Frauen in die Raumfahrt – Manuskript

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MEHR FRAUEN IN DIE RAUMFAHRT
Claudia Kessler wäre gerne Astronautin geworden. Als das nicht klappte, gründete sie eine
Firma, die Experten für die Raumfahrtindustrie sucht. Doch die meisten Frauen, die sich bei
Claudia Kesslers Firma bewerben, kommen aus Spanien, Italien oder Frankreich. In
Deutschland ist Luft- und Raumfahrt immer noch eine Männerbranche. Claudia Kessler will
das ändern. Sie hofft, dass es bald sogar eine deutsche Astronautin geben wird.
MANUSKRIPT
SPRECHERIN:
Es ist DER Traumarbeitsplatz für Astronauten: die Internationale Raumstation, die ISS.
Sie umkreist die Erde in 400.000 Metern Höhe, gemeinsam betrieben von den USA,
Europa, Japan, Russland und Kanada. Claudia Kessler wäre gern selbst dorthin geflogen.
Schon ihr ganzes Leben lang begeistert sie sich für das Weltall.
CLAUDIA KESSLER:
Da kribbelt’s mich immer wieder, wenn ich so Raumfahrt – ja, Hardware sagen wir, ja
– einfach live zum Anfassen sehe, Satelliten oder auch Raumstationen, Raketen und so
weiter. Weil das einfach mein Kindheitstraum war, in der Raumfahrt zu arbeiten. Selbst
Astronautin zu werden, wär’ ja das Tollste vom Traum so ungefähr gewesen, aber überhaupt
die Vorstellung, in der Raumfahrt zu arbeiten.
SPRECHERIN:
Sie studierte Luft- und Raumfahrttechnik, doch für das Bewerbungsverfahren als
Astronautin kam sie zu spät. Nur alle zehn bis zwölf Jahre werden neue Kandidaten gesucht.
Sie ging neue Wege, gründete eine Personalagentur. Claudia Kessler vermittelt Experten
für die Raumfahrtindustrie – die Hälfte davon Frauen. Vor allem die will sie gewinnen,
denn Ingenieurinnen oder Technikerinnen gibt es in der Branche noch immer viel zu
wenige.
CLAUDIA KESSLER (Gründerin von HE Space Operations):
In Deutschland ist immer noch so ’n bisschen ’ne Zurückhaltung der Frauen da, was
diese technischen Berufe angeht, was einfach von der Gesellschaft getrieben ist. Die
Berufe haben immer noch so ’n bisschen ’n Image von kariertem Hemd und Cordhose, so ’n
klassischer „Nerd“-Ingenieur. Davon müssen wir wegkommen in der Raumfahrt. Das ist
es auch nicht. Da gibt’s ganz spannende Dinge. Das ist eine große Bandbreite an Berufen
und an Möglichkeiten, die gerade auch für Frauen geboten werden.
SPRECHERIN:
Zum Beispiel bei EUMETSAT, einem ihrer Auftraggeber. Hier werden die Daten der vier
europäischen Wettersatelliten gesammelt und ausgewertet. Von der Zentrale gehen sie an
Wetterdienste in mehr als 30 Ländern. Über 90 Prozent der Mitarbeiter sind Männer.
Nathalie Courcoux fühlt sich trotzdem nicht als Exotin. Schon in der Schule stand für sie
fest, dass sie Physikerin werden will. Die Französin hat dann in
Deutschland studiert. Von Claudia Kessler wurde sie vor zwei Jahren an
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EUMETSAT vermittelt. Wettersatelliten auswerten – für die Datenexpertin ein Bereich, in
dem sie schon immer gern arbeiten wollte. Dass es in ihrem beruflichen Umfeld so wenige
Frauen gibt, daran hat sie sich gewöhnt.
NATHALIE COURCOUX (Mitarbeiterin bei EUMETSAT):
Ich war die [das] einzige Mädel in meiner Klasse im Gymnasium. So, es ist schon seit
Langem für mich so. Es ist nicht neu. Aber ich bin jetzt überrascht, dass inzwischen es hat
sich nicht so viel geändert. Ich wusste, es gibt in solchen Branchen nicht so viele Frauen.
Aber als ich hierhergekommen bin, ich hatte erwartet, dass vielleicht in die [den] letzten 20
oder 15 Jahren so mehr Frauen würden sich für solche Berufe entschieden [entscheiden].
SPRECHERIN:
Gute Leute werden in deutschen Raumfahrtunternehmen dringend gesucht. Wie bei der
Firma OHB, einem der größten deutschen Hersteller von Wetter- und Nachrichtensatelliten
– ebenfalls ein Kunde von Kesslers Personalagentur. Die Nachfrage nach
hochspezialisierten Fachleuten ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Gute
Karrierechancen also für Frauen, doch bei Claudia Kessler bewerben sich häufiger
Ingenieurinnen aus Spanien, Italien oder Frankreich als aus Deutschland. Sie will, dass sich
das ändert.
CLAUDIA KESSLER:
Mein Wunsch wär’ ja, dass wir endlich mal ’ne deutsche Astronautin fliegen würden, um so
auch mal ’n wirklich tolles Rollenmodell für Mädchen zu haben, die sagen können:
„Mensch, so was kann ich auch!“, und die dadurch vielleicht auch dazu führt, dass mehr
Mädchen sich in die Technik trauen und in die Raumfahrttechnik.
SPRECHERIN:
Ihr Wunsch könnte schon bald in Erfüllung gehen. Noch in diesem Jahr soll der
Auswahlprozess für die erste deutsche Raumfahrerin auf der Internationalen
Raumstation beginnen. Gesucht werden geeignete Anwärterinnen für den Traumjob im
Weltall.
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GLOSSAR
Astronaut, -en/Astronautin, -nen – jemand, der mit einer → Rakete ins → Weltall
fliegt
Raumstation, -en (f.) – ein Flugkörper im → Weltall, auf dem Astronauten längere Zeit
leben können
Weltall (n., nur Singular) – der Raum, in dem sich Planeten, Sonnen und andere
Himmelskörper befinden; auch: der Weltraum
etwas kribbelt jemanden – hier: etwas reizt jemanden; jemand hat Lust, etwas zu tun
Raumfahrt, -en (f.) – alles, was sich mit dem Reisen ins → Weltall beschäftigt
Hardware, - (f. aus dem Englischen) – die Technik, die man anfassen kann, z. B. die
Geräte, aus denen ein Computer besteht im Gegensatz zu seinen Programmen (↔ Software)
Satellit, -en (m.) – hier: ein technisches Gerät, das um die Erde fliegt und Informationen
überallhin senden kann, z. B. ein Wettersatellit oder ein Nachrichtensatellit
Rakete, -n (m.) – hier: eine Art Flugzeug für das → Weltall
Bewerbungsverfahren, - (n.) – hier: die Art, wie neue Mitarbeiter ausgewählt werden
Agentur, -en (f.) – hier: eine Firma, die Leuten Jobs → vermittelt
jemanden vermitteln – den Kontakt zwischen jemandem und etwas/jemandem
herstellen; dafür sorgen, dass jemand etwas oder jemanden bekommen kann
jemanden gewinnen – jemanden von etwas überzeugen; dafür sorgen, dass jemand
etwas gut findet/bei etwas mitmacht
Branche, -n (f., aus dem Französischen) – der Wirtschaftsbereich; der Geschäftsbereich
Zurückhaltung (f., nur Singular) – hier: wenig Begeisterung; die Tatsache, dass man
etwas nicht sofort sehr gut findet
was etwas angeht – in Bezug auf etwas; etwas betreffend
von etwas/ jemandem getrieben sein – hier: von etwas/jemandem gefördert werden;
von etwas/jemandem verursacht sein
Cord (m., nur Singular, aus dem Englischen) – ein fester Baumwollstoff mit
gerippter/gestreifter Struktur
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klassisch – hier: typisch
Nerd, -s (m.) (aus dem Englischen) – jemand, der sehr intelligent, aber sozial nicht
erfolgreich ist; jemand, der sich meist für spezielle technische Themen interessiert
Bandbreite, -n (f) – viele verschiedene Möglichkeiten; die große Auswahl
Auftraggeber, -/ Auftraggeberin, -nen – derjenige, der jemanden mit etwas
beauftragt/der jemandem eine Aufgabe gibt
Exot, -en/ Exotin, -nen – hier: jemand, der sehr anders ist und dadurch auffällt
etwas aus|werten – Daten analysieren und entscheiden, was sie bedeuten
Mädel, -s (n.) – regional für: das Mädchen
hochspezialisiert – so, dass jemand ein großer Experte in einem ganz speziellen Gebiet
ist
Rollenmodell, - (n.) – hier: das Vorbild für Menschen eines bestimmten Geschlechts
Mensch – hier: Ausruf, mit dem man ausdrückt, dass man etwas/jemanden besonders gut
oder schlecht findet
Auswahlprozess, -e (m.) – hier: das Verfahren (z. B. Gespräche, Tests), in dem jemand
aus einer Gruppe von Personen ausgewählt wird
Anwärter, -/Anwärterin, -nen – der Bewerber/die Bewerberin; der Kandidat die
Kandidatin
Autorinnen: Claudia Laszczak/Narîn Leder
Redakteur: Ingo Pickel
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