Die Schriften Andrzej Towiańskis

Vortrag von Mag. Marlis Lami
Die Schriften Andrzej Towiańskis
im europäischen Kontext ihrer Zeit
W. Wańkowicz (1830): Porträt von A. Towiański
Donnerstag, 3. März 2016, 19 Uhr
Jan III Sobieski-Saal
Polnische Akademie der Wissenschaften
Wissenschaftliches Zentrum in Wien
Boerhaavegasse 25, 1030 Wien
71 Kleistgasse Rennweg
Anmeldung erbeten unter: [email protected]
Institut für Slawistik
Andrzej Towiański (1799–1878) verstand sich selbst als Nachfolger Christi und
Erneuerer des Christentums. Die katholische Kirche behandelte ihn als Häretiker
und setzte sein Gastmahl (Biesiada) 1858 auf den Index Librorum Prohibitorum.
Zeitgenossen galt er auch als Mesmerist und Magnetiseur. Ohne Zweifel beeinflusste Towiański die Literatur- und Geistesgeschichte nicht nur in Polen, sondern
hinterließ auch Spuren in der Philosophie, Theologie und nicht zuletzt in der Politik in Belgien, Frankreich, Russland und in der Schweiz, nach 1848 insbesondere
in Italien, wo er bis in die Zwischenkriegszeit Anhänger hatte. Sein erster erfolgreicher öffentlicher Auftritt außerhalb von Litauen fand 1841 in Notre Dame in
Paris dank Unterstützung des Dichters Adam Mickiewicz statt, mit dem Towiański den „Zirkel der Sache Gottes“ gründete.
Die Dissertation von Mag. Marlis Lami löst Towiański erstmals aus dem Zusammenhang mit Mickiewicz. Im Zentrum steht Towiańskis Lehre, die anhand seiner
1882 posthum in Turin herausgegebenen Schriften untersucht wird. Diese drei
Bände versammeln hauptsächlich Notizen von Gesprächen mit Schülern aus ganz
Europa in polnischer und französischer Sprache, vereinzelt auch auf Deutsch und
Russisch im Original. Mit den Aufzeichnungen wurde in den verschiedenen Zirkeln gearbeitet, sie wurden kopiert, ubersetzt und weitergeleitet. Die Analyse
dieser hybriden Sammlung unterschiedlichster Texte, die auf Mundlichkeit basieren und den heutigen Leser bisweilen höchst aktuell und unerwartet modern
anmuten, wird mit religionswissenschaftlichen Mitteln versucht und in den Kontext mit zeitgenössischen Bewegungen wie Freimaurerei, Kabbala, Martinismus
und Mesmerismus gestellt.
Erstmals wurden ausgewählte Schriften Towiańskis ins Deutsche übersetzt.
Mag. Marlis Lami, MA
Literaturwissenschaftlerin, Übersetzerin, Autorin. Studium der Klassischen Philologie, Slawistik und Polonistik an der Universität Bern, Schweiz und an der Jagiellonen-Universität Krakau, Polen. Master-Studium Kulturmanagement an der Zürcher Hochschule Winterthur, Schweiz. 1993–1997 Lektorin am Institut für Germanistik der Jagiellonen-Universität Krakau (u.a. literarisches Übersetzen). Derzeit Lehrbeauftragte am Fachbereich Polnische Philosophie am Institut für Philosophie der Jagiellonen-Universität Krakau.
Queren. Zum Schreiben in vielen Sprachen. Gespräche. Wieser-Verlag, Klagenfurt
2012. Hier, da und dort, Wieser-Verlag, Klagenfurt 2012.
Abbildung:
Walenty Wańkowicz (1830): Porträt von Andrzej Towiański (1799-1878)
Nationalmuseum Warschau, abrufbar unter:
http://cyfrowe.mnw.art.pl/dmuseion/docmetadata?id=5108