3 - RIS

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Direktorium
Hauptabteilung I
Zentrale Verwaltungsangelegenheiten
Änderung der gängigen Praxis bei der Bekämpfung des Laubholzbockkäfers (ALB);
Verzicht auf Rodungen
Empfehlung Nr. 14-20 / E 00627 der Bürgerversammlung des Stadtbezirkes 15 Trudering-Riem
am 08.10.2015
Sitzungsvorlage Nr. 14 – 20 / V 05188
5 Anlagen
Beschluss des Verwaltungs- und Personalausschusses vom 09.03.2016 (VB)
Öffentliche Sitzung
I.
Vortrag des Referenten
Aus der Bürgerversammlung des Münchner Stadtbezirkes 15 Trudering-Riem vom 08.10.2015
wurde dem Direktorium ein Antrag zum Thema Asiatischer Laubholzbockkäfer zur Bearbeitung zugeleitet (siehe Anlage 1).
Der Antragsteller hat folgenden Antrag formuliert, der von der Bürgerversammlung beschlossen wurde: „Der BA möge bei der Stadt darauf hinwirken, dass Rodungen als Bekämpfungsmaßnahme gegen den ALB nicht mehr angewandt und alternative Ansätze ernsthafter betrachtet werden.“
Zur Begründung führt der Antragsteller Folgendes aus:
„Anlässlich der Rodungen im Riemer Wald waren auch durchaus ernst zu nehmende Beiträge
von Experten zu lesen, die die Sinnhaftigkeit der Rodungen in Frage stellten. Derartige Schäden, wie die Rodungen sie anrichten, vermag der ALB wohl nicht in Jahrzehnten zu schaffen.“
Nach § 2 Abs. 4 der Satzung über die Abhaltung von Bürger- und Einwohnerversammlungen
sind Anträge von Bürgerversammlungen vom Stadtrat, dem zuständigen beschließenden Ausschuss oder dem zuständigen Bezirksausschuss zu behandeln.
§ 9 Abs. 4 der Bezirksausschusssatzung sieht vor, dass die Bezirksausschüsse Bürgerversammlungsempfehlungen behandeln, die ausschließlich ihren Stadtbezirk betreffen, wenn es
sich dabei um Angelegenheiten handelt, die in dem Katalog der Fälle der Entscheidung, Anhörung und Unterrichtung der Bezirksausschüsse (Anlage 1 der BA-Satzung) als Entscheidungsangelegenheiten aufgeführt sind, oder für die der Oberbürgermeister oder in den Fällen
des Art. 88 Abs. 2 GO die Werkleitung zuständig ist.
Da es sich beim Anliegen des Antragstellers um ein stadtbezirksübergreifendes Thema handelt, das auch den Stadtbezirk 16 betrifft, ist für die Behandlung der Stadtrat zuständig.
Nachdem die Stadt München keine Zuständigkeit nach dem Pflanzenschutzrecht hat, wurden
zur Bearbeitung des Antrags die in Bayern für die ALB-Bekämpfung zuständigen staatlichen
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Behörden eingebunden: Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) für den
Siedlungsbereich und das Offenland und die Untere Forstbehörde, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg (AELF), für die Waldflächen.
Beide Behörden sind verpflichtet, die Bekämpfung des gefährlichen Schädlings aufgrund
der pflanzenrechtlichen Bestimmungen des Bundes und der EU durchzuführen.
Die Stadt München hat in der Befallssituation als Grundstückseigentümerin – wie jede andere Eigentümerin bzw. jeder andere Eigentümer auch – den Anordnungen der zuständigen Behörden Folge zu leisten. Einen Handlungs- bzw. Ermessensspielraum gibt es hierbei nicht.
In ihren Stellungnahmen schildern LfL und AELF sehr ausführlich, dass es in Deutschland
momentan keine Alternativen zu den Fällungen der potenziellen Wirtsbaumarten im
100 m - Radius um einen Befallsfund gibt:
(Zitat LfL) „Alternative Bekämpfungsmaßnahmen stehen in Deutschland zurzeit nicht zur
Verfügung. In den USA werden begleitend zu den Fällungen Insektizide mittels Baumbzw. - Bodenimpfungen eingesetzt. In Deutschland ist jedoch kein Pflanzenschutzmittel
gegen den ALB zugelassen. Weitere Alternativen wie der Einsatz von Lockstoffen, von
Pilzen, den den ALB befallen, oder von alternativen insektiziden Wirkstoffen werden derzeit erforscht. Der ALB hat zwar heimische Gegenspieler, wie z. B. Picidae-Arten (Spechte), die hin und wieder ALB-Larven fressen, jedoch können diese Gegenspieler einen
ALB-Befall nicht wesentlich reduzieren oder gar ausrotten, wie dies gemäß EU-Durchführungsbeschluss 2015/893 erforderlich ist. Beispiele aus Österreich, Kanada und USA zeigen, dass der ALB nur durch ein konsequentes Fällen der betroffenen, spezifizierten und
oben genannten Pflanzen im Umkreis eines ALB-Befalls in Kombination mit einem mehrjährigen intensiven Monitoring im weiteren Umkreis ausgerottet werden kann“.
Beide Stellungnahmen sind zur Detailinformation dieser Vorlage beigefügt (Anlagen 2
und 3).
Aufgrund des hohen Schadpotenzials des Käfers hat die EU erst im Sommer 2015 die
Vorschriften zur Bekämpfung des ALB verschärft. Grundlage ist der oben im Zitat genannte EU-Durchführungsbeschluss 2015/893 der Kommission vom 09. Juni 2015 über die
Maßnahmen zum Schutz der Union gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Anoplophora glabripennis (Motschulsky)1.
Anhang III Nr. 3. Absatz 1 b des Durchführungsbeschlusses eröffnet nur im Einzelfall für
Pflanzen von besonderem Wert die Möglichkeit von Fällungen abzusehen:
„...in Ausnahmefällen, wenn eine zuständige amtliche Stelle2 zu dem Schluss kommt,
dass diese Fällung – aufgrund des besonderen gesellschaftlichen, kulturellen oder ökologischen Wertes der Pflanzen – unangemessen ist, die individuelle und regelmäßige
gründliche Untersuchung auf Anzeichen eines Befalls aller spezifizierter Pflanzen innerhalb des genannten Umkreises, die nicht gefällt werden sollen, sowie die Anwendung
gleichwertiger Maßnahmen zur Prävention einer möglichen Verbreitung des spezifizierten
Organismus von diesen Pflanzen; die Gründe für die Schlussfolgerung und die Beschrei1
2
Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2015) 3772
LfL bzw. AELF
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bung der Maßnahme sind der Europäischen Kommission in dem Bericht gemäß Artikel 8
des Durchführungsbeschlusses zu übermitteln.“
Zutreffen könnte diese Ausnahme beispielsweise auf ein Naturdenkmal wie eine „300-jährige Dorflinde“, unter Berücksichtigung der genannten Konditionen.
Weitere konkrete Beispiele, in denen ggf. eine Anwendung der Regel in Betracht kommt,
sind voraussichtlich in der Leitlinie zur ALB-Bekämpfung des Julius-Kühn-Instituts zu erwarten, die sich gegenwärtig noch in der Überarbeitung befindet.
Der Stadtrat hatte sich bereits im Mai 20153 dazu bekannt, die Bekämpfung des ALB
durch die Koordinierung von Maßnahmen im Stadtgebiet zu unterstützen mit dem Ziel,
eine weitere Ausweitung des gefährlichen Schädlings in München zu verhindern.
Kurz nach Bekanntgabe des neuen EU-Durchführungsbeschlusses hat der Stadtrat allerdings auch ein deutliches Zeichen gegeben, die Chance auf eine Ausnahmeregelung bei
besonders schützenswertem Baumbestand zu nutzen und eine Prüfung durch die zuständige LfL bzw. das zuständige AELF anzustoßen. In der Vollversammlung am 29.07.2015 4
wurde hierzu folgender Beschluss gefasst:
„Die Stadtverwaltung wird beauftragt, bei aktuellen und künftigen ALB-Einzelfunden mit
den zuständigen Ämtern des Freistaats (LfL und AELF) die Möglichkeit des Verzichts von
Fällungen Ortsbild prägender Bäume im 100 m Radius ernsthaft zu prüfen, entsprechend
des neuen EU-Durchführungsbeschlusses 2015/893, Abs. 3/1 b. In diesem Abschnitt ist
beschrieben, dass in Ausnahmefällen durch regelmäßige Untersuchungen und andere
präventive Maßnahmen auf Fällungen verzichtet werden kann, wenn diese von der zuständigen Behörde als unverhältnismäßig eingestuft werden.“
Anhörung der Bezirksausschüsse
In dieser Beratungsangelegenheit ist die Anhörung der Bezirksausschüsse vorgeschrieben (vgl. § 13 Abs. 3 Bezirksausschuss-Satzung).
Die betroffenen Bezirksausschüsse 15 und 16 stimmen der Vorlage und dem Referentenantrag zu. Die Stellungnahmen sind als Anlagen 4 und 5 beigefügt.
Fazit
Die Stadt München unterstützt weiterhin die LfL und das AELF Ebersberg bei der Bekämpfung des Asiatischen Laubholzbockkäfers, um den gefährlichen Schädling ausrotten
zu können und damit langfristig den Baumbestand im Stadtgebiet zu schützen.
Die Stadt stützt sich bei besonders schützenswertem Baumbestand im Einzelfall auf die
Ausnahmeregel im EU-Durchführungsbeschluss vom Juni 2015 und dringt darauf, den
Verzicht auf Fällungen wie in der Vollversammlung am 29.07.2015 beschlossen, durch die
zuständigen Behörden überprüfen zu lassen.
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4
Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 20.05.2015, Nr. 14-20 / V 03240
Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 29.07.2015, Nr. 14-20 / V 03719, Antragsziffer 1
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Abstimmung mit den beteiligten Referaten
Die Beschlussvorlage wurde mit dem Baureferat, dem Kommunalreferat und dem Referat
für Stadtplanung und Bauordnung abgestimmt.
Dem Verwaltungsbeirat des Direktoriums- HA I - Zentrale Verwaltungsangelegenheiten,
Herrn Stadtrat Johann Altmann, ist ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet worden.
II.
Antrag des Referenten
1. Der Stadtrat nimmt von den Ausführungen im Vortrag Kenntnis.
2.
Auf den Beschluss der Vollversammlung vom 29.07.2015,
Vorlage Nr. 14-20 / V 03719, Antragsziffer 1, wird verwiesen.
3.
Die Empfehlung Nr. 14-20 / E 00627 der Bürgerversammlung des Stadtbezirkes 15
Trudering-Riem vom 08.10.2015 ist damit satzungsgemäß erledigt.
4.
Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle.
III. Beschluss
nach Antrag.
Die endgültige Beschlussfassung über den Beratungsgegenstand obliegt der
Vollversammlung des Stadtrates.
Der Stadtrat der Landeshauptstadt München
Der / Die Vorsitzende
Der Referent
Bürgermeister/-in
ea. Stadtrat / ea. Stadträtin
Dieter Reiter
Oberbürgermeister
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IV. Abdruck von I. mit III.
über den Stenografischen Sitzungsdienst
an das Direktorium - Dokumentationsstelle
an die Stadtkämmerei
an das Revisionsamt
z. K.
V.
Wv. -Direktorium – I - ZV
1. Die Übereinstimmung vorstehenden Abdrucks mit der beglaubigten Zweitschrift wird
bestätigt.
2.
An das Baureferat - Gartenbau
An das Baureferat – BdR
An das Baureferat – RG 4
An das Kommunalreferat – Forstverwaltung
An das Kommunalreferat - AWM
An das Kommunalreferat – BdR
An das Referat für Stadtplanung und Bauordnung, Untere Naturschutzbehörde
An das Referat für Gesundheit und Umwelt
An das Direktorium – II – BA-Angelegenheiten
An die Bezirksausschussgeschäftsstellen Ost, Nord, Mitte, Süd, West
An die Bezirksausschüsse 1 – 25
An die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising
An das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ebersberg
z. K.
Am