Ausgabe |09 04. März 2016 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Mittelstand Crowdlending: Mittelstand geht neue Kreditwege Immer mehr Unternehmen setzen bei Krediten nicht mehr nur auf ihre Hausbank. Online-Plattformen werden beliebter D fast ebenso wichtigen Partner wie ie klassischen Banken müsihre Hausbank”, sagt Erik Maier, sen sich schnell in Sachen Studienleiter und Junior-ProfesKreditgeschäft etwas einfallen sor für Handels- und Multi-Chanlassen, um nicht wichtige Kunnel-Management an der HHL. den zu verlieren. Neben den Vor allem der hohe bürokraimmer stärker wachsenden tische Aufwand, die Dauer der Crowdfunding-Aktionen auf Bearbeitung und die notwendientsprechenden digitalen Plattgen Sicherheiten für Kredite bei formen ziehen immer mehr Hausbanken machen die digitale Mittelständler mittlerweile auch Plattform für die Mittelständler digitale Plattformen für Kredite Entwicklung des Crowdlendings in Deutschland in Millionen Euro. Grafik: HHL attraktiver. 2015 vermittelte alin Betracht, die eine Studie der lein der Online-Kreditmarktplatz HHL Leipzig Graduate School of gaben an, dass die Plattform eine einfa- Funding Circle 44 Millionen Euro in Form Management zeigt. Für die Studie wurden 104 mittel- chere, schnellere und flexiblere Finanzie- von Krediten an Unternehmen. Das entspricht einem Marktanteil von 38 Prozent ständische Unternehmen befragt, die rung als die Hausbank möglich mache. „Zwar bleibt für die meisten Mittel- am Crowdlending an KMU in Deutschland beim Online-Kreditmarktplatz Funding Circle eine entsprechende Finanzierung ständler die Hausbank weiterhin der ers- und 7 Prozent am deutschen Crowdlenerhalten bzw. gesucht hatten. Deutsche te Ansprechpartner bei der Finanzierung, ding-Gesamtmarkt, zu dem auch Kredite Firmen können über die digitale Platt- jedoch sehen vor allem Unternehmer, die an Einzelpersonen gehören. Crowdlending vermittelte im verform private und auch institutionelle bereits eine Finanzierung auf dem KreInvestoren finden. Die Unternehmen ditmarktplatz erhalten haben, diesen als gangenen Jahr international ein Kredit- Analyse Versicherer fürchten Google als neue Konkurrenz Nicht nur in der Automobilbranche schaut man auf große Technologiekonzerne wie Google, Apple und Amazon. Auch die Versicherer fürchten, bald viele Marktanteile an diese abgeben zu müssen. Der Trend zur kompletten Vernetzung und hin zum Rundum Sorglos Paket spielt in die Hände der Techfirmen. Für den Konsumenten könnten Versicherungen bald nur mehr einen Klick entfernt sein. In der Versicherungsbranche sehen mehr als 40 Prozent einer Studie zufolge in Google eine potenzielle Bedrohung für ihr Geschäft. Vor allem junge Menschen könnten sich künftig nach Alternativen umschauen, weil sie oft keine guten Erfahrungen mit etablierten Anbietern gemacht hätten, so der World Insurance Report 2016. Auch Amazon und der weltgrößte Einzelhändler Wal-Mart wurden als mögliche Wettbewerber genannt, wie aus dem Report der Beratungsgesellschaft Capgemini hervorgeht. Gefürchtet werden bei Google vor allem die starke Marke des Internet-Riesen und die zahlreichen Daten, die der USKonzern über Konsumenten sammelt. Google mischt unter anderem bei der Vernetzung von Haushalten mit – etwa mit Nest. Das 2010 gegründete Unternehmen verkauft Thermostate, die die Temperatur im Haus automatisch an die Außenverhältnisse anpasst und sich die Heizgewohnheiten der Bewohner merkt. Es könnte – theoretisch – ein Sprungbrett für Google in die Versicherungsbranche sein. Selbstfahrende Autos und die Forschung im Bereich der Medizin gehören mittlerweile ebenfalls zum Paket der Google-Muttergesellschaft Alphabet. Ein Sprung auf den Postmarkt hat Alphabet ebenfalls geplant. Laut Studie bezweifeln aber viele Manager, dass die Amerikaner direkt in den stark regulierten Markt einsteigen. Kooperationen mit Assekuranzen seien eher wahrscheinlich. Die Nachfrage jedenfalls ist vorhanden. International gaben 23,4 Prozent der jungen Menschen an, sie könnten sich vorstellen, von einem Technologieunternehmen eine Versicherung zu kaufen. Diejenigen, die um die Jahrtausendwende Teenager wurden, werden gemeinhin als Generation Y bezeichnet. Unter der restlichen Bevölkerung liegt der Anteil international gesehen bei 14 Prozent. In Lateinamerika und in Asien sind die Befürworter unter der Generation Y sogar noch stärker vertreten (49 Prozent und 47,2 Prozent). In Europa sind es derzeit 14,1 Prozent der Y-Generation. Mit dem Heranwachsen der Digital Natives wird sich dieser Trend noch verstärken. 1 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |09/16 volumen in Höhe von schätzungsweise 50 Billionen Dollar. In den kommenden vier Jahren soll sich das Volumen auf rund 490 Billionen Dollar ausweiten. Im Vergleich dazu ist der deutsche Crowdlending-Markt noch relativ klein. Der deutsche Markt steht derzeit bei einem Volumen von 660 Millionen Euro. Doch die Branche wächst und wird zunehmend zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz für die klassischen Geld- häuser. „Diese stehen vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits müssen sie in einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld Profitabilität durch Restrukturierung sichern“, so die Studie. „Andererseits könnte gerade dadurch dem Management dieser Kreditinstitute die Aufmerksamkeit dafür fehlen, auch im bestehenden Geschäftsmodell den Kundenwünschen nach Komfort, Geschwindigkeit und Transparenz zu entsprechen.“ 04. März 2016 Dafür spricht auch, dass nicht zwangsläufig eine Kreditabsage der Hausbank zu einem Umschauen auf digitalen Kreditplattformen geführt hat. Im Gegenteil: „Vor allem unter erfolgreich finanzierten Unternehmen scheint sich Crowdlending aber als alternativer Ansprechpartner etabliert zu haben: Bei diesen nennen 39 Prozent der Befragten Crowdlending als ersten Ansprechpartner.“ Automobil Carsharing in Deutschland boomt Mehr als 50 Prozent der Carsharing-Autos in Europa fahren mittlerweile in Deutschland I m vergangenen Jahr waren weltweit Carsharing noch keine Gefahr für den SIXT das DriveNow-Angebot. etwa 90.000 Autos in der Carsha- Verkauf von Neuwagen sein wird. Ein Wichtig ist die Beteiligung am ring-Branche unterwegs. In der Asien- Blick hinter die Zahlen der hohen Neu- Carsharing-Markt für Autohersteller Pazifik-Region nutzten 3,3 Millionen die zulassung in Deutschland allerdings gerade auch, um mit der angebotenen Angebote, in Europa waren es 2,1 Flotte auch zukünftige NeuwaMillionen Nutzer, in Nordamerigenkäufer zu überzeugen. Geraka 1,5 Millionen. In Europa ist Carde in Sachen E-Mobilität ist es sharing vor allem in Deutschland kein Zufall, dass BMW bei DriveNbeliebt. Jedes zweite Carsharingow auch den BMWi3 anbietet. Die Auto fährt auf deutschen StraSkepsis gegenüber E-Autos ist in ße, wie eine aktuelle Studie der der Bevölkerung weiterhin hoch, Boston Consulting Group zeigt. aber das vor allem auch, weil die Mittlerweile sind Carsharing-Anmeisten noch nicht einmal selbst bieter mit 15.400 Fahrzeugen in in einem entsprechenden Auto Deutschland vertreten: 140 Ansaßen. Mit der Aufnahme des i3 bieter in 490 Städten. 2001 waren schafft es BMW, mehr potentieles gerade mal 1.000 Autos. le Käufer mit dem Elektroauto in Für 2021 rechnet die Studie weltweit mit etwa 35 Millionen NutBerührung zu bringen. Im vergangenen Jahr nutz- zern und Umsätzen von bis zu 4,7 Milliarden Euro. Derzeit sind die Fahrer von ten dem Bundesverband CarSha- Foto: Flickr/Open Grid Scheduler / Grid Engine/CC publicdomain/zero/1.0 E-Autos überwiegend aus dem ring zufolge etwa 1,26 Millionen Deutsche das Carsharing. 2012 könnten zeigt, dass dies schneller gehen könnte, „(hoch)gebildeten Milieu“ mit höherem es mehr als zwei Millionen sein, schrei- als gedacht. Viele der Neuzulassungen Einkommen. „Das Durchschnittsalter ben die Autoren der Studie. „Carsha- seien schon heute auf Tages- und Akti- der Nutzer beträgt rund 51 Jahre“, wie ring hat in Deutschland gegenwärtig onszulassungen der Autohändler und eine Analyse des DLR Instituts für Vererst einen Anteil von 0,1 Prozent an Hersteller zurückzuführen. Ganz zu kehrsforschung zeigt. Und die Mehrheit den urbanen Mobilitätsoptionen. Die schweigen davon, dass das Alter derje- dieser kommt aus dem kleinstädtischen Branche hat noch sehr großes Wachs- nigen, die einen Neuwagen kaufen, in bis ländlichen Raum und nicht etwa aus tumspotenzial“, so Marco Gerrits von den vergangenen Jahren gestiegen ist: der Großstadt. Gründe hierfür sind die noch immer sehr hohen Anschaffungsder Boston Consulting Group. Die glo- auf zuletzt 53 Jahre. Zu den anhaltend hohen Neuzulas- kosten für E-Autos. Ganz abgesehen bal anhaltende Urbanisierung der Gesellschaft sorge dafür, dass der Markt sungen tragen natürlich die Carsharing- von dem Netz aus Ladestationen, das in auch in Zukunft noch sehr stark wach- Unternehmen ebenfalls bei. Denn etwa Deutschland noch erheblich ausgebaut sen werde. Für 2021 rechnet die Studie alle zwölf Monate werden die Autos werden muss. Umso dringender ist es, dass die weltweit mit etwa 35 Millionen Nutzern ausgetauscht. Zumal die Autohersteller und weltweiten Umsätzen von bis zu 4,7 selbst begonnen haben, den Trend des Branche versucht, mit Angeboten auch Carsharings für sich zu nutzen. So bie- die jüngere Generation anzusprechen. Milliarden Euro. Die Studie geht davon aus, dass tet BMW beispielsweise zusammen mit Sie sind die wichtigen Kunden von mor2 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |09/16 gen und gerade hier ist der Durst nach neuen technischen Raffinessen stark ausgeprägt. Carsharing kann da Mittel und Wege bieten. Und sind die potenti- ellen Kunden erst einmal in Berührung mit einem Elektroauto gekommen, so steigert dies deutlich das Interesse. So würden auch 84 Prozent der privaten 04. März 2016 Halter von Elektrofahrzeugen die Anschaffung eines solchen Autos empfehlen. Jeder zweite denkt sogar über einen Zweitwagen etc. nach. Innovation Laufen und funken für den Akku Ein neues Wifi-System und ein sportlicher Schuh sorgen für längere Akkulaufzeiten I n Zeiten in denen die Einsatzmöglichkeiten von Smartphones immer größer werden, drücken kurze Akkulaufzeiten weiterhin die Stimmung. Forscher der katholischen University of Washington Das Innere der Sohle sorgt dafür, dass mehr als die rein mechanische Energie in elektrische Energie umgewandelt wird. Foto: InStep NanoPower und der University of Wisconsin-Madison haben sich auf unterschiedlichem Wege diesem Problem genähert. Mit dem InStep NanoPower setzen die Wissenschaftler der University nicht nur auf die sofortige Umwandlung von mechanischer Energie in elektrische, mit dem sogenannten Bubbler lässt sich die durch das Laufen gewonnene Energie auch erhöhen und im Schuh zwischenspeichern. Das Verfahren hierfür nennen die Forscher Reverse Electrowetting. In der Sohle befinden sich zwei Platten und eine leitfähige Flüssigkeit. Die untere Platte hat winzige Löcher, durch die beim Laufen Gas mit Druck in dien Zwischenraum der Platten befördert wird. Dadurch bil- den sich Blasen, die wiederum so groß werden, bis sie die obere Platte berühren und platzen. Dieser Prozess wiederholt sich so schnell, dass er die leitfähige Flüssigkeit in Bewegung setzt, wodurch die elektrische Energie erzeugt wird. Rund zehn Watt erreicht der Schuh derzeit. Zehn Kilowatt pro Quadratmeter sind den Forschern zufolge machbar. Ein Smartphone kann bereits geladen bzw. eine LED-Lampe zum Leuchten gebracht werden. Derzeit funktioniert die Verbindung eines Smartphones mit dem Schuh allerdings nur über ein Kabel. An einer drahtlosen Energieübertragung wird gearbeitet. Mit UBeam konnte das Unternehmen bereits mit Ultraschall Handys laden. Aber auch eine Übertragung mit Laser oder per Induktion wird in Erwägung gezogen. Bis dahin heißt es, Energie sparen. Das dachten sich auch Wissenschaftler der katholischen University of Washington. Sie haben eine Technik namens „Passive Wifi“ entwickelt. Damit sollen die Geräte, die mittels WLAN über einen Router miteinander verknüpft sind, entlastet werden. Denn vor allem die Erzeugung der Funkwelle zur Übertragung mittels WLAN benötigt viel Energie. Stattdessen soll eine an das Stromnetz angeschlossene Elektronik ein Funksignal erzeugen, das in der ganzen Wohneinheit oder in einem Büro ein Funksignal erzeugt. Sensoren an den mobilen Geräten stellen dann den Kontakt her. Sie fangen beispielsweise die von der Elektronik gesendeten Funkwellen und empfangen so die Daten vom Router. Gleichzeitig können sie Informationen bzw. Daten vom mobilen Gerät an die Funkwellen heften. Dadurch, dass die Geräte die Funkwelle nicht mehr selbst erzeugen müssen, wird Energie gespart und die Datenübertragung selbst erfolgt schneller. Den Eine Elektronik sorgt dafür, dass das Handy weniger funken muss. Passive Wifi spart Akkulaufzeit und kann den schnellen Transport von großen Datenmengen ermöglichen. Foto: University of Washington Wissenschaftlern zufolge sollen so jede Sekunde elf Megabit Daten transportiert werden können. Die Reichweite des Systems liegt derzeit bei rund 30 Metern. Innovation Akku-Anhänger für E-Autos soll Reichweiten-Problem lösen Ein Deutsches Start-up aus Stuttgart will die Reichweite von E-Autos erheblich verlängern E lektromobilität ist in Deutschland eher die Stieftochter des Benziners. Viele deutsche Autofahrer haben zwar eine Meinung zu den Autos, sind aber selbst noch keines gefahren, um es einmal auszuprobieren. Desto stärker halten sich die Vorwürfe gegenüber Elektroautos: zu wenig Reichweite, kein echtes Fahrgefühl, zu teuer. Tatsächlich kommen die aktuellen E-Modelle von deutschen Herstellern kaum über eine Reichweite von 200 Kilometern hinaus. In der Stadt ist das eine Reichweite, die in der Regel keine Probleme mit sich bringt. Aber bei Überlandfahrten und längeren Reisen kann das schnell die Nerven strapazieren. Ein weiteres, tatsächliches 3 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |09/16 Der Akku soll die Leistung haben, ein Auto in 20 Minuten zu laden. Foto: Nomadic Problem ist die noch immer geringe Dichte der Ladestationen. Es gibt vereinzelt Schnellladestationen, doch die meisten, brauchen mehrere Stunden, um die Akkus wieder voll aufzuladen. Außerdem ist das System der Ladestationen nicht einheitlich. Je nach Station wird ein anderes Ladekabel etc. benötigt. Doch diese beiden Probleme könnte das Stuttgarter Start-up Nomadic bald lösen. Das Unternehmen setzt auf mobile Batterien zum Schnellladen. „Elektrofahrzeuge können jetzt überall aufgeladen werden, innerhalb von ca. 20 Minuten“, so das Unternehmen. Wie ein kleiner Anhänger wird die Batterie mit dem Auto gekoppelt. Auf Firmenparkplätzen soll man die Batterie nutzen können oder diese für Fernfahrten ausleihen. Einfach angehängt, lädt es die Batterie des Autos einfach während der Fahrt. Ist die mobile Batterie leer, soll man diese zukünftig beispielsweise an einer Tankstelle zurücklassen können und sich für den weiteren Weg einfach eine neue von dort mitnehmen können. Damit soll sich pro Nomadic-Batterie die Reichweite mit einer Kapazität von 85 kWh um bis zu 400 Kilometern erhöhen. „Nomadic Power hat eine Lösung entwickelt, um die Reichweite von Elektrofahrzeugen auf ganz einfache Art zu verlängern“, sagt Manfred Baumgärtner, der Geschäftsführer von Nomadic Power. „Wir sehen die Zukunft in der Elektromobilität und der 04. März 2016 zunehmenden Nutzung erneuerbarer Energien mit Sonnenenergie als Vorreiter. Die EU bezuschusst das Projekt mit zwei Millionen Euro. Preise für die mobile Batterie nennt das Unternehmen noch nicht. Erste Prototypen der Batterie wurden bereits getestet. 2017 soll eine marktreife Serie starten. Zunächst werden Ist der eine Akku leer, soll man ihn künftig gegen einen vollen an Tankstellen etc. austauschen können. Foto: Nomadic diese dann in Deutschland und in Kalifornien angeboten werden. Wirtschaft Top-Ökonom: In China entsteht ein Problem für die Weltwirtschaft Nicht nur Chinas wirtschaftlicher Abschwung, sondern auch die massive Staatsverschuldung wird zu einem handfesten Problem Deutsche Mittelstands Nachrichten: Herr Wellershoff, Brasilien ist den Ratingagenturen zufolge nun endgültig Ramsch, Russland kämpft mit einer handfesten Wirtschaftskrise und China bezahlt den Übergang vom Industriestaat hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft mit Prozentpunkten beim Wachstum. Lässt sich hier ein Zusammenhang erkennen. Ist das der Beginn einer Weltwirtschaftskrise? Klaus Wellershoff: Dass die Wachstumsraten in den BRIC-Staaten heute deutlich niedriger liegen als noch vor wenigen Jahren, ist das Resultat eines ganz normalen und vorhersagbaren Prozesses. Wir prognostizieren seit dem Jahr 2010 stark fallende Trendwachstumsraten für die meisten Schwellenländer. Wer sich ein wenig mehr mit Ökonomie auseinandergesetzt hat, musste erkennen, dass auch aufstrebende Volkswirtschaften nicht dauerhaft mit so hohem Wachstum unterwegs sein können. Wie gefährlich sind die Entwicklungen in den drei Ländern tatsächlich? Klaus W. Wellershoff unterrichtet auch an der Universität St. Gallen. Foto: Wellershoff & Partners In Russland und Brasilien belasten zusätzlich zum fallenden Trendwachstum die Auswirkungen der gesunkenen Rohstoffpreise die Konjunktur. Das ist sehr schmerzhaft und noch nicht ausgestanden. In China hat die Regierung versucht, mit einer massiven Ausweitung der Verschuldung auf den Abschwung zu reagieren. Heute ist China so hoch verschuldet, wie es nie ein Land gleicher Entwicklungsstufe bisher gewesen ist. Da entsteht ein wirkliches Problem für die Weltwirtschaft. Wie beurteilen Sie die Folgen dieser Entwicklung für die US-Wirtschaft? Die Amerikaner leiden vor allem unter dem starken Dollar. Auch hier sehen wir einen Superlativ: Handelsgewichtet und inflationsbereinigt war der Dollar noch nie so stark wie heute. Das hinterlässt Spuren vor allem in den Ertragsrechnungen der Unternehmen. Die Unternehmensgewinne fallen und damit vergeht den Unternehmern auch die Lust am Investieren. Ohne Investitionen wird es aber knapp in der Konjunktur. Das unterschätzen die meisten Beobachter. 4 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |09/16 „Heute ist China so hoch verschuldet, wie es nie ein Land gleicher Entwicklungsstufe bisher gewesen ist.“ Foto: Flickr/michael davis-burchat/CC by nd 2.0 Im vierten Quartal 2015 soll die US-Wirtschaft um ein Prozent gewachsen sein. Kann man da noch von Wachstum sprechen? Ja, noch hält der US-Konsument die Konjunktur am Laufen. Das liegt vor allem daran, dass die nochmals gefallenen Ölpreise die real verfügbaren Löhne deutlich haben steigen lassen. Wenn die Ölpreise irgendwann einmal nicht mehr fallen, dann ist auch hier Schluss. Wie gut ist die US-Wirtschaft mit Blick auf einen weiteren Abfall der Rohstoffpreise eingestellt? Sie haben Recht. Fallende Ölpreise sind nicht nur gut für den Konsum, sondern auch schlecht für die Ölproduzenten und deren Zulieferer. Alaska und Texas sind wohl heute schon in einer tiefen Rezession. Insgesamt überwiegen aber die Vorteile für die US-Wirtschaft deutlich. Wo befindet sich derzeit die Achillesferse der USA? Da gibt es mehr als eine. Seit Jahren will die Produktivität nicht mehr richtig wachsen. Die Teilnahme der Menschen am Arbeitsmarkt ist so niedrig wie zuletzt Ende der Siebziger Jahre. Es gelingt der Regierung immer schlechter, Minderheiten im Arbeitsmarkt zu integrieren. Das Budgetdefizit ist doppelt so groß wie das der Eurozone und in punkto Staatsverschuldung haben die Amerikaner die Europäer überholt. Rechnen Sie in den kommenden Monaten mit einer weiteren Zinserhöhung durch die Fed? Das Verhalten von Notenbanken zu prognostizieren, ist unter Bankökonomen ein beliebtes Spiel. Die meisten unserer Kunden interessiert mehr, ob die Zinsen an den Kapital- und Kreditmärkten steigen. Hier müssen wir erwarten, dass die tieferen Erdölpreise in den kommenden Monaten auch die Inflationsraten wieder senken werden. Damit ist ein Zinsanstieg aber nur verschoben. Aktuell liegt die US-Inflation ohne den Erdölpreiseffekt bei 2.2 Prozent und damit über dem mittelfristigen Zielwert der US-Notenbank. Das riecht nach stark steigenden Kapitalmarktzinsen in den letzten Jahresmonaten. Wie hätte sich die Finanzkrise entwickelt, wenn es 2008/2009 schon TTIP gegeben hätte? Kein bisschen anders. Die Turbulenzen an den internationalen Börsen halten spätestens seit Dezember (China) die Händler auf Trab. Sind diese Turbulenzen schon völlig unabhängig von den wirtschaftlichen Begebenheiten? 04. März 2016 Dieser Eindruck ist weit verbreitet. Wenn man ein wenig die Zahlen studiert, ist das allerdings seltsam. Die Weltbörsen werden durch die amerikanische Börse dominiert. In den USA waren die Unternehmensgewinne vor neun Monaten auf einem Allzeithoch. Seitdem fallen sie. Gleichzeitig ist der US-Aktienmarkt teuer. Wenn da die Börsenkurse nicht ins Rutschen kommen, wann dann? Den Finanzmärkten wird vorgeworfen, dass sie schon lang keinen Gegenwert mehr aufweisen können. Wird sich die Wirkungsbeziehung zwischen Industrie, Produktion etc. und den Finanzmärkten umkehren? Die Preise sind an den Finanzmärkten hoch, weil die Zinsen unglaublich tief sind. Das ist ein fundamentaler, ökonomischer und rationaler Zusammenhang. Solange die Zinsen fallen und die Preise steigen, stört das niemanden. Wenn man dann mit den Preisen oben angekommen ist und feststellt, dass durch die gestiegenen Preise ganz selbstverständlich die Renditeerwartungen gesunken sind, reiben sich alle verwundert die Augen. Nein, eine Umkehr der Zusammenhänge hat es nicht gegeben und wird es nicht geben. Wir wollen bloß nicht wahrhaben, dass wir einen Teil unseres vermeintlichen Börsenreichtums wieder verlieren werden, wenn die Zinsen eines Tages wieder steigen. Was ist Ihrer Meinung nach wahrscheinlicher? Ein globaler Finanzcrash oder eine Weltwirtschaftskrise? Angesichts der hohen Finanzvermögen und der historisch einmaligen Verschuldung wird beides gleichzeitig kommen. Für die Schwarzseher unter ihren Lesern: Wann das kommt, kann man nicht vorhersagen. Das kann noch Jahre dauern. Und für die Daueroptimisten: Muss es aber nicht. Klaus W. Wellershoff arbeitete bis 2009 als Chefökonom der UBS und im Anschluss daran als Mitglied der Geschäftsleitung. Neben seinem Engagement als Verwaltungsratspräsident des Beratungsunternehmens Wellershoff & Partners unterrichtet er unter anderem auch Nationalökonomie an der Universität St. Gallen. 5 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |09/16 04. März 2016 USA Den USA steht die Prüfung bevor Die Stunde der Wahrheit kommt, wenn reale Werte und Unternehmen wieder das Maß der Dinge werden G egenwärtig ist der Erdölpreis der Taktgeber der globalen Märkte. Die Korrelation mit den US-Märkten ist in der kurzen Frist sehr hoch, vor allem mit dem S&P 500. Erdöl hat gegenwärtig eine realisierte Volatilität von 80, so dass innerhalb einer Tagesfrist gewaltige Sprünge und entsprechende Stimmungsschwankungen möglich sind – quer durch alle Klassen und Segmente von Aktiven. Die Fundamentalfaktoren für den Ölpreis verschlechtern sich immer weiter. Die Lager füllen sich bis an die physische Kapazitätsgrenze und die Überproduktion hält auch 2016 an. Die letzte Woche veröffentlichten Berichte der IEA und der EIA zeigen dies exemplarisch auf. Auch für die erste Jahreshälfte 2016 projizieren diese Organisationen viel höhere Produktion über die Nachfrage hinaus als bisher angenommen. Die Überproduktion erreicht demnach rund 2 Millionen Barrel pro Tag, die zusätzlich in Lager geht. Diese Lager erreichen die physische Kapazitätsgrenze und den höchsten Stand seit Jahrzehnten. Es sind wenig oder fast keine Puffer mehr vorhanden. Gleichzeitig herrscht eine extreme Contango-Konstellation vor: Der Markt antizipiert, dass die Preise in nicht allzu ferner Zukunft viel höher liegen werden. Unter diesen Umständen bleibt es hoch rentabel, trotz niedriger Spotpreise zu produzieren, die Produktion zu lagern und auf ein Jahr und mehr hinaus am Futuresmarkt zu verkaufen. Für die enorme Volatilität sorgen gezielt gesteuerte Gerüchte, dass OPEC- und Nicht-OPEC-Länder eine Vereinbarung über gemeinsame Quotenkürzungen vornehmen werden. Vor zwei Wochen kamen solche Gerüchte aus Russland, am Freitag aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sobald solche Meldungen über den Ticker kommen, werden offene Verkaufspositionen schleunigst eingedeckt. Besonders logisch wäre eine solche Produktionskürzung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Aber die Gerüchte zu streuen, macht durchaus Sinn. Die OPEC-Produzentenländer haben ein Interesse, den Preis niedrig zu halten, aber ihn nicht ins Bodenlose fallen zu lassen. Sie sind auch große Weltweite täglich Produktion von Rohöl und raffinierten Investoren in den westlichen Produkten und der Verbrauch. Grafik: Gail Tverberg Aktienmärkten und wollen nicht unnötig Geld auf ihren Anlagen schwer angeschlagenen US-Produzenverlieren. Immer dann, wenn WTI-Roh- ten über die Runden helfen und das öl nach unten durchzubrechen droht, Problem des globalen Überangebots werden zeitig solche Bemerkungen von in keiner Weise beseitigen. Sie würden 100 Meter vor dem Ziel kapitulieren. OPEC-Offiziellen fallengelassen. Wichtig für den harten Kern der Wichtig ist vor allem, dass es genügend OPEC-Produzentenländer (wie auch Verluste für Banken und Bondinvestofür Russland) ist es, dass der Preis un- ren geben wird. Dann werden sowohl ter 35-40 US-Dollar pro Barrel bleibt. Banken als auch Asset-Manager ihre Dann wird es unweigerlich ein Blutbad Kreditengagements in diesem Sekbei den amerikanischen shale gas- und tor für lange Zeit hinunterfahren. Die tight oil-Produzenten geben. Der März Risikomodelle werden ihnen ex-post ist die Periode, wo die Kredit-Reviews verbieten, weiterhin Kredite in diesen der Banken in den USA wieder losge- Bereich zu vergeben. Der US-tight oil- und shale gashen. Dann werden viele Banken den Stecker ziehen müssen und die Kredit- Bereich wird dann vor allem durch linien in diesem Sektor nicht verlän- Eigenkapital und nicht mehr fremdgern. BNP, ein sehr großer Commodity- finanziert werden. Potente Private Finanzierer, hat verlauten lassen, dass Equity Gruppen und große, integrierte sie ihre Kreditengagements im Ener- Erdölgesellschaften werden Investoren giesektor zurückfahren werden. Solan- sein. Die aufgeblähte Produktion wird ge die Preise tief bleiben und die Kre- dann deutlich und langfristig fallen. dite nicht wieder verlängert oder sogar Nur beste und nachhaltig rentable Proaufgestockt werden, wird dies eine Wel- jekte werden dann noch verfolgt werle oder sogar Lawine von Bankrotten den. Bisher herrschte im shale gas- und im US-Energiesektor lostreten. Zeitlich tight oil-Bereich eine kreditfinanzierte ist dies vom März an und vor allem im ‚bubble finance’ vor, eine völlig unpro2. Quartal zu erwarten. Je länger die duktive Aktivität ohne Rentabilität. überfällige Kapazitätsanpassung herDas Risiko eines militärischen Konausgezögert wird, desto schmerzhafter flikts im Mittleren Osten einerseits und gesamtwirtschaftlich kostspieliger und die spezifisch kritische Lagersituawird sie ausfallen. tion in den USA andererseits haben den Die Kapazitätsanpassung muss vor Spread zwischen WTI und Brent wieder allem von den USA kommen, nicht von steigen lassen. In der gegenwärtigen den OPEC- Ländern und von Russland. Situation ist es wichtig, beide Preise zu Diese haben wesentlich tiefere Pro- beobachten. Angesichts des Stellvertreduktionskosten. Würden die beiden terkrieges zwischen Russland/Iran auf Letzteren effektiv jetzt die Produktion der einen und Saudi-Arabien/Katar auf deutlich reduzieren, so würde dies den der anderen Seite ist im Übrigen eine 6 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |09/16 Übereinkunft zum jetzigen Zeitpunkt wenig wahrscheinlich. Auch die lange Geschichte gegenseitigen Misstrauens lastet darüber. Was bedeutet diese Konstellation für die anderen Märkte, zunächst für die USA? Die amerikanischen Wertschriften-Märkte sind gespalten, sowohl die Aktien- als auch die Kreditmärkte. Die hochkapitalisierten Werte, abgebildet durch den S&P 500, halten sich richtig gut. Sie lagen am Freitag nur rund 13 Prozent unter dem Allzeit-Höchststand vom Mai letzten Jahres. Steigt der Erdölpreis noch etwas weiter, so liegen diese Verluste plötzlich unter 10 Prozent. Dagegen sind der breite Markt (Wilshire 5000) und die small und mid caps (Russell 2000) in festgezurrten Baissetrends mit deutlich höheren Verlusten vertreten. Die Divergenz, die schon 2015 kennzeichnete, hat sich noch akzentuiert. Die Anleger konzentrieren sich auf weniger und weniger Sektoren, Gesellschaften und Aktien mit bestimmten Eigenschaften. Gerne gesehen werden Gesellschaften, die hohe gesicherte Dividenden bezahlen, mit Aktienrückkauf-Programmen den Effekt fallender Gewinne eindämmen oder weniger stark steigende Gewinne untermauern können. Diese Konstellation ist die Kehrseite der niedrigen Zinsen/ Renditen einerseits und der Leistungsversprechen andererseits, welche viel höhere Renditeziele beinhalten, mit denen institutionelle Anleger vielfach konfrontiert sind. Sie müssen investieren. Die immer noch sehr guten Finanzierungsbedingungen für Gesellschaften mit Investment-Grade Status erlauben den hochkapitalisierten Unternehmen, so ihre Bewertung hoch zu halten. Fundamental bleibt der S&P zu teuer. Die Fokussierung auf immer weniger Titel wird auch durch den Trend der ‚advance-decline’ Ratio bestätigt. Im S&P konnten effektiv zwei Sektoren seit Jahresanfang deutliche Kursgewinne verbuchen: Telekommunikations-Dienstleister und Versorgungs-Unternehmen. StapelKonsumgüterhersteller sind praktisch ohne Verluste. Auch große, integrierte Erdölgesellschaften glänzen mit leichten Kursgewinnen. Das sind allesamt defensive Titelgruppen. Hohe Verluste eingefahren haben umgekehrt Finanzund Technologiewerte sowie zyklische Hersteller diskretionärer Konsumgüter. Das sind typisch zyklische Titelgruppen. Was den Markt kennzeichnet, ist also eine extreme Sektorenrotation, extreme Rotation in Titelgruppen und in spezifische Aktien mit Wachstumspotential. Bei den hochkapitalisierten Werten sind vor allem die Banken deutlich unter Druck, auch wenn sie teilweise gute Ergebnisse ausgewiesen haben. Aber die amerikanischen Banken müssen ihren Anlegern gegenüber Kreditengagements im Energiesektor offen legen und auch kommunizieren, was sie dagegen zurückgestellt oder abgeschrieben haben. Für die Anleger ist dies viel zu wenig. Zudem belastet diese Titelgruppe, dass die Aussicht auf Zinserhöhungen der Fed weggefallen oder stark reduziert ist. Kein anderer Sektor würde so von Zinserhöhungen profitieren wie die Banken. Bei den großkapitalisierten Gesellschaften setzt sich also die Blase fort. Effektiv gibt es kräftige Gewinnrückgänge, aber teils kreditfinanzierte Rückkaufsprogramme und Dividendenzahlungen machen diese Segmente bisher resistent und verhindern Preisanpassungen. Für die small- und mid caps haben sich die Finanzierungsbedingen deutlich verschlechtert. Katastrophal sind sie bei Junk-Bonds im Energiebereich, dem wichtigsten Segment der vergangen Jahre. Für andere Segmente im non-investment grade-Bereich sind sie merklich verschlechtert. Insgesamt haben sich die Finanzierungskonditionen in den USA verschlechtert, sind aber vor allem im Vergleich mit Europa immer noch sehr gut. Im intertemporalen Vergleich deuten sie auf eine Wachstumsabschwächung, aber noch nicht auf eine Rezession hin. Immerhin gilt es zu bedenken, dass in den USA der Fall der Erdölpreise und vor allem der lange Zeit niedrigen Zinsen auch wie 04. März 2016 ein Stabilisator der Konjunktur wirkt. Die amerikanische Notenbankpräsidentin Yellen hat bei ihren halbjährlichen Kongress-Anhörungen realistische und ausgewogene Aussagen gemacht und den Kommunikationsfehler von Mitte Dezember korrigiert. Damals waren gleich fünf Zinserhöhungen für die nächsten 12 Monate in Aussicht gestellt worden. Allerdings beruhen ihre Einschätzungen, dem Mandat des Fed entsprechend, stark auf dem Arbeitsmarkt. Leider ist die Qualität der Arbeitsmarktdaten auch in den USA nicht mehr über alle Zweifel erhaben, s dass von daher eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf die Konjunktureinschätzung besteht. Interessant war ihre Aussage, dass die Notenbank nicht am AktienmarktEinbruch schuld sei. Das ist korrekt für die Baisse der vergangenen zwei Wochen und beschönigt etwas die Rolle der Geldpolitik in den ersten drei Wochen des Jahres. Wird die Aussage im längerfristigen Kontext betrachtet, etwa auf die gesamte vergangene Periode der letzten sieben Jahre bezogen, so dürfte sie nicht zutreffen. Die Nullzinspolitik und die Quantitative Lockerung waren in den USA nur teilweise ein Erfolg, teilweise auch ein Flop. Die Nullzinspolitik und die erste Phase der Quantitativen Lockerung haben 2009 die Banken und die Gesamtwirtschaft stabilisiert und eine schwere Rezession verhindert. Ohne Wenn und Aber ein riesiger Erfolg, ohne sie wäre die Welt in eine schwere Rezession gestürzt. Die zweite und dritte Phase der Quantitativen Lockerung haben die Banken weiter gestärkt, sodass sie heute gut kapitalisiert dastehen. In den USA ist das Zinsgeschäft nur ein Teil des Bankgeschäfts. Ein anderer sehr bedeutender Teil ist das indifferente Geschäft, vor allem die Emission von Aktien und Anleihen und ihre Platzierung am Kapitalmarkt. Das ist enorm gelaufen und hat den Banken erlaubt, sich finanziell gewaltig zu stärken. Doch dies ging nicht mehr ohne Nebenwirkungen vonstatten. Der Preis dafür war eine Blase an den Kreditund Aktienmärkten im Inland als auch 7 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |09/16 04. März 2016 für Reiche finanziertes, langjähriges Infrastrukturprogramm. Die Infrastruktur in den USA ist teilweise auf Dritte Welt-Status, verlottert, nicht mehr unterhalten. Nur schon für Reparaturen gäbe es Arbeit auf ein Jahrzehnt oder mehr hinaus. Irgendwann kommt dafür die Rechnung. Nicht einmal die Steuerkürzungen der Bush-Ära konnten beim Auslaufen rückgängig gemacht werden. So hat man die schlimmste Kombination, die denkbar ist. Ein langsamer Abstieg in eine Drittwelt-Ökonomie mit gewaltigen HochtechnologieInseln, aber immer weniger industrieller Wertschöpfung im Inland, eine enorm verzerrte Einkommensund Vermögensverteilung und ein viel zu geringes Wirtschaftswachstum bei stark zunehmender Verschuldung des privaten und öffentlichen Sektors. Die USA brauchen wahrscheinObama hinterlässt seinem Nachfolger keine einfache Lage im Land. Foto: Nick Knupffer/CC by sa 2.0 lich eine neue Rezession, bis normalisieren, ist dies effektiv nicht ein Umdenken einsetzt und zumindest ein Beitrag zu einer Blase global gesehen. Im Inland bildete sich die Schuld der Zentralbank. Für die ver- das offensichtlich Unaussprechliche vor allem im Energiesektor mit der Fi- gangene Überbewertung und Fehlallo- umgesetzt werden kann. Auf den Aktienmarkt bezogen nanzierung des shale gas- und tight oil- kation aber hat sie definitiv einen BeiBooms eine solche Blase. Das ist eine trag geleistet. Auch dies ist wiederum wird sich die sehr ungewöhnliche gegewaltige Fehlallokation von Kapital im Gesamtkontext zu sehen. Die Geld- spaltene Lage erst klären, wenn die – aber auch mit der Obligationen- und politik hat konjunkturpolitisch ange- großen institutionellen Anleger nicht Aktienhausse, die überbewertete Akti- sichts einer durch politische Zwänge mehr nur Sektoren und Titelgruppen en- und Kreditmärkte zur Folge hatte. völlig blockierten Finanzpolitik viel zu rotieren und umschichten, sondern Die Unternehmen haben sich zu sehr viel Gewicht geschultert oder schul- ihre Engagements durch Futures-Vergeringen Kosten verschulden können, tern müssen. Das was mindestens für käufe absichern. Dann werden auch dafür Aktienrückkauf-Programme und Nicht-Amerikaner augenfällig ist, ist die defensiven, im Index hochgeerhöhte Dividenden forciert, aber im offensichtlich gegenwärtig nicht und wichteten Gruppen Einbrüche erleihistorischen Vergleich wenig investiert. wahrscheinlich erst bei drastisch ver- den. Katalysator wird etwas sein, was Hier sind auch der Steuerkodex in den schlechterter Wirtschaftslage durch- niemand erwartet und nicht zu proUSA und die Form der Vergütung des setzbar. Was in den USA nötig wäre, ist gnostizieren ist. In Europa und Japan Top-Managements mitverantwortlich. ein durch höhere Einkommenssteuern ist genau dies in den letzten beiden Wenn sich dann die Bewertungen für Besserverdienende und vor allem Wochen passiert. Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Chefredakteurin: Jennifer Bendele. Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Nicolas Dvorak. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Elke Baumann. Copyright: Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: [email protected]. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro Jahr. Bezug: [email protected]. Mediadaten: [email protected]. www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de 8
© Copyright 2024 ExpyDoc