Manuskript des Beitrags

Manuskript
Beitrag: Die Denkzettel-Partei –
Wofür steht die AfD?
Sendung vom 8. März 2016
von Werner Doyé und Jan Fritsche
Anmoderation:
Was wählen Bürger eigentlich, wenn sie AfD wählen? Wogegen
die AfD ist, macht sie lautstark deutlich. Aber wofür steht die
Partei, die das Wort „Alternative“ im Namen trägt? Das bleibt
unklar. Frauke Petry gab dafür jüngst den Medien die Schuld: Die
verwehrten der AfD, so wörtlich, „Zeitfenster“, um Inhalte
„sachkundig und ausführlich“ darzustellen. Die AfD-Kandidaten in
Sachsen-Anhalt müssten ihr da widersprechen. Denn unsere
Reporter Werner Doyé und Jan Fritsche haben sie nach Inhalten
gefragt. Hier das offene Frontal21- Zeitfenster für ihre Antworten.
Die sind – ausführlich. Über die Sachkunde mögen Sie urteilen.
Text:
O-Ton Demo:
„Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen.“
„Merkel muss weg.“
Die Alternative für Deutschland im Landtagswahlkampf in
Sachsen-Anhalt - bei bis zu 20 Prozent liegt die Partei hier nach
Umfragen, vor allem aufgrund der Kritik an Angela Merkels
Flüchtlingspolitik. Und ansonsten?
O-Ton: Dirk Hoffmann, AfD, Landesvorstand Sachsen-Anhalt:
„Ansonsten kann ich nur empfehlen, unser Wahlprogramm
zu lesen, da steht `ne Menge Gutes drin.“
Wir haben das Programm gelesen und es uns von AfDKandidaten, die wohl bald im Landtag sitzen werden, erläutern
lassen: an Wahlständen, bei Bürgerabenden und
Demonstrationen.
Zum Beispiel das Kapitel Identität. Darin wird gefragt: „Was heißt
es, Deutscher zu sein?“
Frontal21: „Was heißt es, Deutscher zu sein?“
O-Ton: Daniel Roi, AfD, Landesliste Platz 2
„Genau. Das ist ja im Prinzip, das muss ja letztlich jeder
selber für sich beantworten. Und wir wollen hinwirken darauf,
dass diese Frage wieder eine Rolle spielt.“
O-Ton: Dirk Hoffmann, AfD, Landesvorstand Sachsen-Anhalt
„Deutschland darf Deutschland bleiben. Wenn man andere
Kulturen kennenlernen möchte, dann kann man reisen, wir
haben Reisefreiheit. Dann reisen wir in andere Länder und
lernen dort die fremden Kulturen kennen. Und wer dann das
so toll findet, der kann ja auch dann dorthin ziehen, wo eben
eine fremde Kultur ist.“
Das Eigene und die nationale Identität spielen an vielen Stellen
des Programms eine Rolle.
Im Kapitel „Positiven Bezug zu Deutschland fördern!“ heißt es:
„Dazu gehören ein grundsätzlich positiver Bezug zum eigenen
Land und eine gefestigte Nationalidentität. Zu diesem Zweck
müssen die Lehrpläne überarbeitet werden.“
Frontal21: „Wie soll das denn genau ausschauen?“
O-Ton: André Poggenburg, AfD, Landesvorsitzender
Sachsen-Anhalt
„Es muss ganz einfach im Geschichtsunterricht
beispielsweise mehr auf deutsche Geschichte eingegangen
werden. Sie haben heute Schüler in der Sekundarschule, die
können ihnen kaum etwas zur DDR erzählen.“
O-Ton: Daniel Roi, AfD, Landesliste Platz 2
„In manchen Schulen ist das auch mit DDR-Vergangenheit,
da wird das überrepräsentiert. Ist genau das Gleiche. Also
wir bestehen ja nicht nur, unsere Geschichte besteht ja nicht
nur aus der Vergangenheit der DDR.“
O-Ton: André Poggenburg, AfD, Landesvorsitzender
Sachsen-Anhalt
„Oder beispielsweise natürlich auch NS-Zeit: Es wird die NSZeit angesprochen, angerissen, vielleicht hier und da auch
etwas näher behandelt, da muss mehr darauf eingegangen
werden.“
O-Ton: Daniel Roi, AfD, Landesliste Platz 2
„Wenn sie zwei, drei Jahre nur über den Nationalsozialismus
reden, dann hängt das den Schülern auch irgendwann zum
Halse raus.“
Mehr oder weniger Diktatur-Geschichte - die Spitzenkandidaten
sind sich offenbar nicht einig. Die Präambel des Programms
kritisiert hingegen eindeutig: „Eine einseitige Konzentration auf
zwölf Unglücksjahre unserer Geschichte.“
Frontal21: „Sehen sie das nicht auch so, dass Unglück sich
sehr passiv anhört, als ob da irgendwie ein Unglück passiert
ist. Würden sie nicht sagen, dass die Deutschen da Schuld
auf sich geladen haben?“
O-Ton: André Poggenburg, AfD, Landesvorsitzender
Sachsen-Anhalt
„Da haben sicherlich viele Deutsche Schuld auf sich geladen,
das ist richtig und das war eine nicht nur unglückliche,
sondern auch tragische Zeit, tragische Epoche. Aber da ein
richtiges Wort dafür zu finden, ist glaube ich auch sehr
schwer.“
O-Ton: Alexander Raue, AfD, Landesliste Platz 3
„Diese Unglücksjahre, diese faschistischen Jahre, die
werden immer hervorgehoben und dadurch ...“
Frontal21: „Aber Unglücke passieren einem nicht einfach so,
das ist den Deutschen nicht einfach so passiert?“
O-Ton: Alexander Raue, AfD, Landesliste Platz 3
„Passiert kann man schlecht sagen, aber wenn Sie vielleicht
bedenken, dass das nur eine ganz kleine faschistische
Gruppe war.“
O-Ton: Daniel Roi, AfD, Landesliste Platz 2
„Also ich werde jetzt nicht über Begriffe definieren. Also, es
ist, es war ein Unglück, was am Ende rausgekommen ist und
da kann man jetzt, es interessiert mich jetzt auch nicht, wie
man das bezeichnet.“
Im Kapitel Grundschule heißt es: „Schule ist auch eine
Sozialisationsinstanz. Neben grundlegenden Kulturtechniken
müssen deshalb ebenso die klassisch preußischen Tugenden
Geradlinigkeit, Gerechtigkeitssinn, Ehrlichkeit, Disziplin,
Pünktlichkeit, Ordnungssinn, Fleiß und Pflichtbewusstsein
vermittelt werden.“
Frontal21: „Wie genau wollen Sie denn diese preußischen
Tugenden erreichen?“
O-Ton: Dirk Hoffmann, AfD, Landesvorstand Sachsen-Anhalt
„Wie’s im Programm im Prinzip drin steht. Indem in den
Schulen, diese Tugenden gelebt werden. Ich selber komme
aus einer Zeit, da wurde das noch gelebt. Bei uns hat der
Lehrer auch noch mal mit einem Stück Kreide durch die
Gegend geworfen. Das will ich nicht wieder haben, das muss
so nicht sein, aber da hatte man einen gewissen Respekt vor
dem Lehrer, das ist heute leider vielfach nicht mehr der Fall.
Und diese typischen preußischen Tugenden wie
Pünktlichkeit, Ordnung und Ähnliches, das ist doch das, was
unser Land letztendlich auch groß gemacht hat und warum
soll man das den Schülern nicht wieder vermitteln?“
O-Ton: Volker OIenicak, AfD, Landesliste Platz 13
„Preußisch, ich weiß nicht, ob das ein gut gewähltes Wort ist.
Ich für meinen Sprachgebrauch würde das eher nicht
verwenden.“
Auch die deutsche Kultur will die AfD fördern. Im Kapitel
„Identitätsstiftende Kulturpflege statt nichtssagender
Unterhaltung“ heißt es: „Die Bühnen des Landes Sachsen-Anhalt
sollen neben den großen klassischen internationalen Werken
stets auch klassische deutsche Stücke spielen und sie so
inszenieren, dass sie zur Identifikation mit unserem Land
anregen.“
Frontal21: „Können sie sagen, welche Theaterstücke da
gespielt werden sollten?“
O-Ton: Daniel Roi, AfD, Landesliste Platz 2
„Nein, also da… ich bin wirklich nicht der Theatergänger,
sage ich mal.“
O-Ton: Dirk Hoffmann, AfD, Landesvorstand Sachsen-Anhalt
„Ich selber habe dazu kein bestimmtes Theaterstück im Kopf,
bin ich ganz ehrlich.“
Frontal21: „Haben Sie eine Erhebung gemacht, wie das
Verhältnis ist von internationalen und deutschen Stücken und haben da gesehen, dass es zu wenig deutsche Stücke
gibt?“
O-Ton: André Poggenburg, AfD, Landesvorsitzender
Sachsen-Anhalt
„Das ist eher eine Wahrnehmung in der Bevölkerung. Wir
haben das Programm natürlich gestaltet mit sehr, sehr vielen
Mitgliedern, mit sehr vielen Anregungen auch aus der
Bevölkerung heraus, ist sehr demokratisch gestaltet worden
unser Programm.“
O-Ton: Lydia Funke, AfD, Landesliste Platz 6
„Ich hab beispielsweise neulich in, was heißt neulich, ist zwei
Jahre her, in Halle an der Oper das Stück gesehen von
Wagner. Wie heißt es? Die Soldaten des - nein, die, oh
Moment. Wie hieß es gleich? Der Sängerkrieg auf Wartburg
war der Untertitel ...“
Frontal21: „Die Meistersinger.“
O-Ton: Lydia Funke, AfD, Landesliste Platz 6
„Die Meistersinger und der Sängerkrieg auf Wartburg, der
Sängerkrieg genau.“
Den Unzufriedenen eine Stimme geben, so sieht sich die AfD
gerne. Auch in der Wirtschaftspolitik:
Unterkapitel: Stärkung innovativer Ansätze der Arbeitsmarkt- und
Rentenpolitik
„Dazu muss die Differenz zwischen der Gesamtleistung ‚Hartz IV‘
und dem Einkommen in den unteren Lohn- und Gehaltsgruppen
deutlicher ausgeprägt sein.“
Frontal21: „Mit welchen Maßnahmen soll das erreicht
werden: Anhebung des Mindestlohns oder Absenkung von
Hartz IV?“
O-Ton: Lydia Funke, AfD, Landesliste Platz 6
„Wenn dann die Absenkung von Hartz IV logischerweise, um
die Leute wieder zu fordern, dass sie in Arbeit gehen.“
O-Ton: Volker OIenicak, AfD, Landesliste Platz 13
„Nein, das Hartz IV senken, geht auch nicht, weil wir
brauchen natürlich, die Menschen müssen ja irgendwie
leben.“
Frontal21: „Ja, aber was ist es dann, wenn wir sagen auf der
einen Seite…“
O-Ton: Volker OIenicak, AfD, Landesliste Platz 13
„Die Differenz zwischen der Grundsicherung und dem, der
arbeiten geht. Wir haben ja andere Länder, wo wir einen
deutlich höheren Mindestlohn haben und komischerweise
sterben die Unternehmer da auch nicht aus.“
Noch einmal zur Präambel. Darin erklärt die AfD:
„Unsere Politik achtet den Menschen so wie er ist – mit seinen
ethnisch-kulturellen, aber auch geschlechtlichen Identitäten. Wir
wehren uns gegen lebensfremde Gesellschaftsexperimente …“
Frontal21: „Was genau sind lebensfremde
Gesellschaftsexperimente?“
O-Ton: André Poggenburg, AfD, Landesvorsitzender
Sachsen-Anhalt
„Beispielsweise Homo-Ehe, wo gesagt wird, okay, gut,
Homo-Ehe, wo gesagt wird Adoptivrecht für
gleichgeschlechtliche Partnerschaften,
Lebensgemeinschaften - das lehnen wir ab. Wir haben in der
AfD sehr viele Homosexuelle, wir haben auch eine
Interessengemeinschaft.“
Frontal21: „Was sind lebensfremde
Gesellschaftsexperimente?“
O-Ton: Alexander Raue, AfD, Landesliste Platz 3
„Das ist zum Beispiel, wenn zwei Männer heiraten und ein
Kind dazu haben wollen?“
Frontal21: „Was ist daran lebensfremd?“
O-Ton: Alexander Raue, AfD, Landesliste Platz 3
„Lebensfremd? Na gut, das ist einfach kein gängige, das ist
nicht die gängige Lebenspraxis, das würde es so, in der
Natur gibt es das nicht.“
Eines zieht sich durch das ganze Programm: das generelle Nein
zur etablierten Politik. Die AfD übt Kritik an: „Einer Politik, die mit
gekrümmtem Rücken fremde Vorgaben erfüllt, anstatt sich
aufrichtig für die Interessen unseres Landes einzusetzen …“
Frontal21: „Vor wem krümmen wir denn als Deutsche den
Rücken?“
O-Ton: Volker OIenicak, AfD, Landesliste Platz 13
„Das weiß ich nicht so genau. Ich will auch kein
Verschwörungstheoretiker…“
Frontal21: „Aber das steht in der Präambel ihres
Programms.“
O-Ton: Volker OIenicak, AfD, Landesliste Platz 13
„Ja natürlich, ich sag ja, das ist vielleicht zu klären, wer hier
für was. Wir haben jedenfalls den Eindruck, dass die
Bundesrepublik keine Politik für ihre Bürger macht, sondern
wer weiß für wen.“
Frontal21: „Unsere derzeitige Politik krümmt den Rücken und
erfüllt fremde Vorgaben. Wessen Vorgaben erfüllen wir?
Erste Seite ihrer Präambel.“
O-Ton: Lydia Funke, AfD, Landesliste Platz 6
„Ja, Stellvertretervorgaben. Beispielsweise Vorgaben der
Amerikaner, usw.“
Frontal21: „Können Sie das näher ausführen? Also Vorgaben
der Amerikaner ist ja immer noch sehr allgemein.“
O-Ton Außenstehender:
„Darf ich mal kurz einhaken?“
Frontal21: „Nein eigentlich nicht, eigentlich führen wir
gerade ein Interview mit der Kandidatin?“
O-Ton: Lydia Funke, AfD, Landesliste Platz 6
„Ja, also diesbezüglich würde ich sie auch bitten, dass Sie
mit dem Herrn Poggenburg dann nochmal das Gespräch
suchen, bitte.“
Frontal21: „Dann danke ich ihnen vielmals.“
O-Ton: Lydia Funke, AfD, Landesliste Platz 6
„Danke!“
Abmoderation:
Für diejenigen, die jetzt meinen, wir hätten geschnippelt, wie es
uns gerade passt: Auf unserer Internetseite antworten die
Kandidaten noch ausführlicher.
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