Abstract - Luftfahrt der Zukunft

Vortrag:
3D-Druck im Flugzeugbau Chancen und Herausforderungen
in der industriellen Anwendung
Referent:
Dipl.-Ing. Peter Sander
Airbus Operations GmbH, Hamburg
Zeit:
29. Februar 2016
19.00 Uhr
Ort:
Haus der Wissenschaft
Pockelsstraße 11
38106 Braunschweig
Abstract
Der Flugzeugbau stellt hohe Ansprüche an Konstruktion und Fertigung.
Die Herausforderung: Komplexe Flugzeugteile effizient, kostengünstig
und möglichst umweltschonend herzustellen. Wie ist das realisierbar?
Dipl.-Ing. Peter Sander, Prof. Dr.-Ing. Claus Emmelmann und Dipl.-Ing.
Frank Herzog haben dazu ein Verfahren entwickelt und zur Anwendungsreife geführt, mit dem sich Bauteile aus Metall dreidimensional
drucken lassen. Im Airbus A350 XWB kommt es erstmals zum Einsatz.
Peter Sander leitet den Bereich Emerging Technologies & Concepts bei
Airbus, Claus Emmelmann ist CEO des LZN Laser Zentrum Nord sowie
Leiter des Instituts für Laser- und Anlagensystemtechnik der TU
Hamburg-Harburg, Frank Herzog ist geschäftsführender Gesellschafter
von Concept Laser im oberfränkischen Lichtenfels.
Der 3-D-Druck sorgt seit einigen Jahren für Schlagzeilen: Anders als bei
herkömmlichen Fertigungsverfahren werden die Produkte nicht aus
einem Materialstück herausgestanzt, -gesägt oder -geschnitten, sondern
Schicht für Schicht aufgebaut.
Das bringt etliche Vorteile: Material- und Energieverbrauch sind deutlich
geringer, was Ressourcen und Klima schont. Zudem haben die
Konstrukteure mehr Freiheit bei der Gestaltung der Bauteile. Und:
Prototypen, Einzelstücke oder Kleinserien von Produkten lassen sich
relativ einfach und günstig herstellen. Allerdings kamen bisher nur
bestimmte Werkstoffe für die „additive Fertigung“ in Frage, etwa
Kunststoffe oder leicht schmelzbare Legierungen.
Nun haben die drei nominierten Forscher den 3-D-Druck auch für
mechanisch und thermisch hochbelastbare metallische Bauteile nutzbar
gemacht. Das Laser-Cusing-Verfahren eignet sich etwa für verschiedene
Stähle, Edelmetalle wie Gold- und Silberlegierungen sowie Metallmischungen auf Basis von Titan. Das pulverförmige Metall wird mit dem
energiereichen Licht eines Faserlasers bestrahlt und dadurch
aufgeschmolzen. Nach dem Erkalten verfestigt sich das Material. Der
Laser streicht computergesteuert Zeile für Zeile über das Metallpulver und lässt so die gewünschte Form entstehen. Um das komplette Produkt
aufzubauen, wird es nach Fertigstellung jeder Schicht um einige Dutzend
Mikrometer abgesenkt - und danach die nächste Lage aufgebracht. Eine
patentierte, stochastische Ansteuerung stellt sicher, dass sich auch
große Bauteile, wie sie im Flugzeugbau benötigt werden, weitgehend
spannungsfrei drucken lassen.
Kern der Innovation ist der vollständig digitale Charakter des
Fertigungsverfahrens. Damit lässt sich der 3-D-Drucker in eine
durchgängige digitale Prozesskette einbinden, bei der die einzelnen
Herstellungsschritte samt Materiallogistik und Qualitätsprüfung
automatisch ablaufen und aufeinander abgestimmt sind. Experten
bezeichnen das revolutionäre Konzept, dessen Entwicklung und
Umsetzung Forscher und Unternehmen in Deutschland führend
vorantreiben, als Industrie 4.0.
Airbus setzt das gemeinsam mit dem Laser Zentrum Nord und Concept
Laser geschaffene Verfahren erstmals zur Herstellung eines
Kabinenhalters aus Titan ein. Er dient dazu, zur den Ruheraum für die
Crew an Bord des neuen Langstrecken-Großraumflugzeugs A350 XWB
zu befestigen, und ist seit2014 in der A350 im Einsatz. Das
LaserCUSING reduziert als „grüne Technologie“ nicht nur den
ökologischen Fußabdruck der Fertigung, sondern verkürzt auch die
Ausfallzeiten der Flugzeuge während der Wartung: Benötigte Ersatzteile
lassen sich nach Bedarf sofort und vor Ort drucken. Bei Airbus plant
man, den 3-D-Druck künftig zur Herstellung weiterer Komponenten zu
verwenden – und das innovative Verfahren zu nutzen, um neuartige
konstruktive Elemente zu realisieren: etwa bionisch geformte Bauteile
nach Vorbildern aus der Natur.
Die Bedeutung des 3-D-Drucks von metallischen Produkten reicht weit
über den Flugzeugbau hinaus. Die Technologie wird voraussichtlich in
vielen Branchen wie dem für Deutschland besonders wichtigen
Fahrzeug-, Maschinen- und Anlagenbau konventionelle Fertigungsmethoden ersetzen oder ergänzen. Fachleute erwarten, dass der Markt
für den 3-D-Druck in den nächsten Jahren auf das Fünffache wachsen
wird.
Quelle: Deutscher Zukunftspreis – Preis des Bundespräsidenten für
Technik und Innovation