner
Krankenhaussterblichkeit (%)
400
60
350
50
300
40
250
30
200
150
20
100
10
50
0
0
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Jahr
Sepsis (klinische und mikrobiol. Codes)
schwere Sepsis (R-Codes)
Sepsis – Krankenhaussterblichkeit
schwere Sepsis – Krankenhaussterblichkeit
Häufigkeitsrate pro 100 000 Einwohner standardisiert auf die Bevölkerungsstruktur 2010 und Krankenhausletalität von Sepsis und schwerer Sepsis (inklusive septischem Schock) in Deutschland, 2007–2013
wenn eine Erkrankung die Aufnahme veranlasst hat,
die mit diesem Code oder einem mikrobiologisch
basierten Sepsis-Code zu verschlüsseln ist, kann eine Sepsis als Hauptdiagnose kodiert werden. Es erfolgte eine Abfrage der jährlichen Fallzahlen und
Krankenhaustodesfälle der zwischen 2007 und
2013 in Deutschland hospitalisierten Patienten aller
Altersgruppen. Die jährliche populationsbezogene
Sepsishäufigkeit wurde auf Basis der vom Statistischen Bundesamt angegebenen nationalen Bevölkerungsdaten der Jahre 2007 bis 2013 mittels der Methode der direkten Standardisierung auf die Bevölkerungsstruktur vom 31. 12. 2010 standardisiert.
Eine Adjustierung auf US-Normbevölkerung 2000
wurde für die Jahre 2007–2010 zum Vergleich der
Sepsisraten vorgenommen (eTabelle 1). Falls nicht
anders spezifiziert, schließt der Begriff Sepsis die
Fälle von schwerer Sepsis und septischem Schock,
und der Begriff schwere Sepsis die Fälle von septischem Schock mit ein. Patienten, die mehr als einen
ICD-10-Code für Sepsis aufwiesen, wurden einfach
gezählt; gewertet wurde jeweils die schwerste VerDeutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 10 | 11. März 2016
laufsform (septischer Schock > schwere Sepsis >
Sepsis). Die Abschätzung der direkten ambulanten
und stationären Behandlungskosten für Patienten
mit Sepsis erfolgte auf Grundlage der Daten des
Bundesversicherungsamtes (BVA), das regelmäßig
eine Erhebung der mittleren Leistungsausgaben für
Patienten mit Sepsis beziehungsweise Sepsisfolgen
zur Berechnung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches vornimmt. Diese Berechnung
basiert auf einer Liste von ICD-10-Codes, die vom
Bundesversicherungsamt als sepsisrelevant definiert wurden (eKasten 2). Die konkreten Berechnungsschritte sind auf der Internetpräsenz des BVA
verfügbar (15). Die mittleren Leistungsausgaben
pro Patient wurden für Deutschland entsprechend
der ermittelten Fallzahlen berechnet.
Ergebnisse
Im Zeitraum 2007–2013 stieg die Gesamtzahl der
Sepsisfälle in der DRG-Statistik von 200 535 auf
279 530 Fälle an, was einem durchschnittlichen
jährlichen Anstieg von 5,7 % entspricht (Tabelle 1,
161
MEDIZIN
GRAFIK 2
Fallzahlen/100 000 Einwohner
2 500
männliches Geschlecht
weibliches Geschlecht
2 000
beide Geschlechter
1 500
1 000
500
0
0
1–4
5–9
10–14 15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64 65–69 70–74 75–79 80–84 85+
Alter in Jahren
Krankenhaushäufigkeit von Sepsis pro 100 000 Personen/Jahr in Abhängigkeit von Altersgruppe und Geschlecht in 2007–2013 (klinische und mikrobiologisch
basierte Sepsis-Codes)
Grafik 1). Im gleichen Zeitraum stieg die auf
die Bevölkerung 2010 standardisierte Rate aller
Sepsispatienten von 256/100 000 Einwohner auf
335/100 000 Einwohner an. Der Anteil von Sepsispatienten an der Gesamtheit der Krankenhausfälle
stieg in diesen Jahren von 1,21 % auf 1,54 % an.
Die Krankenhausletalität von Patienten mit Sepsis
sank von 27 % auf 24,3 %. In 2007 lag bei 27 %
und in 2013 bei 41 % der Patienten eine schwere
Sepsis vor, was einer auf 2010 standardisierten Rate von 69/100 000 Einwohner für 2007 und
138/100 000 Einwohner für 2013 entspricht. Die
Krankenhausletalität von Patienten mit schwerer
Sepsis ging von 49,5 % auf 43,6 % zurück (Tabelle
1). Die Fallzahlen für den septischen Schock stiegen seit 2010 an: In 2010 wurden 22 326, in 2013
33 815 Patienten mit septischem Schock behandelt.
Die Krankenhausletalität ging zwischen 2010 und
2013 um 2,2 % zurück und lag 2013 bei 58,8 %.
Die Sepsishäufigkeit betrug 2007–2013 in der Altersgruppe der Neugeborenen 1 556/100 000 und
bei Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 14
Jahren 30/100 000. Mit zunehmendem Alter stieg
die Sepsishäufigkeit an und erreichte in der Altersgruppe ≥ 85 Jahre mit 1 434 Fällen/100 000 ihren
zweiten Gipfel (Grafik 2). Die Krankenhaussterb-
162
lichkeit bei Sepsis nahm mit dem Alter auf bis zu
36,5 % und bei schwerer Sepsis auf 60,3 % zu
(Grafik 3, eTabelle 2).
Männer wiesen eine bis zu 1,8-fach höhere Sepsishäufigkeit als Frauen auf. Die Häufigkeit von
schwerer Sepsis war abhängig von der Altersgruppe bis zu 2-fach höher als bei Frauen. Bei vom
Bundesversicherungsamt erhobenen mittleren
Leistungsausgaben von 27 467,92 Euro pro Sepsisfall in 2013 errechnen sich Gesamtkosten von rund
7,7 Milliarden Euro für die stationäre und nachfolgende ambulante Behandlung der Sepsisfolgen.
Diskussion
Die Auswertung der DRG-Statistik ermöglichte eine
deutschlandweite, repräsentative Darstellung von
Häufigkeit und Letalität der krankenhausbehandelten Sepsisfälle. Zwischen 2007 und 2013 stieg die
Sepsisfallzahl in Deutschland auf 335 Fälle/100 000
Einwohner an, während die Letalitätsrate um 2,7 %
auf 24,3 % sank. Sepsishäufigkeit und -sterblichkeit
waren deutlich alters- und geschlechtsabhängig. In
den USA ergab die Auswertung von Routinedaten
im letzten Jahrzehnt jährliche Zuwachsraten zwischen 8,2 % und 17,8 % und eine Inzidenzrate von
377 Fällen/100 000 Einwohner (3, 5, 16). Spanien
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 10 | 11. März 2016
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GRAFIK 3
Krankenhaussterblichkeit (%)
40
35
männliches Geschlecht
weibliches Geschlecht
beide Geschlechter
30
25
20
15
10
5
0
0
1–4
5–9
10–14 15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64 65–69 70–74 75–79 80–84 85+
Alter in Jahren
Krankenhaussterblichkeit von Patienten mit Sepsis in Abhängigkeit von Altersgruppe und Geschlecht in 2007–2013 (klinische und mikrobiologisch basierte
Sepsis-Codes)
und Großbritannien berichten über einen Zuwachs
der schweren Sepsis um jährlich 8,6 % auf 85 Fälle/100 000 Einwohner (17) beziehungsweise um
43 % in 10 Jahren (18). In Skandinavien wird die Inzidenz der über die Notaufnahme aufgenommen Patienten mit ambulant erworbener Sepsis auf
731/100 000 Einwohner geschätzt, davon 60 % mit
schwerer Sepsis (19). Die Vergleichbarkeit dieser
Beobachtungsstudien wird durch die Verwendung
unterschiedlicher Sepsisdefinitionen und Studiendesigns erschwert. Die Anwendung von Sepsisdefinitionen, die weniger restriktiv sind als die Definitionen, die durch die in Deutschland einzuhaltenden
Kodierrichtlinien festgelegt sind, führt zu höheren
Sepsisfallzahlen und meist niedrigeren Sterblichkeitsraten (20). Bei Adjustierung der in dieser Studie
erhobenen Raten auf Basis des US-Zensus 2000 wäre in Deutschland alterskorrigiert von 236 Sepsisfällen/100 000 Einwohnern und damit einer niedrigeren Sepsisrate als in den USA auszugehen
(377/100 000 (3) (eTabelle 2).
Als Ursachen für den Anstieg gelten:
● Biologische beziehungsweise medizinische
Gründe, die mit der demografischen Entwicklung assoziiert sind. Die Anfälligkeit für Infektionen und Sepsis wird durch BegleiterDeutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 10 | 11. März 2016
●
krankungen wie Krebs, Leberzirrhosen, Diabetes, HIV/AIDS oder gesundheitsschädliches
Verhalten wie überhöhten Alkoholkonsum,
Rauchen und Bewegungsmangel erhöht (4,
21–26).
Ironischerweise auch der medizinische Fortschritt, da dieser mit medizinischen Maßnahmen einhergeht, die die Immunkompetenz und
natürlichen Abwehrbarrieren schwächen und
so Infekt- oder Sepsisanfälligkeit erhöhen.
Dies gilt umso mehr, wenn sie auf Frühgeborene und sehr alte Menschen ausgedehnt werden (27). Das sepsisassoziierte Multiorganversagen wurde in den 1970iger Jahren erstmals
beschrieben; in der Ära ohne Intensivmedizin
verlief diese Verlaufsform einer Sepsis in wenigen Stunden tödlich. Sepsis kann jedoch
auch als Komplikation von intensivmedizinischen Maßnahmen auftreten. In den USA, die
neben Deutschland die pro Kopf höchste Zahl
an Intensivbetten aufweisen, wurden 29,2 %
der über „Medicare“ versicherten Patienten
während der letzten drei Lebensmonate auf einer Intensivstation behandelt (28). Diese Patienten sind besonders anfällig für septische
Komplikationen.
163
MEDIZIN
●
164
Vermehrte Kodierung von Sepsis ist ein weiterer Grund für die Fallzahlzunahme. Die Präzisierung der Sepsisdefinitionen (13) und die
später erfolgte Umsetzung dieser Definitionen
in den (SIRS-)Sepsis-Codes im ICD-9/10-System haben die Sepsiskodierung erleichtert und
bieten in einigen Ländern wie Deutschland
auch einen finanziellen Anreiz zur Kodierung
(10, 29), ähnlich dem als Will-Rogers-Phänomen beschriebenen Phänomen bei Krebspatienten (30). Ein Anstieg der Sepsisraten wird
jedoch auch aus Registerstudien berichtet, bei
denen Kodieranreize keine Rolle spielen (31).
Um das Problem einer Überkodierung vor allem für leichtere Sepsisfälle zu verhindern,
wurde in Deutschland die Kodierung von Sepsis, SIRS, Neutropenie und Bakteriämie seit
Einführung des Fallpauschalensystems streng
reguliert. In der speziellen Kodierrichtlinie
103a werden seit 2004 Vorgaben zur korrekten
Verwendung der Codes gemacht. Diese Kodierrichtlinie wurde im Jahr 2005 in der Fassung 103d grundlegend neugefasst und beinhaltet seitdem auch Vorgaben zur Verschlüsselung eines SIRS. Zusätzlich sind die ergänzenden Hinweise des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information
(DIMDI) zur Anwendung der Codes zur Kodierung eines SIRS zu berücksichtigen (32).
Die klinisch orientierten Sepsis-Codes dürfen
nur bei mindestens zwei der möglichen vier
SIRS-Kriterien Verwendung finden. Um
Falschkodierungen zu verhindern, wird seit
2007 in Deutschland die Kodierung R65.0! zu
Abrechnungszwecken nur akzeptiert, wenn
positive mikrobiologische Befunde oder Organkomplikationen mit zwei der vier SIRSKriterien vorliegen oder wenn bei Fehlen eines mikrobiologischen Nachweises alle vier
SIRS-Kriterien nachgewiesen werden. Bei circa 12 % der Patienten mit mikrobiologisch
und klinisch gesicherter schwerer Sepsis liegt
jedoch nur ein oder gar kein SIRS-Kriterium
vor (33). Diese Auflage trägt eher zu einer
Unterkodierung der Sepsis bei. Generell können ICD-10-basierte Sepsiskodierungen in
Krankenhausentlassungsdaten im Vergleich
zur Auswertung von Krankenakten zu einer
Unterschätzung der tatsächlichen Sepsishäufigkeit um den Faktor 2,3 bis 6 führen (19,
34). Manche Sepsisfälle werden falsch oder
gar nicht kodiert (35, 36). Andererseits sind
einige mikrobiologischen Codes nicht eineindeutig mit einer Sepsisdiagnose verbunden, so
dass sich ein als sehr gering einzuschätzender
Anteil an Patienten mit derartigen Codes keine Sepsis haben könnte. In welchem Verhältnis demografischer Wandel, die Ausweitung
der Behandlungsoptionen und Kodiereffekte
Anteil an der Fallzahlsteigerung haben, ist
schwer abschätzbar. Da auch bei Adjustierung
an die Bevölkerungsstruktur der jeweiligen
Jahre ein altersunabhängiger Anstieg der Sepsishäufigkeit sichtbar bleibt, liegt nahe, dass
in den hochentwickelten Industrienationen
Kodiereffekte und die Ausweitung therapeutischer Maßnahmen der Hochleistungsmedizin,
die das Infektionsrisiko steigern, einen wesentlichen Anteil am Anstieg der Sepsiszahlen
haben. Es muss ebenfalls davon ausgegangen
werden, dass die Gesamtzahl der Sepsisfälle
in Deutschland durch die vorliegenden Fallzahlen noch unterschätzt wird, da bis 12 % der
Sepsispatienten nicht im Krankenhaus behandelt werden, sondern in Pflegeheimen oder im
häuslichen Bereich erkranken und versterben
(37).
Im Beobachtungszeitraum zeigte sich für das
Gesamtkollektiv der Sepsispatienten mit 0,45 %
nur ein geringer jährlicher Rückgang der Krankenhaussterblichkeit. Die Sterblichkeit bei Patienten
mit schwerer Sepsis reduzierte sich in Deutschland
im Durchschnitt jährlich um 0,98 %. Die Vergleichszahlen aus den USA und Australien zeigen
bei schwerer Sepsis eine Letalitätsreduktion zwischen 1,3 % und 2 % (5, 16, 31, 38). Ob die Ursachen für den stärkeren Rückgang der Sepsissterblichkeit in den USA durch eine vermehrte Kodierung von weniger schweren Sepsisfällen mit geringerem Sterberisiko bedingt ist, oder im Vergleich
zu Deutschland mit größeren Fortschritten in der
Früherkennung und Therapie, ist schwer zu beantworten. Richtig ist allerdings, dass die Inzidenz
postoperativer Sepsisfälle für alle US-amerikanischen Krankenhäuser als ein offizieller verpflichtender Qualitätsindikator gilt (39), und eine Reihe
großer Krankenhausketten die Reduzierung der
Sepsissterblichkeit in ihre Qualitätsziele aufgenommen haben (40). Auffällig ist, dass die Krankenhaussterblichkeit bei schwerer Sepsis in Australien und den USA absolut zwischen 10–15 % niedriger liegt als in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Dies ist am ehesten durch Unterschiede in der Krankheitsschwere (e1) sowie in der
Krankenhausverweildauer erklärbar, die in den
USA und in Australien um circa 10–14 Tage kürzer
ist als in Deutschland (2, 5, 31).
Bekanntlich verstirbt ein großer Teil der Sepsispatienten in den ersten Wochen und Monaten nach
der Krankenhausentlassung (e2). Bessere Früherkennung und damit ein schnellerer Therapiebeginn
(e3) werden neben der Verbesserung der notfallbeziehungsweise intensivmedizinischen Sepsistherapie als die wichtigsten Faktoren für die Letalitätsreduktion in Register- und klinischen Studien
angesehen (31, e4). In den USA führten Empfehlungen des National Quality Forum in letzten Jahren (39) zur Einführung von Sepsisprotokollen in
privaten und öffentlichen Krankenhäusern entsprechend der Richtlinien der Surviving Sepsis CamDeutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 10 | 11. März 2016
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paign, in deren Folge über eine Reduzierung der
Sepsissterblichkeit von bis zu 50 % berichtet wird
(e5, e6). Vergleichbare nationale Empfehlungen zur
Sepsisprävention und -früherkennung fehlen bisher
in Deutschland. Als weitere Ursache für die verringerte Sepsissterblichkeit in den USA wird jedoch
auch die Zunahme der Dokumentation von weniger
schweren Fällen verantwortlich gemacht (10), wobei in den USA und in Australien auch für Sepsispatienten mit Beatmung und Organversagen eine
Verbesserung der Überlebensrate beschrieben wird
(e7).
Schlussfolgerungen
Die Krankheitslast durch Sepsis in Deutschland ist
im Beobachtungszeitraum gewachsen. Gründe
hierfür sind die demografische Entwicklung und
eine zunehmende Ausweitung der Hochleistungsmedizin auf die extremen Altersgruppen. Der Anteil der Zunahme, der aus einer vermehrten Kodierung resultiert, ist unklar. Zur Begrenzung eines
weiteren Anstiegs der Sepsishäufigkeit und der
Verbesserung der Behandlungsqualität ist ein transsektoraler Ansatz mit Nutzung aller Möglichkeiten
der Prävention, Frühdiagnose, Akuttherapie und
Behandlung der Langzeitfolgen erforderlich.
Dies bedeutet Impfung von Risikopopulationen,
Verbesserung der Früherkennung im ambulanten
und allen Krankenhausbereichen als Voraussetzung
zur frühzeitigen antimikrobiellen und Kreislauftherapie, die Verfügbarkeit effektiver Antiinfektiva,
die Entwicklung derzeit fehlender adjunktiver, immunmodulatorischer Sepsistherapeutika und die
Entwicklung geeigneter Rehabilitationskonzepte
zur Behandlung der unterschätzten Langzeitfolgen
nach überlebter Sepsis.
Zur Überprüfung der Fortschritte sollte das Monitoring von Sepsiskennziffern basierend auf klinischen und mikrobiologischen ICD-10-Codes fester
Bestandteil der Gesundheitsberichtserstattung des
Bundes werden und von Krankenhäusern zur
Steuerung von Qualitätsverbesserungsmaßnahmen
genutzt werden, wie dies bereits jetzt für Sepsis im
Rahmen der Initiative Qualitätsmedizin (IQM) auf
freiwilliger Basis realisiert wird (e8).
Interessenkonflikt
Prof. Reinhart erhielt Honorare für Beratertätigkeiten von Adrenomed. Er unterhält persönliche Beziehungen zur InflaRx.
Prof. Welte erhielt Honorare für Beratertätigkeit von Astellas, AstraZeneca,
Basilea, Bayer, MSD, Novartis und Pfizer. Für die Durchführung von klinischen
Auftragsstudien, bei denen ein Bezug zum Thema besteht, wurde er honoriert
von AstraZeneca, Basilea, Bayer, MSD, Novartis und Pfizer.
Die Arbeit wurde teilweise durch das Integrierte Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) „Sepsis und Sepsisfolgen“ unterstützt. Das IFB erhält
Fördergelder des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit
dem Förderkennzeichen: 01 E0 1002.
Dr. Dennler, Frau Fleischmann, Prof. Hartmann, PD Dr. Hartog, Herr Heublein
und Herr Thomas-Rüddel erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 13. 4. 2015, revidierte Fassung angenommen: 1. 12. 2015
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 10 | 11. März 2016
KERNAUSSAGEN
● Die Krankenhaushäufigkeit der Sepsis stieg in Deutschland zwischen 2007 und 2013 jährlich um durchschnittlich 5,7 % und betrug 2013 335/100 000 Einwohner.
● Die Sepsishäufigkeit ist bei Neugeborenen und in den
hohen Altersklassen besonders hoch. Die Sepsisletalität steigt ab dem 40. Lebensjahr nahezu linear an.
● Der Anteil von Sepsispatienten an der Gesamtheit der
Krankenhausfälle stieg im Beobachtungszeitraum von
1,21 % auf 1,54 %.
● Die Sterblichkeitsrate ist mit 43,6 % für die schwere
Sepsis und 58,8 % für den septischen Schock weiter
hoch.
● Demografischer Wandel, Ausweitung invasiver und
immunsupprimierender medizinischer Maßnahmen auf
immer ältere Patienten und gestiegenes Problembewusstsein mit Auswirkung auf die DRG-Codierung
sind die wahrscheinlichen Ursachen für die Zunahme
der Sepsisfallzahlen.
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Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Konrad Reinhart
Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin,
Universitätsklinikum Jena
Erlanger Allee 101
07747 Jena
[email protected]
Zitierweise
Fleischmann C, Thomas–Rueddel DO, Hartmann M, Hartog CS, Welte T,
Heublein S, Dennler U, Reinhart K: Hospital incidence and mortality rates—
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The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
Zusatzmaterial
Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
www.aerzteblatt.de/lit1016 oder über QR-Code
eTabellen und eKästen:
www.aerzteblatt.de/16m0159 oder über QR-Code
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 10 | 11. März 2016
MEDIZIN
Zusatzmaterial zu:
Fallzahlen und Sterblichkeitsraten von Sepsis-Patienten im Krankenhaus
Analyse der deutschlandweiten fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik von 2007 bis 2013
Carolin Fleischmann, Daniel O. Thomas–Rueddel, Michael Hartmann, Christiane S. Hartog,
Tobias Welte, Steffen Heublein, Ulf Dennler, Konrad Reinhart
Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 159–66. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0159
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e8. Qualitätsmedizin I: G-IQI : German Inpatient Quality Indicators.
Version 4.2 – Band 1: Definitionshandbuch für das Datenjahr
2015. https://opus4.kobv.de/opus4-tuberlin/frontdoor/index/
index/docId/7007 (last accessed on 1 November 2015).
e9. Center for Disease Control and Prevention: Age Standardization
and Population Counts
www.cdc.gov/nchs/tutorials/NHANES/NHANESAnalyses/agestan
dardization/age_standardization_intro.htm (last accessed on 1
November 2015).
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 10 | 11. März 2016 | Zusatzmaterial
I
MEDIZIN
eKASTEN 1
ICD-10-Sepsis-Codes zur Fallidentifikation von
Sepsisfällen in der DRG-Statistik
● Fallidentifikation Sepsis
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
A02.1 (Salmonellensepsis)
A20.0 (Bubonenpest)
A20.7 (Pestsepsis)
A21.7 (generalisierte Tularämie)
A22.7 (Milzbrandsepsis)
A24.1 (akute oder fulminante Melioidose)
A26.7 (Erysipelothrix-Sepsis)
A28.2 (extraintestinale Yersiniose)
A32.7 (Listeriensepsis)
A39.2 (akute Meningokokkensepsis)
A39.3 (chronische Meningokokkensepsis)
A39.4 (Meningokokkensepsis, nicht näher bezeichnet)
A39.1 (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom)
A40.– (Streptokokkensepsis)
A41.– (sonstige Sepsis)
A42.7 (aktinomykotische Sepsis)
A48.3 (Syndrom des toxischen Schocks)
B00.7 (Sepsis durch Herpesviren)
A54.8 (sonstige Gonokokkeninfektion)
B37.7 (Candida-Sepsis)
B37.6 (Candida-Endokarditis)
B49 (nicht näher bezeichnete Mykose [Fungämie])
A49.9 (bakterielle Infektion, nicht näher bezeichnet [Bakteriämie])
P36.- (bakterielle Sepsis beim Neugeborenen)
O75.3 (sonstige Infektionen unter der Geburt)
O85 (Puerperalfieber),
R65.0! (SIRS infektiöser Genese ohne Organkomplikation)
R65.1! (SIRS infektiöser Genese mit Organkomplikation)
R57.2 (septischer Schock)
● Fallidentifikation schwere Sepsis:
– R65.1! (SIRS infektiöser Genese mit Organkomplikation)
● Fallidentifikation septischer Schock:
– R57.2 (septischer Schock)
II
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MEDIZIN
eKASTEN 2
Sepsis/SIRS-definierende ICD-Codes für das Ausgleichsjahr 2013 nach § 31
Absatz 2 RSAV (Krankheiten und Diagnosen für den morbiditätsorientierten
Risikostrukturausgleich, festgelegt vom Bundesversicherungsamt)
● A02.1 (Salmonellensepsis)
● A20.7 (Pestsepsis)
● A22.7 (Milzbrandsepsis)
● A26.7 (Erysipelothrix-Sepsis)
● A32.7 (Listeriensepsis)
● A39.1 (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom)
● A39.2 (akute Meningokokkensepsis)
● A39.3 (chronische Meningokokkensepsis)
● A39.4 (Meningokokkensepsis, nicht näher bezeichnet)
● A40.0 (Sepsis durch Streptokokken, Gruppe A)
● A40.1 (Sepsis durch Streptokokken, Gruppe B)
● A40.2 (Sepsis durch Streptokokken, Gruppe D)
● A40.3 (Sepsis durch Streptococcus pneumoniae)
● A40.8 (sonstige Sepsis durch Streptokokken)
● A40.9 (Sepsis durch Streptokokken, nicht näher bezeichnet)
● A41.0 (Sepsis durch Staphylococcus aureus)
● A41.1 (Sepsis durch sonstige näher bezeichnete Staphylokokken)
● A41.2 (Sepsis durch nicht näher bezeichnete Staphylokokken)
● A41.3 (Sepsis durch Haemophilus influenzae)
● A41.4 (Sepsis durch Anaerobier)
● A41.5 (Sepsis durch sonstige gramnegative Erreger)
● A41.51 (Sepsis: Escherichia coli [E. coli])
● A41.52 (Sepsis: Pseudomonas)
● A41.58 (Sepsis: sonstige gramnegative Erreger)
● A41.8 (sonstige näher bezeichnete Sepsis)
● A41.9 (Sepsis, nicht näher bezeichnet)
● A42.7 (aktinomykotische Sepsis)
● B00.7 (disseminierte Herpesvirus-Krankheit)
● B37.7 (Candida-Sepsis)
● O88.3 (pyämische und septische Embolie während der Gestationsperiode)
● P36.0 (Sepsis beim Neugeborenen durch Streptokokken, Gruppe B)
● P36.1 (Sepsis beim Neugeborenen durch sonstige und nicht näher bezeichnete Streptokokken)
● P36.2 (Sepsis beim Neugeborenen durch Staphylococcus aureus)
● P36.3 (Sepsis beim Neugeborenen durch sonstige und nicht näher bezeichnete Staphylokokken)
● P36.4 (Sepsis beim Neugeborenen durch Escherichia coli)
● P36.5 (Sepsis beim Neugeborenen durch Anaerobier)
● P36.8 (sonstige bakterielle Sepsis beim Neugeborenen)
● P36.9 (bakterielle Sepsis beim Neugeborenen, nicht näher bezeichnet)
● R57.2 (septischer Schock)
● R65.0 (systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS] infektiöser Genese ohne Organkomplikationen)
● R65.1 (systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS] infektiöser Genese mit Organkomplikationen)
● R65.2 (systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS] nichtinfektiöser Genese ohne Organkomplikationen)
● R65.3 (systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS] nichtinfektiöser Genese mit Organkomplikationen)
● R65.9 (systemisches inflammatorisches Response-Syndrom [SIRS], nicht näher bezeichnet)
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III
MEDIZIN
eTABELLE 1
Häufigkeit von Sepsis, schwerer Sepsis und septischem Schock pro 100 000 Einwohner adjustiert auf die
US-Normbevölkerung 2000 (e9)
Sepsis
(klinische und mikrobiologische
Sepsis-Codes)
schwere Sepsis/
septischer Schock
(R65.1!, R57.2)
septischer Schock
als R-Code
(R57.2)
2007
191,26
46,74
–
2008
188,15
53,18
–
2009
196,14
59,86
–
2010
205,59
71,88
18,11
2011
212,79
79,04
22,25
2012
220,77
83,83
24,61
2013
236,19
90,89
26,80
eTABELLE 2
Häufigkeit von Sepsis, schwerer Sepsis und septischem Schock pro 100 000 Einwohner in Deutschland in 2007–2013 nach Altersgruppen
Alter
(in Jahren)
0
IV
Sepsis (klinische und
mikrobiologische Sepsis-Codes)
schwere Sepsis/septischer Schock
(R65.1!, R57.2)
septischer Schock als R-Code
(R57.2)
1 556,16
146,8
16,74
1–4
79,89
8,5
1,82
5–9
37,02
3,84
0,9
10–14
29,72
4,31
1,14
15–19
42,55
8,55
2,57
20–24
43,78
9,99
2,94
25–29
49,56
11,33
3,63
30–34
56,85
14,5
4,87
35–39
63,36
19,46
6,68
40–44
75,87
27,31
10,4
45–49
108,86
41,54
14,87
50–54
165,07
65,65
24,36
55–59
249,74
100,74
37,46
60–64
364,94
147,75
53,82
65–69
532,9
210,6
77,44
70–74
733,74
295,1
99,73
75–79
1 049,26
419,59
133,1
80–84
1 332,94
514,71
163,77
85+
1 434,28
517,01
143,12
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 10 | 11. März 2016 | Zusatzmaterial
MEDIZIN
eTABELLE 3
Fallzahlen und Krankenhaussterblichkeit von Sepsis, schwerer Sepsis und septischem Schock in Deutschland in 2007–2013 nach Altersgruppen
Alter
(in Jahren)
Fallzahlen
Sepsis
KH-Letalität
Sepsis (%)
Fallzahlen
schwere Sepsis
KH-Letalität
schwere Sepsis
Fallzahlen septischer
Schock (%)
KH-Letalität
septischer Schock (%)
0
73 568
3,9
6 940
17,6
451
39,5
1–4
15 316
2,8
1 630
15,9
198
33,3
5–9
9 320
2,6
968
15,5
126
31,0
10–14
8 135
3,6
1 181
16,0
176
25,0
15–19
12 627
4,4
2 536
15,1
418
25,8
20–24
14 851
5,8
3 388
18,8
566
31,3
25–29
17 204
5,8
3 933
18,7
717
29,1
30–34
19 185
7,4
4 892
21,4
955
32,1
35–39
22 684
10,7
6 968
25,7
1 263
37,6
40–44
34 315
14,8
12 353
29,8
2 509
43,4
45–49
52 904
18,2
20 189
33,9
4 161
45,4
50–54
71 858
21,0
28 580
37,2
6 280
48,1
55–59
95 527
22,9
38 532
39,7
8 311
52,1
60–64
118 009
24,7
47 778
42,4
10 521
54,6
65–69
168 208
26,4
66 476
44,8
12 557
56,9
70–74
240 913
28,0
96 891
46,8
19 300
59,5
75–79
244 562
30,7
97 798
50,7
18 844
64,2
80–84
214 275
33,5
82 742
55,3
15 251
69,4
85 +
191 544
36,5
69 045
60,3
11 376
76,3
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 10 | 11. März 2016 | Zusatzmaterial
V