WDR Fernsehen am 29. Februar 2016, 23.20 Uhr

Das Auge des Jahrhunderts –
Das Vermächtnis des Fotografen August Sander
Eine Dokumentation von Anke Rebbert
D 2016, 44 Minuten
Im WDR Fernsehen am 29.Februar 2016, um 23:20 Uhr
Was für eine phantastische Idee! Da kommt ein Fotograf, dessen Leben eigentlich
vorbestimmt war Bauer oder Bergmann zu werden, auf die Idee eine Gesellschaft
abzubilden. Er entschließt sich, eine Art Jahrhundertporträt zu machen von den
unterschiedlichen Menschen in Deutschland. In über sechs Jahrzehnten entstehen
Tausende Fotos. Er nennt dieses Projekt “Menschen des 20 Jahrhunderts“, ein
Lebenswerk, das er selbst nicht zum Abschluss bringen wird. Ein Werk, auf das sich heute
noch viele Fotografen beziehen.
Geboren in einem kleinen Ort im Westerwald, zwischen Siegerland und Rheinland, taucht
August Sander 1910 in Köln auf. Porträts sind seine Spezialität. Er gibt den Menschen das
Gefühl, dass sie vor seiner Kamera gut aufgehoben sind. Er fährt in den Westerwald und
bietet den Bauern seine Dienste als mobiler Fotograf an. Anfang des 20 Jahrhunderts
entstehen dort wunderbar poetische Porträts der Menschen, die dort leben.
In den 1920er Jahren macht Sander den entscheidenden Schritt vom Handwerker zum
Künstler. Er kommt auf die Idee, den riesigen Berg an Fotos in Gruppen zu ordnen und
jeder Gruppe eine Überschrift zu geben - Der Bauer, Der Handwerker, Die Frau. Die
Stände, Die Künstler, Die Großstadt, Die letzten Menschen - und so ein Porträt seiner Zeit
zu entwerfen.
Wie sieht ein Handlanger zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus, wie ein Bauer und wie eine
Sekretärin? Sander hat all diese Menschen fotografiert und für die Nachwelt festgehalten.
Was Sanders intensive Porträts unsterblich macht, ist ihre Präsenz. Alle sind Typus und
Individuum zugleich. Das Wesen der Zeit in Gesichtern spiegeln, auf diesem Konzept fußt
das Lebenswerk von August Sander.
Die Dokumentation “Das Auge des Jahrhunderts“ spürt der DNA des Künstlers nach.
Seine berührenden Bilder sind Inspiration und Maßstab auch für die heutige FotografenGeneration. Im August Sander Archiv der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur
in Köln lagern 11.000 Glasnegative und werden dort wissenschaftlich aufbereitet - die
Hardware des legendären Fotografen.
Die Fotografin Hilla Becher, in ihrem letzten Interview vor ihrem Tod im Oktober 2015, der
Fotograf Oliver Sieber, der Modeblogger Gunnar Hämmerle und auch Architekturfotograf
Reinhard Matz erzählen von der Bedeutung und ihrer Inspiration durch August Sander. Die
Leiterin der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur in Köln, Gabriele ConrathScholl, ermöglicht einen Einblick hinter die Kulissen des Handwerks des Meisters. Und
Sanders Urenkel Julian Sander lüftet das Geheimnis, warum dessen berühmtes Motiv
eines Konditors zwischen 1,50 und 1 Million Euro kosten kann.
Redaktion: Christiane Hinz